Traurigkeit nach Therapie ende

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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beschissene Seele
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Traurigkeit nach Therapie ende

Beitrag Di., 12.03.2019, 09:36

Hallo
Vor 1 1/2 Monaten hatte ich mein letztes Therapie Gespräch. Das Ende ging eher von mir aus, wobei aber auch die Umstände der Therapie sich geändert hätten und ich deshalb sowieso hätte aufhören müssen.
Ich dachte es wäre ok und das es mir besser geht. Geht es auch eigentlich. Hauptsächlich ging es in der Therapie um mein fehlendes Selbstwertgefühl. Es ist jetzt nicht so, als ob ich mich plötzlich wahnsinnig wichtig nehme aber es ist wesentlich besser als früher.
Aber ich vermisse die Therapeutin. Oder viel mehr die Gespräche mit ihr. So schlimm, dass ich permanent drüber nachdenke und das macht mich echt fertig.
Es gibt kein weg zurück. Ich kann es mir nicht leisten.
Ich will nicht dauernd an sie denken und permanent traurig sein. Ich will nicht dieses Gefühl des vermissens aushalten müssen.
Habt ihr Ideen wie man besser damit klar kommen kann?

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IntoDust
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Beitrag Di., 12.03.2019, 10:11

Eine therapeutische Beziehung ist eben - nunja, eine Beziehung. Und wenn Beziehungen enden, dann darf man traurig sein. Erlaubst du es dir, das Vermissen nicht nur zu bemerken, sondern auch anzuerkennen? Klingt vielleicht ein wenig seltsam, aber ich finde, Vermissen wird leichter, wenn man es zulässt, deshalb auch traurig sein zu dürfen, und sich nicht noch deshalb schlecht zu fühlen, weil einem jemand fehlt... Deine Therapeutin hat dich ein Stück auf deinem Weg begleitet und ist deshalb eine wichtige Person für dich. Es ist also völlig okay, zu vermissen. Und man muss das nicht "wegdrücken", weil man unbedingt stark erscheinen möchte. Das geht ja gerne mal nach hinten los.

Wie wäre es, wenn du dir Zeitfenster gibst, in denen das gefühlte Vermissen vollkommen "erlaubt" ist? Und dann entscheidest du dich bewusst dafür, dich wieder mit deinem jetzigen Leben zu beschäftigen und deinen Weg weiterzugehen? Denn hey, es geht dir besser und darauf kannst du stolz sein. Deine Therapeutin wird ja durch das, was ihr in der gemeinsamen Arbeit erreicht habt, ohnehin immer bei dir bleiben. Vielleicht ist auch dieser Gedanke tröstlich?

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elfi07
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Beitrag Di., 12.03.2019, 10:15

Ach lass noch ein wenig Zeit
vergehen.
Bekanntlich vergeht die trauer und das vermissen.
Irgendwann denkst du nicht mehr an sie.
Lenk dich ab denk an das was du erreicht hast.
Hey dir geht es besser was willst du mehr

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Montana
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Beitrag Di., 12.03.2019, 10:55

Ich bin da ganz bei IntoDust. Nimm dir die Zeit, traurig zu sein. Das ist etwas ganz normales und im Grunde auch schönes, denn sonst wärst du ja ein unemotionaler Eisklotz. Ich glaube auch nicht, dass du irgendwann gar nicht mehr an sie denken wirst. Du wirst aber weniger mit Traurigkeit an sie denken und mehr mit positiven Erinnerungen und Dankbarkeit. Menschen, mit denen du gute Gespräche führen kannst, wirst du auch im wahren Leben finden. Das ist natürlich anders, sehr anders, aber du hast hoffentlich in der Therapie quasi "das Rüstzeug dafür" bekommen. Ich habe z.B. eine Freundin, die wohnt weit weg und ich sehe sie auch mal jahrelang nicht. Aber es gibt diese Gespräche per Telefon. Alle Menschen sind soziale Wesen und wünschen sich von Zeit zu Zeit einen einfühlsamen Gesprächspartner. Sei einer und du bekommst das auch zurück.

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beschissene Seele
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Beitrag Di., 12.03.2019, 11:33

Danke für eure Antworten.
Ich habe das mit dem Bewussten "trauern" und danach die Trauer beiseite schieben um weiter zu machen schon während meiner Therapie versucht.
Manchmal gelingt es mir aber leider sehr selten.
Aber ich werde es damit versuchen. Danke.
Wenn ihr weitere Ideen habt bin ich offen dafür. Danke für eure Mühe.

