Zwangsgedanken über die Vergangenheit

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag So., 21.09.2014, 12:22

So, das Erstgespräch ist ganz gut gelaufen, ich habe quasi alles erzählt, was sich über die Jahre so angehäuft hat und dann war die Stunde auch schon rum. Es fühlte sich ganz ok an, mal sehen, wie es nun weitergeht.
Was mich leider neu beunruhig: ein paar Tage vor dem Gespräch sind meine Ängste und Gedanken komplett gekippt und beziehen sie plötzlich nicht mehr (nur) auf mich als der "Schuldige", sondern ich bin plötzlich eifersüchtig, misstrauisch und habe Angst, meine Freundin könnte mich verlassen und hintergehen. Ich habe mit ihr darüber gesprochen, aber genauso, wie ich mich in meinen Angstgedanken festgebissen habe, hilft das nur temporär ... plötzlich fühlt sich alles so lose an, jede - von mir so gedeutete - Situation, Unregelmäßigkeit oder etwas in der Art, löst in meinem Kopf aus: "Das ist doch komisch, das ist doch sicher ein Hinweis darauf, dass meine Freundin mindestens auf der Suche nach einem anderen ist, wenn nicht schon mehr passiert ist." - Ich habe schon Bilder von Situationen im Kopf und befasse mich mit dem Thema, wie man so einen Seitensprung des Partners verarbeiten kann und trotzdem zusammen bleibt. Das schlimme ist: wir sind seit Jahren mit so einem Vertrauen miteinander umgegangen, dass ich diese Eifersucht von mir so gar nicht mehr kenne, das macht mir alles Angst und es belastet natürlich auch, wenn mich nun öfters in Gesprächen darüber versichere, dass zwischen uns alles in Ordnung ist und wir uns lieben. Ich habe wirklich furchtbare Angst, sie an jemanden anderen zu verlieren. Ich hänge in dieser panischen Eifersucht genauso drin, wie sonst in meinen Ängsten. Nur kann ich dabei nun nicht jedes Mal mit meiner Freundin sprechen - es ist ja quasi dann auch immer eine Unterstellung ihr gegenüber und das findet sie veständlicherweise nicht sehr angenehm. Aber sie sieht es mir eigentlich sowieso sofort an, wenn ich wieder Angst davor habe. Ich habe das auch gleich beim Erstgespräch mit angesprochen. Das hilft so aber erstmal natürlich mir nicht weiter.

Werbung

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Fr., 24.10.2014, 13:58

Hab die ersten fünf Gespräche hinter mir, Antrag bei der Krankenkasse läuft. Ich kann noch nicht erkennen, wohin das ganze läuft, aber ich denke es wird. Die letzten zwei Wochen schwankte ich permanent zwischen meinen eigenen Angstgedanken und ganz schlimmen Eifersuchtsattacken ... gestern abend habe ich dann noch etwas getrunken (ich hatte eine Bettschwere, damit ich die Eifersuchtsgedanken vergessen konnte - und ich weiss, dass das eher kontraproduktiv war, bitte keine Standpauken deswegen),
bin dann ins Bett gegangen und heute früh konnte ich die Wände hochgehen. Ich sitze seit Stunden hier herum und male mir aus, ob ich vielleicht NACH dem zu Bett gehen noch einmal aufgestanden bin und irgendwo raus, in eine Kneipe oder sonstwohin ... und da dann evtl. fremdgegangen bin. Oder was weiß ich denn. Ich komme aus dem Film nicht raus. Die GPS Funktion des Handys sagt, dass es (und dann ich sicher auch) die ganze Nacht im Hause waren. Aber ich hab Angst, ich hätte so etwas Dummes getan. Bitte, bitte, kann jemand hier antworten und sagen, ob das auch nur in irgendeiner Art und Weise realistisch klingt? Bitte!

Benutzeravatar

Chancen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 674

Beitrag Fr., 24.10.2014, 15:02

Hallo Angstgedanken!

Deine Gedanken und Befürchtungen hören sich für mich nach "Stressmanagement" an. Wenn du dich unter Druck fühlst und das Gefühl hast, dass dir dein Leben entgleitet, dann schalten sich diese Gedanken ein, sodass du dich bloß nur noch um diese Gedanken drehst und von deinen wahren Gefühlen abgelenkt wirst.

Manche Leute reagieren auf Druck und Unsicherheit im Leben mit Aggression, manche mit Suchtverhalten, manche mit Depression, manche mit Zwängen, manche mit Selbstverletzung, manche mit Fressanfällen und du eben mit solchen Zwangsgedanken, dass du etwas getan haben könntest, von dem du nicht mehr weißt.

Es ist ein Ablenkungsmanöver deiner Psyche, damit du dich mit deiner Unsicherheit, Überforderung im Leben bzw. mit dem dahinterliegenden Schmerz nicht auseinandersetzen musst, weil du gar nicht dazu kommst, vor lauter Sorge und Angstgedanken.

Deine Zwangsgedanken stellen dir also eine Falle. Sie tauchen auf und locken dich, damit du dich in ihnen verlierst und so auf dich selbst vergisst. Und so wie sich deine Beiträge lesen, tappst du in diese Falle indem du dich tatsächlich fragst, ob du etwas getan haben könntest von dem du nicht mehr weißt.

Es wäre wichtig, dass du diese Gedanken, wenn sie auftauchen als Gedanken identifizierst. Dass du dir also sagst, "oh, hier sind schon wieder meine Gedanken". Und dann beobachtest du, was diese Gedanken mit dir machen.
Dass sie auftauchen kannst du nicht verhindern. Gedanken sind stärker als der Wille. Das bedeutet, du musst damit rechnen, dass sie immer mal wieder auftauchen. Aber du kannst sie als Gedanken identifizieren und dir sagen, dass es bloß Gedanken sind, die dich ablenken wollen. Du musst ihnen nicht glauben. Du kannst dich entscheiden, ihnen nicht zu glauben.

Dadurch gehen sie zwar nicht weg, aber sie verlieren ihre Macht über dich. Denn wenn sie kommen, dann beobachtest du sie einfach. Sage dir sowas wie: "Oh, hier sind schon wieder die Gedanken. Sie wollen mich glauben machen, dass es sein könnte, dass ich in der Nacht dies oder jenes getan habe. Das sind meine Gedanken. Bloß, weil sie auftauchen, heißt das nicht, dass sie wahr sind."

Viele von uns haben den ganzen lieben langen Tag ständig irgendwelche Gedanken, die nicht wahr sind. Und viele von uns leidne, weil sie nicht zwischen den Gedanken die wahr sind und denen die falsch sind unterscheiden können.

Meistens lauten so falsche Gedanken: ich bin zu hässlich, ich bin zu faul, ich bin zu alt, ich habe alles falsch gemacht, ich bin zu nichts nutze, ich bin eine Last, ich habe keinen Partner oder keine Partnerin verdient, niemand will mich, etc.

Das sind ebenfalls Zwangsgedanken, die jedoch viel akzeptierter zu sein scheinen, als deine Gedanken.

Aber sie treffen im Grunde das gleiche Problem: Man hat Gedanken und denkt, dass sie wahr sind oder wahr sein könnten.


Du musst erkennen, dass deine Form der Gedanken ein Ausdruck deines Stresses im Leben sind und dass deine Psyche sie erschafften hat, damit du im Alltag besser klar kommst. Denn diese Gedanken sind für dich noch immer besser (darum hast du sie) als dich deiner Unsicherheit und deinem Schmerz zu stellen.

Wenn du mal soweit bist, wirklich in dich rein zu sehen, dann wirst du auch diese Gedanken nicht mehr benötigen.

Aber das kannst du am besten durch eine Therapie erreichen. Und es dauert eine ganze Weile, bis man dann soweit ist.

Chancen

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Fr., 24.10.2014, 15:09

Danke, daß sich diese Ängste über die eigenen Gefühle und den Schmerz legen, habe ich auch schon einmal gelesen. Aber wenn diese Ängste schon so quälend sind, was ist dann das, was darunter liegt? Ich kann mir momentan nichts schlimmeres als meine Ängste vorstellen und daß sie wahr werden könnten. Das ist alles so anstrengend, ich bin nach so einem Tag fix und fertig, auch körperlich ....

Werbung

Benutzeravatar

Chancen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 674

Beitrag Fr., 24.10.2014, 15:25

Die Sache ist aber die, dass die Ängste viel quälender sind als das was darunter liegt. Die Ängste sind das Allerschlimmste für dich.
Aber dennoch hat man Angst, dahinter zu blicken und wehrt sich solange es geht dagegen.

Deine Ängste und dein Schmerz stammen wahrscheinlich aus einer Zeit, in der du noch wehrlos ausgeliefert warst (als Kind). Weil du so wehrlos warst musste deine Psyche einen Mechanismus erfinden, deinen Schmerz zu unterdrücken. Im Laufe deines Erwachsenenlebens haben sich nun diese Angstgedanken als Kompensationsmanöver herauskristallisiert.

Heute würdest du sie nicht mehr brauchen, weil du dich diesem Schmerz stellen kannst. Aber weil du wahrscheinlich noch immer so verängstigt bist (wie das kleine Kind, das du mal warst) hast du (bzw. deine Psyche) die Befürchtung, dass das Darunterliegende noch viel schlimmer ist.

Das stimmt jedoch nicht.
Wenn du dich deiner selbst annimmst und es zulässt, tiefer zu blicken, dann hast du die Chance Ruhe zu finden.

Ansonsten wirst du dich weiterhin mit deiner derzeitigen Strategie herumschlagen müssen.

Und die ist in der Tat wahnsinnig anstregend. Der Körper leidet immer mit!

Mach dir bewusst, dass dein Problem nur Ausdruck eines anderen Problemes ist, dem du dich stellen musst, wenn du Ruhe finden willst.

