Umgang mit 'Ich bin nicht genug' bzw 'Es reicht nicht'

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Candykills
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Beitrag Mi., 01.01.2020, 18:11

Ich kann dir betreutes Wohnen nur empfehlen und dir nahelegen, dass es Sinn macht sich darum zu kümmern, wenn du mehr Raum brauchst, als dir durch die ambulante Therapie derzeit zur Verfügung steht.

Ich war mir auch unsicher "bin ich wirklich so schlimm dran, ich krieg's doch auch noch auf die Reihe zur Therapie zu gehen", aber mir hilft das betreute Wohnen ungemein. Und so wie ich dich lese, täte dir Austausch gut, um dich ein bisschen besser zu sortieren.
Es könnte betreutes Wohnen in einer betreuten Wohnung sein, aber es gibt auch noch ambulantes betreutes Wohnen. Letzteres habe ich derzeit und es tut gut. Es hilft mir oft, mich zu sortieren, wenn ich Gespräche mit der Betreuerin führe.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Kim58
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Beitrag Mi., 01.01.2020, 20:07

Ich wollte noch etwas zu vorhin hinzufügen.

Als ich aufstand vom PC, war da wieder dieses Abschiedgefühl.
Die Erfahrungen mit der Betreuerin waren wirklich nicht so gut. Es war ähnlich wie das, was ich als Kind erlebt habe. Ich wurde gefragt, ob ich sie angezeigt habe (nein, wozu und warum? Werde ich auch nicht.).
Vielleicht waren sie das I-Tüpfelchen.
Was, wenn es tatsächlich so ist? Wenn ich genug habe von professioneller Hilfe? Wenn ich mich die ganze Zeit von der Therapeutin verabschieden wollte? Wenn es das ist, was ich ihr sagen will und mich nicht traue?
Ich war mein Leben lang Kim, die Kranke.
So richtig in Therapie, also ursächlich, war ich nie. In Psychiatrien oft, meine halbe Jugend. Und aus jeder Maßnahme rausgeflogen ("untragbar. War ich dann wahrscheinlich auch).
"Du bist krank, du kannst nicht ohne Hilfe."
Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, hinaus zu gehen ins Leben. Mir zu beweisen, dass ich das kann.
Vielleicht ist es meine riesige Angst, allein zu sein, die mich an der Therapeutin festhalten lässt.


In der Klinik habe ich genau das gesagt.
Mir wurde geantwortet, da sprächen Verbote.
Was aber, wenn es genau so ist?
Was, wenn ich mir selbst eine Therapeutin sein muss und schon immer war?
Was, wenn dies der große Schritt ist hinaus ins Ungewisse? Weg von Therapeuten und allen Professionellen, hinein ins Leben?





Letterlove, ich habe über deine Worte bezüglich des gescheiterten Umzugs nachgedacht. Ich ahne, was du sagen möchtest, glaube ich. Ich finde die Vorstellung allerdings schwierig. So wie "Es sollte eben nicht sein, füge ich mich diesem Schicksal." Nein, es war genau so geplant! Ich hatte mich dafür entschieden! Das es nicht geklappt hat, dafür konnte ich nichts. Dafür mal wirklich nicht. Es wäre ein riesiger Schritt gewesen, vielleicht der größte meines Lebens, und gefühlt ein Tod. Aber genau darin lag die Ahnung von Neuem, von Ankommen, von Nach-Hause, von Sein können. Endlich. Ich hatte zugestimmt. Ich hätte hier alles aufgegeben dafür. Warum jetzt nicht dafür kämpfen?

Aber es stimmt, vielleicht wollte ich es auch nie. Vielleicht muss ich genau dazu ja sagen? Dann ist es wahr und und dann ist es richtig, das der Therapeutin zu sagen. Vielleicht führt mich das zu mir.

Der Abschied, welcher und wovon auch immer, er drängt. Es gibt kaum anderes mehr. Ich muss ihn vollziehen. Es fällt mir schwer, neue Tage zu beginnen (ehrlich gesagt setzt da auch eine Symptomkette an jeden Tag) mit dem Wissen, dass ich ihn noch nicht vollzogen habe. Es ist tief und er ist komplex und er ist basal.
Es ist das, was in der Klinik geplant war. Abschied.
Ich muss herausfinden, wovon.


Mir schwirrt der Kopf. Ich schicke das jetzt ab wie es ist.
Letterlove, Candykills, habt Dank für eure Worte. Ich werde euch antworten!

Kim

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Letterlove
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Beitrag Mi., 01.01.2020, 22:36

Kim58 hat geschrieben: Mi., 01.01.2020, 20:07 Ich war mein Leben lang Kim, die Kranke.
Vielleicht möchtest du dich von dieser Kim verabschieden?
Würde mich nicht wundern. Du bist es leid. Du siehst vermutlich andere Menschen in deinem Alter, die glücklich sind, während du da hängst und froh bist, wenn du die Tage überlebst. Gilt dieser Abschied vielleicht diesem Leben? Dass du durchstarten möchtest in ein Leben, in dem alles besser wird?
Du bist gerade genau so alt wie ich.
Ich merke, wie sich meine Prioritäten ändern.
Wie sich mein Leben dadurch verändert, was sich um mich rum verändert.
Geht dir das vielleicht auch so?
Kim58 hat geschrieben: Mi., 01.01.2020, 20:07 "Du bist krank, du kannst nicht ohne Hilfe."
Man kann bestimmt ohne Hilfe. Die Frage ist nur: Wie weit kommst du alleine?
Ich kann gut verstehen, dass du die Nase voll hast vom Kranksein und dass du Hilfe damit assoziierst, dass du wohl krank sein musst, sonst hättest du ja keine Hilfe.

Wenn du magst, erzähl ich dir ein bisschen was. Vielleicht hilft dir das ja.

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Beitrag Mi., 01.01.2020, 22:44

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Insofern...

JA, vielleicht kannst du ohne Hilfe. Aber MUSST du das auch?
Ist es so, dass diese Hilfe negativ für dich ist, weil es ein Beweis ist, dass du krank bist?
Das ist leider ein Fakt, mit oder ohne Hilfe.
Also kannst du sie genau so gut annehmen und dir dafür Zeit verschaffen, zu heilen.
Denn irgendwann willst du dich doch bestimmt von der kranken Kim verabschieden, oder?

Kim58 hat geschrieben: Mi., 01.01.2020, 20:07
Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, hinaus zu gehen ins Leben. Mir zu beweisen, dass ich das kann.
Vielleicht ist es meine riesige Angst, allein zu sein, die mich an der Therapeutin festhalten lässt.
Der Witz ist...
Du BIST nicht allein.
Nie.
Zumindest sind das meine bisherigen Beobachtungen.
Ich hab auch große Angst davor, allein zu sein und zu bleiben. Aber so sehr ich auch Leute von mir stoße, irgendwie hab ich trotzdem nie Ruhe und irgendwie ist das auch gut so, weil ich das ja eigentlich auch gar nicht will.

Wenn du deine Therapeutin nicht mehr haben willst, kannst du sie natürlich "verlassen", aber wäre das nicht schön, wenn du ihr davon erzählen könntest, was alles in deinem Leben passiert?

Nochmal: Auch wenn du keine Hilfe mehr annehmen möchtest, wirst du trotzdem "krank" sein.
Es lässt sich genau so wenig leugnen wie "ich wollte ja eigentlich gar nicht umziehen", um sich zu beruhigen, dass alles so läuft wie es sein soll.
Du musst also nicht alle Leinen kappen, nur um schneller "gesund" zu werden. Das wird es nicht bringen. Und der Vorteil ist, dass du immerhin eine Therapeutin hast.
Entscheide das also nur, wenn du dir völlig sicher bist. Nicht aus einer ambivalenten Laune heraus...
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Beitrag Mi., 01.01.2020, 23:19

Kim58 hat geschrieben: Mi., 01.01.2020, 20:07 Letterlove, ich habe über deine Worte bezüglich des gescheiterten Umzugs nachgedacht. Ich ahne, was du sagen möchtest, glaube ich. Ich finde die Vorstellung allerdings schwierig. So wie "Es sollte eben nicht sein, füge ich mich diesem Schicksal." Nein, es war genau so geplant! Ich hatte mich dafür entschieden! Das es nicht geklappt hat, dafür konnte ich nichts. Dafür mal wirklich nicht. Es wäre ein riesiger Schritt gewesen, vielleicht der größte meines Lebens, und gefühlt ein Tod. Aber genau darin lag die Ahnung von Neuem, von Ankommen, von Nach-Hause, von Sein können. Endlich. Ich hatte zugestimmt. Ich hätte hier alles aufgegeben dafür. Warum jetzt nicht dafür kämpfen?

Aber es stimmt, vielleicht wollte ich es auch nie. Vielleicht muss ich genau dazu ja sagen? Dann ist es wahr und und dann ist es richtig, das der Therapeutin zu sagen. Vielleicht führt mich das zu mir.
Sich dem Schicksal fügen möchte ich damit nicht sagen, btw.
Nur, dass du vielleicht nicht voreilig denken sollst: "Ach shít das ist den Bach runter gegangen, alles ist scheíße, nichts läuft wie es soll".
Eher wie: "Okay, das hat nicht geklappt. Woran könnte das gelegen haben, wofür könnte es gut gewesen sein?".

Weißt?

Ist jetzt vielleicht ein bisschen doof das zu erzählen...
Ich bin unter einer sehr gläubigen Oma aufgewachsen, die mir auftrug, immer zu Gott zu beten und immer immer immer an Gott zu glauben bla bla...
Eines Tages dann, ich spielte gerade in unserer Scheune, lief eine kleine Maus in meinen Rollschuh rein, der da lag.
Ich liebte alle möglichen Tiere, aber ich schaffte es nicht, diese Maus zu fangen. Sie knipste mich, als ich in den Rollschuh fasste und lief dann weg.
Ich setzte mich da hin und betete.
"Lieber Gott, bitte mach dass die Maus zu mir kommt".
So betete ich bestimmt ne halbe Stunde und die Gebete wurden immer dringlicher.
"Lieber Gott, hast du mich nicht lieb? Mach dass die Maus mich gern hat und kommt".
"Lieber Gott, warum bin ich dir so egal? Du kannst doch alles machen! Bitte mach doch, dass die Maus kommt".

Klar - als Kind ist man nicht so reflektiert wie heute. Damals wäre die einfache Antwort gewesen: Gott hat nichts damit zu tun und die Maus ist ein wildes Tier, es liegt nicht in ihrer Natur, zu dir zu kommen.

Theoretisch hätte ich mich nur fragen müssen: "Warum kommt die Maus nicht? Wofür ist das gut?"
Die Antwort wäre wohl gewesen: "Weil die Maus eine Maus ist und Menschen meiden sollte. Der nächste erschlägt sie, wenn sie kommt. Also sei froh, dass sie nicht kommt und dennoch in deinem Rollschuh war".

Ich denke, das ist nicht das Selbe, wie sich seinem Schicksal zu fügen, wenn man sich jeder Situation neutral gegenüberstellt und reflektiert, ob man nicht etwas Gutes dabei finden kann.

Falls dir das Beispiel mit der Maus zu bekloppt ist.... Ich bin recht gut darin, Busse zu verpassen. Wann genau das letztes Jahr war, weiß ich nicht mehr, aber hätte ich den Bus bekommen, hätte ich den ganzen Heimweg vermutlich stehen müssen, weil der Bus rammelvoll war. Stattdessen hab ich ihn verpasst und habe den nächsten genommen - der Typ neben mir roch SO gut, dass ich einen Großteil der Fahrt grinsen konnte.
Der wäre definitiv NICHT im vorigen Bus gewesen.

Einen anderen, den ich verpasst habe, den ich später nehmen musste, habe ich damit ausgeglichen, dass ich ins Musikgeschäft gegenüber gegangen bin, um eine Bassgitarre auszutesten (die mir definitiv noch in meiner Sammlung fehlt)

Und so weiter...
Aber sowas merkt man erst, wenn man drüber nachdenkt.
Also mein Vorschlag: Nicht böse sein, wenn etwas nicht klappt. Erstmal neutral sein. Und sich fragen: Was hat mir das GUTES gebracht...
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Kim58
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Beitrag Fr., 03.01.2020, 16:28

Zunächst Danke, Letterlove, für deine Erläuterung zu dem "Hinnehmen, dass der Umzug nicht geklappt hat." Ja, ich habe einiges in den vergangenen Monaten gelernt: wie viele Menschen es gibt, wie gern ich mich mit ihnen verbinden würde, wie sehr es MEIN Leben und MEINE Entscheidung ist, wie es aussieht. Wie wichtig mir mein Leben ist.
Wertvolle Erfahrungen/Erkenntnisse. Ich möchte sie nicht missen.

Was ich auch erfahre: unter´m Strich geht´s mir nicht mehr so gut. Die Dissoziationen nehmen zu (manche ab!), Kontakt zu Menschen, Sprechen über mich selbst -also mehr als funktional an der Supermarktkasse - nimmt ab. Ich hab Panik vor meinen Bekannten. Und alle Symptome, die ich von mir kenne, nehmen zu. Essprobleme und Selbstverletzungen. (Hier stand jetzt genauer, bei welchen Gelegenheiten die stattfinden. Ich weiß nicht, ob ich das im Forum so schreiben darf?) Und während der Therapiestunde (auf dem Klo).

Ich schäme mich so dafür! Ich trete die Therapiestunden mit Füßen, weil ich -ICH selbst!- jedes Mal eine Realität der Angst schaffe. Ich mache die Praxis zu einem Ort, an dem ich Schmerz erfahre. Einfach nur, weil ich da hingehe. Weil ich sie anschauen und mit ihr sprechen möchte.
Das ist das Schlimmste, was ich tun kann! Und doch konnt´ ich´s bisher nicht verhindern.

Ich kann mich in ihrer Praxis nicht suizidieren. Ich kann mich nicht suizidieren, solange ich bei ihr in Behandlung bin. Ich würde Leid verbreiten, außerhalb von mir. Das geht nicht. Punkt. Aber was ist die Alternative? Ich möchte die Behandlung nicht abbrechen! Ich würde mir meine letzte Hoffnung nehmen. Das kann ich nicht!
Außerdem ist ambulante Therapie Aufnahmevoraussetzung für die Klinik.

So kommt es, dass ich mich verletze. In der Praxis der Therapeutin. Und in meiner Wohnung.

Jetzt gerade hab ich stille Tränen. Aber echte, ich spüre sie auf dem Gesicht. Das tut so gut.
Weil mir das so leid tut! Sie sagt "Schauen Sie sich um, hier ist alles in Ordnung. Sie kennen diesen Raum, Sie waren schon so oft hier." Sie sagt das mit einer Engelsgeduld, seit über zwei Jahren, immer wieder. Ich glaube, sie versucht inzwischen nur noch, dass ich irgendwie mit einem guten Gefühl da rausgehe. Dass ich die Hoffnung nicht verliere.

Und was mache ich damit? Ich nehme mir diese Hoffnung. Ich selbst!
Solange ich am Leben bin, gibt es eine Chance. Egal, was ich tu, solange ich am Leben bleibe, kann ich noch etwas verändern.
Aber meine Verzweiflung ist so groß, weil sich das seit der Klinik, seit der Umzug nicht geklappt hat, immer mehr verdichtet (s.o.).
Oder weil ich sagen will, dass ich das alles nicht will? In der Klinik wollte ich das ja auch nicht. Das war mir alles zu viel da. Hab ich der Therapeutin auch geschrieben. Dass ich nicht einverstanden bin. Dass ich hier bleiben will. Dass ich von BeWo die Schnauze voll hab! Und von Klinik auch. Sie hat das gelesen.


Ich muss die Spirale irgendwie stoppen.

Was ist das Maß? Wo ist die Grenze?
Sind das alles normale Reaktionen auf Therapie?
Dem folgend, was ich in der Klinik gelernt habe, ja. Dem folgend reicht das therapeutische Setting hier aber auch nicht aus, um dem angemessen zu begegnen (Es muss doch irgendwie gehen!!! Wieso stell ich mich so an??Ich will das unbedingt schaffen!).

Montag ist der nächste Termin bei der Therapeutin.
Der Antrag für den nächsten Klinikintervall ist gestellt.
Ich suche eine andere Wohnung vor Ort.
Ich suche BeWos in einer anderen Stadt (reicht BeWo? Den Plan aus der Klinik realisieren).

Möglichkeiten offenhalten. In Bewegung bleiben. Gucken, was das jeweils macht.

Ich hab heut geduscht und war eine halbe Stunde draußen an der Luft (gehe gleich nochmal). Ich hab abgewaschen von gestern Nacht, ich habe meine Zimmerpflanzen versorgt, Wohnungsanzeigen geguckt, ein Bewo angerufen und hier weiter geschrieben. Mein Handy eingeschaltet.
Das ist viel viel weniger als an anderen Tagen. Und viel viel mehr als das, was ein Teil von mir erträgt.
Ein Mittelding?
Habt ihr auch solche Mitteldinger?

Der Regen tropft ans Fenster. Mag ich total.

Kim58

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Letterlove
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Beitrag Fr., 03.01.2020, 18:19

Ach Kim...
So viel Schmerz.

Da gibt es so einen Spruch über das "bergab".

Bergab gehen ist leichter als bergauf - denn bergab Gehen ist dazu gedacht, um sich Kraft zu sparen, wenn es wieder bergauf geht, und um Schwung zu holen.

Ich denke, das wird dir in deinem jetzigen Zustand nicht besonders tröstend vorkommen, aber so ist es nunmal.
Ja, du hast viel weniger geschafft, als an anderen Tagen. Du bist eben keine Maschine, die darauf programmiert ist, so effizient wie möglich zu arbeiten.

Ich finde toll, dass du einen Grund zu leben hast.
Du kommst hier so nett rüber, dass ich denke, du bist ein ganz netter Mensch.
Und um so jemanden würde man trauern.
Ein Mensch weniger, der die Welt schön macht... Schade drum.
Und schön, dass du selbst versuchst, dir einen Sinn zu geben. Denn du HAST einen!

Was die Selbstverletzung angeht... Ich hab das auch mal in leichter Form gemacht. Hauptsächlich habe ich vor Wände geboxt, geschnitten nur wenig und nur leicht. Ich habe das offen in der Therapie angesprochen und habe auch gesagt, wenn ich den Drang dazu habe. Denn ich wollte es nicht. Ich bin auf viele Narben aus Kindertagen stolz, aber darauf nicht, denn es waren alles Narben, die die Verletzung nicht wert waren. Einmal habe ich mir "Learn to be lonely" mit einem Bleistift so oft auf die Haut geritzt, um es bloß niemals zu vergessen, bis alles geschwollen und blutig war. Wegen eines Kerls, der mit am selben Abend, wie er mir entgültig mein Herz klaute, auch noch drauf rumtrampelte. Letztlich wars dieser Kerl nichtmal wert, an ihn zu denken. wie hat er es wert sein können, dass ich dafür meinen Körper verunstalte? Ich hab mir geschworen, dass ich nie wieder etwas einen solchen Wert gebe. Nichts sollte es wert sein, noch Jahrzehnte daran erinnert zu werden, wie wenig wert diese Aktion eigentlich war und wie viel Wert man ihr beigemessen hat.

Diese Narben sind glücklicherweise verheilt und nicht mehr zu sehen. GUT SO, denn ich möchte mich nicht dran erinnern, dass ich einem solchen Idioten hinterher geheult habe.

Wie ist es bei dir? Wenn du dich selbst verletzt... Hast du dir je die Frage gestellt, ob es das wert ist? Ist es das wert, noch Jahre auf deiner Haut zu existieren?

Wie gesagt weiß ich nicht viel darüber. Daher weiß ich nicht, welche Fragen die richtigen wären.
Ich habe eine Partnerin gehabt, die auch dissoziiert hat, die Borderliner war und die auch versucht hat sich das Leben zu nehmen. Sie hats nicht geschafft und wurde gefunden, bevor sie sterben konnte. Sie sagte, damals war sie sauer, dass man sie gefunden hat, denn sie hätte sich auf den Tod gefreut. Dann machte sie aber ein DBT-Training, das ist ein ganz spezielles Borderline-Training - und mittlerweile hat sie Angst zu sterben, weil sie das Leben letztlich doch hat schätzen gelernt.

Ich würde dir also dazu raten, dich nach einem DBT Training umzusehen.
Du würdest für eine Weile stationär aufgenommen und man würde dir über 4 Wochen hinweg Wege zeigen, wie du wieder mit dir klarkommen könntest. Wenn du mal nicht mehr "Kim die Kranke" sein möchtest, solltest du wenigstens versuchen, eine Therapie zu machen, die dich wieder auf die Schienen stellt. Man kann jederzeit gehen und ich will nicht leugnen, dass Therapie nunmal anstrengend ist - aber gerade für deinen Ehrgeiz, dass du alles dransetzen willst, damit es besser wird, sollten dir diese 4 Wochen wert sein - vielleicht sinds auch 6, aber was ich an meiner Freundin sehe ist, dass sie das wirklich nötig hatte. Ihr geht es jetzt VIEL besser als je.

Niemand kann dich zwingen. Das muss DEIN Wunsch sein. DEIN Ziel.
Aber lass mich dir sagen, dass DU es wert bist, dass du es wenigstens versuchst!
Das Leben kann dir noch SO viel bieten, wenn du ihm eine Chance gibst.

Hier regnet es übrigens auch. Ich werd jetzt Reis kaufen gehen und mir was Gutes tun - ein paar Litschis... oder vielleicht nen leckeren Käse... Mal sehen. Hast du heut schon was für dich getan? Dir was gegönnt, weil du eine liebe Seele bist? Mach mal. Gönn dir was. Hol Anlauf, damits bergauf gehen kann!
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Kim58
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Beitrag Sa., 04.01.2020, 21:06

Letterlove hat geschrieben: Fr., 03.01.2020, 18:19 -Da gibt es so einen Spruch über das "bergab".

Bergab gehen ist leichter als bergauf - denn bergab Gehen ist dazu gedacht, um sich Kraft zu sparen, wenn es wieder bergauf geht, und um Schwung zu holen.
Ja da ist in der Tat was dran.
Gerade frage ich mich, ob es tatsächlich nur bergab geht.
Es fühlt sich heute Abend eher an wie Anlauf nehmen. Aber auf einer schrägen Ebene, ja, und wenn ich einmal im Absprung bin und meine Flügel ausstrecke, dann muss ich fliegen, zum ersten Mal, denn dann gibt es kein Zurück.

-Ich, ähem, zitiere mal mich selbst:
Kim58 hat geschrieben: Fr., 03.01.2020, 16:28 Ich kann mich in ihrer Praxis nicht s.... Ich kann mich nicht s..., solange ich bei ihr in Behandlung bin. Ich würde Leid verbreiten, außerhalb von mir. Das geht nicht. Punkt. Aber was ist die Alternative?
Ich habe genau das der Therapeutin geschrieben heute (Briefpost): dass ich in einer Patt-Situation bin. Dass ich sie wirklich schätze und die Behandlung deswegen eigentlich beenden muss, weil ich sonst Leid verbreiten würde. Dass ich den nächsten Termin aber noch wahrnehmen möchte.

-Das Problem ist damit nicht gelöst!
Aber wieder ein Kontakt zur Therapeutin hergestellt - und sei es nur für den Moment. Ich kann vor mir selbst kaum sein, weil ich immer wieder so schlecht zu mir bin. Aber der Brief heute war gut. Ich muss doch die Tür zur Therapeutin offen halten.

-Ich habe den Brief unten in ihren Briefkasten geworfen. Sicher könnte ich ihn auch per Post verschicken, aber dieser Akt des Hinfahrens und Einwerfens ist für mich wichtig.

-Es fühlt sich an wie Anlauf nehmen, aber was kommt danach? Blackbox-Gefühl, total. Es wird global sein, alles anders, nichts mehr wie zuvor. Und ja, ich hab Angst um mein Leben. Und Sehnsucht, nach beidem.
Kennt das noch irgendwer?


-DBT, lang ist´s her. Hab ich tatsächlich stationär gemacht, Letterlove, als meine Diagnose noch Borderline war. Damals - echt lang her - konnt´s nicht so gut helfen, aber ich hab mir einiges gemerkt. "Es ist ein Moment. Er geht vorüber." zum Beispiel, den nutz ich heute noch.
Es gibt Glaubenssätze. Man kann sie überprüfen. Das habe ich da auch gelernt und denke da dieser Tage oft dran.

-Ich versuche meine Gedanken für mich selbst sicht-/ hörbarer zu machen. Das mache ich schon seit einigen Monaten.

-Was mir noch eingefallen ist: ich bin immer weggelaufen. Innerlich sowieso und tu ich´s ja noch heute, aber auch äußerlich. Ich denke, ich MUSS hier weg. Vielleicht muss ich das auch tatsächlich. Aber es liegt auch in meinem Naturell. Allein deswegen gilt es diese Umzugs-Entscheidung gut zu überprüfen. Finde ich zumindest.


Heute Abend regnet es wieder. Ganz leichter Nieselregen nur, aber der Wind lässt ihn ans Fenster klopfen.

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Beitrag Sa., 04.01.2020, 21:23

Kim58 hat geschrieben: Sa., 04.01.2020, 21:06
-Ich, ähem, zitiere mal mich selbst:
Kim58 hat geschrieben: Fr., 03.01.2020, 16:28 Ich kann mich in ihrer Praxis nicht s.... Ich kann mich nicht s..., solange ich bei ihr in Behandlung bin. Ich würde Leid verbreiten, außerhalb von mir. Das geht nicht. Punkt. Aber was ist die Alternative?
Ich habe genau das der Therapeutin geschrieben heute (Briefpost): dass ich in einer Patt-Situation bin. Dass ich sie wirklich schätze und die Behandlung deswegen eigentlich beenden muss, weil ich sonst Leid verbreiten würde. Dass ich den nächsten Termin aber noch wahrnehmen möchte.
Hm, irgendwie finde ich das komisch.
Du schriebst, du kannst dich nicht suizidieren, weil du damit Leid verbreiten würdest.
Dass du die Behandlung beenden musst, weil du sonst Leid verbreiten würdest.
Heißt das, dass du es tun wirst, sobald die Behandlung zuende ist und du sicher sein kannst, dass du keinem damit weh tust?

Wäre es nicht besser, allein deshalb schon die Therapie weiter laufen zu lassen? Um einen Grund zu haben, es nicht zu tun?


Kim58 hat geschrieben: Fr., 03.01.2020, 16:28 Gerade frage ich mich, ob es tatsächlich nur bergab geht.
Es fühlt sich heute Abend eher an wie Anlauf nehmen. Aber auf einer schrägen Ebene, ja, und wenn ich einmal im Absprung bin und meine Flügel ausstrecke, dann muss ich fliegen, zum ersten Mal, denn dann gibt es kein Zurück.
Kim, warum denkst du denn, dass es kein Zurück gibt?
Hast du je junge Vögelchen gesehen? Die kehren immer zurück, nach ihren ersten Flugversuchen.
Manchmal fallen sie dabei runter, aber wenn sie schon gut befiedert sind, schaffen sie es auch wieder auf ein paar Ästchen, bis sie wieder ganz oben im Baum sitzen.
Es gibt keinen Vogel auf der Welt, der ein Mal Anlauf nimmt und dann sein Leben lang fliegt. Sogar Schwalben, die im Flug Sex haben und ebenso im Flug schlafen, landen hin und wieder.

Es gibt IMMER ein zurück!

Bestimmt jedes Vögelchen merkt, was es sich zutrauen kann und was nicht. Jeden Tag Flugversuche, bis die Flügelchen schön stark und ausdauernd sind. Und selbst wenn diese Vögelchen dann alt genug sind - sie fliegen nicht vom Nest aus direkt in den Süden! Das schaffen sie doch gar nicht, so untrainiert wie sie sind. Sie fliegen jeden Tag, bis sie so weit sind. Gänse z.B. nutzen den Windschatten ihres Vorfliegers. Nur die stärksten Gänse fliegen vorne, damit die hinteren Gänse ihren Windschatten ausnutzen können und so ihre Kräfte sparen. Sind die stärksten Gänse dann müde, fallen sie zurück und die, die sich die ganze Zeit die Kraft gespart haben, übernehmen die Spitze, sodass die anderen sich ausruhen können. Aber selbst Langstreckenflieger müssen auch mal landen und sich ausruhen.

Also keine Sorge. Den Sprung, den du machen willst, machst du nicht ein einziges Mal und dann nie wieder. Du wirst jeden Tag springen. Erst klein, dann größer und irgendwann noch weiter. Aber zwischendurch wirst du landen und dann kannst du dir noch immer überlegen, ob es die richtige Richtung ist, oder ob du versehentlich an einer Ausfahrt vorbei gesprungen bist. Das ist keine Schande.
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Beitrag Mi., 08.01.2020, 19:34

Jetzt sind wieder ein paar Tage vergangen, mit neuen Erlebnissen, neuen Entscheidungen, neuen Kontakten, manch Altem in Neuem, manch Neuem in Altem und manch Neuem in Neuem.
Ich habe keine Ahnung von Biochemie, es fühlt sich aber so an - und mein Tinnitus klingt danach -, als hätte auf meiner Synapsenbaustelle mindestens ein weiterer Trupp extrem motivierter Bauarbeiter angeheuert.
Folglich sind Entspannung, Pausen und der Weg dorthin gerade großes Thema. Der Tag dürfte gern 12 Stunden mehr haben.

Das mit dem "kein Zurück, wenn ich erst abgesprungen bin": Es stimmt, Letterlove, große und kleine Wagnisse gibt es oft. Ich hatte es so nicht betrachtet. Irgendwo habe ich mal einen Text gelesen, in dem die Rede war von einem Sprung ins Ungewisse, von einem großen Vertrauen ins Leben, das man nie hatte und jetzt zum ersten Mal wagt.
Ich hatte darin DEN einen - welchen auch immer - Vorgang gesehen.
Ich glaub, ich fühle manchmal recht endzeitlich zur Zeit...
Denn bei genauerer Betrachtung stimme ich dir zu: es sind immer wieder Sprünge ins Ungewisse, kleine und große. Nur zurück...nein, ich glaube, zurück kann ich schon jetzt nicht mehr.
Und wenn ich mich so umsehe, ist das - trotz allem und gerade deswegen - vermutlich auch gut.
Ich glaube, sonst würde ich hier auch nicht schreiben.

...vermutlich denke ich morgen früh wieder ganz anders dazu. Wahrscheinlich.
Aber jetzt gerade ist es so.

Eine meiner Efeu-Stecklinge- ich erwähnte sie an anderer Stelle - hat schon ausgetrieben: wunderschöne kleine Blättchen. Wurzeln leider noch nicht. Aber ich bin geduldig! Gestern habe ich einen Marienkäfer aus dem Hausflur in die Wohnung geholt. Marienkäfer im Januar! Ist mir auch noch nie passiert. :-)

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Beitrag Mi., 08.01.2020, 21:15

Kennst du dieses Lied?

Fällt mir gerade ein zu deinem Marienkäfer.


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Kim58
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Beitrag Di., 21.01.2020, 12:44

Ach ja, Rolf Zuckowski :-)
Hab ich hier auch immer mal wieder in der Playlist. Gibt ja noch viel mehr als nur Weihnachtslieder von ihm.

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Letterlove
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Beitrag Di., 21.07.2020, 01:25

Wer den Schmerz nicht kennt, der macht sich über Narben lustig.
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Kim58
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Beitrag Sa., 12.12.2020, 14:42

Ja...
So viel...
So oft...
Dieses Lied...

Edit: Ich habe dir auf deine letzte PN geantwortet, Letterlove.

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Kim58
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Beitrag Sa., 12.12.2020, 16:30

Ich bin mehrere. Diagnostiziert und mehrfach bestätigt ist seit 2011 eine DIS. Ob es nun DIS oder doch eher DSNOS ist, spielt für mich gerade keine Rolle. Oder sollte es das, weil in der Akzeptanz dessen ein Teil der Problemlösung liegt?
Wenn ich den nächsten Tag wirklich beginne, muss ich entscheide, ob ich lebe oder sterbe.
Ich habe große Angst, dass ich mich gegen das Leben entscheide, weil ich nicht herausfinde, was ich dafür brauche.
Es geht jetzt schon so lange so.
Ich bin so durcheinander und ich bringe es nicht nach außen!
Was ist dazwischen?

Ich, die ich hier im Forum schreibe, war lange nur in Gedanken. Denn eigentlich liegt die Lösung für alles ja in mir selbst. Ehrlich gesagt kam ich mit meinen Gedanken aber auch nie bis zum PC.

