'saubere Gewalt' - Trauma durch medizinische Massnahmen

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Jesusechse
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'saubere Gewalt' - Trauma durch medizinische Massnahmen

Beitrag Mo., 10.05.2010, 07:55

Ich wollte hier einen Thread eröffnen, für diejenigen Menschen, die durch medizinische Maßnahmen traumatisiert wurden.

Ich bezeichne diese Art von traumatischen Erfahrungen gerne als "saubere Gewalt", weil es ja idR rechtens war, mit diesen Menschen so umzugehen. Allerdings interessiert es unseren Körper wenig, ob etwas legal/gerechtfertigt ist, wenn man ihn schlimmen Belastungen aussetzt, wie etwa Schmerzen.

Dazu kommen die Ängste vor den Prozeduren, vor geplanten Eingriffen, invasive Maßnahmen lösen viele schlimme Gefühle aus: Ausgeliefertsein, Kontrollverlust, Nichtverstehen ("Was machen die mit mir?) oder Überwältigtwerden ("Alles ging ganz schnell. Ich wusste gar nicht, was da abgeht! Gefragt hat mich niemand, ob ich das will!"). Dazu kommt die Angst, vor der eigentlichen Erkrankung und den Folgen (Wird alles gutgehen? Bleiben Schäden zurück? Werde ich jemals normal leben können? Werde ich überhaupt leben?).

Dazu kommen viele andere Aspekte wie Schamgefühle, Ekelgefühle, wenn medizinische Maßnahmen die Intimsphäre betreffen, wenn, die abgelehnt werden, die Behandlung durchführen ("Der hatte ganz behaarte Arme und hat dauernd an mir rumgefummelt mit seinen Drecksschläuchen."), Schuldgefühle (Eine Last/Belastung für die Familie zu sein, Sorgen zu bereiten.).

Trennungen von Familie, Geschwistern. Krankenhausaufenthalte, lange Krankheitszeiten, in der Schule nicht mehr mitkommen sind auch die Begleiterscheinungen.

Und viele, die sich an nichts erinnern, sondern nur wissen, dass sie als Baby oder Kleinkind auf der Intensivstation waren, im Brutkasten waren, die bei der Geburt fast drauf gegangen sind, wissen gar nicht, dass sie höchstwahrscheinlich schwer traumatisiert sind und dass ihre psychosomatischen Erkrankungen dort ihre Ursache haben könnten.

Menschen jeden Alters sind von medizinischen Traumata betroffen. Alle haben andere Probleme damit. Kinder fühlen sich verlassen von den Eltern, keiner schützt, Medizin wird zur ausweglosen Falle, wehren bringt nichts, weglaufen geht nicht. Erwachsene fühlen sich wieder wie Kinder: Existenzielle Ängste, Ängste um die Ehepartner, eigenen Kinder.

Dazu kommt der oft unmenschliche Umgang mit Patienten durch die Mediziner in der somatischen Medizin. Die haben keine Zeit und sind im Dauerstress. Da kann man sich nicht mehr auf Patienten wirklich einstellen.

Dieser Thread ist für solche Menschen gedacht. Ich habe ihn eröffnet, weil ich von vielen weiß, die zwar ahnen/wissen, dass ihnen in dieser Form - zwar notwendige - Gewalt angetan wurde, die sich aber nicht trauen, sich als Gewalterfahrener zu sehen, weil sie denken: Geprügelt werden und sex. missbraucht wären ist das Einzige, was man als Gewalt bezeichnen darf. Tja, ich sag's mal so: Was "Gewalt" für uns wirklich ist, definiert unser Körper und unsere Seele und nicht die Meinung in der Öffentlichkeit.

Und ganz oft sind diese medizinisch notwendigen Traumatisierungen viel schmerzhafter und angsteinflößender gewesen, als vieles, was man unter sex. Missbrauch und Kindesmisshandlung kennt.

Ich finde, es wird Zeit, dass man auch diese vergessenen Traumapatienten endlich anerkennt und ernst nimmt.

Dazu ist anzumerken, dass es juristisch so ist, dass jeder Eingriff in den Körper eine Körperverletzung darstellt, die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen lässt nur die Rechtswidrigkeit entfallen. Wir haben es also tatsächlich mit "Gewalt" zu tun.

