'Offizielle' und tatsächliche Diagnosen

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sandrin
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"Offizielle" und tatsächliche Diagnosen

Beitrag Mo., 16.10.2017, 19:33

Hallo, Ihr Lieben!

Heute hab ich eine Frage an euch. Wie im Betreff schon angegeben, interessiert mich, ob sich in euren Fällen die offiziellen Diagnsoen (also die, die in den Unterlagen stehen, in den Gutachten usw.) mit den tatsächlichen decken. Sprich: Wie häufig kommt es vor, dass man Diagnosen erhält, die eigentlich übertrieben sind, damit die Kostenträger auch mitspielen? Sprecht ihr darüber mit euren Therapeuten? Wisst ihr es überhaupt?

LG Sandrin

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Prismasplitter
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 19:43

Hallo ,-) ,

meine Therapeutin (Tiefenpsychologische Psychotherapie) hat die F62.0 "Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" - also im Grunde genommen eine chronische komplexe PTBS in den Antrag geschrieben und das ist auch meine offizielle Diagnose.

Viele Grüße
Prismasplitter

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sandrin
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 19:45

Wobei im Antrag ja eine offizielle Diagnose stehen muss. Aber es ist dann auch deine tatsächliche.

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Prismasplitter
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 19:47

Ohje, ich sollte schlafen gehen :lol: . Genau meine Diagnose ist die F62.0 und so wurde sie auch immer im Antrag angegeben ;).

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Alyssa
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 23:37

sandrin hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 19:33 Sprich: Wie häufig kommt es vor, dass man Diagnosen erhält, die eigentlich übertrieben sind, damit die Kostenträger auch mitspielen?
Bei mir muss nicht übertrieben werden, damit ich irgendwas bekomme.
Ich habe gar noch eine Teildiagnose abgewehrt, weil es mir einfach "too much" erschien.
sandrin hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 19:33Sprecht ihr darüber mit euren Therapeuten?
Nein. Ich hab irgendwann mal - nach bereits langer Zeit in Therapie und ohne Diagnose - die komplette detaillierte Diagnose eingefordert. Das war eine harte Sache, geändert hat es für mich aber nichts. Mein Therapeut kann (und muss) diese Diagnose für seine Arbeit, Aktenführung etc. nutzen. Ich brauche mit ihm da nicht weiter drüber reden.
sandrin hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 19:33Wisst ihr es überhaupt?
Inzwischen ja. Habe aber lange kein Interesse gehabt, es zu wissen. Dann war ich mal neugierig. Das Wissen drum hat mich nicht weiter gebracht. Ich finde es irgendwie unwichtig, sagen zu können, welche Buchstabenkombinationen oder welche schicken Fachworte meine Krankheiten beschreiben. Es ändert nichts an dem, wie ich es erlebe oder wie ich mich damit auseinandersetzen muss. Ich fühle mich durch solche starren Diagnosen eher noch eingeengt und auf diese Diagnosen reduziert.


shesmovedon
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Beitrag Di., 17.10.2017, 08:58

sandrin hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 19:33 Sprich: Wie häufig kommt es vor, dass man Diagnosen erhält, die eigentlich übertrieben sind, damit die Kostenträger auch mitspielen?
Gibt es sowas echt? Also meine offiziellen Diagnosen sind auch meine tatsächlichen Diagnosen. Das war auch bisher immer so gewesen, egal ob Psychiatrie, psychosomatische Klinik oder Therapien.

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willowtree
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Beitrag Di., 17.10.2017, 09:36

Hi.

Bei mir war im erstantrag die offizielle Diagnose harmloser als meine eigentliche. Ob sich das bei der Verlängerung ändern wird weiß ich nicht.

Darf ich fragen wie du auf die Frage kommst?

LG willow

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alatan
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Beitrag Di., 17.10.2017, 11:54

Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich werden Diagnosen zum großen Teil strategisch eingesetzt, um den Kostenträgern das zu geben, was sie hören wollen, damit eine bestimmte Maßnahme gerechtfertigt erscheint (z. B. Verlängerung der Klinikaufenthaltsdauer). Und das geht in der Regel mit einer Tendenz zu einer gravierenderen Diagnose oder einem schwereren Diagnosegrad einher.
Folge kann unter anderem sein, dass zu Behandlungen gegriffen wird, die eigentlich fraglich sind, z. B. Medikation bei einer Depression, weil sie laut Leitlinien bei schwergradiger Depression empfohlen werden, bei mittelgradiger jedoch nicht unbedingt -> also eine Über- bzw. Fehlbehandlung zur Zufriedenstellung der Kassen, aber u. U. zum Schaden des Patienten.

