In Japan: möchte kaum mehr das Haus verlassen

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jiyuuni
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In Japan: möchte kaum mehr das Haus verlassen

Beitrag Fr., 30.03.2018, 12:31

Ich bin 34, vor ca. 4 Jahren nach Japan ausgewandert. Probleme mit Arbeitswelt/Gesellschaft etc hatte ich vorher auch, weshalb manch einer es vielleicht als Flucht bezeichnen würde. Dennoch habe ich mich beruflich komplett neu orientiert, mir etwas eigenes hier aufgebaut u.es geschafft einen für Japan echt passablen Job zu ergattern (für D nat. immernoch Horror denk ich).

Ich möchte nur noch alleine sein/in Ruhe gelassen werden, und raus aus diesem Gefängnis des ständigen Präsentismus. des ständigen Zwangs und es scheint keinen Ausweg zu geben außer jeden Tag in der Arbeit zu erscheinen. In meinem Leben war es bisher noch nie so schlimm, hatte auch nie das Gefühl, dass ich mir den Tod wünsche oder so etwas, ertappe mich aber immer mehr dabei Gedanken zu haben wie: "Naja.. wenn du tot bist dann musst du wenigstens nicht jeden Tag .. " Ich will immer noch nicht sterben und man kann echt nicht sagen, dass ich einen besonders harten Job hätte (ich arbeite nur Teilzeit von 9-15:30 (pendele aber 3 Std. am Tag + unbez. Überstd.

Ich bin hypersensibel, extrem introvertiert aber genieße den Kontakt zu sehr engen Freunden. Bei denen macht es mir auch nichts aus wenn die mich öfter kontaktieren oder ich sie. Meist kommt da auch Initiative stark von mir. Das heißt also ich bin nicht völlig antisozial. Aber meistens möchte ich das Haus nicht verlassen. ich gehe zur Arbeit jeden Tag und das raubt mir meine ganze Energie, ich bin unter Menschen,arbeite im Kindergarten, also den ganzen Tag gut gelaunt, hilfsbereit und hyper. Für die Kids mach ich das auch gerne aber mit Kollegen komme ich eigtl mit fast keinem so richtig . Die meisten nutzen meine loyalität/mein geringes Selbstwertgefühl aus und kommandieren mich herum, lassen mich aus etc. Ich bin sowas nat. seit frühester Kindheit gewohnt, ging mir früher in d.Klasse auch nicht anders. ich selbst möchte ja auch soviel wie möglich Stress vermeiden. Vorgeschichte: hatte vorher mal anders versucht und zum Opfer einer Narzisstin geworden... nicht das erste mal in meinem Leben...
Ich war 8 Jahre lang mit einem Narzissten zusammen (ab 18). Das hat mich natürlich eh schon sehr stark geprägt, habe es fast nicht aus dieser Beziehung rausgeschafft. dennoch mit Hilfe einer Psychothera geschafft mir selbst zu helfen und stück für stück raus gekämpft. die Bez. wurde auch immer extremer und endete mit körperl. Gewalt. kann es auch nicht mehr nachvollziehen, warum ich so lange blieb.

Habe oft das Gefühl, dass ich außerhalb der Gesellschaft lebe, weil ich mit dem ganzen oberflächigen Getue nix mehr anfangen kann. komme oft nach Hause und merke gar nicht wie mir schon wieder die Tränen runter laufen.

Vor 2 Jahren ist die Person gestorben die ich am meisten auf dieser Welt geliebt habe, mein Vater, er bekam die Krebsdiagnose als ich gerade nach Japan ausgewandert war in dem Jahr, ich glaub ich war 6 Monate in Japan und er hat mich immer unterstützt. Natürlich liebe ich beide meine Eltern, aber zu meinem Vater hatte ich immer ein ganz bes. Verhältnis, er war der wunderbarste, verständnisvollste Mensch, den man sich vorstellen kann. Naja er bekam die Diagnose im Sept und im Juni des darauffolgenden Jahres starb er.... er hat immer gekämpft.. war immer positiv selbst bist zuletzt... er sagte sogar wenn er nicht mehr um jahre kämpft.. dann kämpft er jetzt um Tage... es ging sehr schnell.. die Chemo hat ihn kaputt gemacht, ging schlag auf fall... Im Juni rief mich meine Ma heim,komm so schnell es geht. Der Flug ging nä Tag. sagte meinen Chef, dass ich den Job behalten möchte, aber ob ich nicht gehen könnte sofort. Gott sei Dank war er verständnisvoll und ließ mich 3 Monate auf unbezahlten Urlaub gehen. Mein Vater starb Ende Juni.
Das war vor 2 Jahren. Im ersten Jahr ging es,aber es ist so als wenn jetzt schlimmer wird. Ich vermisse meinen Dad jeden Tag. Heute sind wir mit der Arbeit in ein Musical gegangen und ich musste schon bei der ersten Szene heulen.. (dabei war es nur Arielle.. und es hat mich halt an meine Kindheit erinnert) Es ist für mich extrem schwer meine Gefühle zu kontrollieren jeden Tag.

Extrovertierte Leute sagen mir, dass ich vieles zu negativ sehe etc.. aber aus meiner Sicht erwähne ich nur Fakten. dazu noch aus meiner Erfahrung basierte Dinge. Ich komme mit anderen Menschen kaum noch klar.. mir scheint auch das Witzegen zu fehlen.ich fliehe sobald ich kann.. aus der arbeit.. etc.

möchte mich vielleicht ein bisschen mit Menschen austauschen denen es ähnlich geht.

(Hinweis: Betreffzeile etwas präzisiert und Beitrag in einen m.E. passenderen Bereich verschoben, ich hoffe, das passt so für Sie.)

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ingwer75
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Beitrag Mo., 02.04.2018, 04:59

Hi du!

Ja, die liebe Gesellschaft..........sie stempelt einem immer so ab wie es gerade passend ist. Ich habe nun für mich selbst auch schon seit langem bemerkt, dass ich mich vor "Ottonormalbürger" fürchte. Schlimm, wenn sie mir wenigstens egal wären. Ich bin nun fast drei Jahre in einer sozialpsychiatrischen Tagesstruktur uns seitdem gehöre ich quasi nicht mehr zum Durchschnittsalltag. Quäle mich so durch die Gedankenwelt............ich würde ja so gerne arbeiten, würde es aber eh net schaffen, wie tief bin ich gesunken, was bin ich den so noch wert....? Die Tatsache, dass in der Tagesstruktur auch schwer psychiatrische Klienten sind macht es gerade nicht leichter.
Von Kindheit an wurde mir eingepflanzt, dass man nur was wert ist, wenn man arbeitet und das krieg ich glaub ich in diesem Leben nicht mehr raus.
Es gibt Zeiten, da kann man einfach nix positiv sehen, manchmal muss man einfach nur abwarten bis einige Synapsen im Hirn wieder was tun und dann geht´s wieder......Frage ist halt immer wie lang.

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Beitrag Mo., 02.04.2018, 23:51

jiyuuni hat geschrieben: Fr., 30.03.2018, 12:31 Ich möchte nur noch alleine sein/in Ruhe gelassen werden, und raus aus diesem Gefängnis des ständigen Präsentismus. des ständigen Zwangs und es scheint keinen Ausweg zu geben außer jeden Tag in der Arbeit zu erscheinen.
Ja, das kenne ich. Ich denke auch ständig an Flucht aus diesem System.
Aber im Unterschied zu dir, denke ich, dass es den meisten Menschen mehr oder weniger so geht, wie uns.
Aber keiner spricht darüber aus Angst. Angst vor so vielem.
Alle sind ruhig gestellt, genauso wie wir.

