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Tamie
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Post Wed, 05.Oct.05, 14:49      Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo an alle,
habe eben mal einige Beiträge hier angesehen und mich bei vielem wiedergefunden.
Ich habe seit Jahren eine Eßstörung: Freßanfälle wechseln sich ab mit Phasen, in denen ich mich "nur gesund" ernähre, aber in diesen Phasen denke ich so zwanghaft an Essen - den ganzen Tag - dass die gesunde Ernährung nicht wirklich entlastend ist oder gut für meinen Körper.

Nachdem ich nun innerhalb von 11 Wochen 10 kg abgenommen hatte (1,63 cm mit 61 kg) mit basischer Ernährung, habe ich jetzt innerhalb von 4 Wochen so ca. 6 kg wieder zugenommen. In meiner derzeitigen Freßanfall-Phase versuche ich bewusst meine Gefühle (vor dem Essen) wahrzunehmen, damit ich den kommenden Freßanfall vermeiden kann - manchmal gelingt´s, manchmal nicht.
Und wenn es eben nicht gelingt, stelle ich fest, dass ich (der innere Saboteur?) auch gar nicht will, dass ich jetzt nicht fresse! Könnt ihr das nachempfinden? Kennt ihr das?

Bisher habe ich noch keine Therapie gemacht, zumindest nicht speziell für die Eßstörung. Ich dachte mit Bewußststeinsarbeit bekomme ich das hin, aber ich habe gerade mal so die Schnauze voll ... ich sollte mir wohl doch helfen lassen. Irgendwie habe ich so das Gefühl, dass dieser "innere Saboteur" soooo eine Macht über mich hat, dass ich gar keine Chance habe.

Würde mich über Eure Antworten und Sichtweisen freuen.
Viele Grüße,
Tamie
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Lisa29
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Post Thu, 06.Oct.05, 21:48      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo! Ich kann Dich sehr gut verstehen. Ich habe auch Fressanfälle und ebenfalls abgewechselt mit sehr gesunden Phasen in denen ich abnehme und denke ich habe meine Ernährung ein für alle mal umgestellt und voll im Griff.
Mein Therapeut meint, in meinem Inneren will ich eigentlich dick sein. Er meint, daß ich das dick sein brauche momentan und von Abnehmversuchen gänzlich abstand nehmen sollte.
Vom Verstand her und meinem Befinden will ich unbedingt abnehmen und mache Sport etc., aber der "innere Saboteur" bringt mich immer wieder dazu zu fressen. (Nur Süßkram)
Das ist dann wie ein Loch ohne Boden. Also es kann nie gestillt werden egal wieviel Zucker ich mir gebe.
Was aber den Zucker ersetzen könnte weiß ich nicht. Naja, eigentlich weiß ich es doch, die längste Phase über Monate hinweg in der ich total glücklich war und nie an essen gedacht habe weil ich halt so glücklich war und zufrieden mit meinem Leben. Da habe ich ganz von allein und völlig unbeabsichtigt eine sehr schöne Figur gehabt.

Also laut Therapeut will ich dick sein um mich hinter dem Fett zu verstecken, sozusagen als Schutzwall. Außerdem meint er ich will damit Männer abschrecken bzw mich sexuell nicht-begehrenswert machen, weil ich mit dem Neid anderer Frauen nicht leben könnte.
Ich selbst bin mir noch nicht wirklich sicher was es ist. Ich will ja gar nicht dick sein, aber irgendwas in mir zwingt mich zum essen bzw. dickwerden!
Da helfen auch keine Diätpläne und Sport etc., sondern in mir drinnen muß ich bereit sein schlank zu werden und das dann auch aushalten (z.B. daß ich dann Männerblicke auf mich ziehe, Frauen vielleicht eifersüchtig werden auf mein Aussehen, etc.)

