Fiktive Welt, DAS neue Honigtöpfchen.

Themen und Smalltalk aller Art - Plaudern, Tratschen, Gedanken, Offtopic-Beiträge (sofern Netiquette-verträglich..) und was immer Sie hier austauschen möchten.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2296

Fiktive Welt, DAS neue Honigtöpfchen.

Beitrag So., 21.08.2016, 13:49

Hallo Forum.

Realität und Fiktion vermischen sich. Die Menschen werden so daran gewöhnt, dass es ihnen bereits heute oft egal ist, was echt ist und was künstlich. Die Technik erlaubt erstaunliche Entwicklungen. Spielerisch werden sie auf der Suche nach Pokemons an die Vermischung künstlicher und reller Figuren und Lebensumwelt gewöhnt. Medizinisch an die Verschmelzung künstlicher und natürlicher Körperteile, an echte und erfundene Identitäten... medial gewöhnt, an die Verschmelzung falscher und echter Nachrichteninhalte, pillenmäßig an echte und initiierte Gefühle. Natürliche Identitäten, selbst Geschlechter verschwinden und weichen einem „es ist alles möglich“ Traum-Baukasten.

Könnt ihr euch vorstellen, wie Menschen, die sich heute bereitwillig in diese Honigtöpfchen saugen lassen, in 25 Jahren leben? Ich suche grad nach Ideen, wie wir dann leben werden und würde mich über eure freuen. Das Thema ist etwas breitstreuend, es ist daher verständlich, wenn man sich dabei auf Teilbereiche konzentriert.

Hiob

Werbung

Benutzeravatar

werve
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 44
Beiträge: 362

Beitrag So., 21.08.2016, 14:26

Hiob hat geschrieben: Natürliche Identitäten, selbst Geschlechter verschwinden und weichen einem „es ist alles möglich“ Traum-Baukasten.
Was meinst du mit "natürliche Geschlechter"? Zwischenformen gab es immer schon, allerdings anteilmäßig im sehr kleinen Bereich - ist aber jedenfalls nicht "unnatürlich".

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2296

Beitrag So., 21.08.2016, 15:01

Bitte nicht an diesem Wort so festhalten, es ist genau so gemeint, wie geschrieben, soll aber hier nur das Gesamtbild ausschmücken. Über "aber das ist doch garnicht so" möchte ich hier nicht reden. Dass ich mir diese "Auslöserworte" einfach nicht verkneifen kann, daran arbeite ich selbstverständlich.

Benutzeravatar

simonius
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 36
Beiträge: 1206

Beitrag So., 21.08.2016, 16:06

Vielleicht gibt es in 25 Jahren wieder eine “Back to the Roots“ Bewegung.
Da werden dann vielleicht die männlich und weiblichen Geschlechter als neue Wiederentdeckung vermarktet. Aber ich glaube nicht, dass das schon in 25 Jahren der Fall sein wird.

Werbung

Benutzeravatar

hawi
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 61
Beiträge: 2676

Beitrag So., 21.08.2016, 16:58

Hiob hat geschrieben:Realität und Fiktion vermischen sich. Die Menschen werden so daran gewöhnt, dass es ihnen bereits heute oft egal ist, was echt ist und was künstlich.
Hiob,

fiktive Welten sind doch uralt!
Fiktiv = nur angenommen; erdacht, erdichtet, frei erfunden
http://www.duden.de/suchen/dudenonline/fiktiv
Da der Mensch nun mal sehr sehr wenig wirklich weiß, erdenkt, erdichtet, erfindet er sich von Beginn seiner Existenz an ständig was zur Realität dazu, oder vermengt Reales mit Unrealem oder vielleicht noch anders, Mensch kann nur selbst wahrnehmen, er wird sich immer nur ein Bild aus all seinen Wahrnehmungen bauen, basteln, denken. Ich zweifle sehr, ob Mensch jemals Realität im Sinne von Wirklichkeit so wie sie ist, begreifen kann. Mensch übersetzt, versucht zu erfassen, zu begreifen, zu erkennen, aber in seinen Grenzen und mit seinen Möglichkeiten. Die sind begrenzt. So ist auch die menschliche Fähigkeit begrenzt, zwischen „es ist so“ nd der Annahme, dass es so ist, klar zu unterscheiden.

