8 Jahre nach der Magersucht - meine Tochter meidet mich

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Marylin
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8 Jahre nach der Magersucht - meine Tochter meidet mich

Beitrag Do., 10.11.2011, 01:01

Hallo,
meine Tochter (29 Jahre) hatte 2001 die Magersucht. Ich (alleinerziehend seit ihrem 14. Lebensmonat) begleitete sie 2 Jahre durch den harten Weg, da sie nur mir vertraute. Ihr Vater wollte hiermit nichts zu tun haben. 2003 bezog sie wieder eine eigene Wohnung, lebte in einer WG und anschließend in einer Beziehung. Kriselte es in der Beziehung, nahm sie vermehrt Kontakt zu mir auf. Seit September 2010 ist meine Tochter mit dem Sohn meiner Jugendfreundin zusammen. 3 Wochen später wurde sie das erste Mal sehr aggressiv mir gegenüber nach der Hochzeit meines Neffen unter Alkohol. Sie hat sich sehr in meinem Freundeskreis integriert und wurde ablehnender mir gegenüber. Seit Oktober 2010 bin ich krankgeschrieben wegen einem Burnout, bis heute. Ich war zu nichts mehr fähig! Meine Tochter lehnt mich seitdem ab und in der letzten Woche, als ich ihr Haarsträhnen für ein Vorstellungsgespräch zog, schrie sie mich an, dass sie mich hasst und gerne ein Kind hätte, damit sie Heilagabend zu Hause bleiben kann. (Letztes Weihnachten verbrachte ich komplett alleine). Bei einem Zusammentreffen 2 Tage später ignorierte sie mich komplett. Auf meine Bitte, mir mir einmal zu reden und zu klären, hat sie bisher nicht reagiert. Leider kann ich mir absolut nicht erklären, was ich ihr getan habe. Auch ihr Freund zieht sich vehement zurück, mit dem ich vor der Beziehung einen sehr guten Kontakt hatte. Seit der Magersucht habe ich mein Leben komplett nach meiner Tochter orientiert, lebe auch ohne Partnerschaft und hatte damals auch meinen Arbeitsplatz aufs Spiel gesetzt und einige Freunde in den 2 Jahren verloren. Aber dies wog sich alles auf, da meine Tochter gesundete und wir sehr sehr schöne Zeiten hatten. Mich erschreckt, dass ich jetzt denke, ich ziehe mich besser von ihr zurück und möchte endlich mal glücklich werden. Aber es tut so weh. Ich werde in meiner Erkrankung abgelehnt, ich weiß nicht, was ich ihr getan habe........ Könnt ihr mir etwas dazu sagen? ich glaubte eigentlich, alles wäre okay. Habe damals Bücher "gefressen" um ihr helfen zu können und dachte, ich wäre gewappnet. Ihr geht seit Jahren sehr gut, hat studiert, es läuft sehr gut für meine Tochter. Sie ist auch wieder ein fröhlicher Mensch mit Interessen geworden. Das finde ich auch wunderbar, deshalb tut ihr Verhalten nun sehr weh!!! Was soll ich tun? Oder darf ich keine Erwartungen haben..... wahrscheinlich ist das eure Antwort. Ich weiß jetzt erstmalig nicht weiter.......

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Tante Käthe
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 1293

Beitrag Do., 10.11.2011, 06:37

Hi Marlyn,

tja, Erwartungen gegenüber dem Kind.... Das ist so eine Sache....

