Dreiecksbeziehungen und Liebeskummer (Bild: Pixabay @Pexels

Dreiecksbeziehungen / Beziehungsdreiecke

Interview zum "Leben als Geliebte(r)"

Wie häufig sind Dreiecksbeziehungen in einer Psychotherapie Thema?

"Dreiecksbeziehungen sind so alt wie die Menschheitsgeschichte, je nach Statistik geraten zwischen 30 und 60% der Männer und Frauen zumindest einmal in ihrem Leben in ein "Beziehungsdreieck" - insofern stellt es auch einen "Dauerbrenner" in Psychotherapien und Paartherapien dar. In letzteren liegt dieser Anteil noch höher, bei mehr als 2/3 der Klienten-Paare spielen Außenbeziehungen (dazu gehört auch sexuelles Fremdgehen) eine Rolle bei der Krise.

Das ist insofern nicht verwunderlich, als diese Außenbeziehungen für zumindest 2 der Beteiligten in der Regel höchst belastend sind, häufig über Jahre. Sie können einen Nährboden für Depressionen darstellen und auch zu Gewalttaten führen - nicht nur gegen andere, sondern auch sich selbst. Deshalb ist es wichtig, dass die Mauer des Schweigens durchbrochen wird. Seelische Gesundheit ist immer auch eng mit unserer Beziehungssituation verwoben!

Außereheliche Sexualität, außereheliche Beziehungen stellen übrigens keineswegs nur mehr vorrangig das Privileg von Männern dar.."

Wie fühlt sich eine "geheime Geliebte"? Was geht in ihr vor, und wie äußert sich das nach außen?

"Das lässt sich nicht generalisieren. Die "glückliche Geliebte" ist gleichzeitig meist auch die noch unentdeckte und neue Geliebte! Die ersten Monate der Beziehung werden meist als die glücklichsten und unbeschwertesten beschrieben. Erst im Laufe der Zeit steigen die Spannungen, und dann wird aus der einstmals glücklichen Geliebten sehr häufig eine höchst unglückliche.
Ein sehr belastendes Element stellt die erforderliche Geheimhaltung dar: wem kann ich davon erzählen, wer darf auf keinen Fall davon erfahren? Ein schwieriger emotionaler Balanceakt, besonders dann, wenn erste Probleme auftreten und selbst mit den engsten FreundInnen und Vertrauten nicht darüber gesprochen werden kann."

Bild: Verhängnisvolle Affäre

Warum akzeptieren so viele Frauen den Status als Affäre?

"Zunächst ist ja der Status der Geliebten einer, der vor allem Genuss und Privileg bedeutet - häufig verfügen die betreffenden Männer über besonderen sozialen Status oder wirken aus einem anderen Grunde außergewöhnlich attraktiv auf die Geliebte. Während Männer ursprünglich meist aus rein sexuellen Motiven eine Außenbeziehung eingehen, sind es bei Frauen fast immer emotionale Gründe: der Mann bietet ihnen etwas ganz Besonderes, etwas, das sie glauben, bei keinem anderen Mann bekommen zu können.

Dieses Privileg, dieser Luxus wird nur ungern aufgegeben, ja schon der Gedanke daran kann Verlustängste und enorme Eifersuchtsgefühle auf die "fixe" Partnerin des Mannes auslösen."

Wie kommt man dem Schwindel des Partners auf die Schliche?

"Frauen mussten entwicklungshistorisch immer ein großes Interesse daran haben, ihren männlichen Partner "unter Kontrolle" zu halten, war dieser doch der Ernährer und Versorger - sein Fremdgehen konnte eine existentielle Bedrohung darstellen. Vermutlich hat dies zur Entwicklung des Sensoriums geführt, mit dem viele Frauen schon kleine Veränderungen in der Beziehungsdynamik wahrnehmen, während Männer in diesem Bereich weitaus weniger aufmerksam sind. Nur wenige Männer erfahren aus diesem Grunde jemals von Außenbeziehungen ihrer Partnerinnen, und bei eigenen Affären werden sie nach einiger Zeit häufig unachtsam - Fehler wie geplatzte Alibis oder nicht gelöschte SMS-Nachrichten am Mobiltelefon führen dann zum Auffliegen der Außenbeziehung."

