Therapeutin streng, führt mir Diagnosen vor Augen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

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Fridoliine
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Therapeutin streng, führt mir Diagnosen vor Augen

Beitrag Do., 19.09.2019, 08:09

Hallo! :)

Ich wollte euch einmal fragen, ob ihr mit eurer Therapeutin auch schon einmal solch eine Situation hattet. Und zwar ist meine Therapeutin eher etwas streng, sie macht das aber klasse und ich denke, dass sie wirklich eine gute Therapeutin ist. Nur bei meiner letzten Stunde, war sie schon sehr streng und hat mir immer wieder meine Diagnose vor Augen geführt und mir gesagt, wie schlimm es eigentlich ist. Nun frage ich mich, was wollte sie damit bezwecken? Das war wirklich so krass, dass ich das 1. Mal wirklich fast geweint hätte ( Ich würde so gerne in der Therapiestunde weinen „können“, um Alles mal „rauslassen“ zu können...) und ich hätte am liebsten nur geschrien, dass sie aufhören soll damit... Sie hat immer weiter gemacht... Sie hat wirklich viel Ahnung und ist auch sehr bemüht, aber das war ein wenig viel. Und jetzt hat sie mich gehen lassen und ich bin mit meinen Gefühlen und Emotionen alleine. Sie hat sich sogar am Ende der Stunde dafür entschuldigt und mir gesagt, dass ich ihr schreiben kann, wenn mich es zu sehr beschäftigt, was sie gesagt hat.

Nun frage ich mich halt, hattet ihr soetwas auch schonmal? Und was sind die Gründe, warum sie mir das so krass gesagt hat, dass „schwer krank“ sei. Denkt sie oder wirke ich vielleicht so, dass ich es nicht so ernst nehme? Könnte das der Grund sein? ( Es mag schon vielleicht sein können, dass sie so denkt, denke ich, da ich noch halt noch nicht geweint habe-es aber noch nicht konnte ; ich bin da zu kontrolliert...-, und ich manchmal grinsen muss, wenn ich über meine Probleme rede (Zwänge; und mir war die Ernsthaftigkeit selber nicht so ganz bewusst, ich verdränge sehr viel, vielleicht wollte sie mir das noch einmal vor Augen führen?)

Sie hat bei mir auf jeden Fall mit ihren Aussagen viel „los gelöst“ und es beschäftigt mich jetzt sehr, was sie gesagt hat. Der Leidensdruck ist hoch, aber irgendwie bin ich immer so „getrimmt“ worden, positiv zu sein und mich nicht so runterziehen zu lassen, stark zu sein und möglichst keine Schwächen zu zeigen... Ich weiß das ist nicht richtig, vielleicht sollte ich ihr es auch nochmal mitteilen, aber vielleicht wartet sie auch bis ich „einknicke“ ? Ich finde es selbst schwer, dass ich diesen Anspruch an mich habe.

Ich bin wirklich dankbar, dass ich die Möglichkeit habe zur Therapie gegen zu können, ich muss da, denke ich, noch dran arbeiten Schwächen zeigen zu können, nicht immer nur die „Starke“ sein (zu wollen). Sie hilft mir ja dabei. Ich verdränge das alles immer nur viel und gebe mich der „ Sache“ hin. Ich habe nicht gelernt, mir Hilfe holen ( zu dürfen).

Mich würde es interessieren, was eure Meinung dazu ist.

Dankeschön!

Fridoliine

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Inga
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Beitrag Do., 19.09.2019, 08:50

Bei mir wars, deinen Schilderungen nach, nicht genau gleich wie bei dir, aber ich hab auch schon erlebt, dass meine Therapeutin mir sehr deutlich gesagt (und mit Beispielen belegt) hat, dass ich diese Erkrankung tatsächlich habe (hatte), und nicht nur ein bisschen "komisch" bin. Das Letztere habe ich mir sehr lange eingeredet, was auch mit der familiären Situation zu tun hat: Mir hat zum Beispiel ein enger Angehöriger noch, als ich in der Klinik war, gesagt ich sei gar nicht krank, sondern würde mich nur anstellen, und ich sei dumm, wenn ich den Ärzten und Therapeutinnen glauben würde.
Mir hat es damals geholfen, dass meine Therapeutin mir die Tatsachen dargelegt hat, weil ich dadurch einen realistischen Blick auf meine Situation bekommen habe. Das wiederum hat geholfen, dass ich besser in der Therapie mitarbeiten konnte. Und auch wenn deine Situation nicht identisch ist, könnte es vielleicht sein, dass deine Therapeutin etwas Ähnliches bewirken möchte: Dass du erkennst, wie die Realität ist, und dadurch besser in der Lage bist, mitzuarbeiten. Ein bisschen so ähnlich wie bei jemand, der erst dann schafft, seinen Lebensstil zu ändern, wenn eine Ärztin ihm klar dargelegt hat, dass er ansonsten mit schweren Konsequenzen rechnen muss.
Also, ich würde eher nicht vermuten, dass sie dich primär dazu bringen wollte, Gefühle zu zeigen (was aber natürlich ein guter "Nebeneffekt" sein könnte), sondern dass sie dich motivieren möchte - was nur geht, wenn du deine Situation realistisch siehst und nicht mehr verdrängst. Kann mich aber natürlich täuschen.

