Welcher GdB ist angemessen?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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inlines
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Welcher GdB ist angemessen?

Beitrag Do., 26.05.2016, 14:26

Hallo zusammen,

ich leide schon seit Kindheit und Jugend an verschiedenen psychischen Erkrankungen, die mir aber erst seit kurzem bewußt sind, und sich zuletzt auch deutlich verschlechtert haben.

Vor 1 1/2 Jahren hat meine Essstörung begonnen, auf Grund der ich, ohne etwas dagegegen tun zu können, über viele Monate 15mal täglich erbrochen habe. Ich kam schließlich in eine psychosomatische Klinik, in der ich innerhalb von 12 Wochen das Erbrechen deutlich reduzieren konnte. Während dieser Zeit wurde einiges festgestellt, und auch von mir "gebeichtet". So liegt bei mir als Hauptkrankheit wohl eine komplexe PTBS (sekundäre Dissoziation) vor, die außer der Essstörung auch eine Zwangserkrankung und eine Dysthemie als Folge hatte.

In der Klinik wo ich war wurde ich zum Schwerbehindertenrecht beraten, und habe mit Unterstützung vom Sozialen Dienst dort, einen Antrag eingereicht. Sie haben mich aber auch gleich vorgewarnt, dass dieser Antrag nicht immer angemessen beurteilt wird, und auch gesagt, dass ich auf jeden Fall Widersprechen soll, wenn ich nur einen GdB von 20 oder so erhalte.

Nun habe ich vorgestern einen Brief vom Versorgungsamt erhalten, und was stand drin? - Genau GdB 20. Obwohl ich vorgewarnt wurde, war ich trotzdem sehr verdutzt. Von der Psychologin in der Klinik wurde ich mit einem GAF-Score beurteilt (44,49), der lt. Hinweisen zur Gutachtertätigkeit immer einen GdB von min. 30-40 bedingt. Auch stehen im Entlassungsbericht so Dinge wie "massive chronische Erkrankung".

Ich leide wirklich unter den Krankheiten. Kann z.B. nicht mehr ins Kino/zu meinen Eltern, werde regelmäßig von meiner Frau/meinem Sohn getriggert, was extrem ausartet, verbringe täglich etwa 1 1/2 Stunden mit Zwangshandlungen, erbreche immer noch alle 2 Tage 4-6 Mal. Momentan schließe ich mich auch oft ins Wohnzimmer ein, weil ich Personen und Geräusche nicht mehr ertragen kann.

Ich habe vor Widerspruch einzulegen, und habe schon eine ausführliche Begründung verfasst, wo mich diese Krankheiten im Alltag und auch Berufsleben belasten. Zusätzlich werde ich meine Psychotherapeuten und meine Hausärztin um Ausstellung eines Attests bitten. Ich versuche dies schnell zu bekommen und hoffe, dass ich die Sache bis ich in die Tagesklinik darf, einigermaßen geregelt habe.

Mache ich das so richtig? Lohnt es sich überhaupt dagegen anzugehen, und zu hoffen, das mehr daraus wird? Hat jemand mit einer ähnlichen Symtomatik Erfahrungswerte?

Die Anerkennung von einem GdB über 50 würde mir als Haupternährer helfen, meinen Kündigungsschutz zu verbessern, und meine fragile berufliche Situation zu sichern, und hoffentlich auch etwas mehr für meine Familie dasein zu können.

Wäre hier für Infos dankbar.

Gruß Inline

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Candykills
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Beitrag Do., 26.05.2016, 18:05

Das ist schwierig. Die meisten die ich kenne mit Borderline oder sekundärer Dissoziation haben auch nur einen GdB von 30 erhalten.
Ich hab einen GdB von über 50 bei DIS + zusätzliche körperliche chronische Erkrankungen (möchte die genaue Zahl nicht nennen) bekommen und habe dafür eine Stellungnahme meinerseits, eine Begutachtung meiner Therapeutin und die entsprechenden Ärzte benannt (Psychiater, andere Fachärzte). Ich habe zusätzlich allerdings auch noch andere Erkrankungen, die mit berücksichtigt wurden. Also ich glaube es ist schon recht schwer auf 50 oder mehr zu kommen - realistisch gesehen.

LG
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werve
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Beitrag Do., 26.05.2016, 21:20

Das Problem bei diesen amtlichen Beurteilungen wie GdB oder Berentung ist, das man sich fortan "bemühen" muss, seine Störung aufrecht zu erhalten, damit man die Einordnung auch "verdient" - was eine psychotherapeutische Behandlung nahezu verunmöglicht.

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candle.
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Beitrag Do., 26.05.2016, 21:34

werve hat geschrieben:Das Problem bei diesen amtlichen Beurteilungen wie GdB oder Berentung ist, das man sich fortan "bemühen" muss, seine Störung aufrecht zu erhalten, damit man die Einordnung auch "verdient" - was eine psychotherapeutische Behandlung nahezu verunmöglicht.
Wie bitte?

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werve
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Beitrag Fr., 27.05.2016, 10:07

Klar, hört sich nicht schön an. Leider ist es wahr. Heißt ja nicht, dass man PT nicht machen kann - nur die Ergebnisse werden mager bleiben.

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Candykills
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Beitrag Fr., 27.05.2016, 10:13

Naja, das Ziel ist ja irgendwann mal vielleicht aus dem GdB Bereich rauszukommen??????? Ich fände es zumindest schön, wenn ich irgendwann so aufgestellt bin, dass ich ein normales Leben führen kann!
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werve
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Beitrag Fr., 27.05.2016, 16:22

Da dürftest du aber einer von wenigen sein, prozentual gesehen. In dem Fall ist PT, oder andere Methoden, natürlich wirksam.

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inlines
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Beitrag Sa., 06.08.2016, 13:39

So, wollte mal Rückmeldung geben zum Zwischenstand...

Habe mit umfangreicher Begründung und auch mit Unterstützung meines Hausarztes widersprochen, was nun zu GDB 30 geführt hat. Wobei ich davon ausgehe, dass die eingereichten Unterlagen bestenfalls überflogen wurden...

Da bei meinem Tagesklinikaufenthalt die tatsächliche Intensität meiner Zwangstörung erkannt worden ist (teste aktuell die Grenzen meiner Verträglichkeit von Sertralin), und ich die letzten Monaten immer wieder auch dissoziative Totalausfälle hatte (ein paar Mal lag ich flach), werde ich erneut wiedersprechen. In der Klinik wurde mir zudem signalisiert, dass man mein Vorgehen unterstützt, genauso wie dies auch mein Psychiater tut.

Mal sehen was noch dabei rauskommt, aber dass diese GDB-Geschichte etwas mit Lotterie zu tun hat erscheint mir mittlerweile als gesichert. Traurig ist hier ebenfalls, dass trotz mehrmaliger, fettgedruckter Bitte, einen meiner Ärtze zu kontaktieren, nicht ein einziger davon angeschrieben worden ist. Und mir den Wisch in die Hand zu drücken fällt den Ärtzen anscheinend ebenfalls schwer...

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candle.
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Beitrag Sa., 06.08.2016, 13:45

Oh inlines! Das tut mir leid zu lesen. Ich bin diesen Weg noch nicht gegangen. Allerdings habe ich mal in die Liste geschaut wegen meiner Schilddrüse, wofür man auch nichts bekommt, weil es eben "reparabel" ist mit Hilfe von Medikamenten. In der Hinsicht bin ich praktisch gesund.

Und mit der Psyche wird es dann wohl nochmal schwieriger einen Nachweis zu führen. Da fehlt es meiner Meinung nach noch stark an Wissen und Anerkennung.

LG candle
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Beitrag Sa., 06.08.2016, 19:38

Das ist ja komisch, dass deine Ärzte nicht angeschrieben wurden - außer du hast die jeweiligen Unterlagen direkt beigelegt. Dann ist dies ja nicht mehr nötig.

LG
Candy
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Beitrag Mo., 08.08.2016, 10:23

So, weil es mir keine Ruhe gelassen hat, habe ich direkt bei der Behörde angerufen, und erfahren, dass außer den von mir eingereichten Unterlagen, die nicht wirklich etwas mit der Bewertung meiner Person zu tun haben, garnichts zur weiteren Klärung hinzugezogen worden ist. Sie haben also alleine einen Entlassungsbericht, wo weder auf die Schwere meiner Zwangserkrankung , noch auf meine dissoziativen Aussetzer eingegangen wird, als einzige Bewertungsgrundlage genutzt. Es hieß, dies wäre Ihnen als ausreichend erschienen.

Die Frau am Telefon war jedoch sehr nett, und hat mir gesagt, wie ich vorgehen soll, um dies richtigstellen zu können, und auch signalisiert, dass diese Einschätzung nicht aus Böswilligkeit zu stande gekommen ist.

Beim jetzigen Widerspruch, der gegen das Land zu richten ist, werde ich mich also kurzfassen, und direkt auf meinen Psychiater, und die Tageklinik, wie einige dissoziative Ausfälle auftraten, verweisen.

Und wenn s dann nicht sein soll, muss ich das wohl so akzeptieren.

Danke für Eure Rückmeldungen!

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inlines
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Beitrag Do., 25.08.2016, 14:38

Und noch einmal ein Update! Gestern ist herrausgekommen, dass das Versorgungsamt ohne das im Bescheid zu vermerken, nur etwa ein Drittel der vorhandenen Krankheiten überhaupt anerkannt hat... D. h. weder meine zeitintensiven Zwänge noch die dissoziativen "Aussetzer" haben Sie überhaupt berücksichtigt... Falls ich vorhergehend irgend etwas postives bezüglich Versorgungsamt geschrieben habe - ich nehme es hiermit zurück.

