Hochbegabung als 'Problem' (sozial, psychisch)

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lonely69
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Beitrag Di., 03.03.2015, 13:38

Krang2 hat geschrieben:
Ich komme unter anderem darauf, weil Nico weiter vorn beschrieben hat, daß viele Hochbegabte im Berufsalltag oder auch im Privatleben schlechter abschneiden bzw. weniger flexibel und zielorientiert wirken als Normalbegabte. Das läßt sich natürlich teilweise auf die bereits diskutierten Ursachen zurückführen (erschwerte soziale Anpassung und Entwicklung, Hang zum Ausufern und Perfektionismus usw.), aber vielleicht auch ein bißchen darauf, daß es an divergentem Denken mangeln könnte.
Das glaube ich nicht. Divergentes Denken eröffnet mehr Möglichkeiten, das bewirkt also auch weniger Zielorientierung.
Was ist eigentlich Dein Kriterium für Hochbegabung?
LG
Lonely

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Krang2
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 08:04

@eremit,
ich meinte eher Vorgaben, was „Weg und Ziel“ angeht.

@candle,
nicht jeder Konflikt ist gleich eine Krankheit, die Übergänge sind Ermessenssache. Wieso hältst du es für kaum machbar, divergentes Denken zu erkennen und zu fördern? Ja, „Lebensbereich“ ist ein einfacher Ausdruck, damit auch das möglichst allgemein verstanden wird.
Die sozialen Fähigkeiten sind meiner Ansicht nach nur scheinbar mangelhaft, denn „problematische“ Hochbegabte scheitern eher an sich selbst als an anderen. Das Ergebnis, nämlich mangelnde Anpassung, ist aber das Gleiche. Divergentes Denken soll nicht „an den Mann“ gebracht werden, sondern kann einem selbst weiterhelfen.

@lonely69,
das seh ich genauso wie du, habe ich mich wieder mißverständlich ausgedrückt?

Ich habe keinen Kriterienkatalog wie ein Personaler oder Psychologe, den ich abarbeite, aber ich erfasse Fähigkeiten und Schwächen anderer, teste manchmal auch Reaktionen aus, da ist die Intelligenz nur ein kleiner Teilaspekt. Das geht online nicht, weil ich auch auf Mimik und Körpersprache achte.

Herrje, die neue Aufmachung des Forums ist schrecklich, davon kriege ich mit meinen -10 Dioptrien Augenkrebs - wenn ich jetzt seltener hier schreibe, liegt das daran!

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candle.
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 18:31

Also ich habe deinen letzten Beitrag jetzt in Bezug zu meinen nicht ganz verstanden.
Krang2 hat geschrieben: nicht jeder Konflikt ist gleich eine Krankheit, die Übergänge sind Ermessenssache.
Ja, klar!
Wieso hältst du es für kaum machbar, divergentes Denken zu erkennen und zu fördern?
Wann denn? Als Kind oder Erwachsener? Es hängt ja auch maßgeblich von der Person selber ab, ob sie will und kann.
Die sozialen Fähigkeiten sind meiner Ansicht nach nur scheinbar mangelhaft, denn „problematische“ Hochbegabte scheitern eher an sich selbst als an anderen.
Stimmt- ja! Aber... dann wäre es von Hochbegabten nicht beklagenswert. Und sicher ist das Thema auch wieder komplexer. Keinen Menschen kann man in Interaktion isoliert sehen.

candle
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Krang2
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 08:58

Grundsätzlich kann man als Kind leichter lernen, und zwar nicht nur intellektuell, also idealerweise wäre ein guter Mentor schon im Kindesalter vorhanden.

Was das Soziale angeht, ich fahre oft zweigleisig, d.h. in Schule, Beruf, sozialen Situationen trenne ich zwischen dem, was erwartet wird, und dem, was ich wirklich zu sagen hätte, experimentiere auch mit Reaktionen. Mein durch Abschauen erworbener Sozialratgeber sagt mir z.B., daß ich nicht mit der Chefin diskutieren sollte, aber mein Perfektionismus sagt mir, daß es für die Arbeitsabläufe und auch eigene Ergebnisse besser wäre. Ich habe also letzte Woche NICHT zehnmal gesagt, daß eine 10fach verdünnte Formalinlösung ein Zehntel der Ursprungskonzentration aufweist, auch wenn da noch andere Dinge hinzugeschüttet werden. Diese Erfahrung machen natürlich alle im Berufsleben, aber vielleicht fällt es Hochbegabten schwerer, Mittelmäßigkeit und Fehler zu akzeptieren, vor allem, wenn sie zu verhindern wären. Mir persönlich fällt es immer schwer *nicht* zu diskutieren, auch wenn der andere mich gerade zu Unrecht runtermacht oder etwas in sich Falsches sagt. Das fängt damit an, daß ich Rechtschreibfehler, auch meine eigenen, spontan sehe und korrigieren will, was als Besserwisserei verstanden werden würde, es aber nicht ist. Ich meine, ich suche nicht danach, sie springen einfach in mein Auge, so wie andere Dinge anderen Leuten ins Auge springen - und mir springt Vieles ins Auge, wovon ich mich dann bewußt abgrenzen muß, um mich nicht zu erschöpfen. In so einer Arbeitssituation hilft mir divergentes Denken:
Ich sage mir z.B., daß ich in solchen Situationen gewisse neue Verhaltensmuster üben kann, ich denke an irgend einen Psychologieartikel und was da geraten wurde. Teilweise assoziiere ich dann auch völlig unproduktiv. Divergent zu denken heißt, die Nützlichkeit offen zu lassen, mit Verknüpfungen zu experimentieren. Ich glaube, wenn man das fördert, hilft es, scheinbar verfahrene Situationen zu lösen oder in jedem Negativen etwas Positives zu sehen, in jedem Hindernis etwas Nützliches usw.