LG

Jesusechse

PS Ich denke, es werden hier kaum welche schreiben, weil diese Patienten selten selbstbewusst sind. Sie denken, neben Opfern von sex. Missbrauch und körperliche Gewalt in Beziehungen, Straftaten etca... dürften sie sich nicht einreihen. Das sehe ich nicht so. Ein weiterer Grund ist, dass für viele auch aus Scham nicht möglich ist, zu berichten, was ihnen passiert ist.

(Hinweis Admin: Betreffzeile präzisiert; leider ging sich das grammatikalisch korrekte "Traumata" nicht mehr aus..)

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jennyfer
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 08:18

Hallo,

ich musste drei Mal medizinische Gewalt miterleben. Zwei Mal indirekt, und einmal direkt. Ich wurde völlig unter Medikamenten dazugebracht zu unterschreiben, dass sie nicht schuld sind, wenn mein Baby stirbt, obwohl sie durch Feiertag, und keiner genauen Untersuchung fahrlässig gehantelt hatten.

Ich war verurteilt, abzusegnen, selber schuld zu sein, da ich ja unterschrieb...Somit hatten sie das Recht mir zu entreißen, mir rauszustemmen, was sie verbockt hatten. Drei Ärtze auf mir, zwei am anderen Ende, wobei einer davon mit einer Saugglocke an meinem Ungeborenen zerrte, während die anderen ihre Knie in mich mit vollem Gewicht in mich drückten.

"ihr Becken ist zu eng, wurde das nicht vermossen, nach eineinhalb Tagen in den Wehen liegen?". Zu spät, Herzschlag ... hin und wieder...liegt schon zu tief...raus damit...raus mit was? Mit meinem Leben in mir??

Völlig kreidebleich mir entrissen, alle sich davor gestellt, damit ich ihn nicht sehen kann, mir versagt, ihn auf mir spüren zu können, Schläuche, Ärzte schwirrten umher....weggebracht...

Bei meiner Zweiten Geburt, die selbe Hebamme....die sehr betroffen sagte...den ersten hätten wir fast verloren...

...

"drück sie ihm auf den Mund, sonst stirbt er".....Kinderschreien, wehrloses schreien..."mama, bitte nicht....bitte nicht.....bitte nicht....Gänsehaut...

....

Drei Ärzte um ein Kleinkind davon abzuhalten um aus Angst vom Tisch zu springen, damit es nicht stirbt...Überlebensgewalt...zum zweiten Male...hautnah.

Sein fünfjähriger Bruder hält seine Hand...

...

Narkose falsch gesetzt.....wehrlos, höre sie, sehe sie.....spüre, wie die Kanüle danaben gesetzt wird, kann durch vornarkose nicht mehr sprechen, bin gelähmt....

Seh die Uhr....

Seh den OP...

schnell.....andere Hand, schnell neu stechen, Zugang funktioniert nicht.....

Weggetreten...

Linke hand eine Woche lang betäubt....Narkose für einen ganzen Körper in einer Hand...

Konnte drei Tage nicht sprechen...musste lange überlegen, mich lange konzentrieren um ein Wort zu sagen...

....

Ich hatte niemals das Gefühl, darüber nicht reden zu dürfen. Weniger zu sein, im Schmerz. Nicht eine Sekunde. Daher kann ich den Inhalt deines Post´s nicht teilen, aber ich kann schreiben, es ist sehr ernst zu nehmen. Eine Auseinandersetzung, sehr wichtig.

Ich trage nicht das Gefühl in mir, mich überhaupt mit sexuellem Missbrauch duellieren zu müssen. Mir scheint, du hast sehr viel Wut in dir.

Ich denke, es bräuchte kein Vergleich anderen Schmerzen, um zu übermitteln, dass auch sowas sehr schlimm und traumatisierend sein kann. Sexueller (Kindes)missbrauch ist für mich unantastbar. Und trotzdem bleibt Leid, Leid...was nicht heisst, dass andere Schmerzen weniger sind. Ich persönlich mag es nicht, wenn zusammengewürfelt wird. Jedes Trauma ist für mich in sich ein Trauma. Dafür brauche ich keine Gegenüberstellung.

Liebe Grüße

jennyfer
...

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Jesusechse
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Beiträge: 702

Beitrag Mo., 10.05.2010, 08:38

Liebe jennyfer!