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IntoDust
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Beitrag Di., 12.03.2019, 11:43

Eigentlich ist ja die interessante Frage bei so etwas (wie so oft): was steckt hinter dem Gefühl? Also was liegt noch hinter der Trauer? Was genau fehlt dir? Und wie kannst du das, was dir fehlt, auf anderem Weg bekommen? Wenn es die Gespräche sind, die dir fehlen, dann könntest du analysieren, welche Aspekte der Gespräche wirklich fehlen. Und dann überlegen, wo es diese Möglichkeit außerhalb eines therapeutischen Rahmens gibt. Ich zum Beispiel weiß, dass mir immer die unwahrscheinlich schöne Ruhe meines früheren Therapeuten fehlen wird. Aber inzwischen kenne ich Orte, Menschen und Tätigkeiten, bei denen ich eine ähnliche Ruhe finden kann. Und ein bisschen habe ich sie inzwischen auch in mir selbst, wenn ich sehr bei mir bin.
Es ist ein spannender Aspekt, finde ich, sich auf die Suche zu machen nach dem, was einem nach Therapieende fehlt. Man kann da Schätze finden, wenn man offen ist :)

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Philosophia
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Beitrag Di., 12.03.2019, 11:52

Was genau vermisst du denn an den Gesprächen, die du mit ihr hattest? Könntest du nicht versuchen, das, was sie dir in den Gesprächen gegeben hat mal aufzuschreiben und somit dich an das Gute zu erinnern und durch die Erinnerung an Trost und inneren Halt zu kommen? Schließlich bestehen diese Erinnerungen aus Erfahrungen, die du mit ihr ja real hattest.
Ansonsten kann ich mich nur meinen Vorrednern anschließen: Versuche, deine Trauer sein zu lassen. Mein Therapieende ist auch noch nicht ewig her und auch ich komme manchmal an tiefe Trauer deswegen. Aber dann erlebe ich im Alltag immer wieder Situationen, in denen ich mich an die Begegnung und die Erfahrungen mit ihr erinnere und dann bin ich sehr, sehr dankbar. Und anderthalb Monate sind jetzt bei dir auch noch nicht gerade lang - da wunderts mich nicht, dass es noch wehtun kann.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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beschissene Seele
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Beitrag Di., 12.03.2019, 11:56

Ja das stimmt. Ich denke ich weiß was genau mir fehlt.
Ich habe keine wirklich engen Freunde. Ich hab einen Mann mit dem ich durchaus offen sprechen kann aber das ist doch was anderes als eine enge Freundschaft. Das hat die Therapeutin natürlich ein Stück weit ersetzt. Ausserdem ist es natürlich die Aufmerksamkeit und das nicht Urteilen der Therapuetin. Das es einmal die Woche nur um mich geht und man absolut alles offen sagen kann ohne das Gefühl be-oder verurteilt zu werden. Das ist so ein tolles Gefühl.
Und wie du auch schon sagst....diese Ruhe. Ich kenn dass absolut nicht und habe noch nie irgendwo eine ähnliche friedlich angenehme Ruhe gespürt.
Und (auch wenn das aktuell nicht so akut ist) ihre unfassbar kluge und ganz besondere Art meine Sichtweise auf meine Probleme zu verändern.
Und zu guter letzt. Sie als Person. Natürlich kenn ich nur ein kleinen Teil von ihr. Dennoch. Ihre unfassbar Symphatische Haltung. Wir haben uns einfach gut verstanden.

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Philosophia
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Beitrag Di., 12.03.2019, 11:58

beschissene Seele hat geschrieben: Di., 12.03.2019, 11:56 Ihre unfassbar Symphatische Haltung.
Die ist allerdings wohl eher jobbedingt und lässt nicht zwangsläufig auf ihre Person zurückschließen.
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beschissene Seele
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Beitrag Di., 12.03.2019, 12:01

Ja das kann sein, dass das bedingt durch den Job ist. Aber ich kenne ja nunmal auch nur diese Seite.
Vielleicht ist sie privat eine ganz andere Person. Vielleicht auch jemand mit dem ich gar nicht klar käme.

