Ich wäre gerne für meine Therapeutin etwas besonderes

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Maiblümchen
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Ich wäre gerne für meine Therapeutin etwas besonderes

Beitrag Mi., 30.10.2019, 14:21

Ich wäre gerne für die Therapeutin etwas besonderes.
Ich fühle mich unbedeutend. Ich bekomme Lob, strenge mich an, will gefallen, Menschen sind gerne in meiner Nähe. In der Therapie versuche ich meine beste Seite zu zeigen und rede "klug" daher. Die Therapeutin findet, dass wir gut zusammen passen.
Und dennoch reicht es nicht. Ich höre den Lob, die Begeisterung der Anderen, für was ich mache und dennoch fühle ich mich unzureichend. Am liebsten würde ich permanent fragen wollen, ob die das ernst meinen oder mich nur auf den Arm nehmen. Das Gefühl der Freude über ein nettes Wort oder eine nette Geste hält nur Sekunden, wie ein Windhauch streift es mich kurz, bevor meine Selbstzweifel es verschlingen.
Wenn ich bei der Therapeutin bin und Sie von mir etwas gut findet, freue ich mich und gleichzeitig kaufe ich es ihr nicht ab. Dann strenge ich mich noch mehr an und mein Wunsch wird größer etwas besonderes für Sie zu sein. Ich stecke fest.
Mich ekelt dieser Wunsch an.
Woher kommt das, dass man für jemanden besonders sein möchte? Und wie kann man das abstellen?

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Candykills
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 14:39

Du wirst für deine Therapeutin nie etwas besonderes sein, denn für sie ist es ein Job. Also schlage dir das am besten aus dem Kopf.
Das heißt nicht, dass sie nicht Sympathie für dich empfinden kann.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Maiblümchen
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 14:49

Candykills hat geschrieben: Mi., 30.10.2019, 14:39 Du wirst für deine Therapeutin nie etwas besonderes sein, denn für sie ist es ein Job. Also schlage dir das am besten aus dem Kopf.
Das heißt nicht, dass sie nicht Sympathie für dich empfinden kann.
Das weiß ich. Darum finde ich meinen Wunsch ja ekelhaft. Ich will Sie nicht nett finden, ich will dieses Bedürfnis loswerden. Aber gerade ist es wie dieses "Denk nicht an einen rosa Elefanten".

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Candykills
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 15:09

Naja, das hat mit Übertragung zu tun. Ich würde es ansprechen in der Therapie, auch wenn dir das unangenehm ist. Aber diesen Wunsch haben sehr viele Patienten, deiner Therapeutin ist das also mit Sicherheit schon begegnet und sie wird damit umzugehen wissen und mmit dir versuchen herauszufinden, woher dieser Wunsch kommt.
Das halte ich für sinnvoller, als das in einem Forum herausfinden zu wollen. Das geht sicher auch, aber ist am Ende nicht so produktiv.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Le_na
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 15:10

Liebe Maiblümchen,
das ist doch ein sehr verständlicher Wunsch. Auch wenn die Therapie nicht der Ort ist, wo er einfach erfüllt werden soll und wird. Erfahrungsgemäß drängen sich gerade Bedürfnisse, die wir loshaben wollen besonders in den Vordergrund und das mit einer ziemlichen Vehemenz.

Vielleicht kannst du versuchen es anders anzugehen: Hast du in der Therapie schon über diesen Wunsch etwas "besonderes" sein zu wollen gesprochen? Das scheint ja etwas zu sein, was ja auch in deinem Alltagsleben vorkommt. Es wäre seltsam, wenn es dann in der Therapie nicht auftauchen würde. Dort hast du allerdings die Chance das zu bearbeiten.
Sei dir sicher, du bist nicht der einzige Mensch, der diesen Wunsch hat. Und vermutlich kommt er von früher. Kinder wollen immer erleben, dass sie etwas besonderes für ihre Eltern sind. Wenn dieses Bedürfnis offen bleibt, taucht es immer wieder auf. Das wäre jedenfalls ein Ansatz. Auch das Gefühl "es reicht nicht", ist nicht außergewöhnlich, sondern kennen ganz sicher viele.