Ich hab' Deinen Post nicht ganz gelesen... nur ausschnittsweise..........DAS hat mir schon gereicht. Brutal, einfach nur unmenschlich, was Du da schreibst. Grausam, was Menschen aushalten müssen.

Zum Duell mit dem sex. MB:

Ja, da geb' ich Dir Recht, nötig sein sollte sowas nicht. Ob's nötig ist, weiß ich nicht.????

Für mich ist das aber so, seit ich sechs Monate lang in einer Psychosomatik war und mir jeden Tag von Opfern sex. Gewalt erzählen lassen durfte, dass ihre Gewalterfahrungen mit nichts zu topen seien. Ich schwieg und glaubte das. Heute bin ich nicht mehr so doof, gerade weil ich gesehen habe, das diese Patienten oft doch ein ganz gutes Leben trotzdem führen können. Davon bin ich weit, weit entfernt.

Als großes Problem sehe ich auch:

Wer schon von Medizinern, im medizinischen System traumatisiert wurde, hat wahnsinnige Schwierigkeiten, später Therapie zu machen, weil das Vertrauen in diese Berufsgruppe oft gänzlich zerstört wurde bzw. ambivalent ist.

Dir wünsche ich alles Gute und ein gutes Leben, auch wenn das alles passiert ist.

LG

Jesusechse

PS Ich möchte diesen Thread dann sich selbst überlassen, für alle, die hier schreiben wollen.

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Eve...
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 08:40

Ein sehr interessantes Thema ... Für mich ist es schon eine Art Gewalt, die in diese Rubrik passt, Menschen mit zehntausend Vorsorgemaßnahmen, die sie von sich aus gar nicht wollen würden, unter Druck zu setzen.

"Wie?! - Sie waren ein Jahr lang nicht zur Vorsorge zum *beliebig einsetzbar* - dann sehen Sie aber zu, dass Sie das erledigen, bevor ich hier weitermache ... " So erlebt. Finde ich Sch *** Und nun machen die Kassen auch noch indirekt Druck durch "Bonus-Systeme".

Nicht, dass ich den meisten Untersuchungen dieser Art, auch an völlig beschwerdefreien Menschen vorgenommen, ihren gewissen Nutzen absprechen will. Aber es sollte eine gute Aufklärung geben über Nutzen UND Risiken und dann sollte jeder das halten können, wie es ihm beliebt, es ist schließlich die eigene Gesundheit.

Wo kommen wir hin, wenn Big Brother über alles wacht und immer mehr erzwingt, was ihm (und in diesem Fall vor allem den Geldbeuteln der Ärzte) dient?!

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Eremit
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 09:12

Ich verlinke mal auf einen anderen Thread (letzter Beitrag auf der Seite):

viewtopic.php?f=20&t=14079&start=90

Eine weitere interessante Geschichte: Ich bekam aufgrund von Depressionen und Schlafproblemen Zyprexa verschrieben. Nach nur zehn Minuten Erstgespräch mit einer Psychiaterin. Allerdings, ohne mich über die mitunter tödlichen Nebenwirkungen zu informieren...

http://de.wikipedia.org/wiki/Olanzapin#Zyprexa-Skandal
http://gesundheit.blogger.de/stories/682391/
http://www.bpe-online.de/infopool/gesun ... yprexa.htm

Die Nebenwirkungen waren so stark, daß ich mich oft nicht daran erinnern konnte, wo ich wohnte oder wie mein Name lautete, ich konnte nicht mehr geradeaus gehen, nicht gerade stehen und den Mund nicht mehr schließen. Ich litt an schlimmen Kopfschmerzen und fortwährenden Schwindelgefühlen, fühlte mich, als wäre ich vergiftet, kam mir oft vor, als würde ich meinen Körper verlassen und sterben. Nach dreimonatiger Einnahme wollten die Nebenwirkungen noch immer nicht nachlassen, dennoch wurde ich weiter vertröstet, es würde sich schon von selbst einrichten. Nach eigenmächtigem Absetzen hieß es von Seiten dieser Psychiaterin, ich würde nicht mitarbeiten und wurde einfach weggeschickt, sodaß ich mir eine Lösung für meine Probleme selbst aus den Fingern saugen konnte.