Was sich wohl wandelt: Die Art, wie Mensch dichtet, glaubt, Fiktion und Realität vermengt.
Es wird alter Glaube als Irrglaube erkannt oder auch nur als Irrglaube angesehen. Daraus ergibt sich neuer Glaube, bis der dann wiederum als Irrglaube erkannt, angesehen wird.
Bestimmt auch schon in 25 Jahren wird sich der ein oder andere Glaube von heute als Irrglaube erwiesen haben oder schlicht als Glaube nicht mehr IN sein.

Aber was das sein kann? Schwer zu sagen.
Bin mir nur sicher, dass so einiges, das heute als reine Fiction gilt, morgen sehr real sein wird. Umgekehrt aber halt auch, grad viele heutige Versuche, die Zukunft vorherzusagen, werden sich als falsch herausstellen.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell


Eremit
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 80
Beiträge: 8876

Beitrag So., 21.08.2016, 17:21

Hiob hat geschrieben:Könnt ihr euch vorstellen, wie Menschen, die sich heute bereitwillig in diese Honigtöpfchen saugen lassen, in 25 Jahren leben? Ich suche grad nach Ideen, wie wir dann leben werden und würde mich über eure freuen. […]
Ich hätte da vielleicht die eine oder andere Buch- und Filmempfehlung.

Wenn es nach dem Google-Konzern geht, dürfte die Zukunft irgendwo zwischen Houellebecqs "Die Möglichkeit einer Insel" und Jonzes "Her" angesiedelt sein, wenn auch ein kleinerer Zeitraum für die Realisierung angestrebt wird (15 Jahre). Zufälligerweise deckt sich diese Zeitangabe mit den Plänen der USA in Bezug auf die autonomen Sicherheitsroboter, die selbstständig Social Profiling praktizieren und aufgrund der Ergebnisse entscheiden, ob das Ziel neutralisiert werden muss oder nicht. Würde auch sehr gut zusammen passen.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2296

Beitrag So., 21.08.2016, 19:24

@ Eremit, guter Tipp, muss ich erstmal lesen/anschauen, kenn´ ich noch nicht. Hoffentlich kann ich danach noch schlafen.

@ hawi. Es gibt schon künstliche Ohren, die Daten an das Hirn schicken, man kann damit "hören". Das wirds bald mit Augen geben, später weitere Sinne. Wenn du dir vorstellst, alle Sinne würden an künstliche Daten gekoppelt, könntest also für 499,00 Euro "verreisen" oder für 49,99 Euro monatlich ein angenehmes Abendleben buchen, für 79,99 mit Partnerin. Müssten wir dann nicht generell nachdenken, was ein "schönes Leben" ist? Ist es das reelle oder das gekaufte? Oder ist es, worauf mein Faden abzielt, den Leuten nicht eigentlich egal?

Was mir auffällt, ist die Sprache. Auf Haarwaschmitteln steht "massieren sie mit etwas Wasser ein...", in Prospekten werden Symbole für "Essen" oder "Waschen" oder "Tiernahrung" verwendet, auf der Seite der Bundesregierung wird in einfachsten Sätzen erklärt, wer Kanzlerin ist und wie sie heißt und was Wählen ist. In Zeitungen kommen Überschriften vor wie "die 12 wichtigsten Urlaubsutensilien". Auf Plastiktüten steht, "nicht über den Kopf ziehen". Ich will nicht wissen, was auf einem Hammer steht. Das lässt mich folgern, dass zumindest diese Kreise mit Menschen rechnen, die einigermaßen doof sind/werden. Die nur einfache Sätze verstehen, Triggerworte, Jugendsprache, Frauenversteher, Putinversteher. Wenn ich manchmal mit Menschen rede, können die sich nichtmal mehr 2-3 Minuten auf ein Thema konzentrieren. Ständig zucken sie und schauen um sich. Ich glaube, die halten dich für einen Senmeister, wenn du eine halbe Stunde rumsitzt und nichts machst. Nichts. Einfach nur sitzt. Wenn sie das Wort denn gegoogelt haben. Das ganze Thema fiel mir auf, als ich die jungen Leute beobachtete, mit ihren Kopfhörern und ihren Blicken, die auf die Zuban-Schachteln fixiert waren.

