Austausch DIS/DDNOS - Betroffene (Teil 3)

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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MissingBonny
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Beitrag So., 06.06.2021, 17:26

Vielen Dank für deine liebe Antwort, leonidensucher - hat wirklch sehr gut getan das du lesen...

Die letzten Tage ging es bei mir drunter und drüber. Nachdem ich mich jetzt Monatelang um einen neuen Therapieplatz bemüht habe (mein vorheriger Thera wollte dass ich mir jemanden Suche der mehr Traumaerfahrung hat als er) hat sich diesbezüglich letzte Woche überraschenderweise etwas Neues ergeben. Habe endlich einen Platz zur Traumatherapie bekommen.
Eigentlich wurden mir Wartezeiten von voraussichtlich 9 Monaten angekündigt - jetzt darf ich überraschenderweise schon viel früher anfangen...

Seit ich die feste Zusage habe geht bei mir gar nichts mehr. Während "ich" eigentlich froh bin, dass sich die Therapeutensuche jetzt erledigt hat und mir erhoffe durch eine Traumatherapie langfristig irgendwann mal wieder besser klar zu kommen in meinem Leben, scheint es Anteile zu geben die dadurch völlig in Panik geraten sind und sich einer derartigen Therapie nicht gewachsen fühlen.Bisher war ich nur wegen Depressionen etc beim Thera - das war ok. Da kamen plötzlich wahnsinnig starke Gefühle von Hilflosigkeit, Überforderung, Angst, Schuld - während ich normalerweise im Alltag keinerlei Gefühle wahrnehmen kann...
Anteile, die es nicht sicher finden, mit anderen Menschen darüber zu sprechen, weil sie überzeugt sind sowieso nicht ernst genommen zu werden - während andere sich endlich mitteilen wollen.
Irgendwer macht mich innerlich fertig, dass ich mir das alles nur einbilde und es nach der Zeit ja "auch mal wieder gut sein muss...", und dass so ein Trauma von mir ja nur eine willkommene Ausrede dafür ist dass ich mein Leben nicht auf die Reihe bekomme... War deshalb schon wieder kurz davor dort abzusagen.
Irgendwer, der die Gefühle nicht tolerieren kann kommt packt wieder alte Angewohnheiten wie Zwänge und ES aus - obwohl ich doch eigentlich ganz gut funktionierende Skillls für Notfallsituationen kenne - aber auf diese neu gelernten DInge habe ich in den Momenten scheinbar keinen Zugriff.
Und irgendwer denkt die einzig Mögliche Lösung wäre es, alles zu beenden - obwohl ich doch eigentlich wirklich zuversichtlich war, in letzter Zeit sogar neue Kontakte knüpfen konnte und auch an meiner neuen Ausbildung tageweise sehr viel Freude habe.

Fühle mich momentan, als würde sich eine Gruppe Menschen die sich gegenseitig absolut nicht ausstehen können den ganzen Tag in meinem Kopf anschreieen. Einen derartigen emotionalen Ausnahmezustand hatte ich noch nie - und ich habe keine Ahnung wie ich damit umgehen soll. Hat jemand einen Tipp für mich?

Kann mir gar nicht vorstellen, all das in der Therapie irgendwann ansprechen zu können. Wie lange hat das bei euch gedauert, bis euch das gelungen ist? Bis ihr das nötige Vertrauen hattet? Oder haben eure Theras in diese Richtung von selbst etwas bemerkt und die richtigen Fragen gestellt? Habe Angst für total verrückt erklärt zu werden...
Viele Grüße

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chrysokoll
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Beitrag So., 06.06.2021, 17:36

was du jetzt erlebst ist sehr normal und ich kenne das sehr sehr gut!
Manche Teile rebellieren wenn es in die Therapie geht, wenn es ihnen vermeintlich "an den Kragen" geht.
Auch die Scham, Angst etc. kenne ich nur zu gut.

Vielleicht kannst du dich mit allen Teilen darauf einigen dass ihr da jetzt hingeht. Nichts weiter. Nur hingehen.

Meine Traumatherapeutin hat intensive Diagnostik am Anfang gemacht und hatte immer ein sehr gutes Gespür für mich. Das mit den Stimmen und Teilen hat sie glaub ich in der zweiten Stunde schon vorsichtig erfragt.

Es ist übrigens auch normal dass man auf die tollen Skills dann keinen Zugriff hat wenn man sie am nötigsten brauchen würde - einfach weil die Teile, die dann aktiv sind die Skills gar nicht kennen.
Auch daran kann man in einer guten Traumatherapie arbeiten!
Ich hab insgesamt sehr von Teilearbeit profitiert, aber das ist bei jedem anders, gute Traumatherapeuten wählen das aus womit du gut klar kommst.

