Austausch DIS/DDNOS - Betroffene (Teil 3)

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Sinarellas
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Beitrag Fr., 01.10.2021, 21:01

>Hat es schon jemand geschafft "Switchen" zu lernen?
Grundlegend wie du oben geschrieben hast in ein Wechsel von Anteil zu Anteil mit ausagierender Exekutive also Anteil übernimmt die Kontrolle und ich / alltagsanteile wie auch immer man es nennen will ist in der Zeit ausgenockt.
Das ist immer ein trigger, absolut immer, "zum spaß-wechseln" oder sowas halte ich für unglaubwürdig, da besteht dann ein anderes Problem, was dann wahrscheinlich weniger was mit DIS oder p DIS zu tun hat.

>Also zB zurück zu switchen, wenn man zuvor in einen Kindanteil o ä. gewechselt ist.
Für mich persönlich kann noch ein Trigger sein, dass man kurz bevor ich die Kontrolle verliere meinen Namen laut sagt und mich anstubst an der Hand oder sowas, dann kann es sein, dass man noch den richtigen Moment erwischt wo ich die Kontrolle nicht verliere und so kenne ich es auch von anderen Betroffenen.
Aber wenn die Dissoziation zu weit fortgeschritten ist, hab ich einfach verloren.

>Oder, ist das nur nach Integration möglich?
Kommt darauf an was du persönlich mit Integration verstehst, es gibt keine klare Definition in der Fachwelt, nervt ziemlich, weil alles irgendwie miteinander vermischt wird.
Wenn du meinst. Anteil 1 und Anteil 2 wurden durch Therapie so nah zusammengerückt, dass das neurologische Netzwerk eine Verknüpfung hat und gemeinsam agiert, dann: nein, das Wechseln mit "positiven" Triggern wie im Beispiel von mir oben hat nichts mit dieser Art von Integration zu tun.

das sind meine erfahrungen.
..:..

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peppermint patty
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Beitrag Fr., 01.10.2021, 21:39

Sinarellas hat geschrieben: Fr., 01.10.2021, 21:01 Das ist immer ein trigger, absolut immer, "zum spaß-wechseln" oder sowas halte ich für unglaubwürdig, da besteht dann ein anderes Problem, was dann wahrscheinlich weniger was mit DIS oder p DIS zu tun hat.
Ich hatte da weniger an "zum-Spaß-wechseln" gedacht, sondern eher wieder zurück in die "Alltagspersönlichkeit". Meine Hoffnung ist ja, dass man das irgendwie lernen kann. Also wenn es hin geht, wieso dann nicht zurück? Weil im geswitchten Anteil ist das Leid so groß, im Modus der Alltagspersönlichkeit normalerweise nicht.

Sinarellas hat geschrieben: Fr., 01.10.2021, 21:01 Für mich persönlich kann noch ein Trigger sein, dass man kurz bevor ich die Kontrolle verliere meinen Namen laut sagt und mich anstubst an der Hand oder sowas, dann kann es sein, dass man noch den richtigen Moment erwischt wo ich die Kontrolle nicht verliere und so kenne ich es auch von anderen Betroffenen.
Aber wenn die Dissoziation zu weit fortgeschritten ist, hab ich einfach verloren.
Das bedeutet die Trigger "deinen Namen zu sagen" oder "deine Hand zu berühren" können den Wechsel noch so gerade stoppen? Aber dann macht es natürlich eine andere Person. Du selbst kannst es dann vermutlich nicht selbst stoppen?
Dennoch sehr spannend.
Sinarellas hat geschrieben: Fr., 01.10.2021, 21:01 Wenn du meinst. Anteil 1 und Anteil 2 wurden durch Therapie so nah zusammengerückt, dass das neurologische Netzwerk eine Verknüpfung hat und gemeinsam agiert, dann: nein, das Wechseln mit "positiven" Triggern wie im Beispiel von mir oben hat nichts mit dieser Art von Integration zu tun.
Was genau Integration für mich bedeutet, darüber habe ich mir noch sehr wenig Gedanken gemacht. Aber ja, ich dachte schon, dass sich neue neuronale Verknüpfungen entwickeln können, wo es einen "gemeinsamen Zugriff" geben kann.
Meiner Vorstellung nach habe ich dann auf jeden Fall mehr Kontrolle. Evtl. keine unkontrollierten Switches mehr oder ich komme schneller "wieder zurück", oder ich reagiere nicht mehr mit Dissoziationen auf Trigger und ich bekomme innerlich mehr mit. Oder, oder,... Hm...

