Beziehung mit einem Österreicher als Türkin

Fragen, Probleme und Austausch über kulturbezogene Probleme, Aus- und Einwanderung (Migration) und bikulturelle Partnerschaften

Eremit
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Beitrag Do., 03.01.2019, 18:32

Sailor hat geschrieben:(…) wenn man selbest nicht so aufgezogen wurde (…)
Und woher willst Du das wissen?

Zudem kriegt man auch genug mit, wenn man mit Menschen aufwächst, die einen solchen kulturellen Hintergrund haben. Mehr, als einem lieb sein kann. Umgekehrt ist es ja genauso.
Sailor hat geschrieben:Natürlich gibt es sicher auch extrem Familien die dann auch Gewalt als Lösung ansehen, aber nicht alle sind so.
Nicht alle. Aber verdammt viele.

Gewalt findet sich in der einen oder anderen Form wie Intensität in jeder Familie, angefangen bei Erpressung. Das liegt schon daran, dass fast alle Eltern ihre Kinder als ihr Eigentum ansehen und nicht als eigenständige Wesen – ist ein kulturübergreifendes Phänomen. Wenn es aber um körperliche Gewalt geht, gibt es da deutliche Tendenzen.

Ich hatte auch mal zwei Mitbewohner, er Österreicher, sie aus dem nahen Osten. Die beiden wurden ein Paar. Der Vater stand immer wieder auf der Matte und wollte die Tochter gewaltsam aus der Wohnung zerren, nötigenfalls an den Haaren. Als er damit keinen Erfolg hatte, hat er jüngere männliche Verwandte vorbeigeschickt (entfernte Cousins), die damit drohten, die Tür aufzubrechen, wenn wir sie nicht rausschicken würden. Immerhin waren sie so klug, es nicht zu versuchen. Dann wurde mehrmals die Polizei vorbeigeschickt mit der Geschichte, wir würden die Tochter gegen deren Willen festhalten. :lol: Da das auch nichts gebracht hat blieb nur noch das Vorschicken der Mutter, die der Tochter Schuldgefühle ohne Ende eingeredet hat, was aber auch nicht das gewünschte Resultat hatte.

Nach einigen Jahren zerbrach dann die Beziehung doch noch aufgrund der unterschiedlichen Wertvorstellungen, weil sie dachte, sie könnte das Beste aus beiden Welten haben, also auf der einen Seite westliche Freiheit, auf der anderen rundum finanziell versorgt werden, wie es für Frauen in ihrem Herkunftsland noch heute üblich ist. Hat es aber nicht gespielt. Versorgt zu werden war ihr dann doch wichtiger als persönliche Freiheit, weswegen sie dann einen Mann mit einem ähnlichen kulturellen Hintergrund geheiratet hat, der ihr alles gezahlt, sie aber auch jeden Tag aufs Übelste beschimpft und geschlagen hat. Immerhin traditionsbewusst …

Jeder Mensch muss da seine eigenen Entscheidungen treffen. Ich weiß nur: Wer versucht, alles zu haben, hat am Ende immer am wenigsten, weder das Alte, noch das Neue, weder Sicherheit, noch Freiheit.

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Sailor
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Beitrag Do., 03.01.2019, 19:43

Lieber Eremit,

Danke für deine Antwort und deine Erfahrung.

Ich habe bereits eine Ehe hinter mir und habe ein wundervolles Kind so wie mein Freund, der sogar zwei Kinder hat. Beide unserer Ehen war mit Menschen die den selben kulturellen Hintergrund hatten, jedoch scheiterten.

Es geht mir weder um Freiheit noch um finanzielle Versorgung. Finanziell bin ich Gott sei Dank gesichert, da ich eine ordentliche Arbeit habe und mein Freund genauso. Und Freiheit liegt bei jedem selber, wie er/sie es für sich definiert. Für manche ist eine Beziehung bereits schon Freiheitsentzug.