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Montana
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Beitrag So., 06.06.2021, 18:35

...oder weil sie die Skills gar nicht wollen. Wenn da jemand wütend ist und sich wie ein Berserker verhalten will, innerlich, dann geht dem das mit den Skills doch am Allerwertesten vorbei. Der hat nämlich kein Problem mit Kontrolle oder Emotionen oder so. Der will so sein. Wenn andere Anteile dann da ungewollt mit drinhängen, ist das eine Art Kollateralschaden. Für solche Probleme sind Skills nicht gedacht, da helfen sie nicht. Das ist nicht dein Fehler, sondern in der Situation nicht anders möglich.

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Candykills
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Beitrag So., 06.06.2021, 20:40

Ich kenne das selbst sehr gut, was du da beschreibst. Die Mehrheit der Anteile hat unsere letzte Therapie lange Zeit komplett boykottiert. Es war ein langer, schwerer Weg.
Man muss bedenken, dass darunter Anteile sind, die mit dem/den Täter/n sympathisieren und für die ist dann natürlich eine Therapie eine Katastrophe.
Deswegen kann ich dir eigentlich nur mitgeben: versuche Verständnis aufzubringen. Damit meine ich nicht, dass du alles Verhalten billigen sollst. Aber es hilft, wenn man sich bewusst macht aus welcher Perspektive es der jeweilige Anteil sieht...
Du scheinst ja schon gute "Systemkenntnisse" zu haben.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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chrysokoll
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Beitrag So., 06.06.2021, 21:00

meine Therapeutin hatte und hat zum Glück gute Kenntnis für taterloyale Anteile / Introjekte.
Und ein gutes Gespür dafür. Das war von Anfang an Thema ohne Teile zu erschrecken.

Für mich war es wichtig und hilfreich irgendwie den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.
Und der war und ist: Wir gehen dahin. Nicht mehr und nicht weniger. Aber wir gehen hin.

Mir hilft es auch diese schrecklichen Anteile zuzulassen, anzuhören und zu akzeptieren und nicht wie all die Jahre davor möglichst zu unterdrücken (was sowieso nicht funtkioniert, wie jeder mit Anteilen sicher weiss)

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Unecht
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:22

Hm.. War jetzt zwei mal wieder bei meinem alten Therapeuten. Und er erzählte mir beim letzten Mal, dass sein Supervisor Ellert Nijenhuis zu ihm gesagt hat, ein Ziel in der Therapie kann auch sein, sich einheitlich für den Suizid zu entscheiden. Damit müsse man als Therapeut von Dis - Patienten auch klar kommen.

Ich weiß, dass es dabei mehr um das einheitliche geht und weniger um Suizid als Ziel. Das hat mir der Therapeut auch nochmal mehr als deutlich gesagt.

Aber als er mich fragte, was ich darüber gerade denke, hab ich gesagt, es sei das schönste, was er mir bisher gesagt hat.
Was er wiederum traurig fand.
Aber auch da geht es mir eher um das Einheitliche. Ich kann schon aufgrund meiner echten Kinder keinen Suizid begehen. Aber es zu machen ohne Zweifel und von allen Anteilen getragen, also auch den "Mutteranteil" mit im Boot zu haben usw, klang oder klingt eben einfach schön, weil im Kopf tagtäglich die Hölle ist. Das wäre eine Erleichterung. Wenn auch nicht möglich.

Glaube, es war trotzdem das letzte Mal, dass ich zu ihm gegangen bin, weil er danach noch einen sehr triggernden Satz gesagt hat und ich nicht mehr hin möchte. Dann lieber weiterhin ohne Therapie.

Trotzdem beschäftigt mich das, also der Satz von Nijenhuis.
Gesellschaftlich allgemein natürlich nicht anerkannt.
Aber wie denkt ihr darüber?

Kann im Realen mit niemandem darüber reden. Wobei selbst wenn ich wohl nicht mit Verständnis rechnen dürfte.
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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:25

wegen einem Satz was triggert willst du nicht mehr hin, und wieso nicht darüber sprechen.
Das ist doch völlig unsinnig deswegen eine Thera zu schmeissen, sorry sowas kann ich echt nicht verstehen.
Wer lieber ohne Thera sein will, dann halt. Ich finde es nur doof
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Unecht
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:28

Die therapie würde nicht geschmissen werden, sondern gar nicht erst beantragt werden.
Und du weißt den Satz oder die Hintergründe nicht 🙂
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Montana
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:33