Ich glaube, wenn sich ein Hochbegabter dafür entscheidet, zu oft "er selbst" zu sein, wegen der zu hohen eigenen Ansprüche, dann besteht die Gefahr, daß er an sich selbst scheitert. Ich habe das an den Hochbegabten beobachtet, die ich kannte, sie waren in ihrer Verschrobenheit gefangen, was sich dann auf ihr Sozialverhalten auswirkte. Das bedeutet aber nicht, daß sie nicht jederzeit gewußt hätten, welche soziale Verhalten gerade angemessen und gefordert gewesen wäre. Einer geriet in Konflikt mit der Arbeitsumgebung, weil er zu schnell richtige Ergebnisse lieferte, und nachdem ich ihm riet, jeden Aufsatz und jedes Arbeitsergebnis einfach immer eine Woche später abzugeben, lief alles wunderbar. Kompliziertheit und Detailversessenheit sind auch potentielle Bremsen, d.h. die Leute bremsen sich selbst aus, nicht die Umgebung. D.h. während der eine zu schnell zu gute Ergebnisse liefert, kommt ein anderer nicht über die Überschrift eines Aufsatzes hinaus, weil er erst einmal zehn Bücher zum Thema liest und natürlich zu allen verwandten Themen und immer wieder denkt, eine etwas andere Überschrift wäre dann doch treffender. Ein Dritter zerpflückt jeden Aufsatz und jede Aussage, weil er sehr kritisch denkt, was ihm als Querulantentum ausgelegt wird. Alle diese Leute könnten davon profitieren, ihre Fähigkeiten besser auszurichten und die Zielrichtung ihres Denkens zu hinterfragen, außerdem ihre Gefühle/Intuition mehr zu nutzen (da sie oft "verkopft" sind) und divergentes Denken zu nutzen. Das hieße, daß sich der Zweite, "Langsame", z.B. sagt: "Mal schauen, was dabei herauskommt, wenn ich den ganzen Aufsatz einmal spontan niederschreibe ohne abzusetzen, vielleicht kommt dabei ein Ergebnis heraus, das den Anforderungen des Lehrers/Dozenten/Chefs bereits genügt. Und es ist spannend das dann selbst zu lesen, vielleicht ist es sogar besser als das hundertmal Überarbeitete?"

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Krang2
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 08:59

Also, wenn man sich die höhere Begabung in einem oder mehreren Gebieten als Energie vorstellt, dann muß diese sinnvoll gelenkt werden, sonst kann sie sich leicht dysfunktional auswirken. Ein schnelleres Auto braucht ja auch einen besseren Fahrer, sonst wird es gegen die Wand gesetzt, oder wenn`s extrem kompliziert gebaut ist, kommt es gar nicht richtig in Fahrt. Meine Vergleiche sollen jetzt nur Teilaspekte verdeutlichen, nagelt mich bitte nicht auf eine Formulierung fest.

@Candle, ich schreibe mittlerweile hier weiter, weil ich hoffe, daß ich Hochbegabten oder deren Angehörigen und Freunden damit vielleicht helfen kann, und weil ich Verständnis bei allen anderen fördern will. Ich habe so viele Talente (die vielleicht nicht alle offiziell hochbegabt wären, aber in mindestens einem Bereich großes Potential hatten) scheitern oder weit unter ihren Möglichkeiten bleiben sehen, und da scheiterte es oft bloß an simplen Mißverständnissen, Fehlinterpretationen, Vorurteilen, falschen eigenen Ansprüchen und Erwartungen. Und der erste Schritt etwas zu verändern ist oft sich selbst besser zu verstehen. Diese "Funktion" hat sich jetzt erst so ergeben, zu Beginn der Diskussion war ich lediglich neugierig auf die Ideen und Erfahrungen und Meinungen anderer, um nicht nur "im eigenen Saft zu schmoren".

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SHG Mobbing Wien
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 13:44

Hallo Krang 2, ich bin eigentlich nur hier registriert, um unserer Mobbingselbsthilfegruppe für andere Betroffene sichtbar zu machen. Zu Deinem Thema muss ich mich aber jetzt doch äußern: Viele Hochbegabte haben ihre Randständigkeit akzeptiert und leben damit ganz gut. Mit ganz gut meine ich jetzt natürlich nicht was Ansehen und finanziellen Erfolg betrifft, sondern dass sie Frieden gemacht haben mit einer Welt, in der sie nicht verstanden werden und die sie ihrerseits nicht verstehen.
Kontakt: shg-mobbing-wien@gmx.at

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candle.
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 16:20

Soll ich nun das Lange beantworten oder das, was nur an mich gerichtet ist?
Krang2 hat geschrieben:Grundsätzlich kann man als Kind leichter lernen, und zwar nicht nur intellektuell, also idealerweise wäre ein guter Mentor schon im Kindesalter vorhanden.
Eh klar, darüber gibt es wohl keine zwei Meinungen!
Was das Soziale angeht, ich fahre oft zweigleisig, d.h. in Schule, Beruf, sozialen Situationen trenne ich zwischen dem, was erwartet wird, und dem, was ich wirklich zu sagen hätte, experimentiere auch mit Reaktionen.
Gut, vielleicht verstehe ich dich da miß, aber es ist ganz klar, dass man mit seinen Kindern anders umgeht als mit dem Partner oder dem Arbeitgeber. Soweit so klar.
Was ich über Hochbegabte gelesen habe, schweren die sich wohl eher wenig um Erwartungen anderer Leute. Und wozu bzw. was experimentierst du dann da? Das verstehe ich nicht wirklich.
Mein durch Abschauen erworbener Sozialratgeber sagt mir z.B., daß ich nicht mit der Chefin diskutieren sollte, aber mein Perfektionismus sagt mir, daß es für die Arbeitsabläufe und auch eigene Ergebnisse besser wäre.
Für mich gibt es da so ein stilles Gesetz, dass ich niemals nicht als neuer Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsplatz umkremple. Das kann man dann noch machen, wenn man sich am Arbeitsplatz gut eingearbeitet und integriert hat.
Ich habe also letzte Woche NICHT zehnmal gesagt, daß eine 10fach verdünnte Formalinlösung ein Zehntel der Ursprungskonzentration aufweist, auch wenn da noch andere Dinge hinzugeschüttet werden. Diese Erfahrung machen natürlich alle im Berufsleben, aber vielleicht fällt es Hochbegabten schwerer, Mittelmäßigkeit und Fehler zu akzeptieren, vor allem, wenn sie zu verhindern wären.
Hm, dazu fällt mir jetzt nur ein: Es gibt Jobs, da darf es einfach keine Fehler geben. Und deine Arbeit kann ich jetzt nicht beurteilen.
Mir persönlich fällt es immer schwer *nicht* zu diskutieren, auch wenn der andere mich gerade zu Unrecht runtermacht oder etwas in sich Falsches sagt.
Da wäre für mich eine Diskussion auch nicht effektiv und zeitraubend und hat auch am Arbeitsplatz eher nichts zu suchen.
Ich glaube, wenn man das fördert, hilft es, scheinbar verfahrene Situationen zu lösen oder in jedem Negativen etwas Positives zu sehen, in jedem Hindernis etwas Nützliches usw.
Hm dein Beispiel aus meiner Sicht zeigt jetzt nicht, dass du damit eine Verhaltensänderung bei dir hervorrufst, sondern das Thema zerdenkst. Früher war ich auch mal so eine Erbsenzählerin, die gerne mal verbessert hat. Ich habe mir das einfach abgewöhnt. Und heute mache ich da selber viele Fehler.
Ich glaube, wenn sich ein Hochbegabter dafür entscheidet, zu oft "er selbst" zu sein, wegen der zu hohen eigenen Ansprüche, dann besteht die Gefahr, daß er an sich selbst scheitert.
Ja! Wobei ich meine, dass die zu hohen Ansprüche nicht unbedingt gewollt sind, da steckt sicher noch ein anderes Problem hinter.
Das bedeutet aber nicht, daß sie nicht jederzeit gewußt hätten, welche soziale Verhalten gerade angemessen und gefordert gewesen wäre.
Was meinst du denn mit angemessenen Verhalten? Das kommt mir in deiner Wortwahl eher pathologisch rüber, wobei ich meine, dass das bei Hochbegabten gar nicht so sein muß.
Kompliziertheit und Detailversessenheit sind auch potentielle Bremsen, d.h. die Leute bremsen sich selbst aus, nicht die Umgebung.
Ich weiß jetzt nicht, ob du von Kindern sprichst mit dem "Aufsatz" oder von Erwachsenen, denn dann wäre der Rat für mich etwas komisch und wohl kaum befriedigend für einen Hochbegabten seinen Aufsatz dann einfach mal später abzugeben.
Aber Detailversessenheit- ich nenne es mich verzetteln- kenne ich leider mit Beginn der Depression. Ja, das ist eine Bremse!
Ich habe so viele Talente (die vielleicht nicht alle offiziell hochbegabt wären, aber in mindestens einem Bereich großes Potential hatten) scheitern oder weit unter ihren Möglichkeiten bleiben sehen, und da scheiterte es oft bloß an simplen Mißverständnissen, Fehlinterpretationen, Vorurteilen, falschen eigenen Ansprüchen und Erwartungen.
Ich finde es nett, dass du für Hochbegabte eine Lanze brechen willst- nur welche?
Leider ist das auch zu wenig einfach zu schreiben, dass jemand unter seinem Potential bleibt, wenn man ihn nicht kennt. Da stellt sich mir die Frage: Warum ist das so? Mißverständnisse gibt es überall, Fehlinterpretationen auch... es kommt auf die individuellen Lebenswege an. Vorurteile kenne ich bisher keine- wie auch?

Mich interessieren schon die Talente der Hochbegabten um daraus vielleicht auch nette Gespräche zu starten, aber virtuell rücken da wenig Hochbegabte mit raus, die ich fragen konnte. Privat merke ich es ja.

Bis bald Krang!
candle
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Krang2
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Beitrag Di., 17.03.2015, 10:21

Beantworte einfach alles, was eine Antwort wert ist oder wozu dir etwas Sagenswertes einfällt!

Ja, da hast du mich mißverstanden: Ich meine, daß ich, wenn ich in sozialen Situationen bin, innerlich trenne zwischen dem, was ich sage, weil es aus der Perspektive des Gegenübers erwartbar ist, und dem, was ich sagen würde, wenn ich nicht wüßte, daß es falsch aufgefaßt, mißverstanden, als bedrohlich aufgefaßt oder sonstwie „komisch“ ankäme. Mit dem Experimentieren meinte ich z.B., daß ich mal kurz „ich selbst“ bin und schaue, ob derjenige so reagiert, wie ich es mir erwarten würde, oder ob ich ihn falsch eingeschätzt habe. Bis zu einem gewissen Grad macht das wohl jeder, auch aus Langeweile. Dein „stilles Gesetz“ gehört doch auch dazu, du weißt, was besser gemacht werden könnte, behältst es aber erst mal für dich, bis du „etabliert“ und „anerkannt“ bist. Würdest du als Hochbegabte dein wahres Selbst zeigen, würdest du gleich darauf hinweisen, oder? Die Erwartungen der anderen Leute zeigen sich doch schnell am Verhalten. Jobs, in denen es keine Fehler geben darf, sollten von Robotern gemacht werden, selbst Rechengenies verrechnen sich unter entsprechenden Umständen. Ein Arbeitgeber, der ernsthaft von sich behauptet stets fehlerfrei zu arbeiten, würde mich ja geradezu herausfordern, ihm einen Fehler nachzuweisen, natürlich nur der Ehre halber.

Angemessenes Verhalten sollte nicht „pathologisch“ klingen, wobei ja „Andersartige“ generell Gefahr laufen pathologisiert zu werden – und Hochbegabte, auch psychisch gesunde Hochbegabte, sind mit 2% eine kleine „andersartige“ Minderheit. Man merkt als „Andersartiger“ rasch, daß das, was einem selbst angemessen erscheint, für die Mehrheit eben nicht angemessen erscheint, und dann spult man eben das erwünschte Verhalten ab oder provoziert Diskussionen, je nach Belieben.

Das „Zerdenken“, wie du es nennst, ruft ja Verhaltensänderungen hervor, weil man in andere Richtungen kommt. Das ursprüngliche Problem oder Ziel relativiert sich. Ich bin eben keine Erbsenzählerin, das wird mir nur unterstellt, das ist eins der für mich typischen Mißverständnisse.

Was die hohen Ansprüche angeht, glaubte ich, das sei eine Kompensation aus meiner Kindheit, um zu funktionieren. Aber das stimmt nur zum Teil, ich bin mittlerweile überzeugt davon, daß diese hohen Ansprüche aus einem selbst heraus kommen. Du hast Recht, die sind nicht absichtlich herbeigeführt oder gewollt, zumindest bei mir nicht. Die sind eher wie ein Beobachter, der einem sagt: „Du weißt ganz genau, daß das unzulänglich ist und wie es sein sollte“, da können einem Eltern, Lehrer, Kollegen usw. tausendmal sagen, daß es „ganz toll“ oder „gut genug“ sei. Im Gegenteil, man fühlt sich durch das Lob dann eher noch verschaukelt, weil wenn etwas Mittelmäßiges gelobt wird, dann kann das Bild des anderen von der Leistungsfähigkeit ja nicht sehr hoch sein. Und dann muß man sich dazu zwingen, mit etwas „nur 80%ig Richtigem“ Frieden zu schließen, weil man sich sonst, wie du schreibst, verzettelt. Und das Leben hat ja nur rund 70 Jahre. Mich würde ja interessieren, wie sich andere ihre hohen Ansprüche erklären, die die Selbstzufriedenheit schließlich gefährden.

Der „Aufsatz“ war eine Studienhausarbeit, also durchaus einen Erwachsenen betreffend. Kein Witz, der wurde dann von seiner Freundin fertig geschrieben und brachte dann zumindest eine 3 oder 4 ein, was besser ist als eine „übergeniale Unvollendete“. Ich denke, daß das im Kindesalter beginnt und sich verstärken kann, daher mache ich die Unterscheidung nicht so wie du. Ein guter Rat hilft einem Kind genauso wie einem Erwachsenen. Hättest du dir denn als Kind einen anderen Rat gewünscht als als Erwachsene? Ich finde es eher frustrierend, eine Erkenntnis zu bekommen und sich sagen zu müssen: „Hätte ich das doch schon vor 20 Jahren erfahren!“ Hm, meinst du, daß die Depression also daher rühren kann, daß man sich zunehmend unerfüllbare, einen überfordernde Maßstäbe setzt und deshalb nichts mehr zuende bringt? Oder daß man nicht mehr zwischen Gedankenspielereien und lohnenswerten Projekten zu unterscheiden weiß? Mein Rat wäre nicht, den Aufsatz später abzugeben, sondern den Aufsatz ohne dieses Zerdenken und die endlosen Recherchen einfach runterzuschreiben und zeitnah abzugeben, auf die Gefahr hin, daß er eben nicht superdurchdachtperfekteinmalig ist.

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Krang2
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Beitrag Di., 17.03.2015, 10:24

Meine Lanze soll die der Einsicht sein. Zu verstehen, warum scheinbar unnötig Dinge nicht funktionieren. Emotional, sozial, aber auch leistungsmäßig. Diese Mißverständnisse werden den Betroffenen teilweise auch von außen aufgedrückt und sie kommen sich unzulänglich vor. Z.B. das Unverständnis, wieso jemand, der so schlau ist, so blöd sein kann. Oder die Fehlinterpretationen von Verhalten, jemanden als Besserwisser oder Erbsenzähler hinzustellen, der ganz andere Motivationen als die unterstellten hat. Oder, wie in diesem Forum geschehen, jemanden als Wichtigtuer hinzustellen, der nur von Hochbegabung schreibe, um seine Unzulänglichkeiten oder „wahren Konfliktursachen“ zu beschönigen. Und ich habe Leute kläglich scheitern sehen, die wesentlich begabter als andere waren, und das tat mir sehr leid, weil sie nur einen "Mentor" gebraucht hätten, der ein paar Dinge für sie ins rechte Licht rückt.

Talente erkennst du virtuell auch weniger als im wahren Leben, deshalb beziehen sich meine Beispiele auch ausschließlich auf Menschen, die ich real kenne oder kannte. Da kann dir jemand schreiben, er sei zeichnerisch begabt, und dann ein Bild hochladen, aber ganz davon abgesehen, daß du nicht wüßtest, ob es von ihm ist, könntest du nicht sehen, wie er es zustande gebracht hat. Gerade die Beobachtung der Denk- und Arbeitsweisen und der Körpersprache läßt viel mehr erkennen als die bloße Betrachtung des Ergebnisses. Wenn zwei Kinder eine „2“ im Mathetest schreiben, dann siehst du daraus auch nicht viel, aber wenn du auch nur eine Stunde Nachhilfe gibst, merkst du gleich, wieviel Sinn für Mathematik das Kind hat. Meine einzige Absicht, zielgerichtet Begabte kennenzulernen, wäre von ihnen zu lernen. Weshalb möchtest du denn Menschen mit besonderen Talenten kennenlernen? Und mit welchen vorzugsweise?

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Beitrag Di., 17.03.2015, 10:57

Hallo,

es ist jetzt nicht so, dass ich die Gedankengänge und Problematiken nicht verstehe nur präzisiert sich der Thread inzwischen meiner Meinung nach schon sehr auf hochbegabte User. Nun frage ich mich schon langsam was ich hier soll? Das mal nur am Rande. Ich schreibe aber gerne mit dir Krang! Für mich ist dieser Thread aber auch mit der Interessanteste, der sich dann auch schon über geraume Zeit hält und Seiten füllt.
Krang2 hat geschrieben: Ja, da hast du mich mißverstanden: Ich meine, daß ich, wenn ich in sozialen Situationen bin, innerlich trenne zwischen dem, was ich sage, weil es aus der Perspektive des Gegenübers erwartbar ist, und dem, was ich sagen würde, wenn ich nicht wüßte, daß es falsch aufgefaßtun hat, mißverstanden, als bedrohlich aufgefaßt oder sonstwie „komisch“ ankäme.
Ich sage mal frei von der Leber weg, dass das mit einer Hochbegabung nichts zu tun hat, sondern mit Angst vor Kritik, Angst vor Auseinandersetzung- also mangelndes Selbstbewußtsein. Was ich einer Hochbegabung dann schon zuordnen würde ist, dass du entsprechend denkst und dich nach Beurteilung aller Perspektiven dann äußerst bzw. anpaßt. Nur ist das eben auch anstrengend, denke ich. Und zudem muß man die Personen recht gut kennen um deren Reaktionen vorab zu erschließen.

Ich fand es irgendwie schon immer doof sich mit Neid und Mißgunst und was es sonst für Beweggründe bei einzelnen Personen gibt abzuplagen, deshalb habe ich auch immer versucht dem schnell den gar auszumachen, weil es auch für mich das Arbeitsklima vergiftet. Dazu war mein Gedanke ja sowas wie Harmoniesucht, aber das paßt dann auch wieder nicht.
Mit dem Experimentieren meinte ich z.B., daß ich mal kurz „ich selbst“ bin und schaue, ob derjenige so reagiert, wie ich es mir erwarten würde, oder ob ich ihn falsch eingeschätzt habe.
Also ich denke nicht, dass ich das tue. Ist es für dich dann nur sowas wie ein Selbsteinschätzungsspiel oder was tust du mit deinem "Ergebnis", wenn du a) ins Schwarze getroffen hast oder b) enttäuscht wurdest?
Dein „stilles Gesetz“ gehört doch auch dazu, du weißt, was besser gemacht werden könnte, behältst es aber erst mal für dich, bis du „etabliert“ und „anerkannt“ bist. Würdest du als Hochbegabte dein wahres Selbst zeigen, würdest du gleich darauf hinweisen, oder?
Wie soll ich das nun beantworten? Das kann ich gar nicht. Aber allgemein kann man lernen mit gewissen "stillen" Regeln umzugehen. Nicht zuletzt ist es ja auch einfach nur zwischenmenschlicher Umgang nicht gleich jeden vor den Kopf zu stoßen. Also egal was ich nun bin: Ich akzeptiere das und würde das auch nicht ändern.
Die Erwartungen der anderen Leute zeigen sich doch schnell am Verhalten. Jobs, in denen es keine Fehler geben darf, sollten von Robotern gemacht werden, selbst Rechengenies verrechnen sich unter entsprechenden Umständen. Ein Arbeitgeber, der ernsthaft von sich behauptet stets fehlerfrei zu arbeiten, würde mich ja geradezu herausfordern, ihm einen Fehler nachzuweisen, natürlich nur der Ehre halber.
Roboter werden auch nur von Menschen gemacht und werden die Fehler haben, die ein Mensch ihnen eingespeist hat. Aber gut, ich meinte eher Berufe in der Medizin. Da sollte schon möglichst gar nichts schieflaufen, dass es das tut, ist klar.
Man merkt als „Andersartiger“ rasch, daß das, was einem selbst angemessen erscheint, für die Mehrheit eben nicht angemessen erscheint, und dann spult man eben das erwünschte Verhalten ab oder provoziert Diskussionen, je nach Belieben.
Hm. Ich kann damit wenig anfangen. Es ist auch immer die Frage wo und im welchen Raum mit welchen Menschen was angemessen ist. Das kann man nur in einem Einzelfall/ Problematik klären. Vielleicht ist das doch eher ein psychisches Problem? Verhalten ist ja auch relativ. Für mich sind so Sachen wie Schreien unangenehme Verhaltensweisen. Rumdiskutieren ist dann maximal etwas nervig, aber dagegen könnte ich dann ja auch was tun.
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Beitrag Di., 17.03.2015, 11:10

Das „Zerdenken“, wie du es nennst, ruft ja Verhaltensänderungen hervor, weil man in andere Richtungen kommt. Das ursprüngliche Problem oder Ziel relativiert sich. Ich bin eben keine Erbsenzählerin, das wird mir nur unterstellt, das ist eins der für mich typischen Mißverständnisse.
OK, ich habe auch schon nicht mehr im Kopf worauf sich das bezog. Wenn es für dich paßt, paßt es!
Die sind eher wie ein Beobachter, der einem sagt: „Du weißt ganz genau, daß das unzulänglich ist und wie es sein sollte“, da können einem Eltern, Lehrer, Kollegen usw. tausendmal sagen, daß es „ganz toll“ oder „gut genug“ sei. Im Gegenteil, man fühlt sich durch das Lob dann eher noch verschaukelt, weil wenn etwas Mittelmäßiges gelobt wird, dann kann das Bild des anderen von der Leistungsfähigkeit ja nicht sehr hoch sein.
Ich meine, dass wir das schon besprochen haben. Mir ging es ähnlich, nicht unbedingt wegen des Leistungsanspruches, sondern weil ich das in mir als Selbstverständlichkeit sah, was ich da tat.
Und dann muß man sich dazu zwingen, mit etwas „nur 80%ig Richtigem“ Frieden zu schließen, weil man sich sonst, wie du schreibst, verzettelt.
Ich glaube, da hat mir Doktor Faustus wirklich die Augen geöffnet. Daraus ergibt sich dann nicht mehr der große Anspruch bei mir. Das ist dann schon lebenserleichternd.
Ein guter Rat hilft einem Kind genauso wie einem Erwachsenen. Hättest du dir denn als Kind einen anderen Rat gewünscht als als Erwachsene?
Ähm? Ist die Frage wozu?
Ich finde es eher frustrierend, eine Erkenntnis zu bekommen und sich sagen zu müssen: „Hätte ich das doch schon vor 20 Jahren erfahren!“ Hm, meinst du, daß die Depression also daher rühren kann, daß man sich zunehmend unerfüllbare, einen überfordernde Maßstäbe setzt und deshalb nichts mehr zuende bringt?
Nein, das halte ich eher für ein Symptom. Was hätte man denn vor 20 Jahren als Beispiel erfahren sollen? Und da wärest du ja auch schon erwachsen gewesen?

Dieses Switchen ist hart. Da müßte ich jetzt eigentlich deine Fragen, jede für sich, mindestens aus zwei Perspektiven beantworten, aber da es auch recht allgemein gehalten ist, habe ich es mal auch etwas schwammiger beantwortet. Was mich allerdings auch nicht zufrieden stellt.
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Beitrag Di., 17.03.2015, 11:27

Krang2 hat geschrieben: Oder, wie in diesem Forum geschehen, jemanden als Wichtigtuer hinzustellen, der nur von Hochbegabung schreibe, um seine Unzulänglichkeiten oder „wahren Konfliktursachen“ zu beschönigen.
JA! Weil wir in einem Psychotherapieforum schreiben. Das ist einfach so! Ich nenne das dann immer gerne niedere Beweggründe, die man hier ausagiert. Die Menschen sind offenbar in der Masse nicht so flexibel sich Hochbegabung auch als Problem vorzustellen. Ist so! Und nicht jeder kann sich in andere Problematiken reinversetzen, wobei ich immer denke, dass das doch ganz einfach ist: Ein Problem ist ein Problem, das ist die Basis. Und wenn jemand bei sich mit Problem A nicht weiterkommt, kann man sagen: "OK, der hat Problem B, der kommt auch nicht weiter." Und so wären wir praktisch alle gleich irgendwo, was man ja nicht sein will. Und da fängt dann quasi die Keilerei an. Hoffentlich ist das jetzt so rübergekommen wie ich das vorhatte- ein wenig entspannt.
Talente erkennst du virtuell auch weniger als im wahren Leben, deshalb beziehen sich meine Beispiele auch ausschließlich auf Menschen, die ich real kenne oder kannte. Da kann dir jemand schreiben, er sei zeichnerisch begabt, und dann ein Bild hochladen, aber ganz davon abgesehen, daß du nicht wüßtest, ob es von ihm ist, könntest du nicht sehen, wie er es zustande gebracht hat.
Ja, das ist ein virtuelles Problem. Ich lasse mich da eher von meinem Bauchgefühl leiten, ob ich glaube, dass das was geschrieben und gezeigt steht echt ist. Der Unterschied zu meinem Auftritt früher (als es mir schlecht ging) ist, dass ich mir still meinen Teil denke und mich nicht mehr gedungen fühle dies auch mitzuteilen. Also nicht so ernst nehmen was dir virtuell entgegen geworfen wird!
Gerade die Beobachtung der Denk- und Arbeitsweisen und der Körpersprache läßt viel mehr erkennen als die bloße Betrachtung des Ergebnisses.
Allerdings gehe ich auch davon aus, dass sich die Menschen, die sich hier begegnen im realen Leben gar kein Interesse füreinander haben würden, geschweige denn, dass Hochbegabung überhaupt jemals Thema würde.

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Krang2
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Beitrag Mi., 18.03.2015, 10:13

Nehmen wir mal an, daß wir beide nur "überdurchschnittlich intelligent" sind, dann können wir hier doch dennoch konstruktiv schreiben. Mich amüsiert das mittlerweile schon fast, wenn hier immer wieder hinterfragt wird, wer sich wozu wie äußern darf. In anderen Diskussionen wird das weit entspannter gehandhabt. Vielleicht steigt mit dem Titel die Erwartung an das Niveau der Schreiber? War so nicht beabsichtigt! Es wäre doch auch interessant und hilfreich zu erfahren, wer hier z.B. schon negative Erfahrungen mit problematischen Hochbegabten hatte und wie er das gesehen und empfunden hat und was aus seiner Sicht zur Verbesserung des Verhältnisses oder der Situation beigetragen hätte. Das ist eine reflektierte Rückmeldung, die man leider oft erst als Erwachsener bekommt.

Ich finde das Thema interessant, weil mir immer wieder neue Aspekte einfallen. Vorgestern las ich sinngemäß das Zitat "Genie ist Mut zu sich selbst" - was ich so interpretiere, daß man seine Talente erkennen und fördern und positiv nutzen und sich auch mehr zutrauen soll. Leider sind viele Eltern und Lehrer nicht willens oder in der Lage, einem Kind hilfreiche Hinweise oder Probiermöglichkeiten zu geben oder sie reden dem Kind sogar ein Begabungsprofil ein, das ihren Erwartungen als Eltern entspricht und nicht den tatsächlichen Möglichkeiten des Kindes. Ich weiß noch gut, daß mich von kleinauf alle als "theoretisch/mathematisch begabt", aber "praktisch naiv" einstuften. Wenn man das verinnnerlicht, beraubt man sich der Selbstbewußtseins, seine tatsächlichen Fähigkeiten zu entdecken, und umgekehrt stellt man zu hohe Erwartungen in den Bereichen an sich, in denen man von anderen als "förderungswürdig" eingestuft wurde. Leider werden das oft selbst-erfüllende Prophezeihungen: Eine Freundin blockierte regelrecht jegliches mathematisches Denken, jeder und sie selbst hielt sie für einen hoffnungslosen Fall, erst ich konnte diese "Mauer" durchbrechen. Ich finde, daß man den Kindern keinen Gefallen tut, wenn man ihnen Begabungen einredet oder ausredet, weil sie dies verinnerlichen und frustriert sein werden. Eltern und auch Lehrer (Trainer, Ausbilder usw.) sollten auf das tatsächlich mögliche Potential schauen, nicht auf den aktuellen Leistungsstand, der von x Faktoren abhängt.

Ja, mit Kritik umzugehen übe ich noch, allerdings weiß ich auch nicht, wie ich mit Unverständnis umgehen soll. Wie soll man damit umgehen, wenn etwas kritisiert (unterstellt) wird, was gar nicht der Fall ist, und jede weitere Erklärung oder Rechtfertigung es eher schwieriger als leichter macht? Das finde ich viel anstrengender und frustrierender als "mitzuspielen". Reaktionen kann man vorab erschließen, weil die Grundmuster ähnlich sind. Du merkst doch schon an der Art, wie jemand dich anspricht, wenn er sich Geld borgen will, oder wie er sich fühlt, oder du kannst aus anderen Situationen erschließen, wie jemand "tickt". Neid und Mißgunst schalte ich ab, indem ich "mehr Sein als Schein" bin, und vor allem durch Hilfsbereitschaft. Ich finde, daß Talente bei Erwachsenen (vor allem, wenn sie selten genutzt wurden) weniger erkennbar sind als bei Kindern, bei denen sie noch recht unverfälscht und oft auch extremer auffallen. Als Erwachsener zieht man Neid meist durch Position oder Wohlstand auf sich, so daß ein Hochbegabter nicht unbedingt Neid auf sich zieht. Als Kind dagegen wird man für so ziemlich alles beneidet, was man besser kann als andere, egal ob man versucht es zu verbergen oder nicht.

Das "Ergebnis" nutze ich meist nicht, es ist nur eine amüsante Spielerei. Wenn ich daneben liege, passe ich mein Bild des anderen entsprechend an.

Ich finde diese "stillen Regeln" anstrengend, weil ich sie durch Nachahmung lernte wie ein Schimpanse im Versuchslabor. Vermutlich hat das auch eher mit Andersartigkeit als mit Intelligenz zu tun. Vor den Kopf stoßen ist eigentlich eine direkte Kontaktaufnahme, der andere könnte gleich erklären, warum er sich vor den Kopf gestoßen fühlt, und dann weiß man mehr über ihn als nach drei Monaten übers-Wetter-reden.

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Krang2
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Beitrag Mi., 18.03.2015, 10:14

Rumdiskutieren ist ein gutes Beispiel: Es ist für die allermeisten ein unangemessenes Verhalten, nicht nur für dich. Für mich aber nicht. Die meisten unterstellen, daß man durch das Nachhaken und Diskutieren ihre Vorgaben oder ihre Ansichten nicht akzeptieren würde, dabei geht es eher darum, sie möglichst genau zu verstehen und ihnen auch die eigenen Gedanken verständlich zu machen. Ich empfinde das als Bereicherung, oft kommen dabei auch neue nützliche Ideen heraus, auch für andere Bereiche. Ich fragte bei der Arbeit, weshalb man etwas auf eine bestimmte Art mache, worauf die Antwort kam, daß das schon seinen Sinn habe. Da war wieder dieses Mißverständnis, das nervte mich so, daß ich nur "OK" sagte und mich nicht weiter erklärte. Einmal habe ich versucht zu erklären, daß ich deshalb so genau nachfrage, weil ich mir Dinge, die ich genau nachvollziehen kan, besser merken kann, und daß das nichts mit Infragestellen oder gar Kritik zu tun hätte, aber angekommen ist es glaube ich nicht. Sowas frustriert mich, man wird dann als Querulant oder als widersprüchlicher Mensch hingestellt, nur weil die wahren Motive nicht anerkannt werden.
Das "Zerdenken" ist das stille/selbstbezogene Äquivalent zum "Rumdiskutieren". Andere nervt das, Psychiater würden es Grübeln nennen, aber ich brauche das, für mich ist das angemessen. Vielleicht hat das auch nichts mit Hochbegabung zu tun, aber wenn Hochbegabte wieder anders ticken, dann werden für sie auch andere Denkmuster angemessen sein als für die Mehrheit der Menschen, was nicht pathologisch ist, weil es zu ihrer Physiologie und ihrem Seelenleben paßt.

Vereinfacht ausgedrückt, ein Hund unter lauter Katzen wird nie Hund sein können, ohne als pathologisch oder unangemessen eingestuft zu werden, und er kann das Verhalten und die Denkweise der Katzen zwar irgendwann verstehen und perfekt nachahmen, ohne "enttarnt" zu werden, aber er wird immer Hund bleiben und er wird sich erst verstanden und zugehörig fühlen, wenn er mit anderen Hunden zusammenkommt. Wie gesagt, das ist eine grobe Schwarzweißmalerei, Übertreiben veranschaulicht, sagt mein Freund immer.

Stimmt, daß du dein Werk als selbstverständlich siehst, während andere erstaunt sind, hattest du schon erwähnt.
Ich mußte als Kind oft getröstet werden, weil ich frustriert von meinen Ergebnissen war. Ich denke viel in Bildern, das Ergebnis ist recht kläglich verglichen damit, aber ein anderer, der das Bild natürlich nicht kennt, sieht nur das Ergebnis und denkt, das sei doch ganz passabel. Wenn ich einen Zusammenhang oder eine Erklärung nicht sofort verstand, dachte ich, ich sei blöd, oder wenn jemand meinte, das sei „noch zu schwierig“ oder „kaum zu schaffen“, sah ich das fast schon als Herausforderung....das hat sich ja nun gegeben, es war sehr anstrengend. Das abzulegen ist sehr hilfreich.

Meinst du mit Doktor Faustus den Roman von T.Mann? Ist das empfehlenswert? Meist sind die Originale besser, daher meine Frage.

Was ich damit meinte, hättest du dir als Kind einen anderen Rat gewünscht, ist, daß ich nicht verstehe, weshalb man einem Kind anderen anderen Rat geben sollte als einem Erwachsenen. Man muß es zwar kindgerecht verpacken, aber im Grunde kann man doch dasselbe sagen, und dasselbe wird hilfreich sein, egal ob man nun 10 oder 40 ist. Hätte man mir schon als Kind das Wesen der Krankheit meiner Mutter erklärt oder meine Traumatisierung im Gespräch aufgearbeitet, wäre mir sehr geholfen gewesen. Grundsätzlich finde ich, daß beim Kind Vieles, auch Förderung, noch leichter geht als beim Erwachsenen, wo Vieles verschüttet und verkrustet ist.

Ja, deine Erklärung zu „niederen Beweggründen“ (das wäre auch noch auszudiskutieren, welche Motive edler sind als andere ) kam bei mir entspannt an. Wir funktionieren alle ähnlich, also kann jemand mit Problem A auch einen anderen mit Problem B verstehen, indem er sich eine möglichst äquivalente Situation vorstellt, in der er ähnlich fühlen würde. Deshalb glaube ich ja auch, daß wir Hilfreiches zum Thema schreiben, egal ob wir selbst hochbegabt sind oder nicht.

Wenn wir beide uns treffen würden, könnte ich dir wenigstens sagen, ob ich dich für hochbegabt halte bzw. wo deine Begabungen liegen, bevor du den Kontakt wieder abbrichst.

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candle.
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Beitrag Mi., 18.03.2015, 20:04

Die Abschnitte mit den Kindern lasse ich mal weg. Ich habe nämlich nicht allzu viele schlechte Erinnerungen an Schule, auch nicht was Förderungen angeht. Das war alles OK. Mir hätte lediglich die Genehmigung der Eltern für das Abitur gereicht um ein glückliches Kind zu sein.
Krang2 hat geschrieben:Nehmen wir mal an, daß wir beide nur "überdurchschnittlich intelligent" sind, dann können wir hier doch dennoch konstruktiv schreiben. Mich amüsiert das mittlerweile schon fast, wenn hier immer wieder hinterfragt wird, wer sich wozu wie äußern darf.
Für mich ist es auch etwas seltsam als würde ich mich mit einem nicht vorhandenen Berufstitel schmücken.
In anderen Diskussionen wird das weit entspannter gehandhabt. Vielleicht steigt mit dem Titel die Erwartung an das Niveau der Schreiber? War so nicht beabsichtigt!
Mir geht es ja je nach Thema, ob ich mich da wiederfinde. Das tue ich hier nur immer weniger. Kann aber auch sein, dass es mich etwas langweilt, weil ich manche Themen so vor 25 Jahren durchgemacht habe- so soziale.
Ja, mit Kritik umzugehen übe ich noch, allerdings weiß ich auch nicht, wie ich mit Unverständnis umgehen soll. Wie soll man damit umgehen, wenn etwas kritisiert (unterstellt) wird, was gar nicht der Fall ist, und jede weitere Erklärung oder Rechtfertigung es eher schwieriger als leichter macht?
Gar nichts machen. Thema freundlich beenden und fertig sozusagen- abhaken.
Neid und Mißgunst schalte ich ab, indem ich "mehr Sein als Schein" bin, und vor allem durch Hilfsbereitschaft.
Da tue ich mich wirklich ein wenig schwer, dass du sehr oft schreibst, dass du dich irgendwo abschalten mußt, anders zeigen mußt, anders verhalten mußt, aber so kenne ich mich nicht. Natürlich habe ich auch so meine Problemchen gehabt, aber da wird sich dann entschuldigt, wenn es wirklich nicht OK war, aber immer darauf schauen wie ich mich verhalte und andere es dann tun auf mich hin oder auf A oder B, das ist wirklich ermüdend. Nun kann ich dir auch nicht weiterhelfen, weil ich den Kontext nicht kenne. Ist es denn für dich gerade akut problematisch?
Ich finde, daß Talente bei Erwachsenen (vor allem, wenn sie selten genutzt wurden) weniger erkennbar sind als bei Kindern, bei denen sie noch recht unverfälscht und oft auch extremer auffallen.
Als Kind war ich relativ zu ruhig und bin durch Stille aufgefallen- ergo nicht wirklich aufgefallen, aber wohl zur Lehrerkonferenz. Aufgefallen bin ich dann eher als Erwachsene (beruflich), wobei ich auch nicht weiß wie. Ich weiß es nicht, ob es unterschiedlich ist in der Erkennbarkeit.
Als Erwachsener zieht man Neid meist durch Position oder Wohlstand auf sich, so daß ein Hochbegabter nicht unbedingt Neid auf sich zieht.
Wie meinst du das?
Das "Ergebnis" nutze ich meist nicht, es ist nur eine amüsante Spielerei.
Ich spiele nicht gerne in jeglicher Hinsicht.
Ich finde diese "stillen Regeln" anstrengend, weil ich sie durch Nachahmung lernte wie ein Schimpanse im Versuchslabor.
Interessant. Nun dachte ich ja, dass jeder seine Regeln hat- sprich Moral. Abschauen tue ich mir nur Tätigkeiten, die ich interessant finde und baue sie mir dann selber weiter aus.
Vermutlich hat das auch eher mit Andersartigkeit als mit Intelligenz zu tun. Vor den Kopf stoßen ist eigentlich eine direkte Kontaktaufnahme, der andere könnte gleich erklären, warum er sich vor den Kopf gestoßen fühlt, und dann weiß man mehr über ihn als nach drei Monaten übers-Wetter-reden.
Das ist ja fast therapeutisch!
Now I know how the bunny runs! Bild

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