Teilaspekt "Sprache ist Denken", Sprache vereinfacht sich.
Hiob

Benutzeravatar

hawi
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 61
Beiträge: 2676

Beitrag So., 21.08.2016, 20:43

Hiob,

ja, Sprache, das geschriebene und das gesprochene Wort, das gelesene und das gehörte, ist sicher noch viel mehr. Aber natürlich ist es Denken, bzw. ein Teil davon. Ist doch gar nicht vorstellbar, Mensch ohne diese Kommunikation. So natürlich auch ein Riesen Einfluß durch Sprache, wie sie gesprochen wird, ankommt, ankommen soll, Einfluß nimmt.

So auch das Wort „künstlich“. Englisch „artificial“. Das wiederum lässt sich aufs lateinische artifex zurückverfolgen.
Das dann zurück übersetzt ins Deutsche? Bildend, schaffend, schöpferisch.

So jedenfalls mein Weg zum Wort, seinem Ursprung, Hintergrund. Jetzt grad über google. Wenns falsch ist, bitte berichtigen.

Wozu das?
Natürlich kann, darf, muss immer wieder alles neu kritisch hinterfragt, auch in Frage gestellt werden.
Nur dadurch sind wir heute da, wo wir sind. Ich meine durchaus weiter als zu der Zeit, als das Wort artifex in Gebrauch kam. Sogar davor wird es bereits Sprache, Worte, für ähnliches gegeben haben.
Nur was galt es? Schöpferisch bringt mich jedenfalls nah an Schöpfung. Ich meine, nicht ganz zu unrecht.
Religion spielte eine Rolle, keine kleine. Womöglich auch grad bei der Wortschöpfung.

Schöpferisch sein ging jedenfalls wohl lange Zeit nur, solange es zur Schöpfung passte.
Menschen, die fern davon etwas schufen? Mussten mindestens einen langen Atem haben.
Noch in neuerer Zeit? Da war dann vieles wider die Natur. Z.B. Autos und Eisenbahnen statt des Pferdes als Transportmittel.
Und fürs „gemeine Volk“? Die Sprache, die angewandt wurde, war sicher nicht immer nur anspruchsvolle Hochsprache. Auch die des Volkes nicht. Ich geh davon aus, es wurden bei Aufkommen der Eisenbahn Ratschläge gegeben, Warnhinweise, die wir heute allenfalls belächeln werden.

Und mit jedem Schritt, Fortschritt dachte Mensch zum einen, mehr geht nun nicht mehr, zum anderen immer auch gleichzeitig, das geht aber zu weit, darf so nicht mehr weitergehen.

Soweit ich es beurteilen kann, ist dürfen oder nicht dürfen, nichts, das Fortschritte bestimmt, über sie entscheidet. Entscheidend bislang nur die Machbarkeit, die Fähigkeit des Menschen, etwas neues zu schaffen.
Wozu er fähig ist, das macht Mensch auch. Völlig egal, was andere davon halten. Auch egal, ob es verboten ist oder nicht. So was beeinflusst Fortschrittsgeschwindigkeit, aber nicht die Fortschritte an sich.
Wobei ich und unter Fortschritt wirklich alles Neue verstehe, jenseits davon, ob es für gut oder für schlecht gehalten wird, von dir, von mir, von anderen.

Manch Fortschritt mag sich später eher als Rückschritt erweisen. Aber erst dann wird Mensch davon dann die Finger lassen. Vorher nicht.
Bedeutet einerseits sicher viele auch sehr bittere, leidvolle Erfahrungen, aber für mich die das die Kehrseite all der sehr gute Erfahrungen mit vielem, auch vielem, das zunächst als widernatürlich, wider die Schöpfung galt.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2296

Beitrag Mo., 22.08.2016, 13:51

Dankeschön hawi. *nicke*

Daß die jungen Leute sich von dieser virtuellen Handywelt und tech. Möglichkeiten angezogen fühlen, ist nicht zu verhindern. Was angenehm ist, wird sich durchsetzen. Gerade das ist m.E. das bedauerlich.