Hinzu kommen weitere nette Geschichten - immer wieder mußte ich erleben, wie Psychiater meine Erlebnisse herunterspielten und bagatellisierten. Ich wurde im Namen Christi gefoltert, physisch und psychisch. Und weil meine Erlebnisse "schon nicht so schlimm sein werden", lief ich jahrelang mit einer Gaspistole und einer Axt im Rucksack durch die Gegend...

Gott sei Dank war es mir dann doch noch vergönnt, nach zwölf Jahren auf einen fähigen Psychiater zu treffen...

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schmetterling.1983
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 18:42

Mir reichen die Zahnarzt-, Kieferorthopäden-, Frauenarztbesuche, bei denen ich mir eigentlich grundsätzlich vorstelle wo anders zu sein und alle Muskeln angespannt habe.
Der Satz der oft kommt is dann....entpsannen Sie sich, rutschen Sie noch ein Stück zu mir, ich will ihnen ja nicht weh tun...
Dann denke ich mir oft, na klar, ein/e Fremde/r greift mit einem Metalteil in eine meiner Körperöffnungen...Wollen die mich veräppeln?!
Da soll ich mich entspannen? Mir ist es Egal ob etwas Trauma heißt oder körperlicher Eingriff oder nicht, wie auch immer, ich habe bisher immer Angst davor gehabt und verkrieche mich nach jedem Termin in meine Kuschelhose und trink heiße Schokolade oder so um mich zu trösten.
Aber leider wurde die Medizin noch nicht so weiter entwickelt, dass es auch ohne geht und irgendwo bin ich über die KK-leitung schon ganz froh, sonst würde ich wahrscheinlich erst dann gehen, wenn es zu spät ist.
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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Mirielle
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 20:39

Frauenarzt, oh ja das ist so ein Thema!!!
Ich krieg da immer dermaßen die Panik... Und dann misst mir die Assistentin den Blutdruck während die "nette" Ärztin in mir rumstochert- und dann heißts, ich hätte zu hohen Blutdruck und ich muss wieder nen Vortrag halten warum der so hoch ist. Verdammt, überzeugt die nicht mal ne 24h Messung die ich ja brav gemacht hab? Ich hab so ne Wut, jedesmal dasselbe!

Ich bin eh viel zu oft bei Ärzten weil ich irgendeine Immunschwäche habe die mir seit 6(!) Jahren keiner erklären kann und das macht mich sowieso verrückt und viel zu oft mit allem Möglichen krank! Blutanalysen, keiner sagt mir was jetzt los ist, alle starren sie nur doof auf die Befunde und ordnen irgendwelche Medikationen an. "Oh, Sie schon wieder? Na ja, nehmen wir soundsoviel von dem da und das da auch noch und machen wir mal wieder nen stationären Aufenthalt zur Abklärung (Was denn abklären bitte- es wird ja nie was gefunden was man bezeichnen könnte außer dieser verdammten hohen Antikörperkonzentration und dafür die ganzen unangenehmen Untersuchungen??? Nein, es ist keine Leukämie und auch kein AIDS und auch kein Hepatitis etc.). Guten Tag, das wird schon wieder!"
Ich hab es satt, satt, satt!!!!!!

Sorry für diesen Anfall- jetzt gehts mir besser.
glg Miri
*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*

"Die größte Macht hat wohl das richtige Wort zur richtigen Zeit..."
Mark Twain

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Taffi
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Beiträge: 484

Beitrag Di., 11.05.2010, 12:18

Meine Geburt... sowohl meine Mutter als auch ich wären fast verreckt. 24 Stunden dauerte meine Geburt. Ich kam auf "natürlichem Weg" zur Welt, wie man so sagt: blau angelaufen, meine Mutter fast verblutet. Meine Mutter sagte zu ihrer Schwester (nach 18 Stunden Kampf), sie soll die Ärzte verklagen, wenn nicht alles glimpflich endet.

....