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Dengue
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Beitrag Do., 25.08.2016, 23:10

Das finde ich seltsam. Ich habe ebenfalls einen GdB erhalten und in meinem Schreiben wurde angeführt, was anerkannt wurde und was nicht.
Wenn du noch die Möglichkeit hast, rechtlich in diesem Fall zu agieren, überlege, wie wichtig das für dich ist. Soll heißen: Ist eine höhere Einstufung für dich unerlässlich, weil du auf die zugestandenen Nachteilsausgleiche ab GdB 50 nicht verzichten kannst.
Sollte dem so sein, dann hol dir juristischen Rat ein. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Entscheide davon abhängen, welcher Sachbearbeiter am Werk ist. Ich weiß nicht, wie das Versorgungsamt GdB-Anträge handhabt und ob dort auch Gutachter eingesetzt werden, wie beim MDK oder SMD. Vielleicht ist da noch ein Schräubchen zum drehen vorhanden.

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inlines
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Beitrag Fr., 26.08.2016, 18:04

Hi Dengue,

ja die 50 wären mir eigentlich schon wichtig, da ich schon seit einigen Jahren beruflich auf der Kippe stehe und eben auch eine Familie zu versorgen habe. Da würde ich mich in der Zukunft vermutlich etwas leichter tun.

Eine Auflistung, was anerkannt worden ist, und was nicht ist schon vorhanden, jedoch sind offensichtlich einige Erkrankungen nicht in die Betrachtung eingeflossen, da meine Zwangskrankheit (psychische Störung) keiner der angegebenen Funktionseinschränkungen zugeordnet werden kann. Darüber hinaus liegt mir eine Stellungsnahme vom ärztlichen Dienst vor, wo nur ein Minimum meiner Krankheiten erwähnt wird, und zugleich von zukünftiger Stabilisierung gesprochen wird, ohne das es dafür Anhaltspunkte gibt.

Gestern hab ich in einem Zwangsforum nachgeschaut, was die Leute da so bekommen (und es waren einige dabei, die tatsächlich ""nur"" an einer Zwangsstörung leiden), die in ähnlichem Maße wie ich von den Zwängen betroffen sind. Und was las ich dort? - Teilweise auf den Erstantrag hin Einzel-GdB 80%, und zum Großteil über 50. Der Faden war zwar ein paar Jahre alt, aber trotzdem muß ich mich momentan bemühen die Nerven im Griff zu behalten, da ich ja nicht nur mit den Zwängen Probleme habe, sondern ein ganzes Sammelsurium an psychischen Störungen mit mir herumschleppe.

Ich werde mich also die nächsten Tage bewußt ablenken, aber dass ich Klagen werde ist nicht unwahrscheinlich. Der freundliche Herr vom Versorgungsamt meinte, dass 40% der Klagen erfolgreich wären - vielleicht ist das ein Hoffnungsschimmer (auch für andere Betroffene). Im Übrigen habe ich von einem Mann mittleren Alters gelesen der unter anderem an DIS und ca. 10 weiteren Sachen leidet, den sie ebenfalls mit 30% abcanceln wollten - Von Objektivität und "Neutralität" kann also keine Rede sein, und es gibt eine Menge Menschen, die das ihnen zustehende Recht erst mühsam erkämpfen müssen. Aber wie gesagt, zunächst muss mich erst mal ablenken und besinnen (habe auch Grübelzwänge).

LG
Zuletzt geändert von inlines am Fr., 26.08.2016, 18:26, insgesamt 1-mal geändert.

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friedie
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Beitrag Fr., 26.08.2016, 18:21

inlines hat geschrieben:Hi Dengue,

ja die 50 wären mir eigentlich schon wichtig, da ich schon seit einigen Jahren beruflich auf der Kippe stehe und eben auch eine Familie zu versorgen habe. Da würde ich mich in der Zukunft vermutlich etwas leichter tun.
Hallo inlines,

ich würde an deiner Stelle auch klagen, das Gericht kann auch noch weiter ermitteln bei den Ärzten und ggf. ein Gutachten einholen. Soweit es dir um den Schutz deines Arbeitsplatzes geht, kannst du aber auch jetzt schon mit deinem GdB von 30 eine Gleichstellung beantragen. Damit genießt du in der Arbeit dann den gleichen Schutz wie Schwerbehinderte. Das sollte klappen, wenn dein Arbeitsplatz behinderungsbedingt gefährdet und die Arbeit an sich für dich geeignet ist.

Schau mal hier:

http://www.vdk.de/deutschland/pages/the ... n_menschen

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