Sterbehilfe für psychisch Kranke?

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.
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Kieselberg
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Beitrag So., 18.06.2017, 23:20

Tolya hat geschrieben: Sa., 17.06.2017, 10:45
Kieselberg hat geschrieben: Di., 13.06.2017, 14:54 Ich denke auch dass jeder das Recht hat sein Leben selbst zu beenden, aber dann sollte man es auch wirklich SELBST beenden und nicht die Verantwortung irgendwie abschieben.
ok
aber darf man denen helfen mit Mittel, damit sie keinen Lokführer Terrorisieren, damit der Versuch gelingt, es human geschieht, wie/wo/Wan man an diese Mittel gelangt,...?

natürlich braucht man in diesen Fällen genauso gut eine gesetzliche Regelung
Ich denke es gibt genug andere Mittel und Wege als sich vor einen Zug zu werfen und auch noch andere mit einzubeziehen. Ich war vor Jahren mal in einem Schweizer Suizid Forum wo man frei über Methoden diskutieren durfte und dort gab es wirklich viele Tipps damit es sicher gelingt, sogar Treffen wurden vereinbart für diejenigen die nicht alleine sterben wollten.
Es gibt sicher auch tragische Fälle wo es wirklich nicht gelingt obwohl es gut vorbereitet war, zb Nicole Deck (schrieb ein Buch "Ich schwimme ins Leben") das ist schon hart wenn man sich in den Kopf schießt und trotzdem überlebt, aber ich denke so gehen die wenigsten Fälle aus. Die Doku "The Bridge" ist auch empfehlenswert, dort wird an der Golden Gate Bridge gefilmt, man sieht die Springer, man sieht wie sie teils lange überlegen ob sie springen, und es gibt Berichte von Menschen die den Sprung überlebt haben und froh sind, von daher finde ich es einfach schwierig wenn das andere "für einen machen".

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Tolya
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Beitrag Mo., 19.06.2017, 18:31

Kieselberg hat geschrieben: So., 18.06.2017, 23:20 Ich denke es gibt genug andere Mittel und Wege als sich vor einen Zug zu werfen und auch noch andere mit einzubeziehen.
in diesem Fall wollen die anderen ja, ich rede hier zB Ärzten die heute nicht helfen dürfen.
Ich war vor Jahren mal in einem Schweizer Suizid Forum wo man frei über Methoden diskutieren durfte und dort gab es wirklich viele Tipps damit es sicher gelingt,
wenn es in manchen Fällen nicht mal reicht sich ne Kugel durch den Kopf ..., erübrigt sich doch diese Diskussion und diese Ausrede dass es genug Wege gibt die 100% sicher sind.
beim Tierarzt, unter tierärztliche Kontrolle überlebt kein Tier und der Mensch ist immer oh ein Tier, dieser Weg ist also 100% sicher.

ich will nicht wissen wie diese Frau heute überlebt
von daher finde ich es einfach schwierig wenn das andere "für einen machen".
willst du nicht braucht es niemand für dich zu machen, aber Menschen müssen frei entscheiden dürfen, sowohl beim Sterben als bei der Hilfe.

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 22:50



Ein altes, eigentlich nicht wirklich nützliches Buch. Die Autoren argumentieren aber gut dafür, dass die derzeitige Sterbehilfediskussion wirklich viele Parallelen mit damals hat.
Vor allem die Betonung des v.a. körperlich leidenden Menschen, die Argumentation für eine Regel wegen extremster Extremfälle und medienwirksamen Kampagnen á la Mainard legitimieren den Vorwurf. Auch die Kritik am grassierenden Euphämismus ist mehr als nur angebracht. Die Leute sollen sich nicht wie kleine Kinder verhalten.

Aus christlicher Perspektive geschrieben kann es mich nicht überzeugen. Die Autoren erheben jedoch den Anspruch, durch die Philosophie auch mit Atheisten in den Dialog zu treten, um sie überzeugen zu können.