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Candykills
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 07:04

Meine kleinen Anteile haben alle oder teilweise Co-Bewusstsein und ich weiß, dass einer mal so unter Druck gesetzt wurde oder sich fühlte, dass er bewusst in mich zurück wechselte.
Ich kann aber beispielsweise gar nicht bewusst wechseln und empfinde die Amnesie als gar nix, weil ich sie nicht mitbekomme.

Also zur Frage: ja, es ist wohl bei Co-Bewusstsein möglich bewusst zu wechseln.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Sadako
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 07:24

Es gibt eine, die mich auf Aufforderung zurückholen kann, aber ich kann das nicht. Ich weiß auch nicht richtig, wie sie das macht.

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Lievi
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 09:42

Anima-84 hat geschrieben: Fr., 01.10.2021, 20:34


Wenn ich teilweise was mitbekomme, ist es sehr unangenehm. Es ist so, das ich aus den Augen herausschauen, aber nichts machen kann. Versuche da oftmals wieder raus zu kommen. Klappt nur schwer, je nachdem was gerade ist. Weiß nur noch, das mir gefühlt der Schädel platzt und es erstmal mit Übelkeit zu tun hat. Das Gefühl, wie matschig zu sein.

Ich kann sehr nachvollziehen was du schreibst. Das geht mir genauso. Ich habe oft das Gefühl das es sich ne ganze Weile zieht bis ich wieder ganz klar vorne bin. Und während dessen ist es auch von einem ganz bestimmten Kopfschmerz , Übelkeit und matschig sein begleitet. Danach bin ich oft ganz schön erschöpft .

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NeverEndingStory
Helferlein
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Beitrag So., 17.10.2021, 14:16

Hallo,
ich schleiche schon lange um diesen Thread herum. Und weiß auch jetzt gar nicht genau was ich hier will.

Ich hoffe, es ist okay, dass ich hier schreibe. Wenn nicht, sagt einfach Bescheid, dann lösche ich es wieder.

Ich habe vor vielen Jahren die Diagnose DDNOS bekommen mit Verdacht auf DIS. Das war in einer Traumaklinik und die Therapeutin dort war sich mit der DIS Diagnose sicher, nur dass ich vor ihr nicht gewechselt hätte und sie mir die Diagnose offiziell deshalb nicht geben konnte.
Zum Glück? Ich habe sie damals darum gebeten auch den Verdacht nicht offiziell zu machen. Ich hatte riesige Probleme da auch nur hinzudenken und hatte das Gefühl, dass ich vermutlich irgendwie völlig übertrieben habe oder so, dass dieses Bild entstanden ist. Ich habe es nicht geglaubt und das dann auch Jahre lang weggepackt. Mir fällt es auch jetzt nich schwer darüber nachzudenken.

Mittlerweile glaube ich mir meistens, dass ich tatsächlich Amnesien habe. Vorher war dann da sofort eine „das ist doch Quatsch, du willst dich nur aufspielen, das lässt sich alles auch anders erklären, hör auf zu lügen“ Stimme, wenn ich auch nur versucht habe das in Gedanken so auszuformulieren.
Aber ich habe die Amnesien nicht häufig (auch wenn es schwer ist das mit Sicherheit zu sagen, weil ich mich nicht daran erinnere, dass mir was fehlt).
Früher hatte ich das oft, dass ich jemanden nicht erkannt habe, der mich kennt oder mir ganze Urlaube oder so einfach fehlten.
Und es gibt mittlerweile auch nur noch sehr selten komische Situationen, die ich mir nicht erklären kann, das ist maximal einmal im Monat oder so der Fall.
Und es gibt auch nicht sowas, wie unterschiedliche Handschriften oder dass mir jemand hinterher erzählt ich sei ja so anders gewesen…

