DIS und Freundschaften

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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stew
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DIS und Freundschaften

Beitrag Mi., 10.04.2019, 12:45

Hallo zusammen!

Ich stelle mir seit längerer Zeit die Frage, wie man im DIS Spektrum (oder ähnlichen Diagnosen) es schafft, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Habt ihr einen speziellen Anteil, der "Kontakte knüpfen" kann? Seht ihr euch in einer schauspielerischen Rolle sei es Uni, Job, Familie, sodass es "den Aufwand nicht wert" ist, eine längerfristige, tiefgehende Freundschaft einzugehen? Stichwort schnelllebige Zeit, Social Media.

Meine Erfahrung war bisher jene, dass nur Anteile von mir mit einer Person befreundet waren und das Gegenüber auch nicht gewusst hat, dass ich mehr als ich bin. Ich habe zumeist auf Personen getroffen, die selbst in einer Lebensphase waren, wo sie nicht gerade rational gehandelt haben und der Austausch über so Probleme erfolgte dann mehr auf so einer „Tritsch tratsch“ Ebene, die ein bestimmter Teil in mir sehr gut kann, aber mal therapeutisch anmaßend ist. Dies bringt aber andere ins „Ungleichgewicht“ – so kommt es auch vor, dass ich zu hören bekommen, dass mein Gegenüber „viel zu dumm für mich sei“ und die Freundschaft keinen Sinn hat. Achherrje! :kopfschuettel:

Wie hab ihr es geschafft Menschen zu finden, die wirklich offen sind für Freundschaft bzw. den Austausch auf mehr als einer Ebene bzw. ist dies der richtige Zugang zur Freundschaft oder muss man es echt mehr pragmatisch sehen – sinn und zweckmäßig? Das kann ich eig. nicht akzeptieren.

Ich(in mir) habe manchmal das Bedürfnis auf dem Spielplatz zu spielen und passiert dies zu einer normalen Tageszeit, ist das einem anderen Teilen sehr unangenehm und die Blicke der verwirrten Eltern hemmen den Spielspaß - es kommt auch ein Gefühl von Deplatzierung. Ausweichen kann ich diesen kleinen Enttäuschungen indem ich in der Nacht dort hingehe. Ich habe mir auch schon gedacht, ob es nicht so etwas wie eine Kennzeichnung gäbe (in etwa wie eine Blindenschleife), um das Gefühl von Scham am Kinderspielplatz zu minimieren - es gibt leider stark kontrollierende Anteile, die eine Blamage verhindern wollen (auch wenn ich weiß, dass es keine ist) und ich dachte dies könnte ein Umweg sein. Oft sehnen sich die Kinderanteile auch nach Kontakten (zb in den Öffis wenn es zu Blickkontakten mit anderen Kindern kommt... )

Es wäre schön herauszufinden, ob auch andere Menschen mit diesen "Alltagsproblemen" herumwurschteln und wie man sie umgehen kann.

Ich hoffe, dass sich durch meine Wortwahl niemand auf den Schlips getreten fühlt.
LG Stew
Zuletzt geändert von Tristezza am Mi., 10.04.2019, 15:10, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Betreffzeile "Freundschaft im Leben der Anderen" durch aussagefähigeren Titel ersetzt.

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shesmovedon
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 13:01

Ich habe das auch so organisiert im Sommer, dass kleine Anteile nur abends auf den Spielplatz gehen, weil Spielplätze normal auch nur bis 16 Jahre gehen und es ist demnach einfach verboten als Erwachsener, auch wenn eben ein Kinderanteil vorne ist.

Ansonsten haben bei mir teilweise einzelne Anteile ihre eigenen Freunde und wir haben auch gemeinsame Freunde. Es ist im Alltag völlig irrelevant, ob wir wechseln, wenn wir mit Freunden zusammen sind, so lang die Anteile die einzelnen Freunde kennen. Wir erklären da nix, wir sprechen da auch nicht drüber. Das Gegenüber merkt vielleicht, dass etwas anders ist, schiebt das aber bei uns dann auf die Schizophrenie meist, weil über die DIS spreche ich mit anderen gar nicht.