Es wird zurecht festgestellt, dass die Befürworter eines selbstbestimmten Sterbens den Todeswunsch eines im Grunde Gesunden genauso zu akzeptieren hätten wie den eines Kranken. Das stimmt, und ich mache keine qualitativen Unterschiede zwischen Todeswünschen.
Mit krank muss bei der SH-Debatte immer der physische Zustand bzw. eine geistige oder psychische Behinderung gemeint sein, weil sonst jeder Suizidale darunter fallen würde. Suizidalität gilt als Symptom, nicht als Entscheidung. Und nein, der Zweck heiligt nicht die Mittel. Selbst wenn Suizidale irgendwann mal durch die Krankheitsdefinition SH erhalten könnten, wäre das Problem nicht gelöst.

In christlicher Manier wird dem Todeswilligen untersagt, die Last des Lebens abzuschütteln. Warum? Der nur mit eingeschränkter Macht ausgestattete Mensch wird für das Abschütteln der Last in die Mangel genommen, während der Allmächtige, an den sie glauben und der diese Last aufgebürdet hat, nichts zu befürchten hat. Das ist die typische Sklavenhaltung: nach unten treten und nach oben buckeln.
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Nico
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Beitrag So., 25.06.2017, 04:24

Ach du kannst den "Allmächtigen" gerne zur Rechenschaft ziehen, er fürchtet sich bestimmt schon. :->

Hab das Buch mal auf meine Liste gesetzt, aber die ist ziemlich lang und daher ist es fraglich ob ich jemals dazukomme.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Broken Wing
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Beitrag So., 25.06.2017, 06:35

Geht ja nicht um mich. Ich glaube nicht an solche Märchenfiguren.
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Nico
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Beitrag So., 25.06.2017, 06:45

Irgendwie betonst du mir das fast ein bissl zu sehr um dir das glauben zu können.
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Elfchen
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Beitrag So., 25.06.2017, 07:22

Nach 96 Seiten wird dieser Thread hier demnächst geschlossen.
Sollte Interesse an einer Weiterführung des Themas bestehen, bitte neuen eröffnen.

lg, Elfchen
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Broken Wing
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Beitrag So., 11.11.2018, 17:06

https://www.aargauerzeitung.ch/leben/le ... -132126733

Weiter so! Klar, die etablierten Einrichtungen in der Schweiz werden ein Problem damit haben, weil es ihr Geschäftsfeld betrifft. Dagegen spricht auch nichts. Ich finde, jeder sollte sich so töten können, wie und wann es ihm passt, Volljährigkeit und Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt.
Es spricht auch nichts gegen eine Kommerzialisierung der Sterbehilfe. Warum nicht eine Privatklinik, die bei entsprechendem Kleingeld den letzten Wunsch erfüllt?
Aber Konkurrenz belebt den Markt und ist gut für den Abnehmer.

Die alten, verfetteten Säcke in den Ethikräten können ihren Kram für sich behalten.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 11.11.2018, 19:03

Das wurde hier schon erwähnt, aber weil ich selbst neulich damit in Berührung gekommen bin:

Was für die Sterbehilfe spricht, ist, dass keine Unbeteiligten reingezogen werden.

Bin neulich über dreieinhalb Stunden in einem Bahnhof festgesessen, weil sich jemand hat überfahren lassen/jemanden zum unfreiwilligen Mörder gemacht hat.

Früher, als es mir selbst schlechter ging, haben mich die, die Suizid begehen, mehr berührt. Heute finde ich einen Suizid - als Außenstehende - immer noch tragisch, ich mache aber lieber das Beste aus meiner Zeit, als mich damit zu befassen.

Hatte z. B. tolle Gespräche mit weiteren Gestrandeten. Leid hat mir vorallem der Lokführer (und eventuelle Zeugen, Helfer usw.) getan.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

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Broken Wing
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Beitrag So., 11.11.2018, 20:47

Unfreiwillige Mörder kann es nicht geben, weil Mord ein Vorsatzdelikt ist, in Österreich jedenfalls.