Also wenn ich wirklich wechsel, dann verhält die andere Person sich fast so wie ich, vermute ich. Aber kann das denn sein?
Und es sind auch immer eher Situationen, in denen „ich“(?) eher passiv bin, wenig agieren muss.
Kann man nicht aber auch (dissoziative) Amnesien haben, ohne dass es gleich DIS ist? Vielleicht bin das dann schon ich, die da agiert (halt roboterhaft, wenig und unter Dissoziation) und ich erinnere mich hinterher einfach nicht mehr daran? Es kommt aber halt auch nicht wieder, wenn mir jemand davon erzählt. Es ist gar nicht da.
Und wenn ich wechsel, dann scheint der anderen Person sehr daran gelegen zu sein, dass es niemand mitbekommt. Kann das denn sein?

Was ich in letzter Zeit festgestellt habe, ist, dass es tatsächlich hilft innerliches Gefühlschaos und absolute Weltuntergangsstimmungsgefühlszustände zu vermeiden, wenn ich nach innen Kompromisse schließe.
Ich weiß, dass es das sowas wie Täterintrojekte geben muss, die verhindern wollen, dass ich darüber rede. Das weiß ich aber nicht, weil ich die spüre oder so (gar nicht), sondern nur, weil es eben hilft, zu gucken, worauf die besonders reagieren und dann einen Kompromiss zu schließen.
Aber ich komme mir total lächerlich vor, wenn ich dann im Kopf mit mir selbst rede und sage „Ja, okay, ich soll auf keinen Fall über xy reden. Verstanden. Aber ich will über z reden. Ich werde also nicht mehr versuchen über xy zu reden oder gar nachzudenken, aber dafür kommt dann bitte keine totales Chaos, wenn ich über z rede.“ Sowas funktioniert tatsächlich. Aber solche Täterintrojekte sind ja auch nicht das gleiche wie Innenanteile bei einer DIS, richtig?

Ich weiß, dass ihr mir auf all das keine sicheren Antworten geben könnt, aber ich würde mich trotzdem über Rückmeldung freuen. Das Thema setzt mir wirklich zu und es tut schon gut, das hier einfach mal schreiben zu können.

Und bevor die Frage kommt, ja, ich bespreche das auch in Therapie. Versuche es zumindest. Aber oft vergesse ich das Thema wieder oder es erscheint mir dann nicht so wichtig wie andere Themen. Oder ich versuche darüber zu sprechen, kann dann aber nicht mehr reden und dissoziiere. Oder ich rede ein wenig darüber und habe hinterher innerlich mit einem massivem Landunter zu tun, wirklich schwierige Gefühlszustände.
Hier zu schreiben ist also quasi mein Übungsfeld.

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chrysokoll
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Beitrag So., 17.10.2021, 16:12

Ist die Diagnose für dich wichtig?
Du hast ja bereits die Diagnose der nicht näher bezeichneten diss. Störung. Die hab ich auch.
DIS zu diagnostizieren ist möglich, aber nicht so einfach.
Möchtest du eine umfassende Diagnostik? Dafür ist heute kein Wechsel vor der Therapeutin mehr nötig, die Kriterien haben sich etwas gewandelt.

Viel wichtiger fände ich es dass du dir der Amnesien, Zeitlücken, und was du sonst noch hast erst einmal bewusst wirst. Und dann mit Hilfe versuchst daran zu arbeiten. Das geht ein Stück weit. Aber auch das wieder nur mit sehr qualifizierten und darauf spezialisierten Therapeuten.

Was sagt denn deine Therapeutin dazu?

Ich bin mit Hilfe genau abgestimmter Therapie schon weiter gekommen, aber ganz weg geht das alles leider nie.