Für wen ist die Situation belastender? Für den Mann oder die Geliebte?

Bild: geliebte.de

"Für die Geliebten wird die Situation umso belastender, je mehr Verbindlichkeit sie vom Partner einfordern. Denn im Grunde haben sie ja kaum Kontrolle über das Geschehen - hat beispielsweise der verheiratete Mann keine Absicht, sich von seiner Frau zu trennen, bleibt die Geliebte stets nur "Nummer Drei", die sich nach den zeitlichen Möglichkeiten des Mannes und letztlich auch seiner Ehefrau und etwaigen Kindern richten muss. Will sie in ihrem Leben auch selbst einmal Kinder haben, wird zudem auch die Frage immer drängender, wie dies mit einem bereits verheirateten Mann realisierbar wäre usw. - die Reihe der sich aufwerfenden Fragen wird immer länger, und die emotionale Belastung immer größer."

Was sind die typischen Anzeichen dafür, dass die Geliebte nach der Situation "süchtig" wird? Warum tun sich gerade Frauen so schwer, in dieser Situation einen Schlussstrich zu ziehen?

"Häufig ist es meiner Erfahrung nach die Hoffnung, den Partner oder die Partnerin doch noch von der Idee einer gemeinsamen Zukunft überzeugen zu können. "Irgendwann muss er es doch einsehen!" ist ein häufiger Gedanke. Und natürlich macht es die häufige Tatsache, dass in die Beziehung schon viele Monate oder gar Jahre investiert wurden, nicht viel einfacher, einen Schlussstrich zu ziehen. Aus Sicht der Geliebten läuft die Zweierbeziehung ja meist gut, .."wäre da nur nicht die Ehefrau, von der er sich nicht trennen kann!"

Welche Rolle nimmt die beste Freundin der Geliebten, die in alles eingeweiht ist, ein - und wie soll sich diese verhalten?

"Freundinnen raten meist zur Trennung, jedoch nur selten mit Erfolg. Viele KlientInnen berichten mir, dass Sie mit ihren Vertrauten nicht mehr über die Dreiecksbeziehung sprechen können, da diese "nichts mehr davon hören können." Ähnlich wie bei klassischem Suchtverhalten haben Freunde und Verwandte nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Einflussnahme, der Impuls zur Veränderung und nötigenfalls zum Einholen professioneller Unterstützung muss vom Betroffenen selbst kommen.

Damit dies leichter gelingt, wäre es ratsam, sich mit Ratschlägen oder Tipps zurückzuhalten, sondern es beim Ausdruck der eigenen Wahrnehmungen (z.B. "mir fällt auf, dass du in letzter Zeit sehr häufig angespannt wirkst") zu belassen, jedoch auch ein offenes Ohr für den Zeitpunkt anzubieten, wenn die Freundin dieses zu benötigen glaubt."

Bild: Reader's Digest

Wie schaffen es Frauen, aus dem "Dreieck" heraus zu kommen?

"Wichtig ist es, sich Ziele zu setzen und Grenzen zu definieren, statt sich treiben zu lassen: Was könnte ich zum Beispiel tun, wenn mein Wunsch X sich nicht erfüllen lässt?
Betroffene sollten sich über ihre Situation mit anderen austauschen - dies hilft dabei, die eigene Situation realistischer einzuschätzen und die nächsten Schritte genauer zu reflektieren.
Ist es aufgrund der schwierigen Situation nicht möglich, Dritte einzuweihen oder besteht großer Leidensdruck, ist es ratsam, sich professionelle Unterstützung - etwa bei Beratungsstellen oder Psychotherapeuten - zu suchen. Aufgrund ihrer laufenden Beschäftigung mit dieser Thematik können sie mit einer neutralen Außenperspektive dabei unterstützen, Lösungen zu finden, die längerfristig tragfähig sind und wieder einen befreiteren Blick auf die Zukunft ermöglichen."

Literaturtipps:

Bildquellen: Film 'Verhängnisvolle Affäre', geliebte.de, Reader's Digest

Richard L. Fellner, MSc., 1010 Wien

Richard L. Fellner, MSc., DSP

R.L.Fellner ist Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut und Paartherapeut in Wien.

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