Aber sonst muss ich dir zustimmen. Den Suizidwilligen werden alle Wege versperrt, die einen sicheren und halbwegs schmerzfreien Exitus bedeuten. In Ö stellt sogar die Beihilfe eine Straftat dar. Die moderne Sterbehilfediskussion betrachtet nur Menschen, die totkrank sind und nicht mehr verwertbar, also nicht mehr als Arbeitssklave eingesetzt werden können. Das hat sie mit der alten vor und während dem WK II gemeinsam, weshalb sie auch leicht die Massen anzieht.
Um Leidensminderung geht es da nicht. Leid ist subjektiv und der vielbeschworene leichtsinnige Liebeskranke kann mehr leiden als ein vom Krebs Zerfressener. Aber der Liebeskranke kann noch arbeiten, und sei es als psychisch Kranker in einer Werkstätte für de Fakto Gotteslohn.
Ob die Verfügbarkeit schmerzloser Methoden Schienensuizide reduziert, weiß ich nicht. Aber erst dann kann man Suizidwilligen vorwerfen, dass sie diese Methode in Betracht ziehen. Denn sie ist sicher, meines Wissens nicht allzu lange schmerzhaft und leicht zu durchführen. Leicht im Sinne von korrekt anzuwenden, niemand wirft sich wegen einer verhauten Klausur vor den Zug, zu starker Überlebenstrieb. Und wenn die Menschen einen schmerzlosen Tod dem Leben mit einer versemmelten Prüfung vorziehen sollten, wäre das zu akzeptieren.
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Beitrag So., 11.11.2018, 21:04

Broken Wing hat geschrieben: So., 11.11.2018, 20:47 Unfreiwillige Mörder kann es nicht geben, weil Mord ein Vorsatzdelikt ist, in Österreich jedenfalls.
In D. auch, mir ist allerdings kein anderes - grammatikalisch korrektes - Wort eingefallen.

Und einen Vorwurf mache ich persönlich nicht (mehr) - diese Zugverspätung war für mich sogar leichter zu akzeptieren als Verspätungen aus anderen Gründen, weil ich halt davon ausgehe, dass derjenige keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat.

Aber Verständnis kann ich auch keins aufbringen.

Und wenn Sterbehilfe dazu beiträgt, solche Situationen zu vermeiden ...
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


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Beitrag So., 11.11.2018, 21:16

Broken Wing hat geschrieben:(…) niemand wirft sich wegen einer verhauten Klausur vor den Zug, zu starker Überlebenstrieb.
Ein Freund des Vaters meiner Freundin hat sich wegen einer versemmelten Schularbeit das Leben genommen. War (von seiner letzten Arbeit abgesehen) ein 1er-Schüler. Solche frühen Formen des Bilanzsuizids gibt es also durchaus.

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Broken Wing
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Beitrag So., 11.11.2018, 21:19

Hoffentlich hat sich der Fahrer nicht wegen Traumatisierung krankschreiben lassen. So viel Heulsusentum, wenns echt gemeint ist, oder Heuchelei, wenns um die Krankschreibung und Schadenersatz geht, halte wiederum ich nicht aus.
Wir töten tagtäglich durch unseren Lebensstil wesentlich freiwilliger Menschen. Mir geht es dabei mit dem Mitgefühl mit dem Lokführer so wie den Meisten beim Kleidungseinkauf: Ich war nicht dabei und es ist nun mal ein Notwendiges Übel. Außerdem hätten ohne Schienensuizide viele Putzfachkräfte, Rettungssanitäter, Ärzte und Juristen keine Arbeit.
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Eremit
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Beitrag So., 11.11.2018, 21:35

Broken Wing hat geschrieben:Außerdem hätten ohne Schienensuizide viele Putzfachkräfte, Rettungssanitäter, Ärzte und Juristen keine Arbeit.
Und das wiederum ist gut für das Bruttoinlandsprodukt.


Eremit
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Beitrag So., 11.11.2018, 21:49

Als Staatsbürger ist man (bis zu einem gewissen Grad) Eigentum des Staates. Suizid ist die Zerstörung von Staatseigentum (Dazu passend: Suicide Act 1961 im Vereinigten Königreich).

Töten darf zudem auch nur der Staat (in Form von Staatsorganen), die (nicht staatlich autorisierte) Selbsttötung untergräbt das staatliche Gewaltmonopol ebenso wie (nicht staatliche autorisierter) Mord.

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