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peppermint patty
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Beitrag So., 17.10.2021, 16:26

Hallo Neverendingstory,

also erst einmal, klar darfst du hier schreiben. Ist ein Thread für alle Betroffenen und allen, die das Thema interessiert. 😊
Zudem, DIS ist nicht gleich DIS und DDNOS ist nicht gleich DDNOS. Die Ausprägungen dieser Erkrankungen sind so vielfältig wie es Menschen gibt. Und Wechsel müssen nicht so theatralisch ablaufen, wie man sich das gemeinhin oft vorstellt oder in den Medien dargestellt wird. Ich selbst bekomme es auch oft nicht mit, aber meine Ergotherapeutin, die es mir dann spiegelt und erläutert. Ich selbst bekomme nur „Drama“ mit, aber nicht genau was abläuft.
Insofern kann dir natürlich keiner sagen, was bei dir vorliegt, wie du schon richtigerweise vermutet hast. Ich habe tatsächlich auch schon beide Diagnosen bekommen, die letzte war dann DIS. Die Übergänge zu beiden Diagnosen sind ja auch fliesend. Vor langer Zeit habe ich mal ein Forschungsergebnis zu beiden Disgnosen gelesen, in dem stand, dass ein erheblicher Anteil der Menschen, die mit DDNOS Typ 1 (glaube, dass es dieser Typ war) diagnostiziert wurden, später dann DIS als Diagnose bekamen.
Damals als ich erst auf DDNOS diagnostiziert wurde hatte ich auch schon Amnesien, zum Teil viel länger als heute. Von daher, auch Amnesien können Bestandteil beider Diagnosen sein. Ich reagiere stark auf Stress, dann sind Wechsel eigentlich immer die Folge. Letztendlich ist es aber eigentlich egal, wie genau es sich nennt, denn wichtig ist einen Umgang mit den Anteilen zu finden. Richtig verstehen oder akzeptieren kann ich es bis heute nicht, deshalb bin leider der ignore - Typ. Folgerichtig bekomme ich das Chaos dann doppelt zurück. Deshalb arbeite ich gerade ein bisschen mit den Anteilen. Und das ist das, was für dich evtl auch gelten könnte. Man muss ja nicht gleich alles verstehen oder akzeptieren, solange man sich trotzdem versucht zu kümmern.

Mir scheint du findest DDNOS weniger „schlimm“ als DIS. Ich nicht, da weniger mitbekommen, also „Zeit zu verlieren“ oft angenehmer ist, als ohnmächtig im Hintergrund mitzubekommen was passiert, aber nicht eingreifen zu können. Ich kenne beides.

Grüße pp

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NeverEndingStory
Helferlein
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Beitrag So., 17.10.2021, 18:54

Liebe Chrysokoll,
ja, das sind gute Fragen.
Die Diagnose ist tatsächlich wichtig für mich. Weil es für mich einen Unterschied macht, ob ich während der Amnesien als ICH handle, nach meinen Wertvorstellungen und Maßstäben.
Im Prinzip ist also nicht die Diagnose an sich wichtig für mich, nicht der Stempel, sondern nur die Antwort auf die Frage „Agiert da dann jemand anderes, oder agierst du selbst?“.
Meine Therapeutin hält den Raum für das was da sein kann sehr offen, hat auch mehrmals schon gefragt, ob wir uns mal die Anteile angucken wollen. Aber ich weiß gar nicht, ob da Anteile sind.

Und ja, wahrscheinlich hast du recht, dass ich zunächst einmal dort ansetzten muss. Dass ich erstmal gucken muss was da ist.



Liebe peppermint patty,
das klingt so, als würdest du dich mit beiden Diagnosen ganz gut auskennen. Hast du (oder jemand anderes der/ die hier mitliest) vielleicht Literatur zu DDNOS (und eventuell DIS)?

Der ignore-Typ. ;) Der bin ich dann wohl auch.