Ich konnte gerade erst laufen und hab mir eine ordentliche Ladung kochenden Wassers über den Leib geschüttet. Kopf, Hals, der rechte Oberkörper und der rechte Arm waren verbrannt. Ich hab als nicht ganz 2-Jährige Wochen im Krankenhaus zugebracht - Tropf in der Stirn und mit den Händen ans Bett gefesselt, damit ich die Wunden nicht aufkratze.
Ich weiß noch genau, wie die Notaufnahme aussah... und das Zimmer bzw. die Wand über meinem Bettchen. Das hat sich eingebrannt.
Es hat viele Jahre, eher Jahrzehnte gedauert, bis ich ohne "aus dem Körper treten" Nadeln an mich heran lassen konnte. Bekam bis vor wenigen Jahren Angstzustände und Panikattacken, wenn ich Menschen in Kitteln gesehen habe. Egal, ob es Ärzte, Köche oder Reinigungskräfte waren. Und bis heute bekomme ich fürchterliche Schmerzen in den Handgelenken, wenn mir jemand was von Nadeln oder Unfällen erzählt. Kurios, nicht?

....

Zahnarzt-Besuch mit ca. 20 Jahren. Ich war ja eh schon vorbelastet und hatte Angst. Dann hat mir der blöde Arzt auf einem Nerv rumgebohrt. Ich hatte mich bemerkbar gemacht, gezappelt, brauchte eine Atempause und bat um eine Spritze! Aber der Drecksack hat mich angeschrien, ich möge mich "nicht so anstellen", und hat sich dann so mit seinem ganzen Gewicht auf mich gelegt (meine Arme darunter), dass ich nicht mehr zappeln konnte. Und er hat weitergemacht.
Verstehe bis heute nicht, warum ich den nicht angezeigt hab... Ich war fix und alle, hab stundenlang geheult, wochenlang Alpträume gehabt. Was der gemacht hat, empfand ich als pure Gewalt, quasi Vergewaltigung.

....

Vor wenigen Jahren wurde ich operiert. Not-OP. Es musste alles ganz schnell gehen. Die haben mich angeschossen mit Beruhigungsmitteln, damit sie mich für den OP vorbereiten konnten. Mit den Nachwirkungen der Narkose hatte ich lange zu kämpfen. Auch mit der OP an sich. Mir fehlte Zeit und dadurch Kontrolle über mich! Ich meine, ich lag zu dieser (noch dazu Unterleibs-) OP mehr oder weniger nackt da, auf einem Gynäkologen-Stuhl, auf den sie mich gehievt hatten, nachdem ich schon in Narkose war. Als ich aufwachte, fehlte mir sozusagen ein Stück meines Lebens. Irgendwie war mir, als gehörte ich mir nicht (mehr). Und auch der Folgetag: keine Erinnerung mehr daran. Einfach weg. Und die totale Desorientierung. Das fand ich schlimm; daran hatte ich lange zu knabbern.
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

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Aurora
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Beitrag Di., 11.05.2010, 22:07

Ich konnte gerade erst laufen und hab mir eine ordentliche Ladung kochenden Wassers über den Leib geschüttet.
Das ist mir als als 3 jährige auch passiert, aber bei mir war es nur der Oberkörper der das Wasser abbekommen hat. Ins Krankenhaus musste ich nicht, weil meine Mutter Krankenschwester war und mich selbst versorgen konnte, zum Glück sieht man heute nichts mehr davon. Gerade für kleine Kinder muss es schlimm sein, von den Eltern getrennt und allein in einem Krankenhaus liegen zu müssen, ich kann mir gut vorstellen, dass sowas sehr traumatisierend sein kann.

Einmal musste ich 5 Wochen lang mit unerträglichen Schmerzen in den Rippen immer wieder zum Arzt rennen und mich mit "ist nur ein normaler Muskelkater" wieder nach Hause schicken lassen, bis ich endlich geröngt wurde und 3 gebrochene Rippen gefunden wurden Naja Gewalt ist das nicht gewesen, aber es hat mir auch das Vertrauen in die Ärzte weigehend kaputt gemacht.

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Rezna
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Beitrag Di., 11.05.2010, 22:45

Meine Erfahrungen sind nicht so schlimm, wie die hier geschilderten. Aber mein erster Frauenarztbesuch (ich war 13) hat mich auf fast Jahrzehnte hinaus traumatisiert. Ich hasste Ärzte. Ich hasste es, eine Frau zu sein. Ich wollte nie Sex haben. Ich wollte nie selber Kinder bekommen. Ich empfand es als eine Ungerechtigkeit, mit Geschlechtsorganen gestraft zu sein.
Demütigung ist die Hauptempfindung, bei Kontakt mit Ärzten.
Und man spießte mir einen lebenden Nerv (den ich angeblich nicht mehr habe) auf und riss ihn heraus. Man glaubte mir nicht, dass ich nach einer Wurzelbehandlung noch Schmerzen empfinden könne. Danach musste man die Assistentin die "fündig" wurde fast wiederbeleben...