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sandrin
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Beitrag Di., 17.10.2017, 13:28

Erst mal danke für eure Antworten.
Wieso mich das interessiert? Einfach, weil ich jemand bin, der sich gerne an etwas orientiert, auch an einer gestellten Diagnose.
Mir ist es vor vielen Jahren selber schon einmal passiert, dass ein Psychiater meinte, er habe im Antrag absichtlich übertrieben, weil sonst vielleicht die Kasse Probleme gemacht hätte. Ich weiß nicht, das hat nicht unbedingt dazu beigetragen, dass ich mich damals verstanden gefühlt habe.

Jetzt interessiert es mich einfach, weil ich bislang eigentlich immer davon ausgegangen bin, dass die Diagnose meines Therapeuten auch die tatsächliche ist, mir auf Grund meiner Erinnerungen an früher (ich hatte da lange nicht mehr drangedacht) aber nicht mehr sicher bin.

Und für alle, die meinen, das müsse und könne ich jetzt unbedingt mit meinem Therapeuten besprechen: Ja, kann ich. Aber darum geht es mir nicht, mich interessiert nur tatsächlich, wie das bei anderen ist.

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doppelgängerin
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Beitrag Di., 17.10.2017, 14:05

Alatan hat recht! Meine Therapeutin erzählte mir auch, dass man in manchen Kliniken schneller ist, eine PersönlichkeitsStörung zu diagnostizieren, weil dann der tagessatz, der von der kk an die Klinik gezahlt wird, höher ist.

In der klinik, in der ich letztes Jahr war, glaube ich das sofort - da War jeder unter 35 ein angeblicher borderliner.

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lisbeth
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Beitrag Di., 17.10.2017, 14:34

In der Klinik wurde bei mir auch eine "ordentliche Schippe" drauf gelegt. Meine ambulante Therapeutin hat nur sprachlos den Kopf geschüttelt, als sie dann den Bericht las... Ich dagegen war ziemlich sauer, weil diese "Hochstufung" mit mir persönlich nie thematisiert oder besprochen wurde. In den ärztlichen und therapeutischen Gesprächen ging es immer nur um die Diagnose, die auf der Einweisung meiner Ärztin stand.
Edit: In den Krankengeld-Formularen ebenfalls.

Zur Einordnung des Ganzen meinte meine ambulante Therapeutin auch, das seien höchstwahrscheinlich Abrechnungsgründe....
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― Anne Lamott

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sandrin
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Beitrag Di., 17.10.2017, 15:37

Wahnsinn....
Na, in dem Sinne frage ich mich, ob die Diagnose der Depression dann überhaupt stimmt.
Ich finde das ehrlich schade, weil meiner Meinung nach muss eine Behandlung ja auch nicht unbedingt sein, wenn die Schwere der Störung diese nicht rechtfertigt. Mir wäre es lieber, man würde ehrlich mit mir umgehen.


Alyssa
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Beitrag Di., 17.10.2017, 15:59

Ich finde es interessant, dass da so ein Unterschied ist zwischen Klinik und ambulanter Therapie.

Mein Therapeut ist in einer Klinik angestellt, ist Arzt und Psychotherapeut.
Der übertreibt bei Diagnosen aber nicht.
Eher das Gegenteil. Er lässt sich sehr viel Zeit für die Erstellung einer Diagnose, auch wenn er schon zügig ahnt, was Sache ist, überprüft er nochmal genau. Der nimmt auch nicht gleich die erstbeste Diagnose, die passen könnte. Und lässt sich auch "nach unten" korrigieren, wenn man ihm glaubhaft klar machen kann, dass etwas nicht passt.

Wenn der jetzt für die Kasse und mehr Leistungen bei mir noch einen draufpacken sollte bzw. übertreiben sollte, dann frage ich mich schon, wie er das mir gegenüber vertreten könnte (menschlich,moralisch, ethisch) und vor allem, was er noch übertreiben will.

Bzgl. Leitlinien und Medikamente: Es gibt auch Klinikärzte, die äusserst sparsam mit Medikamentenverschreibung umgehen, selbst wenn die Leitlinien etwas anderes sagen.

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lisbeth
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Beitrag Di., 17.10.2017, 16:11

@Alyssa:

Auch wenn dein Arzt in einer Klinik angestellt ist, die Abrechnung in einer Institutsambulanz (nehme ich mal an) ist eine andere als wenn du "komplett" stationär behandelt wirst. Institutsambulanz = ambulante Behandlung. Dh.: Anderer Geldtopf und andere Systematik als vollstationär.
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― Anne Lamott

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Beitrag Di., 17.10.2017, 16:11

Ich denke, es kommt auf die Klinik an.
Diesen Sommer War ich in einer, die eher schaute, dass man milde diagnostiziert.
Da bekamen dann manche Leute ihre persönlichkeitsstörung "aberkannt", weil man dort damit sehr vorsichtig umging, jemanden so einen Stempel zu verpassen.

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