Warum nur verherrliche ich die Nazi-Zeit?
Verfasst: Di., 24.08.2010, 10:51
In meiner Kindheit, so mit 10-11 Jahren habe ich mich sehr für die Geschichte des Nationalsozialismus interessiert und auch Bücher darüber gelesen. Gefördert wurde mein Interesse noch durch den Unterricht in der Schule, bei dem wir zur selben Zeit auch das Thema im Sachkundeunterricht behandelten.
Ich war noch so eingestellt, wie ich erzogen worden war.
Meine gesamte Familie (abgesehen von einer Ausnahme, meine Tante) ist eher links eingestellt.
Mit 13 Jahren war ich auf einem Schüleraustausch in England, habe dort im Fernsehen einen Film über Anne Frank gesehen und musste am Ende weinen, als ich das Mädchen im Konzentrationslager gesehen habe. Mit Juden und dergleichen hatte ich noch nicht viel am Hut, sie waren mir egal, war neutral ihnen gegenüber, kannte ja keine.
Auch noch alles normal.
Dann begann die Pubertät und es ging bergab mit mir. Psychisch. Ich war anders als der normale weibliche Teenager; hab meinen Körper gehasst und alles, was weiblich war. Kam mit dem erwachsen werden nicht klar. Schminke, Jungs, Klamotten – all das hat mich nicht interessiert.
Die Welt wurde konsequent in stark und schwach eingeteilt. Alles Weibliche hatte „schwach“ und alles Männliche „stark“ zu sein.
Ich war in meiner eigenen Fantasiewelt gefangen und habe mich dort eingeigelt.
„Herr der Ringe“ war meine Faszination, meine Leidenschaft, mein Leben. In Mittelerde wollte ich leben und die reale Welt hat mich angekotzt. Hauptsache weg von hier, aus dieser bitteren Realität.
Freunde hatte ich nur wenige, in der Schule keine, nur außerhalb zwei, drei Freundschaften.
Mit 15 entdeckte ich das Ritzen für mich und mit 16 ging es so bergab mit mir, dass ich eine Psychose entwickelte und in eine Klinik kam, in der ich vier Monate verbrachte.
Dreckig ging es mir, konnte nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden.
Aber es ging ja nochmal gut. Ich fing nach meiner Entlassung eine Therapie an, die auch anschlug.
Ich lernte es, meinen Körper zu akzeptieren und auch meine Weiblichkeit.
ABER:
Nun war ich 17 und nahm an einer Fahrt nach Polen teil, wo wir die Gräber auf einem jüdischen Friedhof pflegen sollten. Schon damals habe ich eine seltsame Abneigung gegen alles Jüdische gespürt, die noch klein war und die ich mir damals nicht erklären konnte und da ich deswegen sowieso ein schlechtes Gewissen hatte, habe ich diese unterdrückt.
Die Leute, die ich traf, waren nett und damit beließ ich es erstmal und zudem kamen mir die Tränen in einer Ausstellung darüber, wie die Nazis die Juden damals behandelten und mir ging es schlecht deswegen. Ich hatte noch Mitleid.
Doch in den nächsten Jahren (jetzt bin ich 21) ging diese Abneigung nicht weg, wurde stärker und auch eine gewisse, heimliche Faszination für das „Dritte Reich“ schlich sich in meine Gedanken und um es kurz zu machen, diese ist es, die mir Probleme bereitet.
Mir ging es letztes Jahr auch psychisch sehr schlecht, aufgrund verschiedener Sachen: Auszug von zuhause, eine stressige Beziehung, Probleme mit meinem alten Freundeskreis usw…
Ich wurde in meinen Einstellungen extremer, mir und anderen Menschen gegenüber….
Und jetzt :
-jetzt verherrliche ich diese Zeit, finde sie „toll“ und „geil“ und „cool“
-denke, dass es gar nicht so schlimm war
-„hasse“ Juden und Schwarze und denke, „geschieht ihnen doch Recht“
-fühle mich arrogant dadurch
-bekomme ein wohliges Gefühl, wenn ich an diese Zeit denke….
Nun ja, aber ich weiß, dass ich mich logisch und argumentativ gesehen, auf der schwachen Seite befinde. Ich kann keine plausiblen Gründe liefern, warum ich „Juden“ hassen sollte oder warum es ihnen „Recht geschieht“ oder warum Schwarze weniger wert sein sollten.
Ich kann es nicht begründen und eigentlich war ich doch immer für Demokratie und gegen Diktaturen, für die Emanzipation, aber all das verblasst auf einmal. Daran denke ich nicht, wenn ich an diese Zeit denke, auf einmal finde ich alles toll, idealisiere alles…..
Denke, der Holocaust war „gar nicht so schlimm“ oder eben „toll“…
Ein Teil von mir erkennt schon, wie dämlich ich doch bin und fragt sich, warum bin ich so geworden? Was ist mit mir los? Was wurde aus dem 13jährigen, unschuldigen Mädchen gemacht?
Warum verherrliche ich diese Zeit? Denn ich weiß, dass es nichts mit „den Juden“, als mit mir selber, meinen Problemen vermutlich, zu tun hat….
Versuche ich meine eigene Unsicherheit zu verstecken, in dem ich andere niedermache?
Gestern war ich bei meinen Eltern und war traurig, weil ich dachte, dass sie so eine Tochter haben müssen, die sich so entwickelt hat. Ich habe mich irgendwo geschämt dafür, dass ich so bin und es ist mir immer noch unangenehm und dennoch ist da dieser Teil, der das alles „geil“ und „toll“ findet und grinst, wenn er daran denkt….
Was soll ich nur tun? …….