Was früher in einzelnen Hirnen gespeichert war, wird auf zentralen Datenbanken "just in time" abgerufen werden. Wikipedia und Googel sind das Zentralgehirn, das betrifft zunächst Zuordnungen von Wörtern zu Fakten, einschließlich Wertungen (z.B. bei öff. Menschen). Erklärportale wie bento werden das Zusammenführen von bereits gefilterten Informationen in einfacher Sprache ermöglichen. Hier wieder "einfache Sprache für einfaches Denken". Dabei wird es den Leuten nicht mehr klar sein, dass die Daten, die sie abrufen, nicht nur zu einem Persönlichkeitsprofil zusammengefasst werden, sondern dass daraus folgernd, auch Mensch X andere Suchergebnisse angezeigt bekommen wird, als Mensch Y. Wir werden es einfach nicht mehr wissen, welche "Hirninhalte" wir verschwiegen bekommen, welche verfälscht und welche "besonders angeboten" werden. Das ganze werden Computerprogramme automatisch, personenbezogen regeln. Und wenn du das jetzt mit meiner Beobachtung "es ist ihnen egal" verbindest, kommst du zu merkwürdigen Phantasien. Dagegen ist ein Schlumpf, der bei dir im Gaten seinen Pokemon sucht und sich wundert, wenn du ihn einfach aus Diskussionszeitmangel zusammenschlägst, noch "putzig".

Computersysteme, die auch alle Einlog-Auslog-Daten von Einkäufen, Veranstaltungen, Busnutzungen, Mautüberquerungen, Medikamentenbestellungen, Musikgeschmack, Suchbegriffen... verarbeiten, von denen keiner mehr so richtig weiß, nach welchen Parametern sie arbeiten und wer diese noch beeinflussen kann, regeln deinen Zugriff auf Daten, inzwischen also Hirninhalte (!), die du nutzen willst, um herauszubekommen, ob du grad (beispielsweise von diesem Computerprogramm) beschissen wurdest. Und wenn dir das dann noch egal ist? *lach* Das ganze wird für einen älteren zahnlosen Opi ein Bild ergeben, also "alle" verrückt geworden sind. Wenn wir das mit den bereits eingetretenen Beobachtungen übereinander legen?

Was ganz sicher kommen wird, und daher weniger Aufmerksamkeit bedarf, dass sie dich nicht mehr verstehen, wenn du ihnen erklärst, was Privatshäre ist und das sie zu schützen sei. Sie werden dich grinsend anschauen, alsob du deine alte Modern Talking-Kassette zu laut anhörst.

Hiob

Benutzeravatar

Ambiente
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 80
Beiträge: 211

Beitrag Mo., 22.08.2016, 17:32

Eremit hat geschrieben:irgendwo zwischen Houellebecqs "Die Möglichkeit einer Insel" und Jonzes "Her" angesiedelt sein
Hat zumindest bei mir einen sehr empfindlichen Nerv getroffen

Noch ein ernsteres Thema: Es beschäftigt mich immer noch, aus welchem Film die Szene mit dem Engel und und dem zotteligen Hund war? Es reichen nicht mal die Worte "brutal", oder "abgründig" dafür...War es auch von Houllebecq? Es ist mir bisher kaum eine Filmszene so unter die Haut gegangen. So schrecklich und irgendwie zu real.

Benutzeravatar

hawi
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 61
Beiträge: 2676

Beitrag Di., 23.08.2016, 07:46

Hiob hat geschrieben:Wir werden es einfach nicht mehr wissen, welche "Hirninhalte" wir verschwiegen bekommen, welche verfälscht und welche "besonders angeboten" werden. Das ganze werden Computerprogramme automatisch, personenbezogen regeln.
Hiob,

vieles das du ansprichst, seh ich ebenfalls sehr kritisch. Sehen ja auch viele andere nicht nur als toll an.
Es kommt durch all das, das nun möglich ist, zukünftig möglich sein wird, aber bereits jetzt zu etwas, das ich mal „neue Einsichten“ nenne.