Deine Ruhe wirst du - so wie du es momentan versuchst - niemals finden können. Weil Zwangsgedanken unendlich sind. Unendlich in der Intensität, unendlich in der Vielzahl und unendlich in ihrer Grausamkeit. Gedanken werden immer größer als du sein können und eine Sicherheit kann es niemals geben.
Eine Sicherheit kannst du nur in dir selbst finden, indem du Selbstvertrauen lernst. Und das kannst du nur finden, wenn du anfängst, dich mit dir selbst auseinanderzusetzen, anstatt mit den Situationen (Angstgedanken).

Chancen

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Fr., 24.10.2014, 15:34

dafür habe ich ja die Therapie begonnen, die beiden anderen haben immer nur phasenweise Ruhe gebracht. Mangelndes Selbstbewusstsein, ja das bin ich definitiv. Angst vor dem Verlust der Beziehung - ganz klar. Aber mehr als warten, daß die Therapie richtig beginnt, kann ich momentan ja nicht, oder? Ich warte auf Reaktion der Kk. Bis dahin / mir ist noch kein gutes Alltagsrezept für meine Ängste oder Eifersuchtsszenarien eingefallen.

Benutzeravatar

Chancen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 674

Beitrag Fr., 24.10.2014, 15:56

Vielleicht kannst du in Büchern Anregungen finden, mit deinen Ängsten klarzukommen.

Mir fallen spontan zwei Titel ein:

Der furchtlose Buddha: Was uns durch die Angst trägt - Thich Nhat Hanh
Lieben was ist - Byron Katie


Vielleicht klärt das deine Gedanken und Ängste, bzw. hilft es dir mit ihnen besser klarzukommen.

Chancen

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Fr., 24.10.2014, 16:24

Ich hatte das hier schonmal geschrieben, aber manchmal ist es schwer, die Ängste als Angst zu erkennen und nicht als verworrene Erinnerungen von echten Dingen.

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Fr., 24.10.2014, 19:43

Wenn man es mal aus der Ferne betrachtet: was für eine absurde Vorstellung. Da geht jemand gut angetrunken und ohne Erinnerung nach dem ins Bett gehen noch einmal los, wohin auch immer, findet jemanden für Sex und ist dann gleich wieder daheim und alles ohne auch nur eine Erinnerung daran. Ich wünschte, ich könnte das auch immer gleich so absurd erkennen.

Benutzeravatar

Chancen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 674

Beitrag Sa., 25.10.2014, 09:41

Sag mal, hat irgendjemand versucht, dir als Kind Dinge unterzuschieben, die du gar nicht getan hast?
Kannst du dich da an irgendwas erinnern?

Dass z.B. deine Mutter dir nicht geglaubt hat als du sagtest, du warst es nicht bzw. du hast etwas nicht getan, und sie hat dir einfach nicht geglaubt?

Es kann gut sein, dass dir jemand was einreden wollte, von dem du wusstest dass es nicht stimmte und irgendwann hast du aufgegeben und angefangen, dir selbst zu misstrauen.

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Sa., 25.10.2014, 11:56

Nicht das ich wüsste, mit konkreten Erinnerungen tu ich mich immer schwer. Ich würde aber behaupten, dass mir da niemand etwas böses wollte.
Ich versuche, mir demnächste kurzzeitig Medikamente verschreiben zu lassen. Momentan komme ich aus dem Kreis "entweder habe ich meine Freundin betrogen" oder sie würde mich eventuell hintergehen nicht mehr alleine raus. Ich bin den ganzen Tag am grübeln, traurig, fange an zu weinen und kann nichts so richtig annehmen und glauben, was mir an lieben Worten entgegengebracht wird. Das geht so nicht mehr, ich bin abends immer so angestrengt und fertig und so leer.

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Sa., 25.10.2014, 15:15

Aber das mit dem "nachts ohne Erinnerung noch mal raus, Sex gehabt und wieder nach Hause" - das kann ich abhaken, oder? Das ist mein Kopf, ja?

Benutzeravatar

Chancen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 674

Beitrag Sa., 25.10.2014, 16:27

Ohne Erinnerung an einen Ausflug und ohne Spuren, die darauf hinweisen und ohne Hinweis, dass du das jemals vorher getan hast (Zeugenberichte, dass du jemals sowas in der Art getan hast), würde ich sagen, dass es bloß Zwangs-Angst-Gedanken sind.

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Sa., 25.10.2014, 16:33

Nein, ich hab sowas (meines Wissens) noch nie gemacht - das Handy sagt, es wäre die ganze Zeit daheim gewesen, dann also ich eigentlich auch. Geld fehlte auch keines - weiß aber auch nicht, wieviel vorher ganz genau da war, aber es sind max 4-5 Euro - das muß nichts heißen. Und ich bin früh so halb 6 mit dem Hund raus. Kurz nach 1 hab ich definitiv im Bett gelegen.

Benutzeravatar

angstgedanken
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 40
Beiträge: 83

Beitrag Sa., 25.10.2014, 18:40

Ist immer noch Quatsch oder? Warum sind diese Gedanken nur so hartnäckig?

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag