Bindungsangst/Narzissmus

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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lisbeth
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Beitrag So., 11.10.2020, 16:12

Hi Majestic,

was für eine Therapie für DICH passend ist, kannst am Ende nur du selbst entscheiden. Ich finde die Idee, sich bei einem Psychiater oder in einer psychiatrischen Institutsambulanz mal ausführlicher beraten (und eventuell evaluieren) zu lassen, gar nicht so blöd. Und frag denen ruhig Löcher in den Bauch: Warum sie glauben dass dieses und jenes für dich hilfreich sein könnte oder warum sie dir von diesem oder jenem abraten.

Du kannst zB auch einfach mal Probesitzungen bei Therapeuten verschiedener Fachrichtungen vereinbaren, und dir anhören, was sie dir zu erzählen haben. Dann kannst du auch unmittelbar vergleichen. Letztenendes ist es vor allem wichtig, dass du ein Gegenüber findest, das sich von dir nicht "umpusten" lässt. Dass du jemanden findest, den du auch respektieren kannst und für voll nimmst. Und bei dem du nicht ins Leere läufst, sondern der dir auch etwas entgegen zu setzen hat. Ich glaube, wenn diese Ebene stimmt, ist die Therapierichtung eher zweitrangig...

Falls du dich für einen psychoanalytischen Ansatz entscheidest, würde ich dir eher zu jemandem raten, der nicht "klassisch" und völlig "abstinent" (Freud & Co) arbeitet, sondern sich eher an neueren Theorien (Intersubjektivität; relationaler Ansatz) orientiert und dir so zB wichtige Rückkopplungen geben kann von dem was du im Gegenüber auslöst. Analyse heißt auch nicht automatisch 3x die Woche (oder noch öfter) auf der Couch liegen, es gibt auch analytische Therapeuten, die modifziert arbeiten, im Sitzen und die Häufigkeit der Stunden anpassen auf das, was in deiner Situation passend ist.

Was gut ist: Du hast für dich eine Einsicht in dein Problem entwickelt und du siehst auch die Notwendigkeit, dir da Unterstützung von außen heranzuholen. Und du benennst klare Ziele, wie zB die Verbesserung deiner emotionalen Wahrnehmungsfähigkeit, möglicherweise auch deiner Empathie (?), und der Wunsch nach emotionaler Nähe.

Was dir klar sein sollte: Das ist ein Prozess, der sicher etwas länger dauern wird, und der nicht nach 6 Monaten Therapie zu Ende sein wird. Auch wenn die Therapie irgendwann zu Ende sein sollte, ist die Arbeit an solchen Persönlichkeitsstrukturen meistens eine lebenslange Aufgabe und mit lebenslangem Lernen verbunden.
Und auch das, was ziegenkind schon geschrieben hat: So eine Therapie (wenn du es ernst meinst) wird sicher nicht kuschelig und gemütlich werden. Du wirst da in deine eigenen Abgründe blicken und das kann echt heftig sein. Gleichzeitig scheint dein Leidensdruck ja groß genug zu sein, dass du sagst: So wie es ist, soll es nicht bleiben.

Ganz allgemein zum Thema Emotionen (wieder) besser wahrnehmen und spüren:
Mir haben da MBSR/Achtsamkeitskurse sehr weitergeholfen. Da gehts nicht nur um Emotionen, aber auch. Und das ist vielleicht weniger einschüchternd, als wenn man sich gleich so ganz intensiv mit den emotionalen Dingen auseinander setzt. Da gehts einfach erstmal ganz allgemein darum, etwas aufmerksamer durchs Leben zu gehen, und mir selbst und den Menschen um mich herum etwas aufmerksamer zu begegnen. Hat auch meditative Elemente, aber auch Wahrnehmungsübungen und findet idR in einer Gruppe statt. Wird von den meisten Krankenkassen auch bezuschusst (als Stress-Prävention).

Was mir auch sehr geholfen hat, sind nonverbale Therapieverfahren, wie Kunsttherapie oder körperorientierte Verfahren, die ich im Rahmen von Klinikaufenthalten kennen gelernt habe. Gerade weil diese Verfahren den Verstand ein wenig ausklammern und der Fokus darauf liegt, (zu lernen,) das auszudrücken, was gerade da ist und innerlich passiert, kann es auch nochmal einen neuen, anderen Zugang zur Gefühlsebene bieten. Ist nicht für jeden, und mich hatte im Vorfeld der Gedanke an solche Methoden echt abgeschreckt. War aber dann überrascht, wie viel mir das gebracht hat, in vielerlei Hinsicht.

Alles Gute!
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Majestic
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Beitrag So., 11.10.2020, 19:27

Hallo zusammen,

vielen Dank für die vielen Antworten, das war Einiges an Input, was ich gut für mich verarbeiten kann. Ja, es ist in der Tat eine Lebensaufgabe mit dem Packen von Problemen, die ich mit mir rumschleppe, fertig zu werden. Ich denke, solange man eine gute berufliche Grundlage hat und sich einigermaßen Benehmen kann, sollte es auch in meinem Alter möglich sein eine vernünftige Freundin zu finden.

Nichtsdestotrotz muss ich vorher noch im Rahmen einer Therapie an mir arbeiten. Es wäre auch scheiße, wenn eine Partnerin unter meinem Narzissmus leiden müsste. Das will ich keinem antun, allerdings ist es natürlich auch nicht ganz easy sein eingefleischtes Verhalten zu ändern. Zumal ich ja ein Problem mit Alkohol hab und eine Partnerschaft auch daran nicht kranken sollte.

Außerdem bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob ich ohne weiteres treu sein könnte ohne vorher an mir zu arbeiten. Wenn man sich mal an ständig wechselnde Sexpartner gewöhnt hat, muss man Monogamie wieder lernen. Das wird sicherlich nicht einfach, aber ich bin fest entschlossen meinem Leben nochmal eine neue Richtung zu geben.


Sehn-Sucht
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Beitrag So., 18.10.2020, 19:05

Was heisst das denn eigentlich für dich "auch ein Problem mit Alkohol zu haben", Majestic?

Wie oft, wie viel trinkst du denn?

Gruss
Sehn-Sucht (heute trocken)

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Majestic
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Beitrag So., 18.10.2020, 19:53

Sehn-Sucht hat geschrieben: So., 18.10.2020, 19:05 Was heisst das denn eigentlich für dich "auch ein Problem mit Alkohol zu haben", Majestic?

Wie oft, wie viel trinkst du denn?

Gruss
Sehn-Sucht (heute trocken)
Ich bin nach der Suchtklinik bis auf wenige Ausnahmen komplett trocken. Aber der Alkohol ist nur ein Baustein meiner Suchterkrankung die zusätzlich aus Kettenrauchen, Fast Food, eben Sex und Kaufsucht besteht. All das hat gemeinsam, dass es eben Dopamin ausschüttet. Und außerdem die Lebenserwartung verringert. Ist schwer aus so dem Kreislauf herauszukommen...

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Sehn-Sucht
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Beitrag Mo., 19.10.2020, 14:08

Na ja, Sex und Kaufrausch verringern die Lebenserwartung wohl nicht 😉 . Aber das Wegkommen vom Kettenrauchen ist extrem schwierig, stimmt. Bei mir hat das erst 15 Jahre nach dem Trockenwerden geklappt, - erst, als die negativen körperlichen Folgen der Sucht wirklich unübersehbar waren.

Edit: Stichwort Dopamin: nach dem Nikotinstop bin ich tatsächlich in eine ziemlich schwere Depression gerutscht; hat lange Jahre gebraucht , da halbwegs rauszukommen.

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Majestic
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Beitrag Di., 20.10.2020, 08:14

Sehn-Sucht hat geschrieben: Mo., 19.10.2020, 14:08 Na ja, Sex und Kaufrausch verringern die Lebenserwartung wohl nicht 😉 . Aber das Wegkommen vom Kettenrauchen ist extrem schwierig, stimmt. Bei mir hat das erst 15 Jahre nach dem Trockenwerden geklappt, - erst, als die negativen körperlichen Folgen der Sucht wirklich unübersehbar waren.

Edit: Stichwort Dopamin: nach dem Nikotinstop bin ich tatsächlich in eine ziemlich schwere Depression gerutscht; hat lange Jahre gebraucht , da halbwegs rauszukommen.
Ja, krass ne? Man kann die innere Leere nur mit Zufriedenheit statt Drogen füllen. Das wird auch ein großes Thema der Therapie werden, den wie ich innere Zufriedenheit herstellen soll ohne Suchtmittel weiss ich leider nicht...

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sonnenschein45
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Beitrag Do., 22.10.2020, 19:31

Hallo Leute,

wie erkenne ich überhaupt, dass ein Mensch narzisstisch ist? :/

Liebe Grüße :)

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Majestic
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Beitrag Sa., 24.10.2020, 08:09

sonnenschein45 hat geschrieben: Do., 22.10.2020, 19:31 Hallo Leute,

wie erkenne ich überhaupt, dass ein Mensch narzisstisch ist? :/

Liebe Grüße :)
Jeder Mensch ist narzisstisch, der eine mehr, der andere weniger. Eine wirkliche narzisstische Persönlichkeitsstörung ist pathologisch und sehr, sehr selten. Bei mir ist es auch grade noch so subklinisch. Siehe ICD:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Narziss ... itsstörung

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Fairness
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Beitrag Sa., 24.10.2020, 18:58

Majestic hat geschrieben: So., 11.10.2020, 19:27 Ja, es ist in der Tat eine Lebensaufgabe mit dem Packen von Problemen, die ich mit mir rumschleppe, fertig zu werden.
Lieber Majestic,

ich möchte dir schreiben, zu diesen Worten, dass ich das schade finde, wenn du diesen Gedanken in dir trägst.. so wie selbsterfüllende Prophezeiung. Gerade auch, weil es um eine Ausprägung geht und du bist jung und voll im Leben. Ich sehe auch eine andere Möglichkeit vor mir, neben den parallelen Möglichkeiten, dass du vielleicht in wenigen Jahren deine innere Zufriedenheit bereits finden wirst und sie fortsetzen kannst.. Ich verstehe, dass dich zur Zeit mehrere Themen belasten.. doch der Weg jedes Menschen, mit seinen Begegnungen und Erfahrungen in und mit der Gemeinschaft ist individuell.. Ich wünsche dir alles Liebe und viel Glück dazu. 🌸
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)