Was ich als "Beobachterin" an Anderen miterlebt habe, war jedoch weitaus schlimmer. Ich habe mehrere Krebspatienten begleitet - und meine Konsequenz daraus ist: Wenn es mich mit Krebs erwischt - mache ich um Krankenhäuser und ihre medizinische "Betreuung" einen eher großen Bogen.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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Erdbeermütze
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 12:46

Ich weis nicht ob das alles traumatisierend für mich war.

Ich war kein Wunschkind. Meine Mutter war im 6 Monat schwanger als sie es gemerkt hat das sie schwanger war. Bei meiner Geburt lag ihre Mutter im Sterben und 4 Tage später ist meine Oma dann gestorben. Durch mich konnte meine Mutter sich nicht von ihrer Mutter verabschieden.

Ich bin mit einen Blutscham auf den Bauch geboren. Den hat man mir, als ich 2 Tage alt war, ohne Betäubung / Narkose entfernt (weil Babys später nichts mehr davon wissen). Ich habe logischer weise wie am spieß geschrieen. Mein Vater meinte des wären Schlächter gewesen. Das hat sich auch alles immer wieder entzündet. Endresultat ist, das meine Narbe heute ein Ausmaß von ca. 15 cm Länge und 2 cm Dicke hat.

Als ich 11 Jahre alt war, hat meine Mutter meine Blase im Krankenhaus untersuchen lassen, weil ich noch immer im Bett genässt habe. Diese Untersuchung mit den äußeren Umständen war / ist für mich eine Wiederholung eines Traumatas gewesen. Ich weis heute noch…..

Mit 13 Jahren hat mir ein so genannter Zahnarzt einen Backenzahn ohne Betäubung gezogen. Ich lag 3 Tage vor Schmerzen im Bett und wusste nicht mehr ob ich Männchen oder Weibchen bin. Ich habe jetzt solche Angst davor, das wenn mir mal ein Zahn gezogen werden muss, man mich 3 Tage lang ins Koma versetzen muss und das meine ich ernst.

Mit 25 Jahren habe ich eine Bauspiegelung machen lassen. Wurde vorher auch nicht richtig aufgeklärt was alles gemacht wird. Habe vorher gedacht, das nur mit den Endoskob über den Bauchnabel geschaut wird. Den ersten Schock bekam ich, als ich im OP war und den Gyn-Stuhl gesehen habe. Ich musste mich schon in Position legen und dann haben die erst angefangen mich für die OP vorzubereiten, also erstmal ganz in Ruhe den Zugang gelegt usw. Haben noch Nichtmahls solange irgendetwas über mich gelegt. Lag da also breitbeinig mitten im Raum mit vielen Menschen um mich herum und einige die an mir herstocherten, es war für mich wie eine gefühlte Ewigkeit. Dieses ausgeliefert sein, die Menschenmengen, das nicht wissen was mit einen gemacht uuu.. Ich habe ca. 1/2 Jahr dafür gebrauch, das ich überhaupt ertragen konnte das mich jemand anfasst (ich denke aber ausgelöst von meiner Vorgeschichte).

Na ja und Frauenarzt ist sowieso ein Thema für sich. Wie auch schon hier geschrieben wurde, habe ich es erlebt, das die dich untersuchen und machen dich gleichzeitig fertig, Vorwürfe. Feingefühl haben die alle nicht, ich denke die stumpfen so ab, das die nicht mehr erkennen, das die einen Menschen mit Gefühlen vor sich haben, in einer doch recht demütigen Situation. Für die ist das täglich Brot. Selbst als ich mal erzählte, das ich ein Trauma habe, sind das immer noch Bauern. Eigentlich im Gegenteil, die interessiert es überhaupt nicht.