Und was ich schlimmer finde… Ich weiß es gar nicht genau. Bei mir springt immer innerliches fertigmachen und bagatellisieren an, sobald ich versuche über sowas wie Anteile oder die Amnesien nachzudenken.

peppermint patty hat geschrieben: So., 17.10.2021, 16:26 Ich nicht, da weniger mitbekommen, also „Zeit zu verlieren“ oft angenehmer ist, als ohnmächtig im Hintergrund mitzubekommen was passiert, aber nicht eingreifen zu können. Ich kenne beides.
Aber dass was du beschreibst, dass du dann ohnmächtig mitbekommst, was passiert, aber nichts tun kannst. Das kenne ich, glaube ich, auch. (Und jetzt sofort wieder in meinem Kopf: „Das ist doch Blödsinn, natürlich könntest du einschreiten, wenn du unbedingt wolltest…“) Aber ich bin dann nur halb anwesend irgendwie, es ist selten so, dass da ein ganz klares „Nein, ich will anders handeln!“ bei mir entsteht. Ich bin dann irgendwie zu abgeschnitten, zu sehr mit meiner Scham beschäftigt, weil ich nicht so handele, wie ich das gerne würde. Also, vielleicht wäre es mir wirklich möglich die Kontrolle wieder zu erlangen, wenn ich irgendwie… klarer wäre, diese Watte weg bekommen würde?
Für mich ist das aber tatsächlich angenehmer, weil ich durch meine Amnesien (also wirklich durch das nicht wissen von in der Zeit Besprochenem) die meisten negativen Konsequenzen bisher hatte.
Aber du scheinst in den Situationen dann such klarer zu fühlen, dass du das wirklich nicht willst, richtig?
Und Amnesien hast du auch? Und da handelt dann auch einer der Anteile, die du sonst manchmal passiv miterlebst?

Ich merke gerade, dass ich auch garnicht genau weiß, was DDNOS genau beinhaltet, was das bedeutet, außer, dass man dissoziiert und in keine andere Kategorie passt.
Und ich merke, dass ich mir auch diese Diagnose, wenn sie denn auch Anteile beinhaltet, bisher nicht eingestanden habe.
Die Frage, ob ich hier überhaupt schreiben darf, zielte wohl auch in die Richtung.
Also wäre das vielleicht der Start. Erstmal überhaupt zu gucken, ob ich mich in der DDNOS Diagnose wiederfinde.
Aber woher weiß man, ob man andere Anteile hat als der Durchschnitt?

Ich glaube, da ist einerseits meine Angst vor Anteilen (ich weiß wirklich nicht, wie ich das besser umschreiben soll) und auf der anderen Seite die Hoffnung mit meinen Amnesien und komischen Gefühlen endlich irgendwo reinzupassen. Und damit dann auch weiter zu kommen.

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chrysokoll
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Beitrag So., 17.10.2021, 19:29

deine Fragen und deine Ängste kenne und verstehe ich sehr gut !
Natürlich ist das alles "DU selber". Eine Person. Theoretisch. Aber es fühlt sich eben nicht so an.
Wer da handelt, das kannst letztlich nur du selber beantworten.
Und dahin kommst du vermutlich nur in einer längeren, ruhigen, verlässlichen Therapie - einer die darauf spezialisiert ist. Das braucht wirklich Zeit!

Vor den Anteilen brauchst du keine Angst zu haben. Aber auch das sagt sich so leicht, auch das musst du leider selber rausfinden und spüren.
Mir geht es tatsächlich deutlich besser seit ich die Anteile kenne und auch "anhöre".

Mir hat das Buch "traumabedingte Dissoziation bewältigen" sehr geholfen. Aber auch das sollte man nur entweder in einer geleiteten Gruppe oder in Einzeltherapie durcharbeiten, nicht alleine.