Aber ich möchte hier nicht unbedingt philosophische/psychologische Aspekte diskutieren.

Es ging mir lediglich um die Dame und das Resultat.

Schön wäre es wenn man Familie und Liebe vereinen könnte, dass man nicht alles im Leben haben kann ist mir durchaus bewusst.

Naja, was will man machen. Die Zeit wird es zeigen.
Danke :)

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Broken Wing
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Beitrag Do., 03.01.2019, 20:39

Muss dich enttäuschen, hatte so eine tolle Familie und tja, sie nervt mich noch immer!
Wenn deine nicht gewalttätig ist, würde ich sagen: Für Verhältnisse, die ich in Migrantenfamilien kenne, ist das schon hochgebildet.

Dass dich dein Freund liebt ist ja toll. Aber beim Versuch, mit allem in Einklang zu kommen, geht alles vor die Hund'.

Keine Sorge, ich meine da auch nicht nur Migrantenfamilien. Es gibt solche Zuständ auch bei waschechten Einheimischen. Aber weil die Verbindungen loser sind und die Familien kleiner und weniger hirarchisch, können sie weniger anrichten.
Im Grunde ist bei einer derart starken Struktur schon der psychische Druck enorm, dass der Kampf dagegen viele Ressourcen verschlingt.

Trotzdem kenne ich Großfamilien, die relativ gut funktionieren. Stress gibt es da natürlich auch, wie in jeder Beziehung. Aber nicht im Übermaß wie bei diesen, wo der Begriff Familienbande wirklich angebracht ist.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Sailor
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Beitrag Fr., 04.01.2019, 13:25

Lieber Broken Wing,

auch dir danke ich für dein Antwort.

Großfamilie habe ich gott sei dank nicht, aber doch eine starke Bindung zu meiner Familie und natürlich spielt die strenge Erziehung, die ich genießen drufte, eine Rolle. Wie schon erwähnt, hofft man doch, dass man Familie und Beziehung zusammen haben kann. Bwusst ist mir natürlich, dass man nicht alles im Leben haben kann, so wie man es sich wünscht.

Aber ja der Druck den ich gerde durchlebe ist nicht sehr schön und man sucht eben nach Lösungen und Erfahrungen um vielleicht etwas Hoffnung und Kraft darauß zu schöpfen.

Ich wünsche ein erholsames Wochenende

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Eremit
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Beitrag Fr., 04.01.2019, 14:34

Sailor hat geschrieben:Und Freiheit liegt bei jedem selber, wie er/sie es für sich definiert.
Sowas würdest Du nicht schreiben, wenn es Dir Freiheit nicht wichtig wäre. Dazu zählt ja auch, Freiheit individuelle definieren zu können/dürfen, oder nicht?
Sailor hat geschrieben:Schön wäre es wenn man Familie und Liebe vereinen könnte (…)
Wenn die Wertsysteme zu unterschiedlich sind, dann geht das nicht. Aber erlaube mir die Frage: warum willst Du beides miteinander überhaupt vereinen? Wenn Dir Deine persönliche Freiheit wichtig ist und Du einen eher modernen "westlichen" Lebensstil pflegst, dann wirst Du doch schon von Dir aus wenig Kontakt zu Deiner Herkunftsfamilie pflegen, oder nicht?
Broken Wing hat geschrieben:Es gibt solche Zuständ auch bei waschechten Einheimischen.
Oh ja, und das kann schon vollauf reichen. Allein die Unterschiede zwischen Großstadt und Provinz sind oft groß genug, um erhebliche Probleme zu verursachen.
Sailor hat geschrieben:Aber ja der Druck den ich gerde durchlebe ist nicht sehr schön und man sucht eben nach Lösungen und Erfahrungen um vielleicht etwas Hoffnung und Kraft darauß zu schöpfen.
Inwiefern wird denn Druck auf Dich ausgeübt?