Wir sind durch Konsum ruhig gestellt. Und solange unsere Grundbedürfnisse erfüllt werden, bleiben wir auch ruhig. Auch wenn das falsch ist so ruhig zu bleiben, wenn einfach vieles nicht gut ist für die Menschen.

Klar, gibt es einzelne Aussteiger, die eigene Wohnprojekt mit Selbstversorgersystem leben zum Beispiel. Oder die ganz ursprünglich in irgendwelchen Ländern leben. Die in Entwicklungsländern arbeiten usw. usw. Aber das sind ja eher Einzelfälle.
Aber haben wir den Mut?
Klar gibt es Auswege, aber dazu braucht man eben Mut. Man hat sehr, sehr viel zu verlieren. Den Job, den sozialen und ökonomischen Status, alle möglichen Sicherheiten....

Aber bei dir finde ich das komisch, weil du hast dich ja getraut nach Japan zu gehen und da neu anzufangen. Also hast du ja diesen Mut in dir, was ganz neues auszuprobieren.
Was hindert dich denn daran woanders noch mal neu anzufangen?

Probleme mit anderen Menschen habe ich auch. Aber das Problem sind aus meiner Sicht nie die anderen Menschen. Dazu gibt es einfach zu viele zu unterschiedliche Menschen. Ich finde, das muss man sehr differenziert betrachten. Es gibt eben Menschen mit denen kommt man besser klar und mit anderen gar nicht.



Aber du klingst im Moment völlig überfordert mit deiner derzeitigen Lebenssituation insgesamt. Und da solltest du schon etwas Druck rausnehmen, damit du dich nicht ständig weiter überforderst und psychisch irgendwann wirklich zusammen klappst.
Irgendeinen Weg wird es da auf jeden Fall geben, die Überforderung etwas zu reduzieren. Du bist ja immer noch ein Mensch und keine Maschine.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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jiyuuni
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Beitrag Di., 03.04.2018, 11:30

Danke erstmal für eure Antworten!