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Majestic
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Beitrag So., 25.10.2020, 07:21

Fairness hat geschrieben: Sa., 24.10.2020, 18:58
Majestic hat geschrieben: So., 11.10.2020, 19:27 Ja, es ist in der Tat eine Lebensaufgabe mit dem Packen von Problemen, die ich mit mir rumschleppe, fertig zu werden.
Lieber Majestic,

ich möchte dir schreiben, zu diesen Worten, dass ich das schade finde, wenn du diesen Gedanken in dir trägst.. so wie selbsterfüllende Prophezeiung. Gerade auch, weil es um eine Ausprägung geht und du bist jung und voll im Leben. Ich sehe auch eine andere Möglichkeit vor mir, neben den parallelen Möglichkeiten, dass du vielleicht in wenigen Jahren deine innere Zufriedenheit bereits finden wirst und sie fortsetzen kannst.. Ich verstehe, dass dich zur Zeit mehrere Themen belasten.. doch der Weg jedes Menschen, mit seinen Begegnungen und Erfahrungen in und mit der Gemeinschaft ist individuell.. Ich wünsche dir alles Liebe und viel Glück dazu. 🌸
Hey Fairness, danke für deine Worte, das war ein guter Input. Das geht aber alles schon seit 16 Jahren bei mir so. Ein Leben zwischen zerschmetterten Niederlagen und totalen Höhenflügen. Mein ganzes Leben war ein einziger Kampf und ich bin sehr stolz darauf, dass ich es trotzdem geschafft habe zumindest beruflich erfolgreich zu werden. Aber du hast recht mit den Blokaden: zB hindert mich am Rauchen, das ich mir einrede wie schwer es ist, damit aufzuhören. Wie du sagst, eine selbsterfüllende Prophezeiung. Immerhin habe ich das erkannt, es besteht also noch Hoffnung ;-)...

Edit: mit dem “Packen von Problemen“ meine ich eine Hochbegabung, schizoaffektive Störung, Narzissmus und Sucherkrankung. Davon geht gar nix mehr weg, ein Leben lang. Schon eins dieser Probleme ist schwierig, alles zusammen hammerhart. Da muss man erstmal mit klar kommen...

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Fairness
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Beitrag So., 25.10.2020, 18:17

Ich glaube dir, dass das schwer ist.. und sechzehn Jahre mit Ängsten und Süchten hauptsächlich allein umzugehen, ist eine lange Zeit.. Dass du beruflich etwas erreicht hast, das ist etwas worauf du stolz sein kannst und ich bekomme dadurch den Eindruck, dass du in dir die Fähigkeit trägst, produktiv auf etwas hinzuarbeiten und mit Geduld und Einsatz dein Ziel zu erreichen. Und dann denke ich, dass du vielleicht diese Fähigkeit auch auf deine Suche nach Zufriedenheit ausdehnen können wirst, in gemeinsamer Kooperation, in der Therapie. Es gibt die Möglichkeit, die Zukunft gerade an diesem Punkt offener zu betrachten, so mit gleichen Portionen an Neugier und Vorhersage.. Ich finde, die Einschätzungen und Erfahrungswerte sind gut zur Orientierung und Erdung, doch wenn sie in einem überwiegen, tief reingenommen werden, können sie sich auch zu Steinen umwandeln und somit zusätzlich zur Last werden, wie auch du das selbst schon länger erkannt hast.

Und ich nehme diese Diagnosen ernst, es gibt Gründe.. und dann finde ich auch, dass hinter jeder solchen umfassenden Diagnose sich bei einem Menschen eine Untermenge an lebenspraktischen Problematiken versteckt, welche überschaubar nach und nach eingegangen werden können und so steht man dann vor einer Reihe an 'Aufgaben', welche sinnvoll gelöst werden sollten, genauso wie wenn man studiert und dann nach und nach Examen aus verschiedenen Fächern durchmacht, um für seinen Beruf gut vorbereitet zu sein.. nur dass das Studium irgendwie vorgegeben ist, und in der Selbstfindung und dem Sehen des Anderen ist es gefragt, ein Teil der vorhandenen Schablonen zu modifizieren oder auch abzulegen.. und manchmal geht das langsamer, und manchmal passiert ganz viel auf einmal.. In wie weit sich ein Mensch verändern kann, ist vermutlich genauso individuell, doch ich finde, dass schon eigene Erfahrungen in neue Richtungen bereichernd sein können.

Als ich einmal meinem Kumpel erzählte, wie mich meine Schwächen damals belasteten, sagte er: "Sie belasten dich, aber sie könnten irgendwann genauso zu deinen Stärken werden.."

Majestic hat geschrieben: So., 25.10.2020, 07:21 es besteht also noch Hoffnung ;-)...
:-)

Lieben Gruß.
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

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