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Philosophia
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Beitrag Di., 12.03.2019, 12:02

Ja, ich schrieb das nur, weil "unfassbar sympathische Haltung" doch sehr idealisierend wirkte auf mich. Gabs nie mal ne Auseinandersetzung? Immer nur Regenbogenstunden bei euch?
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beschissene Seele
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Beitrag Di., 12.03.2019, 12:14

Also dieses Idealisieren oder so hatte ich glücklicherweise nie. Ich halte sie für eine sehr kluge Frau und ich finde sie extrem symphatisch. War von der ersten Sekunde...durchaus auch von ihrer Seite.
Hmmm...Regenbogenstunden. Nein das würde ich so nicht sagen. Es gab sehr sehr schwierige Stunden. Auch weil ich durchaus öfter damit zu kämpfen hatte das sie eben "nur" meine Therapeutin ist (Wobei mir im Laufe der Zeit klar wurde dass das NUR eine gute Sache ist).
Es gab auch Zeiten in denen ich sie nicht verstand und teilweise auch irgendwie sauer auf sie war. Aber das war weg wenn ich wieder bei ihr war.
Ich weiß das klingt ein bisschen nach verliebtem Jugendlichen mit rosa Brille aber das ist es nicht.

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Philosophia
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Beitrag Di., 12.03.2019, 12:19

Och, so ne kleine Therapieliebelei ist doch nichts Schlimmes - es ist ja eh auf ner symbolischen Ebene und wird nicht ausagiert. Aber gerade auf der symbolischen Ebene kann das sogar viel heilen. Wenn du sagst, es war auch von ihrer Seite so, dann kannst du doch bestimmt die Zeit mit ihr als 'gut' abspeichern, also als eine Zeit, wo du von ihr viel bekommen konntest. Und auch Erinnerungen können einem das Herz ganz warm machen.
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beschissene Seele
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Beitrag Di., 12.03.2019, 12:26

Die Zeit ist definitiv als schwer aber dennoch sehr gut gespeichert.
Ich tu mir nur sehr schwer mit dem Gedanken dass es bei der Erinnerung bleibt und nichts neues dazu kommt. Verstehst du was ich meine?
Das man gezwungen ist einen Kontakt zu beenden obwohl man eigentlich Kontakt will.
Mir ist schon klar dass das was ich eigentlich will...Sie mit in mein Privatleben zu nehmen...nicht möglich ist. Und vermutlich auch eben nicht das selbe wäre. Bzw. Sie nicht dieselbe Person wäre.
Trotz dieses Wissens tut es weh und macht mich traurig.
Aber ich glaube dir mal, dass das vergeht und besser wird mit der Zeit ;)


Jenny Doe
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Beitrag Di., 12.03.2019, 12:32

Hallo beschissene Seele,
Ich habe keine wirklich engen Freunde. (...) Das hat die Therapeutin natürlich ein Stück weit ersetzt.
ich kann dich gut verstehen. Meiner Meinung nach wird in der Psychotherapie ein völlig falsches Bild von der Realität vermittelt. Da sitzt man einem immer wertfreien, lieben, empathischen, aufmerksamen, ruhigen, alles verstehenden und verzeihenden ... Therapeuten gegenüber, bei dem man selber der Mittelpunkt ist, sein kann wie man sein will und man uneingeschränkte Aufmerksamkeit erfährt, ... während die Realität außerhalb der therapeutischen Praxis anders ist. Da kann schnell eine Abhängigkeit vom Therapeuten entstehen, bis hin zur Unfähigkeit in der Realität zurecht zu kommen, in der es solche uthopischen Beziehungen nicht gibt.
Es macht vielleicht wenig Sinn die Therapeutin im Nachhinein zu kritisieren. Das hätte in die Therapiezeit gehört. Meiner Meinung nach hätte sie dir während der Therapie dabei helfen sollen Freunde zu finden, so dass die Therapeutin nicht länger als Ersatz herhalten musste.
Aber eine solche Kritik nutzt dir jetzt nichts (mehr). Ich denke, dass Du versuchen solltest wieder in der Realität Fuß zu fassen und dir in der Realität Freunde zu suchen. Dass, was dir die Therapeutin geboten hat war nicht echt. Es war nur ihr Job. Privat wäre deine Therapeutin genauso wie alle anderen Menschen in der Realität auch. Privat würde dir deine Therapeutin all die schönen Gefühle, die sie dir in der Therapie vermittelt hat, so in dieser Form nicht geben. Privat ist sie genauso Mensch wie jeder andere auch. such dir Menschen, bei denen du zwar weniger kriegst als in der Psychotherapie, die dafür aber sie selber und echt sind.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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