LG
Erdbeermütze

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carö
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 12:51

ich war ca. 3 -5 tage nach meiner geburt auf einer falschen station "verschollen". keiner hat mich gesucht, meine mutter fragte erst nach dieser zeit nach mir. man musste mich dann suchen gehn. ich verstehe ehrlich gesagt bis heute nicht, wie es passieren kann, dass ein neugeborenes in den tiefen einer klinik einfach verschwinden kann (wurde da zwar versorgt, aber das war dann auch schon) und niemand sich darum kümmert, wo die mutter ist.
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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dornentochter
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 21:32

Hallo Jesusechse,

ich habe gerade deinen Thread entdeckt. Eine sehr gute Idee!

Ich habe einige Erfahrungen, die ich hier beisteuern könnte.
Sexueller Mißbrauch und medizinische Gewalt würde ich nicht qualitativ abgrenzen wollen.
Angst, Gewalt und Schmerz sind immer schlimm!
Wage die These, dass Zustimmung zu med. Gewalt auch große innere Konflikte beschwören kann.

Zu den medizinischen Erfahrungen:

Meine Geburt: Meine Mutter hat nach stundenlangen Wehen ihre Mitarbeit eingestellt.Sie sollte nicht mehr - mich nicht mehr.....
Sie haben uns betäubt....Ich bin geholt worden. Kurz vor Mitternacht.
Gegen 7 Uhr Morgends hat sie mich dann gesehen....
Ich habe die nächsten 2 Jahre in Betäubung Schlaf verbracht. Siie musste mich wecken, damit ich trinke.....
Im alter ab 2....sex. mißbrauch....
mit 9 und 10 und 11.....auch.
Mutter schickt mich allein zum Zahnarzt. Panische angst....bohren ohne betäubung.....
mit 17 nasen op.....sie bekommen mich nicht wach, schreien mich an....
danach....tamponaden werden entfernt....nach 2 tagen. fest! die erste....ich schreie...wehre mich.... für die andere halten mich 2 schwestern fest....nein! werde allein gelassen...nase blutet wie verrückt...
mit 19 jahren werde ich brutal vergewaltigt....
fühle nichts mehr, kann ich nicht mehr erinnnern.....
....aber ich kann keine ärztliche untersuchungen mehr ertragen....
....nichts geht mehr!
nun habe ich ein gynäkologiches problem... meine phobie hat mich im griff...und ich muss nun sehen wie ich BEIDE probleme bewältige....

Und: gewalt ist gewalt!

gruß dornentochter
[hr][/hr]

-.- Ich fordere die Freiheit mit Gebrüll! nach Camille Claudel

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dornentochter
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 21:42

.....Ergänzung: so fühle ich mich mehrfach traumatisiert....

sexuell UND medizinisch!

Alles ist schlimm!
[hr][/hr]

-.- Ich fordere die Freiheit mit Gebrüll! nach Camille Claudel

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Jesusechse
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 22:06

Hi dornentochter!

Das ist z.B. eins der Folgeprobleme, dass man später Zeit seines Lebens mit dem Medizin-Sektor ein gestörtes Verhältnis hat. Und das wird dann besonders kritisch, wenn man noch immer oder wieder krank wird und eben dann Ärzte auch braucht.

Ja, ich wünsche Dir, dass Du einen gangbaren Weg findest. Vielleicht mal bei Ärzten anrufen und vorab das Problem schildern und schauen, ob jemand gut reagiert, wo's villeicht dann gehen könnte.

Sex. MB und medizinische Traumata möchte ich gar nicht qualitativ abgrenzen. Ich denke, in beiden Bereichen gibt es ein Riesenspektrum von... bis.... So wie's überall im Leben ist von minimal bis maximal schlimm.

Aber was mich stört ist der Absolutheitsanspruch von manchen Opfern sex. Gewalt. Und da sag' ich dann auch ganz klar: "Mal hübsch auf dem Teppich bleiben! Jeder findet seinen Meister.". Es gibt immer noch Schlimmeres, das weiß ich leider zu gut aus meinem Job. Man glaubt nicht, zu welchen Grausamkeiten der Mensch fähig ist.... Das nur am Rande.