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peppermint patty
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Beitrag So., 17.10.2021, 20:01

NeverEndingStory hat geschrieben: So., 17.10.2021, 18:54 Liebe peppermint patty,
das klingt so, als würdest du dich mit beiden Diagnosen ganz gut auskennen. Hast du (oder jemand anderes der/ die hier mitliest) vielleicht Literatur zu DDNOS (und eventuell DIS)?
Ich habe mich vor langer Zeit mit dem Thema beschäftigt, da ich damals wissen wollte, was ich habe und wie "so etwas entsteht" und ob ich mich darin wiederfinden kann. Von daher weiß ich ein wenig, habe aber ganz gute Literatur dazu. Für den Fall, dass ich mal den ignore-Typ verscheuchen kann. :anonym:

Zunächst ist da natürlich der Klassiker:
- "Das verfolgte Selbst", von Onno von der Hart, Niejenhuis & Steele; Dieses Buch erklärt vor allem wie strukturelle Dissoziationen entstehen und deren Behandlung - ein sehr gutes Buch, fundierter theoretischer Hintergrund, wie ich finde, aber eben sehr theorielastig.

"Traumabedingte Dissoziationen bewältigen", von Boon, Steele und Van der Hart - Skilltraining für Patienten und ihre Therapeuten, ergänzend zu dem sehr theoretischen Klassiker (s. o.)

- "Viele sein" von Michaela Huber - hier gehts vor allem um Erfahrungsberichte von Betroffenen und was denen geholfen hat.

- "Die Arbeit mit Selbstanteilen in der Traumatherapie", von Janina Fisher, sehr einfach und gut lesbar geschrieben, bei diesem Buch habe ich mich soooo oft "ertappt" und "durchschaut" gefühlt - das war mir manchmal richtig unheimlich. Das war wichtig für mich, um zu begreifen, ja, das stimmt bei mir mit den Anteilen, denn die Verwirrung und dieses "glaube ich nicht" habe/hatte ich auch.

- "Praxis der ego-state-Therapie", von Kai Fritsche

- "Innere Kinder, Täter, Helfer & Co", von Jochen Peichl, über ego-state Therapie

Das ist das was ich zu struktureller Dissoziation zuhause habe (also die Bücher, die sich nur mit diesem Thema befassen) - sonst leihe ich mir gerne etwas in der Bibliothek aus oder schaue im Netz, da gibt es ja sehr viel.
NeverEndingStory hat geschrieben: So., 17.10.2021, 18:54 Und was ich schlimmer finde… Ich weiß es gar nicht genau. Bei mir springt immer innerliches fertigmachen und bagatellisieren an, sobald ich versuche über sowas wie Anteile oder die Amnesien nachzudenken.
Vielleicht ist das auch nicht der richtige Weg. Vielleicht versuchst du fürs erste mal zu spüren was ist. Nach innen zu gehen und versuchen mitzubekommen was "los ist" und welche Bedürfnisse gerade vorhanden sind. Für mich eine sauschwere Aufgabe.

NeverEndingStory hat geschrieben: So., 17.10.2021, 18:54 Aber dass was du beschreibst, dass du dann ohnmächtig mitbekommst, was passiert, aber nichts tun kannst. Das kenne ich, glaube ich, auch. (Und jetzt sofort wieder in meinem Kopf: „Das ist doch Blödsinn, natürlich könntest du einschreiten, wenn du unbedingt wolltest…“) Aber ich bin dann nur halb anwesend irgendwie, es ist selten so, dass da ein ganz klares „Nein, ich will anders handeln!“ bei mir entsteht. Ich bin dann irgendwie zu abgeschnitten, zu sehr mit meiner Scham beschäftigt, weil ich nicht so handele, wie ich das gerne würde. Also, vielleicht wäre es mir wirklich möglich die Kontrolle wieder zu erlangen, wenn ich irgendwie… klarer wäre, diese Watte weg bekommen würde?
Das kann ich nicht sagen, wie es bei dir ist. Aber vielleicht ist es eine Möglichkeit Dissoziationsstops mal auszuprobieren? Oder etwas anderes, was dir mehr Orientierung ermöglicht.