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Reini42
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Beitrag Mi., 09.01.2019, 14:01

Liebe Seglerin, wo ist das Problem? Dein Freund soll sich einfach zum Philotürken erklären. Also einer, der die Türkei und die türkischen Leute lieb hat usw. Und wenn er eine Türkin liebt, dann wird das kein Problem sein. Und Türken sind zwar sehr chauvinistisch, aber nicht ethnisch fixiert, also nicht rassistisch, stimmts? Mit so einem Philotürken dürften sie kein Problem haben. Wenn jedoch dein Freund meint dich zu lieben, aber mit deinem Herkunftsland nichts zu tun haben zu wollen, dann würde ich an deiner Stelle lieber Abstand nehmen bevor du dir vielleicht eines Tages von ihm ständig anhören musst: scheizztürken hier, scheizztürken da. Sorry.


Eremit
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Beitrag Mi., 09.01.2019, 18:23

Respekt bekommt man nicht, indem man sich anbiedert. Man muss hart bleiben, sich durchboxen. Dann hat man unter Umständen eine Chance, so weit akzeptiert zu werden, dass man größtenteils in Ruhe gelassen wird.

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Reini42
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Beitrag Do., 10.01.2019, 14:35

Wenn du zu den Türken nicht gehören willst, dann ja. Musst aber trotzdem "korrekt" sein, also kein "ehrloses" Handeln und so.

Bei den Türken gilt immer noch die Großfamilie, der Stamm. Das hat Vorteile aber auch Nachteile. Vorteile sind Schutz, Absicherung etc., Nachteil die beschränkte persönliche Autonomie, das Diktat der Familie und Verwandschaft. Den Türken ist im Prinzip jeder willkommen. Wie ich oben schrieb, Türken sind nicht rassistisch. Nur muss sich derjenige der Familie, dem Stamm anschließen. Probleme bei interkulturellen Beziehungen tauchen dann auf, wenn sich derjenige den Türken verweigert. Der ist dann der Dieb, der Räuber, der den Stamm bestiehlt, eben das Familienmitglied, und ihn schwächt.

So weit meine Realisierung.

Und bevor jemand schimpft: Jo, die Ausländer - die Welt besteht nicht nur aus den Alpen :-P


Eremit
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Beitrag Sa., 12.01.2019, 09:31

Reini42 hat geschrieben:Den Türken ist im Prinzip jeder willkommen.
Abgesehen von Juden. Oder Schwarzafrikanern. Oder Kurden. Oder, oder …
Reini42 hat geschrieben:Wie ich oben schrieb, Türken sind nicht rassistisch.
Stimmt nur nicht. Türken sind nicht weniger rassistisch als alle anderen …

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 12.01.2019, 10:41

Zum Philotürken zu erklären reicht bei Moslems nicht. Das mindeste wäre, zumindestens den Formalakt der Konvertierung zum Islam zu vollziehen. Je nach Strenge war es das oder es kommt noch Einiges dazu: 5x täglich in einer Sprache beten, die niemand von den praktizierenden versteht zB. Alles Kleinigkeiten, was tut man nicht alles für die Geliebte. Ich habe, selbst zu Zeiten meiner Gläubigkeit, die ewige Hölle vorgezogen statt mitzumachen. Erstens mag ich es, wenn es hell und heiß ist und zweitens habe ich mir von einem Hochheiligen sagen lassen, dass ich aufgrund meiner schweren Last einer Behinderung sowieso in den Himmel komme. Also eh wuascht.

Als Mann hättest du es leichter, weil ein Moslem auch eine Ungläubige heiraten darf, sofern sie es zulässt, dass die Kinder und der Ehemann im islamischen Glauben leben. Bei der Heirat werden sogar lockere Gläubige etwas unsicher, das ist etwas, wo die Eltern verpflichtet sind zu handeln, wenn ihr Kind sein Wohlergehen im Jenseits aufs Spiel setzt.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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