Orientierungslosigkeit beim Gestalten des eigenen Leben

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Rooland
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Orientierungslosigkeit beim Gestalten des eigenen Leben

Beitrag Mo., 25.08.2014, 20:46

Hallo,
ich bin männlich und 37 Jahre alt. Ich war lange wegen einer Depression, Angststörungen, sozialen Ängsten und Antriebsmangel in psychotherapeutischen Behandlung und konnte dort sehr große Fortschritte machen. Inzwischen kenne ich mich ziemlich gut und kann ganz gut verstehen, wie mein Unterbewusstsein tickt. Dadurch komme ich im Leben immer besser zurecht.

In letztes Zeit beginne ich zu verstehen, woher mein Antriebsmangel und meine Orientierungslosigkeit kommen: Ich denke unterbewusst, dass mein Leben eigentlich gar keine Rolle spielt und dass es nicht wichtig ist, ob ich aus meinem Leben etwas mache oder nicht. Ich sehe mich überhaupt nicht in der Verantwortung, Entscheidungen zu treffen und mein Leben zu gestalten. Wahrscheinlich kommt das zum Teil daher, dass ich eine ziemlich bestimmende "Übermutter" hatte, die mich bis ins Erwachsenenalter ziemlich für sich eingenommen hat. Als ich ein Kind war, war es für mich völlig nebensächlich, was ich persönlich wollte oder was mir persönlich Spaß gemacht hätte. Für mich war immer nur wichtig, meiner Mutter zu gefallen und alles das zu mögen, was meine Mutter mochte. Meine Mutter ist gestorben, als ich 25 war, also vor 12 Jahren. Bis zuletzt war Sie für mich die letzte Instanz in allen Fragen des Lebens. Auch in der Pubertät konnte ich mich nicht von ihr abnabeln. Ich war ihr gewissermaßen hörig.

Ich vermute mal, dass "normale" Leute ihr Leben von sich aus gestalten, und dass sie sich alles so einrichten, dass möglichst gut zurecht kommen. Ich denken an Arbeit, Familie, Freunde, Wohnung, usw. Ich dagegen muss mich täglich zwingen, Aufzustehen, zu Arbeit zu gehen, Entscheidungen zu treffen, mein Leben in die Hand zu nehmen und etwas daraus zu machen. Unterbewusst bin ich noch immer der Meinung, dass es gar nicht meine Aufgabe ist, mein Leben zu gestalten.

Vielleicht warte ich noch immer, dass meine verstorbene Mutter wieder kommt, und alle Entscheidungen für mich trifft. Oder ich will keine Entscheidungen treffen, aus Angst, sie könnten meiner Mutter missfallen. Als meine Mutter gestorben ist, habe ich damit irgendwie meine Orientierung im Leben verloren. Seitdem muss ich mich selbst im Leben orientieren und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen. Aber das fällt mir schwer, und insgeheim wäre es mir am liebsten, wenn mir wieder jemand anderes sagen würde, was ich tun soll.

Was meint ihr zu diesen Symptomen? Ist das typisch für Leute, die versuchen, sich aus der Abhängigkeit zu einem Elternteil befreien?

Viele Grüße und vielen Dank, Rooman

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feenstaub
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Beitrag Mo., 25.08.2014, 21:18

[quote] Ich denke unterbewusst, dass mein Leben eigentlich gar keine Rolle spielt und dass es nicht wichtig ist, ob ich aus meinem Leben etwas mache oder nicht.[//quote]

An dem Punkt war ich auch schon mal. Es ist auch nicht wichtig. Aber du bist ja jetzt nun mal da und warum dann nicht einfach das beste daraus machen? Warum nicht die Entscheidung danach treffen, was dir das Leben am angenehmsten macht?
Ich will aus meinem Leben gar nichts mehr "machen". Ich lasse es auf mich zukommen und gucke, was zu tun ist. Entscheidungen treffe ich nur noch, wenn sie mir wirklich wichtig erscheinen oder bei Lappalien entscheide ich manchmal einfach irgendwas
Du kannst dich entscheiden, nicht mehr aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Dann hast du weniger Geld. Was willst du lieber? Ist z.B. das eine schwere Entscheidung für dich?
Ich bin auch ziemlich unselbständig aufgewachsen und habe lange darunter gelitten. Jetzt nur noch ab und zu.
Liebe Grüße
feenstaub

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Rooland
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Beitrag Mo., 25.08.2014, 21:41

feenstaub hat geschrieben: An dem Punkt war ich auch schon mal. Es ist auch nicht wichtig. Aber du bist ja jetzt nun mal da und warum dann nicht einfach das beste daraus machen? Warum nicht die Entscheidung danach treffen, was dir das Leben am angenehmsten macht?
Gut, für die Welt insgesamt ist natürlich egal, was ich mache und was ich nicht mache. Aber für mich ist es sehr wohl von Bedeutung. Unterbewusst denke ich aber, ich wäre für mein eigenes Leben nicht wirklich verantwortlich. Ich denke, es wäre überhaupt nicht meine Aufgabe, mir mein Leben angenehm zu gestalten.
feenstaub hat geschrieben: Ich will aus meinem Leben gar nichts mehr "machen". Ich lasse es auf mich zukommen und gucke, was zu tun ist. Entscheidungen treffe ich nur noch, wenn sie mir wirklich wichtig erscheinen oder bei Lappalien entscheide ich manchmal einfach irgendwas
feenstaub
Klar, wahrscheinlich stelle ich auch zu hohe Ansprüche an mich selbst. Ich wäre gern irgendein erfolgreicher "Macher" und Geschäftsmann. Tatsächlich bin ich aber eher faul und möchte in erster Linie ein ruhiges Leben haben.