Vielleicht habe ich es auch nicht konkret formuliert. Ich habe dann keine Kontrolle, wenn ich in einen Anteil reinrutsche, weil ich dann nicht mehr raus komme. Und weil dieser Anteil, sehr heftige, meist unaushaltbare Gefühle mit sich bringt und naja oftmals anders denkt und reagiert als ich es tun würde, z. B Vermeidungsverhalten zeigen, wo ich es nicht zeigen würde. Oder hat Wünsche, die nicht zu mir passen. Oft bin ich auch einfach nur total überfordert oder hilflos. Ich finde es sehr schwer auszudrücken was dann passiert, weil wenn ich nicht in dem Anteil "bin", dann ist es ja nicht mehr greifbar für mich.
Einschreiten kann ich da leider gar nicht - bisher.

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peppermint patty
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Beitrag So., 17.10.2021, 20:02

NeverEndingStory hat geschrieben: So., 17.10.2021, 18:54 Aber du scheinst in den Situationen dann such klarer zu fühlen, dass du das wirklich nicht willst, richtig?
Ne, ich bin verwirrt, fühle mich überfordert und hilflos und ich leide meistens. Erst durch meine Therapie weiß ich, dass ich dann in einen Anteil gerutscht bin. Klar ist da gar nichts für mich. Noch nicht. Aber ich lerne gerade was der jeweilige Anteil braucht, um sich zu beruhigen und mit welchen Themen er sich beschäftigt. Aber extrem kleinschrittig.
NeverEndingStory hat geschrieben: So., 17.10.2021, 18:54 Und Amnesien hast du auch? Und da handelt dann auch einer der Anteile, die du sonst manchmal passiv miterlebst?
Ne, wenn ich Amnesien habe, dann bin ich weg und weiß nicht wer oder was - das ist wie ein Blackout. Aber das belastet mich tatsächlich weniger, außer ich verlaufe mich und stehe dann irgendwo, wo ich nicht weiß wie ich da hingekommen bin, o. ä. Das bemerke ich natürlich erst, wenn die Amnesie vorbei ist. Ist mir halt auch schon öfters passiert.
NeverEndingStory hat geschrieben: So., 17.10.2021, 18:54 Ich glaube, da ist einerseits meine Angst vor Anteilen (ich weiß wirklich nicht, wie ich das besser umschreiben soll) und auf der anderen Seite die Hoffnung mit meinen Amnesien und komischen Gefühlen endlich irgendwo reinzupassen. Und damit dann auch weiter zu kommen.
Das kann ich gut nachvollziehen. Ich finde das alles auch schrecklich verwirrend.

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chrysokoll
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Beitrag So., 17.10.2021, 20:09

das geht mir auch so, es ist schrecklich verwirrend!
Es tut mir gut zu lesen dass es anderen auch so geht, auch wenn das natürlich für euch genauso schwer auszuhalten ist wie für mich.

Ein vielleicht hilfreicher Tipp: Mir hilft es wenn ich den Stimmen zuhöre.
Also falls ihr Stimmen hört. Ich hab die immer versucht zu ignorieren, wegzudrängen, hatte Angst.
Je mehr ich die zulasse und zuhöre desto besser geht es mir

Und erst seit wir in der Therapie intensiv dran arbeiten ist das mit dem verlaufen, den Zeitverlusten und Amnesien weniger und kürzer geworden

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NeverEndingStory
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Beitrag Mo., 18.10.2021, 12:33

peppermint patty hat geschrieben: So., 17.10.2021, 20:02
Ne, ich bin verwirrt, fühle mich überfordert und hilflos und ich leide meistens. Erst durch meine Therapie weiß ich, dass ich dann in einen Anteil gerutscht bin. Klar ist da gar nichts für mich. Noch nicht. Aber ich lerne gerade was der jeweilige Anteil braucht, um sich zu beruhigen und mit welchen Themen er sich beschäftigt.
(…)
Ne, wenn ich Amnesien habe, dann bin ich weg und weiß nicht wer oder was - das ist wie ein Blackout.
(…)
Das kann ich gut nachvollziehen. Ich finde das alles auch schrecklich verwirrend.
chrysokoll hat geschrieben: So., 17.10.2021, 20:09 das geht mir auch so, es ist schrecklich verwirrend!
Es tut mir gut zu lesen dass es anderen auch so geht, auch wenn das natürlich für euch genauso schwer auszuhalten ist wie für mich.