Ich weiß aber auch nicht so recht wie das gehen soll, also wie ich da jemals hinkomme.
Dicksein ist ja einfach auch so ungesund und bis ich 22 war war ich überhaupt nie dick.
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Penny Lane
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Post Fri, 07.Oct.05, 14:20      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Lisa,
ja, dit kenn ick. Wink

Ich habe Gewichtsschwankungen und Fressanfälle, seitdem ich in der Pubertät bin. Immer dann, wenn es mir nicht so gut geht, brauch ich Zucker. Oder ich kann gar nix mehr essen. Dann magere ich ab. Nach der Stillzeit wog ich zB. nur noch 46 Kilo. So hat mich meine Therapeutin kennen gelernt.

Vor ein paar Monaten war es dann mal wieder soweit. Ich hab innerhalb weniger Wochen fast zehn Kilo zugelegt. Und meiner Therapeutin die Bude vollgejammert, wie schrecklich ich mich fühle und wie schlimm das schon wieder ist. Und sie hat ganz anders reagiert, als alles, was ich bisher kannte. Ungefähr so:

Du bist in den letzten Monaten durch schwierige Prozesse gegangen, die an Dir gezehrt haben. Jetzt sammelt Dein Körper wieder Kraft und erdet sich. Guck doch mal, ob Du Deinem Körper vertrauen kannst. Das ist die Frau, die jetzt ankommt. Du kannst Dich entscheiden, wie Du sie begrüssen möchtest.

Das hat bei mir voll reingehauen. Und seitdem geht es mir mit meinen zehn Kilo mehr total gut! Diese ganze Gewichtskontrolliererei ist gegessen. Es spielt so gar keine Rolle mehr, ob meine Oberschenkel jetzt ein paar Zentimeter mehr oder weniger Umfang haben.

Ja, wollte ich nur mal sagen. Laughing

Liebe Grüße, Penny
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Lisa29
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Post Fri, 07.Oct.05, 15:17      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Penny Lane!
Ich finde es ganz toll wie Deine Therapeutin reagiert hat! Ich denke auch ich muß meinen Körper einfach mal machen lassen.
Andererseits habe ich aber mit der Zeit wirklich starkes Übergewicht bekommen. Da mach ich mir auch sorgen, weil das ja nicht gut ist für die Organe etc. (Bin 1,74 groß und wiege 106 Kilo seit kurzem, früher waren es immer zwischen 57 und 64kg. ich bin also sehr in die Breite gegangen)

Mein Gewicht hat sich immer stark reduziert wenn es mir richtig gut ging. Vielleicht muß ich was für mein allgemeines Wohlbefinden tun, um von alein wieder ein normales Gewicht zu bekommen.
Ich hab eine paar Jahre im Ausland gewohnt und war dort sehr glücklich, in der Zeit hab ich ohne es zu merken tierisch abgenommen, war nach innen und außen super gelaunt und sah toll aus.
Auf allen Photos die ich von damals habe, habe ich gestrahlt wie die Sonne in Person und zwar aus allen Poren.
Wenn ich mich jetzt sehe, sehe ich aus wie ein trauriges Stück Teig. Das Problem ist irgendwie, daß ich gar nicht so gut weiß, was gut für mich selbst ist, glaub ich manchmal.
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Tamie
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Post Mon, 10.Oct.05, 9:07      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallöchen!

Ich war jetzt 4 Tage beim Familienstellen, weil ich nach meinem Beitrag hier so sehr in ein Loch gefallen war, dass ich meine Therapeutin angerufen habe und die mich sozusagen kurzerhand mit dorthin genommen hat.

Die familiären Zusammenhänge möchte ich hier nicht berichten. Aber es war gut für mich zu sehen, dass meine Eßstörung bzw. die Sucht "nur" das Symptom ist. Und dabei wurde mir auch klar, warum ich während meiner gesamten Therapiezeit nie direkt mit meiner Eßstörung gearbeitet habe, auch jetzt bei der Aufstellung nicht. Ich hätte ja z.B. endlich mal die Eßstörung direkt aufstellen können, aber es kam überhaupt nicht das Bedürfnis auf, obwohl mich das doch gerade alles sooo angekotzt hat. Bei Sucht sagt man ja immer, der Mensch ist auf der Suche nach etwas und bei mir war/ist es das "Ja zum Leben". Denn ich habe auch so ein bißchen Sehnsucht nach dem Tod, das kann ich auch im Alltag immer mal spüren.
Und ich merke z.B. auch, dass sich bei mir einige Süchte abwechseln, Rauchen, Essen, Denksucht.
Ich bin heilfroh, dass sich das mit dem Familienstellen nun so ergeben hat, denn nun sehe ich viel klarer.

Ich finde es auch ganz toll wie Deine Therapeutin reagiert hat, Penny Lane. Da hast Du ´ne ganz tolle Therapeutin gefunden! Denn es kommt wirklich nicht vordergründig darauf an, ob man an einigen Stellen etwas runder ist als andere. Ich finde das sowieso schöner wie zu dürr. Bei mir selbst kann ich das in den Phasen, in denn ich nicht fresse auch so sehen. Nur wenn ich fresse, finde ich mich häßlich und zu dick.

Viele liebe Grüße an Euch alle!
Tamie
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Karola
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Post Tue, 11.Oct.05, 13:05      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Tamie,

mich würde mal interessieren, wie Du auf den Begriff "Der innere Saboteur" gekommen bist? Ist das ein gängiger Begriff, der speziell für Essstörungen gilt, weil man da in einem ziemlichen Kreis gefangen ist zwischen Zu- und Abnehmen?
Ich finde den Begriff ziemlich gut. Der innere Sabotuer trifft auch auf mich zu, obwohl ich keine klassische Esstörung in dem Sinne habe. Aber ich habe eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung und reagiere auf Forderungen von außen extrem trotzig und verweigernd. Komm dagegen auch nicht an Sad ! Insofern passt auf mich das auch total!

Viele Grüße,
Karola
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Tamie
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Post Tue, 11.Oct.05, 14:38      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Karola,

so genau weiß ich gar nicht mehr woher ich den Begriff habe. Ich schätze von der Therapieform "Voice Dialogue", bei der man mit seinen eigenen inneren Stimmen bzw. Anteilen arbeitet. Das sind Anteile, die man im Laufe seines Lebens entwickelt hat und die im Grunde zum eigenen Schutz entstanden sind. Es gibt z.B. noch den inneren Kritiker, Minimizer (der einem immer "klein" macht) usw.
Beim Voice Dialogue wird mit Kissen o.ä. gearbeitet und der Therapeut hilft einem diesen Anteil zunächst mal anzuschauen/anzuhören und zu integrieren statt abzulehnen, weil er ja im Grunde seinen Sinn hat und Dich evtl. vor etwas schützen will.

Liebe Grüße,
Tamie
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Irmgard
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Post Wed, 12.Oct.05, 11:59      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Tamie das klingt aber interessant, kannst du mehr davon erzählen?
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Tamie
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Post Thu, 13.Oct.05, 12:42      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Irmgard,

Voice Dialogue wurde von Hal Stone und Sandra Winkelmann entwickelt, die Anfang der 70er entdeckten, dass die menschliche Psyche eine Vielzahl einzelner "Selbste" enthält, von denen jedes einzelne seine eigene Weltsicht, seine eigene Lebendigkeit, körperliche Eigenheiten, emotionale Reaktionen und seine eigene Meinung darüber hat, wie unser Leben aussehen sollte.
Je bewusster man die inneren Stimmen wahrnimmt, umso mehr wird man fähig, den persönlichen Weg bewusst zu gestalten.
Voice Dialogue bringt Licht in die dunklen Seiten unserer Psyche. Dabei wird versucht, abgetrennte "Schatten" zu integrieren und sich auf allen Ebenen zur Ganzheit zu bringen.
C.G. Jung sagt, der Mensch ist auf der Suche nach seiner wahren Natur. Er braucht das Leid, über das er genau wie eine Muschel eine Perle über die Verletzung entwickelt.
Die Wahrheit existiert in einer Komposition von Gegensätzen - Tag/Nacht, Tod/Leben, gut/teuflisch. Im Voice Dialogue wird mit den Gegensätzen gearbeitet, sie erhalten sie Spannung aufrecht. Die Gegensätze können sich anfreunden und sich in Dir integrieren.