Viele Menschen sind der Ansicht, es sei grundsätzlich immer ein Zeichen für Unzurechnungsfähigkeit, wenn man Suizid begehen möchte. Und darum müsse das um jeden Preis verhindert werden. Irgendwann werde man dann schon zur Vernunft kommen und dankbar sein, dass man noch lebt.
Das sehe ich anders. Darum verfolge ich sehr interessiert die Entwicklungen beim Thema Sterbehilfe in D. Nicht, weil ich aktuell Sterbehilfe haben möchte. Das ist nicht der Fall. Aber in die Zukunft schauen kann ich nicht und außerdem betrachte ich es als selbstverständliches Recht jedes Menschen, über sein Leben zu verfügen. Ein Problem sind da nur immer die Anhänger von Religionen, die der Meinung sind, alle Menschen müssten nach ihren Regeln leben, auch wenn sie dieser Religion gar nicht angehören.

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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:38

Unecht hat geschrieben: Sa., 31.07.2021, 14:28 Die therapie würde nicht geschmissen werden, sondern gar nicht erst beantragt werden.
Und du weißt den Satz oder die Hintergründe nicht 🙂
Du hast geschrieben dann lieber ohne Therapie und aufhören, das ist nicht mein Satz
Nein ich kenne die Hintergründe nicht, aber wer wegen einem Satz eine Therapie lieber aufhört, als es zu klären, das geht für mich zu einem NoGo
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Unecht
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:40

Sterbehilfe... Ja. Ich hatte vor vielen Jahren schon gedacht, dass Sterbehilfe gegeben werden sollte, wenn wirklich kein lebenswertes Leben mehr möglich sein wird. Aber es bisher immer nur auf körperliche Erkrankungen eingeht und die psychischen Erkrankungen davon ausgenommen werden. Denn, wie du schon sagst, irgendwann kommt man ja bestimmt zur Vernunft und ist dann dankbar, noch zu leben.
Ich bin mir aber damals schon sicher gewesen, dass ich so einen Zustand nie erreichen werde.
Und teilweise ärgere ich mich sehr, eine Familie aufgebaut zu haben usw. Auch wenn sie das beste ist, was mir passiert ist. Aber ein sauberer Suizid früher wäre wohl besser gewesen. So habe ich mich verpflichtet, noch viele Jahre durch zu halten. Was nicht so wirklich einfach ist.
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Unecht
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:44

Pianolullaby hat geschrieben: Sa., 31.07.2021, 14:38
Unecht hat geschrieben: Sa., 31.07.2021, 14:28 Die therapie würde nicht geschmissen werden, sondern gar nicht erst beantragt werden.
Und du weißt den Satz oder die Hintergründe nicht 🙂
Du hast geschrieben dann lieber ohne Therapie und aufhören, das ist nicht mein Satz
Nein ich kenne die Hintergründe nicht, aber wer wegen einem Satz eine Therapie lieber aufhört, als es zu klären, das geht für mich zu einem NoGo
Wer sagt denn, dass es ungeklärt ist? Es ist geklärt mit ihm. Er weiß Bescheid und hat eingesehen, dass so etwas nicht gesagt werden sollte.
Trotzdem, wenn ich sowieso sehr, sehr stark bzgl Vertrauen und Misstrauen bei ihm zu kämpfen habe und so ein Satz das Misstrauen wirklich auf die Spitze treibt, halte ich es für besser, gar nicht erst einen Antrag zu stellen.
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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 31.07.2021, 14:46

Stimmt da würde ich auch keinen Antrag stellen, hat null sinn geb ich dir recht
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Unecht
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Beitrag Di., 03.08.2021, 14:07

Hm. Okay.
Etwas beruhigter.

Trotzdem denke ich, wird kein Antrag gestellt werden. Weil es einfach zu viel im Kopf ist.
Kennt ihr das? Wie macht ihr das?
Nach einer Stunde Therapie explodiert das Gehirn geradezu und zig Gedanken, Meinungen usw werden über Tage hinweg dazu geäußert und es wird gestritten, geheult, geschrien, diskutiert, argumentiert, gebockt...
Es ist viel zu viel für so wenig Zeit.
Kennt das Problem jemand? Wie macht ihr das zu entscheiden, was davon beim nächsten Mal relevant ist und was nicht? Oder die Therapie - Gegner zu überzeugen, es doch zu versuchen?
Ich kann doch nicht jede Woche den gleichen Kampf führen. Das war einer der Gründe, warum ich vor fast 3 Jahren aufgehört habe. Und nun fängt es wieder genau so an.

Hilfe nötig, aber nicht möglich?
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Montana
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Beitrag Di., 03.08.2021, 14:40

Aufschreiben. Es kann nicht besprochen werden, schon gar nicht alles. So viel passt ja gar nicht in 50 Minuten.

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