Du wirst das nicht abstellen können. Aber dir ansehen können, woher es kommt und Wege finden, wie du damit gut umgehen kannst.

Mir ging es ähnlich mit einem ähnlichem Thema: Sehnsucht. Sehnsucht nach Mutterliebe, nach Fürsorge, nach Zuwendung. Das passierte vor der Therapie bei einigen Personen von denen ich mir das wünschte und obwohl ich es in der Therapie verhindern wollte, passierte es auch dort. Und ich habe es immer wieder und wieder zum Thema gemacht, was schmerzhaft und manchmal unangenehm war. Mittlerweile würde ich doch tatsächlich sagen ist diese Sehnsucht kleiner geworden, womit es sich gelohnt hat. Manchmal flammt sie trotzdem auf. Aber es geht nicht darum etwas abzuschalten, sondern Wege damit zu leben zu finden.

Alles Liebe,
Le_na

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~~~
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 18:00

Maiblümchen hat geschrieben: Mi., 30.10.2019, 14:21 Mich ekelt dieser Wunsch an.
Woher kommt das, dass man für jemanden besonders sein möchte? Und wie kann man das abstellen?
Jeder Mensch möchte etwas besonderes sein. Das ist normal.

Und als Kind ist es überlebenswichtig für die Eltern etwas Besonderes zu sein. Denn wenn nicht wer würde dann das Kind ernähren und beschützen, welche Menschen würde all das für das Kind auf sich nehmen, wenn es nicht etwas Besonderes wäre.
Manche Eltern können dieses Gefühl dem Kind aber nicht vermitteln. Und für ein Kind ist dass sehr schlimm. Diese Erfahrung bleibt dann ein Leben lang und das Gefühl etwas Besonderes sein zu wollen, kommt immer wieder krass in den Vordergrund. Extremer als bei anderen Menschen.

Abstellen kann man es indem man lernt, sich selbst wie einen ganz besonderen Menschen zu behandeln.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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spirit-cologne
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 19:20

Candykills hat geschrieben: Mi., 30.10.2019, 14:39 Du wirst für deine Therapeutin nie etwas besonderes sein, denn für sie ist es ein Job.
Das sehe ich nicht so. Im besten Falle sollte jeder Patient etwas Besonderes sein. Und ich halte es für sehr wichtig und hilfreich, wenn Therapeuten in der Lage sind das zu vermitteln. Also, das jeder einzigartig, etwas Besonderes und wertvoll ist, unabhängig davon, ob ihm oder ihr das in der Vergangenheit gespiegelt wurde oder nicht.

Etwas Besonderes sein wollen ist gesund und in Ordnung, sollte aber nicht damit verwechselt werden, etwas Besseres sein zu wollen als Andere oder bevorzugt behandelt werden zu wollen. Du wirst sicherlich nicht die beste Freundin deiner Therapeutin werden und sie wird dich auch nicht adoptieren, aber du kannst trotzdem etwas Besonderes für sie sein.
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Philosophia
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 19:35

Auch für mich sind viele Kontakte und Begegnungen etwas besonderes - also mal andersherum betrachtet. Ich würdige in dem Moment das Zusammensein, dass mir die Begegnung im Gedächtnis und im Herzen bleiben wird. Aber wie Spirit schrieb, ich wichte da nicht.
Und in meiner analyt. Therapie habe ich die Therapeutin auch genauso erlebt: Sie hat den Patienten im Moment der Begegnung was Besonderes sein lassen (aber nichts besseres). Und das fand ich sehr schön. Das war völlig undramatisch und ganz natürlich. Liebe und Wohlwollen sind nämlich teilbar und nehmen dennoch nicht an Intensität ab.
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Schnuckmuck
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 19:35

Du bist ein Patient mit besonderer Geschichte und eigener Strategie der Behandlung, das macht dich ja an sich einzigartig.