ingwer 75
von Kindheit an wurde mir eingepflanzt, dass man nur was wert ist, wenn man arbeitet und das krieg ich glaub ich in diesem Leben nicht mehr raus.
Das stimmt. Arbeiten für die Rente, von der man eh nix mehr hat, dafür ein Leben zu leben, was dann oft darin endet dass man sein Leben verarbeitet, nicht mehr und nicht weniger. Wie ist das denn, in dieser psychatrischen Klinik wo du jetzt gerade bist ingwer, sicherlich wirst du nicht für immer dort bleiben oder? und wirst sozusagen zwangs" wiedereingegliedert?

~~~:
Aber im Unterschied zu dir, denke ich, dass es den meisten Menschen mehr oder weniger so geht, wie uns. Aber keiner spricht darüber aus Angst. Angst vor so vielem.
Alle sind ruhig gestellt, genauso wie wir.
interessante Theorie, habe ich auch oft gedacht. wenn ich andere frage, habe ich oft das Gefühl, dass es ihnen nicht so viel auszumachen scheint, dass sie eben damit klar kommen, und ich komme/kam nie damit klar. nat. auch von außen immer zu hören bekommen: "da muss man durch, keine Arbeit, kein Vergnügen etc. oder noch schlimmer: "Denk an deine Rente!"
Klar gibt es Auswege, aber dazu braucht man eben Mut.
Aber bei dir finde ich das komisch, weil du hast dich ja getraut nach Japan zu gehen und da neu anzufangen. Also hast du ja diesen Mut in dir, was ganz neues auszuprobieren.
Was hindert dich denn daran woanders noch mal neu anzufangen?
Ich hab schon oft in meinem Leben etwas Neues angefangen, dann wieder beendet. Ausbildung, dann Studium in ganz anderem Bereich, 1 Jahr in dem Job gearbeitet dann nach Japan geflohen. Aber es stimmt, letzterer war der größte Schritt meines lebens, zumal ich vorher noch nie weiter als bis Italien gekommen war und sehr behütet vom Elternhaus aufgewachsen bin, dann plötzlich total auf mich allein gestellt war. Das war am Anfang auch hammerhart. Das kostet unglaublich viel Kraft, die ich da damals aus meinem Hobby "Sprache und Kultur" geschöpft habe, mir ein Jahr zuvor aufgebaut habe. Ich glaube das war der Zeitraum, in dem ich am Meisten Ehrgeiz und Motivation hatte. Denk gerne daran zurück, wieviel Vorbereitung dahintersteckte etc.. wie ich immer Treffen mit Japanern organisierte, ganze Stammtische und dieses große Ziel, eine Perspektive vor mir hatte. Es war auch ehrlich gesagt erst mal gar nicht geplant, dass ich ewig bleibe, nur ein Jahr und dann mal weitersehen. Vielleicht bleiben, sollte ich tatsächlich einen guten Job finden, denn der Beruf war auch Neuland für mich, ich wusste nicht, ob es mir gefällt oder nicht.

Kraft und Motivation habe ich leider überhaupt nicht mehr. Irgendwann ist Schluss denke ich, da hat man keine Energie mehr für solche Sprünge... aber du hast Recht, ich werde mit Sicherheit wieder vor der großen Wende stehen, wenn nicht jetzt dann eben in 1-2-3 Jahren. Denn wenn man hier in Japan, krank oder alt ist, hat man gelinde ausgedrückt versch...
ganz besonders wenn man ohne Familie ist. (ist glaub ich auch mit ein Grund warum hier soviel Wert auf Ehe und Familie gelegt wird)

Also wie gesagt, ich denke, dass mir dieser Schritt bevorstehen wird, aber ich habe einfach so eine große innere Leere in mir, keine Perspektive, keine Motivation und der Kern des Problems liegt eben daran, dass ich mit dem Arbeitsleben in der heutigen Gesellschaft nicht zurecht komme, das würde ich dann auch nicht in einem anderen Job oder wieder anderen Job.. und ich bin nicht mehr Anfang 20. Ein Traum für mich wäre es einen Teilzeitjob 4 Tage die Woche zu machen (auch wenn ich dafür jetzt hier gleich ausgelacht oder als faul bezeichnet werde). Und wenn nicht Teilzeit, dann eben 4 Tage Vollzeit (und 3 Tage aufladen). Aber ich glaube einfach, dass meine Vorstellungen ziemlich von der Realität abweichen. hab auch nicht so hohe Ansprüche was Wohnung oder so angeht, aber das wäre das einzige, was noch eine Perspektive/ein Ziel für mich darstellen würde im Leben.
Probleme mit anderen Menschen habe ich auch. Aber das Problem sind aus meiner Sicht nie die anderen Menschen.
Ja das sehe ich ganz genauso, das Problem sind nicht die anderen Menschen, sondern "ICH" haben mit den anderen Menschen Probleme, das betrachte ich schon differenziert, es ist weil ich eben so anders/schwierig/hypersensibel/nicht bes. sozial bin u. noch andere Gründe. ich hatte schon immer da Probleme. war immer froh, wenn ich eine beste Freundin in der ganzen Klasse hatte und das genügte mir. Ich muss zugeben, dass ich immer schon bisschen gesponnen habe, mich lieber eingegraben und gemalt habe usw.. in meiner eigenen Fantasiewelten lebte. Ich bin eigtl. erst jetzt so richtig dazu gekommen, mich einfach so zu akzeptieren, egal was andere sagen dazu. Aber es war und ist nicht immer einfach.
Zuletzt geändert von jiyuuni am Di., 03.04.2018, 12:06, insgesamt 2-mal geändert.

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jiyuuni
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Beitrag Di., 03.04.2018, 11:44

Nochmal zu der Rente und dem System:

in meinen Augen, verarbeiten wir Menschen, die schönste Zeit, die Blütezeit des Lebens. Wir stecken all unsere Lebensenergie in Arbeit. Geredet wird so: Später wenn ich mich dann mal zur Ruhe setze blaaa (dann mach ich dies oder jenes Hobby) oder: Zahl schön für deine Rente rein, damit du später gut leben kannst.

Was ist denn mit jetzt?

Für mich sieht es nämlich so aus:

1) einige/vllt. sogar mehrere erreichen das Rentenalter nicht mal,

2) viele erkranken vorher oder kurz danach schwer (in 90% der Fälle an Krebs und die Anzahl der Erkrankung steigt rasant).

3) die meisten werden irgendein gesundheitl. Problem haben oder sich nicht mehr fit genug fühlen, nicht mehr soviel schaffen etc. weil die Zeit in der sie hätten leben können, haben sie sich kaputt geschuftet.

Pluspunkt: Wenn man Familie hat, dann ist diese aber dadurch meist wenigstens etwas versorgt. Ist man allein... naja


sry, wenn das jetzt zu negativ klingt, aber ich komm einfach nicht drumhin so zu denken, weil es die Wahrheit ist. Aber einen Ausweg außer auf Hartz4 abszusteigen sehe ich gerade auch nciht.

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Hiob
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Beitrag Di., 03.04.2018, 13:56

Ich vermute, in einigen Jahren wird das Renteneintrittsalter schrittweise auf 68 oder 69 angehoben, um den gestiegenen Belastungen der Rentenkasse gerecht zu werden. Für jeden Monat früheren Renteneintritt kürzt man bereits heute die Rente um 0,3% , also pro Jahr u 3,6%.

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ingwer75
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Beitrag Mi., 04.04.2018, 18:31

Vor Kurzem war ich in Brüssel und lernte dort eine japanischen Urlauberin kennen, die im selben Hostel wie ich abgestiegen war. Um 4 Uhr morgen hörte ich, wie Sayaka—meine neue japanische Freundin—in ihr Handy flüsterte und sich aus dem Bett und hinunter in den Computerraum schlich. Neugierig wie ich bin, wollte ich natürlich wissen, was sie im Schilde führte. War sie eine Spionin, die im Auftrag der Besitzer die Hostelgäste bespitzelte? Eine Bekloppte, die Nachrichten an ihre Eltern lieber mitten in der Nacht versendete, weil sie sich unwohl dabei fühlte, das Internet bei Tageslicht zu benutzen?



Alles falsch. Wie sich herausstellte, war es ihr einziger Urlaub in diesem Jahr, und der frühmorgendliche Computercheck diente dazu, eine ziemlich „wichtige" Arbeit für ihren Boss fertig zu machen, was eine ziemlich beschissene Art ist, seinen Urlaub zu verbringen. Anderseits, immer noch besser als die 16-Stunden-Tage im Büro, die sie zu Hause erwarteten..............................Ich stelle mir Japan genau so vor!!!
Ich bin nicht welt oder kulturell bewandert, aber für sensible Menschen, die einen Job machen sollen,wollen, müssen etc.....muss ausgerechnet Japan ja echt der absolute Horror sein oder?

Bewundernswert dein Mut und deine Kraft in ein ein anderes, so weit entferntes Land zu ziehen, aber wahr es denn wirklich eine gute Entscheidung?

Gefangen im "System" sind wir so ziemlich alle, man sollte sich wenigstens diesbzgl. nicht noch mehr Schwere auferlegen als sowieso schon erwartet wird oder wie man es von sich selbst erwartet.
Du bist nicht gebunden oder? Vielleicht sollte dich dein Weg woanders hinführen hm?
Viel Kraft und vor allem Freude jedenfalls für den beschwerlichen Weg.

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jiyuuni
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Beitrag Do., 05.04.2018, 23:16

Vielen Dank für Eure Beiträge, und Ingwer75:
genauso ist es! Die Menschen hier haben nur 10 Tage Urlaub im Jahr von denen sie die meisten aus Solidarität nicht nehmen oder Druck von oben und von der Seite. In meinem Job ist es nicht so, nur mal vorweg, ich habe ja verhältnismäßig echt glück gehabt, weshalb mich auch viele nicht verstehen, ich mich selbst ja auch nicht.

Und wollen sie in einer Woche dann ganz Europa sehen, weil sie wahrsch. nie wieder so einen Urlaub machen können. So dass sie dann auch noch ihren Kindern und Enkeln davon erzählen können, dass sie mal in Europa waren, mit tausend Fotos belegt. Ich schreib später nochmal. ...

ps. wie kann man hier eigtl. irgendwas wieder löschen?? Finde das etwas befremdlich, dass das nciht so einfach geht hier. .. insbes wenn man viel persönliches geschrieben hat...

Nochmal ps: kann es sein dass der Name meines Beitrags geändert wurde? Ich finde die neue Überschrift extrem unpassend.

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Gewitter
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Beitrag So., 08.04.2018, 06:59

Hallo,
Ein Traum für mich wäre es einen Teilzeitjob 4 Tage die Woche zu machen
Diesen Traum haben wohl die meisten Menschen aber die wenigsten können sich es leisten.

Du lebst erst vier Jahre in Japan und hast keine Familie dort. Dann könntest du doch wieder nach Deutschland zurückzukehren, wenn du dich in der dortigen Gesellschaft nicht wohlfühlst. Warum machst du das nicht?

Ich habe schon viele Menschen kennengelernt, die aus ihrem Land (ich meine jetzt nur diejenigen, die aus Wohlstandsländern kommen) ausgewandert sind, weil sie das dortige System nicht gut finden. Wenn sie aber im Ausland sind, stellen sie fest, dass dort auch genügend gesellschaftliche Probleme herrschen.
Mir sagte einmal vor vielen Jahren jemand, du kannst noch so weit wegziehen, deine Probleme nimmst du immer im Rucksack mit.

An deiner Stelle, würde ich zurück nach Deutschland gehen.

Liebe Grüße
Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.
:rose:

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joey23
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:50

Liebe jiyuuni,

also erstmal auch von mir: Dass Du es gewagt hast, in ein ganz fremdes Land zu ziehen, dine ich beachtlich. ... Chapeau!

Ich hab auch mal eine Zeit lang auf einem anderen Kontinent gelebt, auch dort mit sehr kleinem Stellenanteil gearbeitet, kannte dort jedoch schon jemanden. Dennoch... Ich kann daher ein Stück nachvollziehen, was Du meinst bzgl. Anstrengung.
Mir ging es damals so, dass ich wieder zurück nach Deutschland gegangen bin, weil das "Andere" für mich zu viel war. Trotzdem war dieser "Umweg" gut. So wusste ich besser bescheid, was mir gut tut und wo meine Belastungsgrenze ist.

Ich glaub, was einem vor so einer Auswanderung nicht so klar ist und sein kann, weil man es erst die Erfarung machen muss:
Neben vielem Neuen, was einen ja auch reizen kann, bedeutet es gleichzeitig auch Verlust von Gewohntem und vor allem Vertrautem:
Allem voran die Sprache. So richtig frei lässt sich nur in der eigenen Muttersprache sprechen. Bzgl. eher oberflächlichem Austausch vielleicht nicht soooo wichtig. Doch wenn es um die tiefere Ebene geht, besonders auch mal um Entlastung und Formulierung con emotionaler Stimmung, dazugehöriger Gedanken, dann kann es sehr blockierend sein, nicht in der eigenen Sprache kommunizieren zu können. Ebenso was den eigenen Witz und spontane Wortspielerei abgeht, geht es meiner Erfahrung nach am leichtesten in der Muttersprache. Von daher kann ein wichtiger Anteil so gar nicht richtig ausgelebt werden. - Hast Du denn Kontakt zu deutschsprachigen Menschen dort? Hast Du deutsche Kolleg*innen?

Naja, und auch die Kultur ist in Japan ja eine ganz andere. Mit der sind wir "verwachsen", sie macht uns aus. Es kann viele Jahre dauern, in die neue hinein zu wachsen, und vielleicht kommt man nie wirklich richtig dort an, fühlt sich weitgehend fremd.

Dazu noch ein anderes gesellschaftliches Miteinander z.B. bzgl. Arbeits-, politisches System....
Wie Du ja z.B. auch schreibst, besteht in Japan nicht so eine soziale Absicherung wie in Deutschland. Auch wenn es hier nicht sooo rosig ist, ist es immer noch besser als in anderen Ländern. 10 Tage ist ein Witz. Und selbst wenn, so wie bei uns, durchschnittlich 28 Tage/Jahr für komplett eigene Freizeitgestaltung und Erholung zur Verfügung stehen.... Es ersetz nicht eine ganz eigene inidividuelle Lebensgestaltung, zu der auch Arbeitengehen/sinnvolle Beschäftigung gehört.

Also.... Du erlebst zum Einen viel Verlust von Gewohntem. Auch wenn da nicht alles so ganz stimmig für Dich war bzgl. Beziehungen und auch gesellschaftlich, Du wusstest, wie das System tickt.
Außerdem hast Du Deinen liebten Vater erst vor 2 Jahren verloren und bist offensichtlich nch im Aufarbeitungs- und Trauerprozess. Auch das kostet Energie.

Wenn ich Dich lese, scheint es mir, Du bist auf der Suche. Auf der Suche danach, wer Du wirklich bist. Passt das?

Du hast schon Vieles ausprobiert in Deinem Ursprungsland. Das, was zu Dir passt, hast Du dort nicht gefunden, und suchst nun in einem anderen Land danach. Die Vorbereitungsphase hast Du, wie Du schreibst, genossen, konntest viel Energie mobilisieren. Macht ja auch Spaß, sich für ein Herzensprojekt zu engagagieren. Ich nehme an, Du warst voller Spannung und Vorfreude auf die neue Erfahrung in einem anderen Land.
Da steckt ja auch Neugier drin und Begeisterungsfähigkeit. Guck, das ist zum Beispiel etwas, was zu Deinem "echten" Selbst gehört. :)
Und Du bist abenteuerlustig! :)
Du wagst es, über Deine Komfortzone hinaus zu gehen und sogar Landesgrenzen zu überschreiten. D.h. Du bist auch sehr mutig! :)
Du hast Dich aus einer destruktiven Beziehung gelöst. D.h. Dich für Dein Wohlergehen eingesetzt! :)
Und Du hast Dich dabei unterstützen lassen (Therapie), d.h. Du kannst Hilfe annehmen! :)
….(2)
:tippen: Ich bitte um Geduld. Ich übe mich gerade darin, eine Kurzschreiberin zu werden.
**********************************************************
"Ich setzte einen Fuß in die Luft
und sie trug."

(Hilde Domin)

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joey23
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:51

….
Ich finde es ganz "normal" heraus finden zu wollen, wer man wirklich ist, also seine Einigartigkeit entdecken möchte und auch das Bedürfnis hat, sie auszuleben und sein Leben möglichst nah daran ausrichten zu wollen.