Ich glaub grad durch die Vielfalt an Information, Kommunikation fällt vielen etwas auf, realisieren viele etwas, nehmen viele etwas erstmals so recht bewusst wahr, das was uraltes ist, das gar nicht neu ist.

Mensch wusste doch nie, welch „Hirninhalte“ ihm verschwiegen wurden, welche verfälscht und welche „besonders angeboten“ wurden.
Grad das www zeigt nun „Hirninhalte“, nicht nur ein paar sondern viele, Bunt gemixt. Auch wenn es leider immer mehr „manipulativ“ vorsortiert wird, faktisch für den Nutzer die Netzneutralität immer mehr zum „Ponyhof“ wird, sogar dann ist das Netz heute immer noch bunter, vielfältiger, als die Infowelt früher.

Obs passt? Ich vergleich es mal mit der Erfindung des Buchdrucks und der zunehmenden Fähigkeit vieler, lesen und schreiben zu können. Ein Quantensprung in Sachen Kommunikation.
Aber natürlich beides, gut und schlecht. Gut, weil Mensch etwas weniger abhängig von einem „Hirninhalt“ wurde, den er damals bereits nicht wirklich durchschauen konnte, der ihm bereits damals so angeboten wurde, dass er den Inhalt möglichst „schluckte“, im Sinne des (manipulierenden) Anbieters.
Nach dem es Bücher gab? Erhöhte das Angebot von „Hirninhalten“, das dem einzelnen zugänglich war.
Verringerte aber natürlich überhaupt nicht die manipulativen Absichten.

Nun sieht das so viel anders auch nicht aus, finde ich. Zunächst fällt wohl vielen auf, wie viel ihnen vorher verschwiegen, vorgekaut u.s.w. wurde. Wundert mich zwar etwas, dass es vielen anscheinend erst jetzt bewusst wird, b.z. w. wundert mich zwar nicht, aber all die, die nun recht empört sind, sollten sich über sich selbst empören, ihre Gutgläubigkeit, ihre unkritische Übernahme von welch Nachrichteninhalt auch immer.

Weil das aber wenige machen, passiert, scheint mir, grad etwas, das mir „neu“ nicht gefällt.
Es wird schlicht die eine Manipulation durch eine andere getauscht. Oft sogar so, dass die Sichten, die nun über die virtuelle Welt erst angeboten, dann konsumiert, und sodann vom einzelnen „geschluckt“ werden, um ein Vielfaches manipulativer, täuschender sind, als die nun verdammten Sichtweisen aus der alten Infowelt.

So ein Quatsch. Ne neue Technik? Ändert doch die Menschen nicht, jedenfalls nicht sofort und bestimmt auch nicht nur zum Guten. Über Information wurde vorher fleißig auch desinformiert, manipuliert, nicht nur, aber eben auch. Internet erhöht die Menge, Maß und Geschwindigkeit des Zugriffs auf diese Inhalte.
Aber für den User? Ganz grundlegend ändert sich nix!
Vielleicht so: Wer vorher recht gutgläubig war, der wurde vorher bereits oft für dumm verkauft, im Internet nun ebenso.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hiob
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 78
Beiträge: 2296

Beitrag Di., 23.08.2016, 11:27

*nicke* Deine Gedanken kann ich nachvollziehen, hawi.
Was ich natürlich spüre, ist die Tendenz, zu besänftigen. Das ist eigentlich mir gegenüber nicht nötig, ich schau schon, wo ich bleibe...und wenn ich Witze über die Schlümpfe mache, ist das natürlich auch eine "Umgangsweise". Die Ereignisdichte, die Steigerung der Reize, chem.-physikalische Belastungen... zwingen m.E. jeden so langsam dazu, sich in gewisser Weise Luft zu schaffen, nicht umsonst sind Psychologen ja ständig im Urlaub, wenn man sie braucht oder eigentlich mal wieder grillen wollte. Über solche Methoden sollte m.E. hier im Forum viel intensiver u. konstruktiver gesprochen werden. Denn erst ein friedliches, ruhiges Lebensumfeld lässt einem die Möglichkeit, hinter die Vorhänge zu kucken. Ich merke es in meinem Umkreis, dass die Leute garnicht in der Lage sind, Themen zu untersuchen, weil sie die Zweifel und das Wackeln innerer Kartenhäuser garnicht verkraften. Sie sind zu beschäftigt, Kraft ist in ständigen Konflikten gebunden.