Ich lebe allein in eigener Wohnung. Private Kontakte habe ich in der Stadt nicht. Es gibt Whatsapp-Kontakte.
Ich habe die Kommunikation nach außen eingestellt (es fragt bisher aber zum Glück auch niemand von außen). Ich kann nicht aufrichtig dahinter stehen, mit Bekannten zu kommunizieren, wenn ich nicht einmal weiß, ob ich leben will.
Ich bin seit vorgestern nicht mehr wirklich aufgestanden.
Das war noch nie so.
Es ist ein Gefühl von Angekommen sein in einer Krise, die in mir schon immer war. Und jetzt eben auch "in echt".

Ich schreibe heute in einer Art Ausnahmezustand.
Ich habe mich durch Essanfälle dort hinein gebracht. Ich war die ganze Nacht wach. Morgens bin ich eingeschlafen.
Der Laptop ist hier in meinem Bett.
Ich werde gleich weiter schlafen.
Ich brauche den Ausnahmezustand, die Pause, um hier schreiben zu können.


Ich habe die Entscheidung, ob ich leben will, mein Leben lang verdrängt. Ich habe den Haushalt erledigt, mich gewaschen und frisch gekleidet und mir selbst gesagt, dass ja dann alles okay ist. Irgendwo gab es, zeitweise tägliche, Selbstverletzungen, lief noch ambulante Therapie, aber ich war nie wirklich dort (s.o.).
Ich war die ganze Zeit nie wirklich in Beziehungen, in Kontakt.
Ich lebe allein. Ich habe (hatte) einige Whatsapp-Kontakte. Es gibt (gab) SMS- und Mail-Kontakt zu einem BeWo. Ich habe ihr auch immer wieder aus meinem Alltag berichtet. Die Begleiterin schreibt inzwischen, dass immer nur "ein Teil von Ihnen anruft, der sagt "Sie wollen, dass ich mich umbringe" ".
In den letzten Monaten habe ich, auch bedingt durch einen Umzug, mehr von mir erahnt. Jemand, der mir die Hand reichen wollte.
Ich stoße ihn fort, mit teils heftiger Gewalt.
Er ist dann sehr traurig und auch jetzt sind hier gerade Tränen.
Ich kenne ihn eigentlich nur als Traurigkeit.
Er kommt wieder, auch weil ich ja immer wieder meine Augen dafür öffne.
Ich konnte bisher nicht zu ihm.
Inzwischen bin ich immer weniger traurig (außer jetzt, da ich dies schreibe), weil es ja nichts nützt, traurig zu sein.
Es ist eine Entscheidung auf Leben und Tod.
Und ich muss mich bald entscheiden, weil ich dieses unaufrichtige Halbleben nicht mehr ertrage.

Wann verletze ich mich? Warum verletze ich mich? Warum die Selbstmord-Mauer?
Das ist die wichtige Frage!!
Bei Versuchen der gedanklichen Freiheit, des Autonom-Seins (Worte gerade schwer).
Bei Versuchen, zu fühlen.
(Es ist inzwischen so eingeschliffen, ich schaffe keine drei Sätze mehr in meinen Selbstgesprächen.
Vielleicht waren die drei Sätze drumherum aber auch nur gemütliches Pling-Pling und ich komme jetzt eben direkt zum Punkt?)

Ich habe Angst davor, allein zu sein. Schutzlos.
Denn dann ist große Schuld. Weil ich bin.
Es kommt dann etwas von Früher, aus einer Ausnahmesituation innerhalb der Ausnahmesituationen.
Dann verletze ich mich.
Dann bin ich verzweifelt.
Dann sage ich mir, dass es ja meine eigene Schuld ist. (Darin ist ein Auslöserwort)

Manche nennen es Sprechverbote, verbunden mit anderem.

Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Ob das alles wirklich so war.
Oder ob ich einfach nur meine Mama vermisse und nicht enttäuschen will.
Ob ich mich nicht einfach nur wahnsinnig anstelle.

Jetzt, da ich dies schreibe, ist wieder Weinen da. Und dass das alles genau so war! Und eigentlich glaube ich das auch, weil immer wieder, wenn ich Krimis geschaut habe, ich die Dinge darin kannte, obwohl ich nie dort war!

Das Schreiben strengt mich an.

Die Tage sind in den letzten Wochen immer kürzer geworden, weil ich nicht mehr verdrängen, aber auch nicht entscheiden konnte. Ich habe keine Außentermine mehr, bin eigentlich nur allein.
Wäre ich jetzt wirklich da, würde ich laut schreien vor Verzweiflung.
Ich kann´s mir nicht mehr schönreden.
Ich muss eine Entscheidung treffen.
Das kann ich nur ganz allein.
Vielleicht war es dafür gut, diesen Beitrag zu verfassen?

Vielleicht gibt es ja hier Meinungen oder Fragen? Das würde mich freuen.

Kim

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