Aber medizinisches Trauma kann noch weitaus mehr sein als Angst, Gewalt, Schmerzen, sondern da spielt noch mehr rein. Und das sind sehr ähnliche Dinge, wie sie auch beim sex. MB auftauchen:

- Verletzung von Körpergrenzen (oft ganz massiv)
- Andere bestimmen über den eigenen Körper, Selbstbestimmungsrecht wird ignoriert (ganz oft bei Kindern und Jugendlichen, wo die Eltern die Einwilligung erteilen, diese Entscheidung vom Kind/Jugendlichen nicht mitgetagen wird)
- Scham
- Insuffizienzgefühle (Bei der Therapie nicht gut mitgearbeitet zu haben, Dinge falsch gemacht zu haben, Angst vor Bestrafung, vor negativen Folgen "Wenn das jetzt nicht klappt, wenn Du das nicht machst, müssen wir es nochmal machen!" Super Druckmittel!!).
- Ekel
- Sich minderwertig fühlen
- Niemanden haben, mit dem man reden könnte, keinen haben, dem es ähnlich geht oder aus Scham nicht drüber reden können
- von den Eltern im Stich gelassen werden/verraten werden
- Menschen, die eigentlich helfen sollen, die besondere Vertrauenspersonen sind, quälen und bezeichnen das noch als "helfen", was doppelt und dreifach zu einer verzerrten Sicht und Abspalten der eigenen Wahrnehmung führt.
- auch hier kann es über Jahre hinweg gehen, dass Kinder (sogar sehr kleine oder von Anfang des Lebens an) solchen Belastungen ausgesetzt werden.
-im Gegensatz zum sex. MB oder Kindesmisshandlung gibt's hier aber keinen Ausweg. Auch, wenn ein Kind redet. Diese Art der Gewalt geht weiter, solange man bei dem Kind die Notwendigkeit von Behandlung sieht. Hier gibt's keine Rettung, gar keine!


Usw und so fort....

Was sich in diesem Bereich über die Psyche eines Menschen, insbesondere eines Kindes, hermachen kann, geht weit über das raus, was Menschen verarbeiten können. Und das kann natürlich große Probleme im späteren Leben nach sich ziehen.

Ich kann nur sagen, dass das, was mit manchen Kindern in Kinderkliniken gemacht wird, bei weitem schlimmer ist als mancher sex. MB. Am sex. MB ist oft die Heimlichkeit schlimm, in der Medizin ist es genau umgekehrt, dort ist es die Art und Weise, wie der eigene Körper exponiert wird, für wildfremde Menschen jederzeit zugänglich. Oft geht's den Kindern dann ja vorher schon schlecht, sind schlecht verfasst, haben hohes Fieber und dann gehen solche Prozeduren los.

Von den Folgen oder vielleicht bleibenden Schäden am Körper, die manche noch ihr ganzes Leben von der Medizin oder der Erkrankung haben, noch mal ganz zu schweigen.

Also, ich denke schon, dass dieser Patientengruppe bisher nicht die Aufmerksamkeit von Seiten der Therapeuten entgegengebracht wurde, die sie eigentlich braucht.

Stellt man sich in einer Klinik vor, gehen bei sex. MB in der Vorgeschichte alle Türen auf. Kommt man mit medizinischen Traumata an, nimmt das kein Thera wirklich zur Kenntnis. Da muss man mindestens eine Transplantation oder Krebs oder AIDS aufbieten. Dann denken die mal dran. Ich denke, dass zumindest die ärztlichen Psychotherapeuten auch viel verdrängen, sie wollen sich nicht als jemanden sehen, der gequält hat. Obwohl sie alle wissen, dass das Teil ihres Berufes ist.

Viele Ärzte befinden sich da in einem massiven inneren Konflikt und wollen die traumatisierende Wirkung nur ungern einräumen. "So schlimm kann doch sowas nicht gewesen sein?!!". Doch, kann es. Aber das wollen sie nicht hören!
LG

Jesusechse

PS Ich selbst tendiere nicht zur Arztschelte, sehe sehr wohl beide Seiten. Die Professionellen, die es wirklich unheimlich schwer haben und schwer gemacht bekommen durch Rahmenbedingungen, die einfach nur verkehrt sind. Und auch die der Patienten, die ausbaden müssen, dass es auf der anderen Seite so aussieht und dann so behandelt wird.

Vieles ist auch nicht vermeidbar in der Medizin, aber diese psychischen Belastungen und die Rolle der Ärzte bei ihrer Entstehung sollten deutlicher benannt werden.

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