Und du bekommst ihr Mitgefühl.

Aber das ist es dann. Alles was so im zwischenmenschlichen liebespartnerschaftlichen Bereich liegt, ist ungesund für eine erfolgreiche therapie. Das gehört in den privaten bereich jedes einzelnen,

Du würdest nicht glücklich, wenn sich das vermischt. Denn sie trennt das sicher, sonst wäre sie keine gute Therapeutin.

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Philosophia
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 19:37

Hm, nach Verliebtheit klang mir das jetzt nicht, ehrlich gesagt. Wie kommst du darauf, Schmuck?
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Schnuckmuck
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 20:05

Das Wort habe ich benutzt um den Unterschied beider lebensBereiche deutlich zu machen. Nicht weil es in dem Fall so ist, dass die te verljebt ist, habe ich nicht gemeint oder angenommen.

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Philosophia
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 22:35

Achso, ok :-)
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Montana
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Beitrag Mi., 30.10.2019, 23:37

Hm, wertest du deinen Wunsch als etwas Ekelhaftes ab, weil er bei anderen genau die Reaktionen hervorruft, die hier auch tatsächlich kamen? Weil er sowieso unerfüllbar ist? Dabei ist er das gar nicht. Weder ekelhaft, noch unerfüllbar. Es kommt vielleicht ein bisschen darauf an, auf welche Weise du diese Besonderheit herbeiführen möchtest. Du könntest versuchen, besonders krank oder schwierig oder witzig oder klug oder geheilt zu sein. Alles doof, weil es die Therapie und die Beziehung beeinträchtigt. Hast du mal daran gedacht, die mit den schrillen roten Schnürsenkeln zu sein? Solche Dinge bleiben im Gedächtnis, haben Wiedererkennungswert. Das sind die Leute in einer Gruppe, deren Namen man sich als erstes merken kann. Ansonsten musst du vielleicht bis zum Ende warten um etwas darüber zu erfahren, was dich vielleicht zu etwas besonderem für deine Therapeutin macht. Meine Therapie ist jetzt vorbei und ich weiß es jetzt. Ich konnte auch meinem Therapeuten etwas "schenken". Es ist etwas immaterielles, was nur für ihn Bedeutung hat. Aber das ging erst jetzt, denn das war der richtige Zeitpunkt.

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Philosophia
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Beitrag Do., 31.10.2019, 07:18

Ich muss sagen, dass mich persönlich solche Versuche à la "lieb mich doch" allerdings eher abschrecken. D.h., wenn jemand partout meine Aufmerksamkeit will und dafür Kopfstand oder sonst was macht, sorgt das bei mir eher für einen Distanzwunsch, weil ich die Person nicht auf natürlichem Wege mögen darf, sondern ich "soll" sie mögen. Das hat für mich Zwangscharakter und das schließt dann für mich auch aus, dass ich die Person wegen des ganzen Affenzirkus mag - falls nebenher sonst noch was von ihr zu sehen bzw. übrig bleibt, dann nur für das, was da sonst noch ist.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Montana
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Beitrag Do., 31.10.2019, 10:57

Das stimmt natürlich, aber im therapeutischen Kontext wäre es bestimmt lohnend, den Wunsch auszudrücken um darüber sprechen zu können. Dahinter steckt ja nicht unbedingt, dass jemand im normalen Leben keine sozialen Kontakte und keine Beziehungen hat und das deshalb beim Therapeuten sucht. Es kann zum Beispiel schlicht Angst sein. "Wenn ich nicht gemocht werde, dann wird es für mich gefährlich. Dann werden sich Gewalt/Aggressionen gegen mich richten."

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