(Hinweis Admin: Betreffzeile von "Was ist nur aus mir geworden?" auf obige präzisiert. Bitte zukünftig - siehe Netiquette! - möglichst aussagekräftige Betreffzeilen wählen! Danke.)
Ich war noch so eingestellt, wie ich erzogen worden war.
Meine gesamte Familie (abgesehen von einer Ausnahme, meine Tante) ist eher links eingestellt.
Mit 13 Jahren war ich auf einem Schüleraustausch in England, habe dort im Fernsehen einen Film über Anne Frank gesehen und musste am Ende weinen, als ich das Mädchen im Konzentrationslager gesehen habe. Mit Juden und dergleichen hatte ich noch nicht viel am Hut, sie waren mir egal, war neutral ihnen gegenüber, kannte ja keine.
Auch noch alles normal.
Dann begann die Pubertät und es ging bergab mit mir. Psychisch. Ich war anders als der normale weibliche Teenager; hab meinen Körper gehasst und alles, was weiblich war. Kam mit dem erwachsen werden nicht klar. Schminke, Jungs, Klamotten – all das hat mich nicht interessiert.
Die Welt wurde konsequent in stark und schwach eingeteilt. Alles Weibliche hatte „schwach“ und alles Männliche „stark“ zu sein.
Ich war in meiner eigenen Fantasiewelt gefangen und habe mich dort eingeigelt.
„Herr der Ringe“ war meine Faszination, meine Leidenschaft, mein Leben. In Mittelerde wollte ich leben und die reale Welt hat mich angekotzt. Hauptsache weg von hier, aus dieser bitteren Realität.
Freunde hatte ich nur wenige, in der Schule keine, nur außerhalb zwei, drei Freundschaften.
Mit 15 entdeckte ich das Ritzen für mich und mit 16 ging es so bergab mit mir, dass ich eine Psychose entwickelte und in eine Klinik kam, in der ich vier Monate verbrachte.
Dreckig ging es mir, konnte nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden.
Aber es ging ja nochmal gut. Ich fing nach meiner Entlassung eine Therapie an, die auch anschlug.
Ich lernte es, meinen Körper zu akzeptieren und auch meine Weiblichkeit.
ABER:
Nun war ich 17 und nahm an einer Fahrt nach Polen teil, wo wir die Gräber auf einem jüdischen Friedhof pflegen sollten. Schon damals habe ich eine seltsame Abneigung gegen alles Jüdische gespürt, die noch klein war und die ich mir damals nicht erklären konnte und da ich deswegen sowieso ein schlechtes Gewissen hatte, habe ich diese unterdrückt.
Die Leute, die ich traf, waren nett und damit beließ ich es erstmal und zudem kamen mir die Tränen in einer Ausstellung darüber, wie die Nazis die Juden damals behandelten und mir ging es schlecht deswegen. Ich hatte noch Mitleid.
Doch in den nächsten Jahren (jetzt bin ich 21) ging diese Abneigung nicht weg, wurde stärker und auch eine gewisse, heimliche Faszination für das „Dritte Reich“ schlich sich in meine Gedanken und um es kurz zu machen, diese ist es, die mir Probleme bereitet.
Mir ging es letztes Jahr auch psychisch sehr schlecht, aufgrund verschiedener Sachen: Auszug von zuhause, eine stressige Beziehung, Probleme mit meinem alten Freundeskreis usw…
Ich wurde in meinen Einstellungen extremer, mir und anderen Menschen gegenüber….
Und jetzt :
-jetzt verherrliche ich diese Zeit, finde sie „toll“ und „geil“ und „cool“
-denke, dass es gar nicht so schlimm war
-„hasse“ Juden und Schwarze und denke, „geschieht ihnen doch Recht“
-fühle mich arrogant dadurch
-bekomme ein wohliges Gefühl, wenn ich an diese Zeit denke….
Nun ja, aber ich weiß, dass ich mich logisch und argumentativ gesehen, auf der schwachen Seite befinde. Ich kann keine plausiblen Gründe liefern, warum ich „Juden“ hassen sollte oder warum es ihnen „Recht geschieht“ oder warum Schwarze weniger wert sein sollten.
Ich kann es nicht begründen und eigentlich war ich doch immer für Demokratie und gegen Diktaturen, für die Emanzipation, aber all das verblasst auf einmal. Daran denke ich nicht, wenn ich an diese Zeit denke, auf einmal finde ich alles toll, idealisiere alles…..
Denke, der Holocaust war „gar nicht so schlimm“ oder eben „toll“…
Ein Teil von mir erkennt schon, wie dämlich ich doch bin und fragt sich, warum bin ich so geworden? Was ist mit mir los? Was wurde aus dem 13jährigen, unschuldigen Mädchen gemacht?
Warum verherrliche ich diese Zeit? Denn ich weiß, dass es nichts mit „den Juden“, als mit mir selber, meinen Problemen vermutlich, zu tun hat….
Versuche ich meine eigene Unsicherheit zu verstecken, in dem ich andere niedermache?
Gestern war ich bei meinen Eltern und war traurig, weil ich dachte, dass sie so eine Tochter haben müssen, die sich so entwickelt hat. Ich habe mich irgendwo geschämt dafür, dass ich so bin und es ist mir immer noch unangenehm und dennoch ist da dieser Teil, der das alles „geil“ und „toll“ findet und grinst, wenn er daran denkt….
Was soll ich nur tun? …….
(Hinweis Admin: Betreffzeile von "Was ist nur aus mir geworden?" auf obige präzisiert. Bitte zukünftig - siehe Netiquette! - möglichst aussagekräftige Betreffzeilen wählen! Danke.)