Und das geht "nur" über das Ausprobieren, über das Sammeln von Erfahrungen, über die man sich selbst jeden Tag neu kennenlernt. Auch im Austausch mit anderen Menschen, evtl. aus anderen Kulturkreisen, Feedback bekommen, was andere in einem sehen, und natürlich so wie so ständig durch ein Gegenüber gespiegelt bekommen, wie man gerade ist.
Das bedeutet: Du kannst Dich trotz allem eigentlich "nur" in Dir selbst finden, egal wo Du bist.
Du kannst Dein "falsches" oder unauthentisches Selbst und daran ausgerichtetes Leben nicht einfach so hinter Dir lassen, in dem Du den Ort wechselst. Ob Du nun 100 Meter weiter bis zur nächsten Straßenecke gehst oder tausende Kilometer in ein anderes Land... Selbst wenn Du zum Mond fliegen würdest.... Alles, was zu Dir gehört, inkl. bisheriger Erfahrungen, alten, neu entdeckten Bedürfnissen, Gefühlsreaktionen, Gedanken trägst Du in Dir.

Ja, es ist sehr anstrengend, zieht viel Energie, kostet Kraft, die sich mehr und mehr erschöpft, wenn Du hauptsächlich ins Aktionismus verfällst, d.h. viel Aufmerksamkeit auf das Tun (und Funktionieren) verwendest... anstatt auf das Sein. Denn sich eher auf das Sein zu forkussieren, hat mit Achtsamkeit zu tun, mit Beobachten... sich selbst und die Umwelt. Ins Spüren zu gehen. Sich sich selbst und der Umgebung gewahr werden.
Und daür braucht Du "Raum" in Dir. Und es wird egal, wo Du bist.
Kennst Du Eckhart Tolle? Er ist für mich nicht das Maß aller Dinge. Doch ich finde, er kann durchaus gut rüber bringen, was bewussteres Leben ausmacht. Als Beispiel, falls Du Interesse hast, mal rein zu hören: www.youtube.com/watch?v=KizIdnzXrHc oder google selbst.

Hinzu kommt, dass Du hochsensibel bist, wie Du schreibst. Bedeutet sehr durchlässig zu sein, viele Reize wahrzunehmen mit der Tendenz, sie auch aufzunehmen, also "fremde" Energie aufzunehmen... und ggf. darauf zu reagieren. Ebenso, dass die "eigene" Energie schnell aus einem herausfließen kann, z.B. auch dadurch, viel für andere zu tun.
Ich weiß nicht, ob du in einer dicht besiedelten Stadt in Japan lebst. Wenn ja, spielt auch hier keine Rolle, in welchem Land sie ist. Von sehr vielen Menschen umgeben zu sein, bedeutet zwangsläufig, einem dichten Reizteppich ausgeliefert zu sein. Das kann zu viel sein für einen hochsensiblen Menschen, womit auch immer es zusammenhängt, dass es so ist oder geworden ist. (Auch das kenne ich von mir.) Es bedeutet ja nicht, besonders oder irgendwie höherwertig zu sein. Doch es badarf einer sehr guten Selbstfürsorge, nämlich zu lernen, sich angemessen schützen und diesen Schutz wie über einen Dimmer flexibel regulieren zu können.
Spür- und Energiearbeit kann dabei gut unterstützen. Wie z.B. Taiji, QiGong oder so.

Daher: Meines Erachtens geht es darum, Dich selbst zu entdecken und mit Dir einen Umgang zu finden, mit Dir eine achtsame Beziehung aufzubauen. Wo auch immer Du lebst. Gleichzeitig: Wenn Du Dich in einem Umfeld bewegst, das sich für Dich vorwiegend unangenehm anfühlt, kann es auch bedeuten, eine anderes auszuprobieren. So lange bis alles für Dich passt.
Der Weg ist tatsächlich das Ziel.
Ich weiß selbst, dass das herausfordernd ist und anstrengend sein kann. Die Alternative wäre, sich aufzugeben. Jeder hat Entscheidungsfreiheit, doch ich glaube, das wäre Deine nicht, sondern die Entscheidung für das Leben und zwar DEIN Leben, hm?

Kannst Du mit dem, was mir durch den Sinn geht, etwas anfangen? Berührt Dich da etwas?

Liebe Grüße von Deutschland nach Japan :hallo:
joey
:tippen: Ich bitte um Geduld. Ich übe mich gerade darin, eine Kurzschreiberin zu werden.
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"Ich setzte einen Fuß in die Luft
und sie trug."

(Hilde Domin)

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