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Schnuckmuck
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Beitrag Do., 19.09.2019, 09:03

Vielleicht wollte sie dir aufzeigen, dass du mit deiner Art von Erkrankung auch schwach sein darfst. Du hast hakt nicht nur den Puls aber, sondern darfst dir erlauben krank zu sein.

Wenn mein Therapeut sich in Rage redet, dann wird er zum Mediziner und sehr streng. Das Verträge ich nicht und er hört sofort damit auf, wenn ich ihn darum bitte. Er freut sich, weil ich dann bestimme und das mag er, weil ich das lernen muss.

Du darfst krank sein, du bist oh ihr schwer krank und das bedeutet, dass du rechte hast

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Wolkenbruch
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Beiträge: 41

Beitrag Do., 19.09.2019, 09:04

Ist das denn generell so, dass man in der Therapie eine Diagnose erhält?

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kaja
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Beitrag Do., 19.09.2019, 09:09

Wolkenbruch hat geschrieben: Do., 19.09.2019, 09:04 Ist das denn generell so, dass man in der Therapie eine Diagnose erhält?
Ohne Diagnose kein Therapiebedarf. Zumindest wenn es sich um eine Therapie handelt die von der Krankenkasse bezahlt wird.

Bezahlt wird nur für Störungen mit Krankheitswert und nicht für Selbsterfahrungstrips.
After all this time ? Always.

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Kreativus50
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Beitrag Do., 19.09.2019, 11:19

Liebe Fridoliine,

Du fragst nach anderen Erfahrungen.
Ich habe es nicht genau so, aber ähnlich erlebt. Boah, da kann mein Thera so penetrant sein, dass ich sehr wütend werde.
Dann hasse ich ihn dafür;) Andererseits "liebe" ich diese Leidenschaft, diesen Biss.
Das " Da möchte ich am liebsten AUFHÖREN schreien " hab ich genauso. Und es wäre ein Fortschritt, wenn ich das mal machen würde. Immerhin sage ich jetzt ab und zu schon mal (meist leise und lahm) Stop! Notfalls auch nochmal, weil er - so in Fahrt - es überhört hat.
Fand es gut, dass er sich dann auch entschuldigt hat, weil es kurz mit ihm durchging. Finde ich von Deiner Thera prima die Entschuldigung.

Meine Ideen für Fragen, die Du Dir - sofern sinnvoll - stellen könntest:
Willst Du lernen, Dir Hilfe zu holen? Willst Du jetzt, heute, hier damit anfangen? Wenn nein, warum nicht oder wann dann?
Hilft es überhaupt, dass Du Dich fragst, was sie bezwecken wollte? Wer kann Dir das beantworten? Könntest Du dort die Frage stellen?
Sie hat Dir angeboten, Dich zu melden nach der Stunde, wenn es Dich zu sehr beschäftigt. Ist das jetzt der Fall? Könntest Du den Text hier einfach rauskopieren und ihr schicken? Wenn das alles (noch) nicht geht: Was brauchst Du, damit es ginge?
(eine Tüte Mut? einen Schubs? was sonst?)

Und ganz allgemein und Dich mag ich anregen, die EIGENE Definition von " schwach " und " stark " mal auf den Prüfstand zu stellen.
Eine Karte von einem ehemaligen Thera mit dem Spruch
" Heute habe ich mich selbst besiegt und dabei nicht verloren " hat mich da auf meine Spur gebracht.

Ich finde es übrigens sehr stark, dass Du hier und jetzt geschrieben hast.


Darksheep
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Beitrag So., 22.09.2019, 13:17

Hallo Fridoline,
Wir könnten fast die selbe Therapeutin haben. Meine macht es auch toll, ist aber auch strenger oft und sagte mir exakt das selbe,, schwer krank ''

War schon heftig das so zu hören, ich Frage mich auch ob man das hätte auch anders formulieren können. Ich weiß auch nicht was sie damit sagen wollen. Vielleicht das es uns bewusst wird??

Lieben Gruß
Dark
Und dann wird man erwachsen, um festzustellen, dass Gerechtigkeit genauso real ist wie Feen ,Einhörner und Zwerge

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Montana
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Beitrag So., 22.09.2019, 16:10

Ich kenne das auch. Bei mir ist es auch so, dass ich mich dafür fertigmache, manche Dinge nicht zu können. Inzwischen, dass ich nicht wieder so leistungsfähig bin, wie ich gedacht hatte sein zu müssen. Erst wurde mir gesagt, dass es völlig ok sei, weil ich eben krank sei. Und inzwischen, dass ich nie wieder diese Leistungsfähigkeit erreichen werde. Sondern, dass ich mit meinen Kräften haushalten und Prioritäten setzen muss. Das muss natürlich jeder, aber ich eben noch mehr, weil meine Erkrankung nicht heilbar ist. Je größer die Belastung, desto größer die Probleme. Ist so, habe ich ausprobiert.