Deinem Beitrag erliest sich, dass Du Dich für Deine Tochter sehr "aufgeopfert" hast, als sie in einer sehr tiefen Krise steckte und ihr damit sogar helfen konntest - klasse. Vielleicht kannst Du genießen, dass sie diese Krankheit gut überwunden hat und es ihr gut geht, dass sie ihren Weg geht und dabei glücklich ist. Vielleicht ist es, bedingt durch die Krankheit bei ihr, auch manchmal zuviel Nähe gewesen, sodass sie jetzt erst einmal "ausbricht" und durch anderes Verhalten dies signalisiert.
Nun bist Du krank und ihr Verhalten ist Deiner jetzigen Situation nicht sehr dienlichl, lässt Dich bestimmt daher noch ein Stück mehr leiden.
Vielleicht ists das Beste, erst einmal Rückzug zu signalisieren (für Dich) und sie gewähren lassen. Natürlich heißt das nicht, dass sie einfach Alles zu Dir sagen und Dich behandeln kann, wie es ihr bliebt, auch da sind Grenzen.
Kannst Du nicht trotz Deiner Erkrankung z. B. über Weihnachaten einfach wegfahren, um dadurch ggf. ein ZEichen zu setzen und für Dich etwas Gutes zu tun? Vielleicht nervt Deine Tochter auch "nur", dass sie denkt, nun in der Verantwortung Dir gegenüber zu stehen, da Du jetzt krank bist und daher diese "Ansage" vonwegen Kind und dann Weihnachten zu Hause bleiben kommt?

Erwartungen gegenüber Deiner Tochter solltest Du nicht haben, sie liebt Dich und sie wird Dich auch sehr ehren, aber vielleicht ists ihr auch etwas zu viel und es äußert sich dann in dem von ihr an den Tag gelegen Verhalten, da sie weiß, dass Du krank bist und denkt, dass ein Gespräch vielleicht für Dich schlecht wäre....

Weißt Du, ich möchte keine Dankbarkeit von meinen Kindern haben, meine Freude ist es, zu sehen, wenn es ihnen gut geht und sie ihren Weg gehen und uns an diesem als eben ihre Eltern teil haben lassen

Wünsch Dir alles Gute

Lg Käthe
Es ist schwieriger eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom
(Albert Einstein)

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lemon
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Beitrag Do., 10.11.2011, 07:06

Marylin,

weshalb hast du dein Leben seit der Magersucht nach deiner Tochter gerichtet?
Wie meinst du das? Was hast du gemacht?

Ich selbst war auch im selben Alter deiner Tochter magersüchtig, deshalb verstehe ich das nicht, denn ich hatte die Krankheit alleine für mich, ich wohnte damals zwar auch bei meinen Eltern, doch meine Mutter hatte damit überhaupt nichts zu tun außer, dass sie natürlich versuchte mich anzutreiben um eine Besserung zu erreichen, doch letztendlich machte ich was ich wollte.

Wieso soll deine Tochter mit dir Weihnachten verbringen? Darf sie das nicht selbst entscheiden? Da du geschrieben hattest, dass du im letzten Jahr alleine warst. Ich finde, das sollte auf jeden Fall auf freiwilliger Basis ablaufen, ohne Druck und sag ihr doch, sie kann gerne zuhause bleiben, dafür braucht sie nicht extra ein Kind???

Willst du deine Tochter dafür verantwortlich machen, dass du keine Partnerschaft hast und fast deinen Arbeitsplatz verloren hast? Wenn dem so ist könnte dies ein Grund sein, weshalb sie ablehnend und zurückweisend auf dich reagiert. Sie ist nämlich nicht verantwortlich, nur du selbst für dich.

Und nein, du darfst keine Erwartungen haben, Liebe ist uneigennützig, du darfst dir wünschen, dass euer Verhältnis wieder besser wird, das geht jedoch nur uneigennützig
lemon
[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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snowwhite
Helferlein
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Beiträge: 93

Beitrag Do., 10.11.2011, 09:28

Liebe Marylin,
Marylin hat geschrieben: Ich (alleinerziehend seit ihrem 14. Lebensmonat) begleitete sie 2 Jahre durch den harten Weg, da sie nur mir vertraute.
Marylin hat geschrieben: (Letztes Weihnachten verbrachte ich komplett alleine).
Marylin hat geschrieben:Seit der Magersucht habe ich mein Leben komplett nach meiner Tochter orientiert, lebe auch ohne Partnerschaft und hatte damals auch meinen Arbeitsplatz aufs Spiel gesetzt und einige Freunde in den 2 Jahren verloren.
.
Marylin hat geschrieben:Ich werde in meiner Erkrankung abgelehnt,
.
Marylin hat geschrieben:Habe damals Bücher "gefressen" um ihr helfen zu können
.
Fällt dir etwas auf? Du argumentierst immer nur damit, was du alles für deine Tochter getan hast. Für mich hört sich das ein wenig so an als würdest du sagen "Jetzt bin ich dran", vielleicht gar nicht mal bewusst.
Ich denke deine Tochter spürt diesen Anspruch und auch den stummen Vorwurf dahinter.
Natürlich kann sie das was du für sie getan hast niemals aufwiegen, dass muss sie aber auch nicht!
Und ich denke genau dies ist ihr Problem. Hast du sie vielleicht sogar früher schon zu deinem einzigen Lebensinhalt gemacht? Hast du noch mehr Kinder? Hattest du früher denn einen Partner?

Ich möchte dir nicht zu Nahe treten, und da ich die Umstände nicht kenne, dich auch für nichts verantwortlich machen aber schon allein die schwere Erkrankung deiner Tochter, spricht dafür, dass sie schon früher Probleme hatte mit ihrem Leben zurecht zu kommen.

Glaub mir sie liebt dich und weiß auch alles was du für sie getan hast zu schätzen.
Aber aus eigener Erfahrung (bin auch so eine "undankbare Tochter"), es gibt für ein Kind und auch eine junge Frau, kaum etwas schlimmeres als diesen unausgesprochenen( oder in meinem Fall auch ausgesprochenen Vorwurf "ich habe alles für dich aufgegeben".
Das ist ein unglaublicher Druck, der irgendwann eine wahnsinns Wut erzeugt, da man eigentlich nie darum gebeten hat und es niemals wieder aufwiegen kann.
Man hat das Gefühl lebenslang etwas schuldig zu bleiben und diese Verantwortung kann einem fast die Luft zum atmen nehmen.

Mein Tip, fordere erstmal nichts von deiner Tochter, mach ihr klar, dass du nichts erwartest (tust du aber oder?), halt sie vielleicht auch ein wenig aus deiner Krankheit heraus (jedes Klagen meiner Mutter, ertrage ich immer noch kaum, weil ich mich sofort schuldig fühle, obwohl das Verhältnis inzwischen sehr viel besser ist).
Zeig ihr, dass du ihre Gesellschaft schätzt, sie liebst, aber auch ein eigenes Leben hast und sie nicht verpflichtet ist sich um dich zu kümmern.

Liebe Grüße
snowwhite
„Wer richtig liebt, der findet sich selbst.
Die Meisten aber lieben, um sich zu verlieren.“

Hermann Hesse

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Marylin
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Beitrag Fr., 11.11.2011, 17:07