Ein vielleicht hilfreicher Tipp: Mir hilft es wenn ich den Stimmen zuhöre.
Ja, verwirrt. Das trifft es wirklich.
Und ja, mir hilft das auch gerade total zu merken, dass ich damit wenigstens nicht ganz allein bin. Und auch, dass ihr Wege findet da irgendwie Ordnung rein zu bringen. Auch wenn es dauert.

Amnesien sind bei mir auch so, wie du das beschreibst, peppermint patty.
Da ist dann gar nichts. Ich merke es nicht mal, sprich, ich finde mich auch nicht (bewusst) an einem Ort wieder und frage mich, wie ich dahin gekommen bin oder so. Ich merke das nur, wenn es auffällt, weil ich wichtiges nicht weiß und mir das andere rückmelden. Oder manchmal, wenn ich Kunden/ Kundinnen nicht erkenne, mit denen ich aber länger gearbeitet habe. (Dass ich aber für die gearbeitet habe, daran habe ich mich erinnert, ich habe nur nie detailliert darüber nachgedacht. Ähnlich wie du es auch oben mit der Arbeit beschrieben hast.)

Und danke für die Buchtipps!
„Das verfolgte Selbst" habe ich sogar hier rumliegen, hatte es aber ganz vergessen. Wieder mal habe ich da versucht mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und habe es irgendwie einfach nicht geschafft

Und „Die Arbeit mit Selbstanteilen in der Traumatherapie" habe ich mir jetzt bestellt.

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MissingBonny
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Beitrag Mo., 03.01.2022, 23:27

Hallo ihr Lieben!

Ich hatte vor knapp einem halben Jahr schonmal hier geschrieben, weil ich ganz verzweifelt war mit all den chaotischen Symptomen - und so tolles Feedback und hilfreiche Tipps von einigen hier bekommen! Danke nochmal! :)
Hatte damals gerade einen Platz zur (Trauma)therapie bekommen - was ein totales inneres Chaos ausgelöst hat.

Bin jetzt seit 6 Monaten bei meiner T - habe es jedoch nicht geschafft, die ganzen wirklichen Probleme anzusprechen. Meistens geht scheinbar sowieso ein Anteil zur Therapie, der ernsthaft davon überzeugt ist, ausser Depressionen eigentlich keine wirklichen Schwierigkeiten zu haben... Überzeugt ist, dass All das was passiert ist nicht so schlimm war - und ihn sowieso nicht mehr beeinträchtigt... :kopfschuettel:
Letzens kam es allerdings zu einer "Kontrollverlust" Situation in einer der Stunden - in der sich wohl irgendwer bedroht Reaktion. Es ist nichts passiert, aber meine T hat es wohl auch gemerkt, dass das irgendwie nicht "Ich" war. Sie hat super reagiert - gemeint, dass alle Meinungen hier wichtig und willkommen sind. Aber mir ist das Ganze so unglaublich unangenehm ... :red:

Jetzt ist das Thema "Anteile" aber auf dem Tisch. Sie hat das wohl schon länger gemerkt...
Mich stresst das alles wahnsinnig. Will einfach dass das alles auf'hört - und mich nicht noch mehr damit beschäftigen müssen - obwohl ich natürlich weiss, dass das nicht so funktioniert. Mag mir jemand erzählen, wie die ersten Schritte diesbezüglich bei euch in der Therapie abliefen?

Wie sind denn eure Erfahrungen mit Medikamenten? Nehme seit knapp 8 Wochen wieder Antidepressiva - und habe den Eindruck, dass diese "Kontrollverlust" SItuationen und auch kurze Erinnerungslücken deutlich mehr geworden sind. Nehme ich das nur aktuell besser wahr, ist es Zufall - oder kann das tatsächlich zusammenhängen?

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