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Kaonashi
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Beitrag Di., 24.09.2019, 15:47

Ich kann mir vorstellen, dass Therapeuten das machen, wenn sei den Eindruck haben, dass die Einsicht vielleicht nicht so da ist, wie sie sein sollte.

Ich selbst kenne das nicht, bei mir ist es umgekehrt, ich muss mich immer anstrengen, damit Therapeuten überhaupt verstehen, was meine Probleme sind. Ich bekomme wenig Resonanz und wenig Fürsorglichkeit.

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Montana
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Beitrag Mi., 25.09.2019, 10:15

Ach, mit Fürsorglichkeit hat das nicht unbedingt etwas zu tun. Man kann das nämlich auf eine Art ausdrücken, die sich alles andere als fürsorglich anfühlt und auch nicht so gemeint ist. Bei uns ging das von sachlich bis ein wenig (oder auch etwas mehr) abgestoßen. Ich habe das gleich zu Beginn der Therapie deutlich gespürt und später die Bestätigung dafür bekommen, dass das Gefühl absolut richtig war ("Ich habe überlegt, ob ich Sie nicht schnell wieder loswerden sollte"). Krankheit löst nicht bei jedem Menschen das Bedürfnis aus, sich zu kümmern. Der Therapeut sieht doch auch, das jemand viel Arbeit macht, und hat darauf nicht unbedingt Bock. Schon gar nicht morgens um acht bei kaltem Nieselwetter, wenn der Kaffee alle ist.

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nulla
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Beitrag Mi., 25.09.2019, 10:24

Montana hat geschrieben: Mi., 25.09.2019, 10:15 Der Therapeut sieht doch auch, das jemand viel Arbeit macht, und hat darauf nicht unbedingt Bock. Schon gar nicht morgens um acht bei kaltem Nieselwetter, wenn der Kaffee alle ist.
Naja, aber das so deutlich zu spüren zu bekommen... Das muss sich ziemlich bescheiden anfühlen :-(
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)

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Montana
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Beitrag Mi., 25.09.2019, 10:53

Tut es. Und ich habe auch irgendwann gesagt, dass er morgens um acht IMMER absolut unausstehlich ist. Andere Uhrzeiten waren ok. Das relativiert sich ja ein bisschen, wenn man die Ursache wenigstens teilweise beim anderen findet. Ich meine, es fühlt sich weniger schlimm an, wenn ich weiß, dass jemand einfach morgens unausgeschlafen und schlecht drauf ist und das mit mir nichts zu tun hat. Zumindest beim Nachdenken später. In der Situation ist es immer schlimm und hindert am Reden.

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Kaonashi
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Beitrag Mi., 25.09.2019, 10:54

("Ich habe überlegt, ob ich Sie nicht schnell wieder loswerden sollte").
Also sofern er das nicht mit einem Augenzwinkern gesagt hat, finde ich das eine unprofessionelle Aussage. Es sollte ihm einleuchten, dass das verletzend sein kann.

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Montana
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Beitrag Mi., 25.09.2019, 11:06

Nein, das war ohne Augenzwinkern und absolut ernst. Und gar nicht verletzend in dem Moment. Er hat mir doch bestätigt, dass meine Wahrnehmung absolut korrekt war. Wenn ich etwas merke, was ich nicht hätte merken sollen, und er lügt mich an, wäre das besser? Ich finde: nein. In der Therapie habe ich doch die Chance, meine Wahrnehmung zu prüfen. Dazu muss der Therapeut aber ehrlich sein. Es wird ab einem bestimmten Punkt wahnsinnig kompliziert, wenn der Therapeut sich abmüht, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, und nicht weiß, dass er durch früheres Verhalten bereits jegliche Grundlage zerstört hat und erstmal diese wieder aufbauen müsste. Weil er nur die gesprochenen Worte einkalkuliert hat und nicht seine Tonlage dabei oder seine Körperhaltung.
Das scheint eine schwierige Sache zu sein, weil das die meisten Patienten tatsächlich nicht so klar sehen oder zumindest nicht bewusst.

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nulla
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Beitrag Mi., 25.09.2019, 11:15

Montana hat geschrieben: Mi., 25.09.2019, 11:06 Nein, das war ohne Augenzwinkern und absolut ernst. Und gar nicht verletzend in dem Moment. Er hat mir doch bestätigt, dass meine Wahrnehmung absolut korrekt war.
Das kann ich nachvollziehen und das wäre für mich auch ok.
Montana hat geschrieben: Mi., 25.09.2019, 10:53 In der Situation ist es immer schlimm und hindert am Reden.
Das hingegen wäre für mich nicht akzeptabel. Was sagt er denn dazu, dass er am Morgen so mies drauf ist und wie es dir damit geht?
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)

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