Das ist teilweise aus einem Skript, was ich nun geschrieben habe. Evtl. findest Du auch noch einige Infos im I-Net. Es gibt ein sehr bekanntes Buch von Hal Stone "Du bist viele", was sehr gut sein soll. Soweit ich weiß, ist das aber vergriffen.

Habe ich Dir damit weiter geholfen?
Viele Grüße,
Tamie
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Karola
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Post Fri, 14.Oct.05, 0:42      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Tamie,

vielen Dank für Deine Erklärung. Hört sich interessant an, ähnelt der Arbeit mit dem inneren Kind.
Unter dem Namen Sandra Winkelmann habe ich allerdings nichts gefunden, nur unter Stone.

Karola
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Tamie
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Post Fri, 14.Oct.05, 15:22      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Ja, das innere Kind wird bei dieser Arbeit auch mit einbezogen.

Ich würde Euch gerne eine interessante Erfahrung mitteilen, die ich gerade mache: Da ich so ein bißchen Angst bekommen habe wegen meiner "leichten" Todessehnsucht und so eine Art Gefühl da war, dass sich meine Seele evtl. verabschiedet, habe ich die letzten 2 Tage nur auf meine Gefühle geachtet bzw. was meine Seele möchte und genau die Dinge getan, die sich in diesem Moment richtig für mich angefühlt haben.
Und interessanterweise habe ich überhaupt nicht ans Essen gedacht, sondern ganz normal gegessen. Es war kein Gefühl von Verzicht oder Heißhunger da ... nix, nada, nothing. Es ist aber auch nicht so einfach ständig in diesem Bewusstsein zu sein und wird wohl im Alltag leider nicht immer so möglich sein. Aber es wäre schön irgendwie schön, wenn ich das so beibehalten könnte ...

Naja, auf jeden Fall macht mir diese Erfahrung momentan Mut und ich habe mehr Lebensfreude Very Happy.

Liebe Grüße an Euch,
Tamie
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Irmgard
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Post Fri, 14.Oct.05, 17:04      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Danke Tamie. Ich hatte auch schon etwas gegoogelt.
Ich frag mich nur eines: von wegen alle Teilaspekte "integrieren". Meint ihr das ist sinnvoll oder das geht? Ich mein, ich hab z.B. sehr starke selbstzerstörerische Tendenzen oder in der Sprache dieser Therapieform eben "Persönlichkeiten", ich will die eigentlich nicht in mein Leben "integrieren". ich glaub, das Leben ist voller Entscheidungen. Man muss sich auch entscheiden, wie man sein und wie man leben will. Man kann nicht alles haben, wenn man alles haben will, wird man krank - multiple Persönlichkeitsstörung nennt sich das dann beispielsweise. Ich meine: alle Persönlichkeiten gleichberechtigt voll ausbilden ist gleich persönlichkeitsgestört.
Was denkt ihr?
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Post Sun, 16.Oct.05, 12:00      Re: Der innere Saboteur Reply with quoteBack to top

Hallo Irmgard,

ich glaube, da liegt ein Mißverständnis vor. Mit "Integrieren" ist nicht gemeint, dass man diese Teile in sich alle auslebt. Und es würde ja keinen Sinn machen selbstzerstörerische Seiten von sich auszuleben, denn dann existiert man ja irgendwann nicht mehr - von daher gesehen hast Du Recht.

Mit "Integrieren" ist eher gemeint, dass man sich diese Teilpersönlichkeiten "anschaut" in der Therapie, sie also wahrnimmt, sie vor allem anerkennt und sieht, dass man auch negative Seiten (Schatten) hat. Dadurch, dass sich diese Selbste anerkannt "fühlen", sind sie nicht mehr so stark und müssen nicht mehr extrem gelebt werden. Diese Selbste existieren dann eher im Hintergrund, zumindest verstehe ich das so.

Was machst Du denn z.Zt. für eine Therapie, Irmgard? Oder machst Du keine?

Tamie
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