Ich möchte mich bei euch für Eure Antworten bedanken, da diese mich zu erneuter Überdenkung bewegt haben. Nein, die damalige Hilfe habe ich aus eigener Überzeugung geleistet und erwartete auch nie Dank oder dergleichen. Wir hatten immer eine viel zu gute Beziehung zueinander. Es ist tatsächlich so, dass es für mich das Schönste war, sie wieder glücklich zu sehen und ihr Leben gestalten zu können.
Aber ich muss euch recht geben und ich bin sehr froh, diesen Thread eröffnet zu haben und Eure Antworten allesamt erhalten zu haben. Ich denke, es kam vielleicht doch falsch rüber, auf jeden Fall bei dem Streit in der letzten Woche. Seitdem haben wir losen Kontakt und wir beide hatten Zeit, nachzudenken.
Ich habe heute Morgen ein Brief in meinem Briefkasten vorgefunden mit einer Eintrittskarte für ein morgiges Ereignis, dass auch meine Tochter, ihr Freund und unsere Freunde besuchen wollen. Der Text deutet darauf hin, dass sie so gerne für mich im letzten Jahr dagewesen wäre, aber ich ihr nicht mein Inneres anvertraut hätte. Ich hätte nur von meinen Therapieansätzen gesprochen.
Somit kann ich langsam klar erkennen, was das Problem im letzten Jahr war.... und..... habe hierbei noch einiges zu tun.
Snowwhite, Lemon und Tante Käthe ihr habt so Recht. Genauso sehe ich es auch. Nur ich werde es meiner Tochter doch sehr klar rüberkommen lassen müssen, dass sie zu nichts verpflichtet ist und ich auch keine Dankbarkeit erwarte und haben möchte!!! Ich weiß nun, dass ich mich ein wenig, zwar liebevoll, aber distanzieren muss, ebenso meine Angst abzulegen, dass meine Tochter wieder erkranken könnte...... Ich sehe jetzt so viel klarer, meine Tochter hatte in dem heutigen Brief um eine Unterredung gebeten. Darauf freue ich mich, um die Wege neu besprechen zu können und blödsinnige Sachen auszuräumen und meiner Tochter das Gefühl eines freien glücklichen Lebens geben zu können. Natürlich werde ich immer für meine Tochter da sein, aber ich werde auch lernen müssen, an meinem eigenen Leben zu arbeiten und nicht mehr allzeitbereit für andere da zu sein. Eigener Fehler!!!!
Nochmals lieben Dank für die Sichtweise der Betroffenen selbst...!!!!
LG
Marylin

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Tante Käthe
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 58
Beiträge: 1293

Beitrag Sa., 12.11.2011, 07:32

Hi Merlyn,
Marylin hat geschrieben:Nur ich werde es meiner Tochter doch sehr klar rüberkommen lassen müssen, dass sie zu nichts verpflichtet ist und ich auch keine Dankbarkeit erwarte und haben möchte!!! Ich weiß nun, dass ich mich ein wenig, zwar liebevoll, aber distanzieren muss,

Marylin hat geschrieben: werde ich immer für meine Tochter da sein, aber ich werde auch lernen müssen, an meinem eigenen Leben zu arbeiten und nicht mehr allzeitbereit für andere da zu sein. Eigener Fehler!!!!
Marylin
Ganz wichtig: Dein eigenes LEben gestalten und Leben und auch einmal nein sagen, weil man halt gerade schon anders geplant hat....etc....
ja, am eigenen LEben arbeiten und nicht immer allzeitbereit sein - das ist eben wichtig

Es scheint eine recht positive Entwicklung bei Dir zu nehmen. Kannst ja mal ein Feedback geben, nachdem Du Dich mit Deiner Tochter getroffen hast.

Viele Grüsse Käthe
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geronimos secret
Forums-Gruftie
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Beitrag Sa., 12.11.2011, 09:11

Liebe Marylin,
wahrscheinlich sieht deine Tochter in dir ihre eigenen Schwächen und fühlt sich durch deine Borderlineerkrankung an ihre eigenen psychischen Probleme mit der Magersucht rückerinnert.
Die Art und Weise wie deine Tochter mit deiner Krankheit umgeht zeigt, dass deine Tochter große Defizite hat und sich offenbar nicht weiterentwickelt hat bzw. es versäumt hat Defizite zu integrieren und zu bearbeiten (Frage: hat sie eine Therapie gamacht?). Natürlich darfst du als Mutter von deiner Tochter Mitgefühl erwarten. Ich kann gut verstehen, dass dich das Verhalten deiner Tochter enttäuscht und verletzt. Ziehe dich so gut es geht zurück und schau, dass es DIR gut geht.
Soll deine Tochter doch schmollen.
Eat Pray Love

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