Übrigens hier im Forum merkt man auch schon recht deutlich, dass Wikipedia als Zentralgehirn akzeptiert wird. Es steht über Tatsachen, selbst über Video- oder Audiomaterial und das obwohl jedem die Dokus über Wiki zugänglich sind.

Ich sah mal einen Opi, der auf seinen Herzschrittmacher eine neue Software eingespielt bekam, eine Art upptade. Das ist kein Witz, da war extra ein Vertreter der Firma da, das war in 5Minuten erledigt. Ich dachte mir dann so, das wäre eigentlich auch was für unsere Arbeitnehmer. 8.00 Uhr wird die Herzfrequenz hoch gefahren und nach Feierabend wieder gesenkt und wenn sie blöde Fragen stellen, stolpert mal das Herz. Die Vorteile dieser techn. Hilfsmittel werden sie automatisch anlocken. Mich wundert bis heute, dass die Googelbrille so gefloppt ist. Es wird sicher einen neuen Anlauf geben, vielleicht mit sowas ähnlichem wie dem Pokemonspiel.

Benutzeravatar

Ambiente
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 80
Beiträge: 211

Beitrag Di., 23.08.2016, 15:34

Ps. @eremit: danke, hab schon den einen Apokalypse-Film mit der hundeszene gefungen.


Eremit
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 80
Beiträge: 8876

Beitrag Di., 23.08.2016, 20:15

Hiob hat geschrieben:[…] Wikipedia und Googel sind das Zentralgehirn […]
Datenbank, nicht Zentralgehirn, großer Unterschied. Was das Individuum mit den Informationen macht, ist noch immer eine individuelle Angelegenheit.
Hiob hat geschrieben:[…] Hier wieder "einfache Sprache für einfaches Denken". Dabei wird es den Leuten nicht mehr klar sein, dass die Daten, die sie abrufen, nicht nur zu einem Persönlichkeitsprofil zusammengefasst werden, sondern dass daraus folgernd, auch Mensch X andere Suchergebnisse angezeigt bekommen wird, als Mensch Y. […]
Dem kann man allerdings (beschränkt) mit Software durchaus entgegenwirken, Spamming kann man auch umdrehen.

Abgesehen davon: Wenn die jeweiligen Firmen/Organisationen bei den Angestellten, der Software als auch der Hardware den Rotstift ansetzen – was immer öfter der Fall ist – kommen bei solchen Persönlichkeitsprofilen nicht allzu oft sinnvolle Ergebnisse raus, ganz nach dem Prinzip "Garbage in, garbage out". Die (Firmen/Organisationen) holen sich immer öfter unfähige, faule Programmierer – Hauptsache billig – die oft ihr Informatikstudium noch nicht abgeschlossen und keine Ahnung von Psychologie oder Soziologie haben, ganz zu schweigen von Lebenserfahrung oder Talent. Diese Programmierer wiederum zimmern Algorithmen zusammen, bei denen einem Haare zu Berge stehen.
Hiob hat geschrieben:[…] Wir werden es einfach nicht mehr wissen, welche "Hirninhalte" wir verschwiegen bekommen, welche verfälscht und welche "besonders angeboten" werden. Das ganze werden Computerprogramme automatisch, personenbezogen regeln. […]
Das ist schon längst der Fall, lässt sich auch relativ leicht nachweisen.
hawi hat geschrieben:[…] Ein Quantensprung in Sachen Kommunikation. […]
Die kleinstmögliche Zustandsveränderung?

Ergänzend: Das Internet gehorcht dem selben Prinzip wie Bücher, Filme, Fernsehen: Dumme, ungebildete, faule Menschen werden durch die Benutzung noch dümmer, ungebildeter und fauler, während intelligente, gebildete und fleißige Menschen noch intelligenter, gebildeter und fleißiger werden. Aber wem kann man nun die Schuld dafür geben? Und was würde das bringen?