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feenstaub
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Beitrag Mo., 25.08.2014, 22:04

" Ich denke, es wäre überhaupt nicht meine Aufgabe, mir mein Leben angenehm zu gestalten."

Sorry, kann noch nicht richtig zitieren. Das Gefühl kenn ich auch total gut...Also, so eher das Gefühl, nichts wäre meine Aufgabe, außer man sagt es mir direkt. Aber ich fühl mich irgendwann auch unwohl, wenn jemand über mich bestimmt. Das ist dann wohl mein Zwiespalt. Und dadurch, dass ich alleinerziehend bin, musste ich irgendwann anfangen, selbständiger zu werden und auch mal Entscheidungen zu treffen.
Ist es ein Problem, dass du nicht akzeptieren kannst, wie du bist? Vielleicht ist das bei Männern schwieriger, da wird ja doch mehr erwartet, dass man "jemand" wird, entscheidungsfreudig ist, am besten Chef von irgendwas.
Kommt niemals ein Impuls aus dieser selber, irgendetwas tun zu wollen und das dann auch zu verwirklichen?

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Rooland
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Beitrag Di., 26.08.2014, 13:54

feenstaub hat geschrieben: Kommt niemals ein Impuls aus dieser selber, irgendetwas tun zu wollen und das dann auch zu verwirklichen?
Doch, solche Impulse habe ich schon. Aber mir mangelt es immer an Motivation, auch nur irgendetwas zu machen. Momentan entlässt meine Firma Leute. Ich bin zwar noch nicht gefeuert, aber die Gefahr besteht und ich muss mich dringend nach etwas anderem umsehen. Aber das fällt mir unglaublich schwer.

Mir kommt es so vor, als ob ich in meinem eigenen Leben nur ein Zuschauer wäre. Als ob ich aus der Distanz zusehen würde, wie sich ein Fremder durchs Leben schlägt. Es ist so eine Art Entfremdung von mir selbst.

Kennst Du dieses Gefühl? Ich wüsste nur zu gern, woher dieses Gefühl kommt und was es bedeutet.

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feenstaub
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Beitrag Di., 26.08.2014, 18:12

ich kenne das Gefühl, darauf zu warten, dass jemand kommt und mir das, was zu tun ist, abnimmt. Oder mich gar nicht zuständig zu fühlen, obwohl es eigentlich eindeutig meine Sache wäre, das zu erledigen.
Andererseits gab es bei mir immer Angelegenheiten, die ich einfach angegangen bin, weil ich auf einmal den Impuls verspürte, das zu tun. Meistens waren das dann Sachen, die keiner erwartet hat. Und ich hab das immer erst mal für mich allein geregelt. So war dann der Druck raus.
Kann es sein, dass du dich entfremdet fühlst, weil du ja immer das Leben, das deine Mutter wollte gelebt hast und nie dein eigenes? Vielleicht hast du kein Gefühl dafür entwickeln können, was DIR wirklich wichtig ist.
Ein anderes Thema, das zumndest bei mir damit zusammenhängt ist Selbstwirksamkeit. Ich habe früher nicht gewusst, was ich bewirken kann, wenn ich etwas mache, was mir wichtig ist. Nämlich, dass ich hinterher zufrieden bin.
Vielleicht achtest du erst mal auf die kleinen Sachen? Dass du dich hier angemeldet hast, war doch ein aktiver Schritt, um etwas dafür zu tun, dass es dir besser geht. Eine Therapie hast du auch angefangen. das waren doch bestimmt so Impulse von dir, denen Motivation und Aktion gefolgt sind.
In meiner Therapie hab ich gelernt, dass ich besser mit kleinen Schritten zum Ziel komme, als immer nur direkt auf das große Ziel zu stürmen.
Ist das verständlich, was ich sagen will, oder hast du den Eindruck, es geht an deinem Thema vorbei?

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ryan85m
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Beitrag Di., 14.10.2014, 07:11

Rooland, wie sieht es mit einer Vaterfigur in deinem Leben aus?

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Sinarellas
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Beitrag Di., 14.10.2014, 07:18

Rooland hat geschrieben:
feenstaub hat geschrieben:
Mir kommt es so vor, als ob ich in meinem eigenen Leben nur ein Zuschauer wäre. Als ob ich aus der Distanz zusehen würde, wie sich ein Fremder durchs Leben schlägt. Es ist so eine Art Entfremdung von mir selbst.

Kennst Du dieses Gefühl? Ich wüsste nur zu gern, woher dieses Gefühl kommt und was es bedeutet.
Klingt für mich, als würdest du teilweise in Dissoziationen / Depersonalisationen feststecken.
Kannst du mir das Gefühl mal näher beschreiben, wann wie wo? So gut du kannst?
Kannst du dir vorstellen, woher dieses abgespalten-sein Gefühl kommt?Oder wann es besonders stark vertreten ist?
Was spricht dein Therapeut darüber?

Was hälst du von der Idee Verantwortung zu übernehmen, ein Tier pflegen oder sowas?
..:..

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