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Sinarellas
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 15:45

"Wir erklären da nix, wir sprechen da auch nicht drüber. Das Gegenüber merkt vielleicht, dass etwas anders ist, schiebt das aber bei uns dann auf die Schizophrenie meist, weil über die DIS spreche ich mit anderen gar nicht."
Abgesehen von der Schizophrenie same here.
..:..

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Kellerkind
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 16:33

Als NICHT-Dis-Betroffene, die eher nur methodisch,spielerisch mit den verschiedenen Innenteilen umgeht... genug, um die Problematik nachvollziehen zu können, aber es so gut im Griff haben, dass es nicht therapie-relevant ist...

... möchte ich euch und eure Anteile darauf verweisen, dass auch bei normalen Freundschaften extrem selten der Gegenüber ALLE Seiten an einem Menschen kennt. Es ist z.B. völlig normal, für verschiedene Interessen verschiedene Freunde oder gar Freundeskreise zu haben. Mit einem Freund kann man gut dies, mit einem anderen gut jenes. Dass man einen Freund/in hat, mit dem man sich als Komplettpaket in jeder Hinsicht perfekt versteht ist eine der ganz, ganz großen Ausnahmen.
Und ihr solltet bedenken, dass es auch bei normalen Freundschaften so ist, dass man an verschiedenen Tagen in verschiedenen Situationen in sehr unterschiedlicher Stimmung ist, dass auch Nicht-DIS-Betroffene sehr viele verschiedene Gesichter haben können, und das auch okay so ist, selbst wenn an meinte könnte, man hätte es mit verschiedenen Personen zu tun.

Mit anderen Worten: dass Vieles gar nicht so unnormal ist, wie ihr vielleicht glaubt!
Was unter anderem EIN Grund sein könnte, dass der Gegenüber vielleicht manchmal irritiert ist, es aber trotzdem nicht wirklich relevant ist.

Ich glaube, es wäre eventuell zielführender, wenn ihr euch weniger fragt, wie andere DIS-Betroffene das handhaben, sondern euch mehr fragt, wie das wohl bei den NICHT-DIS-Betroffenen ist, einfach um erst mal halbwegs einen Vergleich zu haben. Wo die Erkrankung anfängt, wo Normalität aufhört. Quasi erst mal einen Standortbestimmung.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

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shesmovedon
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 16:45

Kellerkind, das stimmt so nicht. Ein abgespaltener Anteil ist was völlig anderes als eine Persönlichkeits-Seite.
Dazu kommt Irritation, Amnesie...und einiges anderes.

Trotzdem rate ich dir, Stew, einfach zu machen. Schwierig ist es sicher, wenn Anteile einzelne Freunde nicht kennen, aber dann ermögliche ihnen vielleicht die Freunde anderer Anteile kennen zu lernen. Da muss ja irgendwie jeder mit DIS durch. Wie gesagt, für uns ist das heute meist völlig irrelevant, es macht normal kein Anteil ein Problem draus, weil wir die DIS eher verstecken, als dass sie offensichtlich ausgelebt wird. Also Amnesie, Irritation und alles, was dazu gehört, wird eher versteckt. Sicher gehört dazu auch ein gewisser Kontakt zu den einzelnen Anteilen und Innenkommunikation.

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Kellerkind
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 16:59

Schlendrian hat geschrieben: Mi., 10.04.2019, 16:45 Kellerkind, das stimmt so nicht. Ein abgespaltener Anteil ist was völlig anderes als eine Persönlichkeits-Seite.
Dazu kommt Irritation, Amnesie...und einiges anderes.
Ja, ich weiß. Ich denke aber trotzdem, dass es da... (abgesehen von der Amnesie)... so einige Zwischenstufen gibt. Meine Persönlichkeitsanteile haben teilweise auch ein sehr, sehr reges Eigenleben, inklusive eigenen Stimmen oder ich SEHE sie vor mir, manche mit eigenen Namen, trotzdem habe ich KEINE DIS-Diagnosen oder Amnesien.

Wenn es um die Frage geht, wie man mit den Amnesien umgeht, bin ich entsprechend raus. Ohne Frage. Da würde mich höchstens noch interessieren, wieso man Freunden/Bekannten gegenüber zwar Schizophrenie einräumt, aber die DIS verheimlicht.

Trotzdem möchte ich an meinen ursprünglichen Kommentar festhalten, da ich mir nicht sicher bin, ob euch das bewusst ist:
Freundschaften bedingen NICHT, dass jeder Anteil sich mit jedem Anteil des Gegenüber versteht. Oder dass man nur eine Seite von sich zeigt. Egal ob "nur" Persönlichkeitsanteil oder abgespaltener Anteil.
Freundschaften kommen durchaus damit klar, dass man nur teilweise gleiche Vorstellungen/Interessen hat und auch, dass der Gegenüber nicht immer konstant exakt die gleiche Persönlichkeitsmerkmale zeigt. Mehr wollte ich gar nicht sagen.
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 17:35

Weil ich nicht über die Traumatisierungen und so mit anderen sprechen möchte. Ich will mich nicht rechtfertigen oder erklären müssen, warum ich das habe. Für mich ist die Schizophrenie da einfach leichter zu erklären.


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stew
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Beitrag Mi., 10.04.2019, 19:20

Schlendrian hat geschrieben: Mi., 10.04.2019, 17:35 Weil ich nicht über die Traumatisierungen und so mit anderen sprechen möchte. Ich will mich nicht rechtfertigen oder erklären müssen, warum ich das habe. Für mich ist die Schizophrenie da einfach leichter zu erklären.
Es tut mir leid, dass du dich aufgrund meiner ungeschickt formulierten Frage auch noch rechtfertigen musst, warum du nicht über die DIS sprichst mit deinen Freunden.

@Kellerkind:
Ich verstehe deine Denkweise und deine Aussage ist (für mich) als grundsätzliche Prämisse des Konzepts Freundschaft zu verstehen. Ich möchte nicht belehrt werden in dieser Hinsicht, denn meine Frage war auf was anderes gerichtet und dies konnten mir zwei andere User erstaunlicherweise mit selber Vorgangsweise schon beantworten.

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leonidensucher
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Beitrag Fr., 12.04.2019, 21:23

Es wird im Laufe des Lebens viel leichter. Ich bin Mitte 40, und darf mit Fug und Recht so - nach Ansicht der Aussenwelt- spleenig sein, dass es fast schon als liebevolle Schrulle angesehen wird und Freundschaften sind eher Seilschaften, gehen also gar nicht mehr so in die Tiefe- zusätzlich dazu bin ich jetzt besser organisiert. Früher war es sehr schwer. Ich habe viele Menschen massiv irritiert, die dann wissen wollten, warum es bei mir so " anders" ist. Da habe ich strikt getrennt, wer mit wem befreundet war, und war auch nur in super stabilen Situationen mit Menschen unterwegs.

Aber generell gilt: keine Erklärung, das muss nicht. Es ist meiner Meinung nach ungünstig, seine innere Struktur so offen zu legen, ausser bei einigen sehr sehr ausgewählten Personen- und selbst die bekommen nur die "light" Variante.
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Montana
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Beitrag Mo., 13.05.2019, 22:01

Ich habe keine Freundschaften in dem Sinne. Ich habe meinen Mann. Der weiß über alles Bescheid und ist froh, ein passendes Gegenstück zu seinem eigenen Anders-sein zu haben. Inzwischen, ich bin fast 40, habe ich auch nicht mehr den Druck, "normal" sein zu müssen. Das war eher in meiner Jugend so, weil ich als Einzelgängerin und als komisch galt. Denn das war schon so, so lange meine eigene Erinnerung zurückreicht. Ich weiß nicht, wie Freundschaft funktioniert.

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