Benutzeravatar

hawi
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 61
Beiträge: 2676

Beitrag Mi., 24.08.2016, 08:07

Eremit hat geschrieben:Das Internet gehorcht dem selben Prinzip wie Bücher, Filme, Fernsehen: Dumme, ungebildete, faule Menschen werden durch die Benutzung noch dümmer, ungebildeter und fauler, während intelligente, gebildete und fleißige Menschen noch intelligenter, gebildeter und fleißiger werden. Aber wem kann man nun die Schuld dafür geben? Und was würde das bringen?
Eremit,

die Linie Bücher, Filme, Fernsehen, Internet, die scheint mir klar, die seh ich jedenfalls auch.

Ich seh auch die Gefahr, dass durch die Entwicklung, die Gräben größer werden, sich womöglich gar neue Gräben auftun, zwischen Menschen, denen, die viel mit Internet und Vorläufern anfangen können, und denen, die dies nicht können.

Dieser Abstand? Soweit der auf Bequemlichkeit, Faulheit, Ignoranz beruht, entsteht? Ist dann halt so, für mich muss diese Ungleichheit jedenfalls nicht partout bekämpft werden.

Eher Probleme hab ich mit ungebildet/gebildet, intelligent/dumm. Schon für sich genommen, aber auch gekoppelt mit faul/fleißig.

Was da menschlich geht oder nicht, was gut oder schlecht ist? Keine Ahnung.
Ich seh da selber jedenfalls eher sowas wie einen Entwicklungsprozess des menschlichen Lebens.
Heutiges Leben? Mir scheint, es braucht heute andere Fähigkeiten. Nach und nach fordern die Entwicklungen des Lebens von Menschen vielleicht nicht grad neue Menschen, aber die Anforderungen an Mensch, was er kann, können soll und was er selbst nicht können muss, das ändert sich. Über längere Zeiträume betrachtet ändert sich das schon arg. Diese Änderung? Muss man sicher nicht (nur) so begreifen, aber mir noch am ehesten über Evolution erklärlich, verständlich.

Ein Anpassungs-, auch ein Selektionsprozess. Nimmt die Summe aller Fähigkeiten des Menschen überhaupt zu?
Ich zweifle bereits da. Jedenfalls scheinen mir die Fähigkeiten nicht so sehr zuzunehmen, wie Mensch es sich einbildet. Mensch entwickelt sich zwar einerseits weiter, entwickelt heute die Fähigkeiten, die es braucht, um heute „gut“ leben zu können. Nur geht das zu Lasten all der Fähigkeiten, die heute im Gegensatz zu früherer Zeit nicht, nicht mehr so gebraucht werden.

Bildung? Für mich auch ein Wort, mit dem Anpassung verlangt wird, Anpassungsdruck erzeugt wird.
Um es klar machen weit zurück gedacht: Heutige Lerninhalte und Lernarten, Fähigkeitsvermittlung und -erwerb? So einen „gebildet“ „intelligenten“ Menschen versetzt in eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern?
Diese Gesellschaft würde so jemanden wohl für blöd halten (müssen). Für völlig unfähig.
Er kann all das, was diese Gesellschaft gebraucht, nicht. Jedenfalls erst mal nicht. Ob er sich anpassen kann, schnell genug? Mindestens fraglich.

Grad Worte wie klug, intelligent, gebildet? Sonderlich mag ich sie nicht. Sie täuschen schnell.
Fähigkeiten? Was da zukünftig gebraucht wird, kann ich einfach nicht vorhersehen.
Vielleicht ja zu konservativ gedacht, aber mir läge daran, dass all die handfesten Grundfähigkeiten geachteter wären, die Mensch mal brauchte, entwickelte, um auf der Erde klar zu kommen. Es wird aber zunehmend Bildung aus Büchern, Internet u.s.w. gefordert. Die Jäger und Sammler von früher ? Heute bei uns im Ansehen wohl blöde Ungebildete, die, wenn sich Pech haben, noch dazu als faul gelten würden.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag