Tatortbesichtigung in Eigeninitiative

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Charlie Foxtrott
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Tatortbesichtigung in Eigeninitiative

Beitrag Do., 10.06.2021, 11:44

Hallo Ihr,

was haltet Ihr von einer Tatortbesichtigung in Eigeninitative? Sagt jetzt nicht, ich solle mit meinem Thera darüber reden. Mache ich, wenn es so weit ist, jetzt sind andere Themen dran und der nächste Termin ist noch weiter weg.

Zu den Umständen: Ich wohne jetzt weit weg und bin schon vor Jahrzehnten dort weg. Habe dort kaum noch Freunde/Bekannte, nur meine alte Mutter + wenige Verwandte, Schulfreunde sind in alle Welt verstreut. Der Tatort befindet sich ca. 1,5 km vom nächsten Dorf entfernt, nahe einer (jetzt) stark befahrenen Bundesstrasse, einige Gehöfte in der Nähe, auch Gastronomie, Fernradweg (alles neu). Würde tagsüber hingehen.
Klingt erst mal ungefährlich, oder? Und doch ist es damals passiert, am Tage.
Ob Täter noch in der Nähe wohnt (Angehörige schon) und auch nach so vielen Jahren noch Frust hat wegen seiner Knasterfahrung, weiss ich nicht. Ist eine öde, kaputte Gegend mit Incels. Fremde fallen auf, aber es gibt auch Urlauber. Und meine alte Mutter lässt mich kaum aus dem Haus, müsste also lügen (gehe jmd. besuchen oder so) oder heimlich hinfahren. Wenn ich Schulfreunde/Verwandte einweihe zum Mitkommen, dann halten die evtl. nicht dicht und meine Mutter will nicht, dass ich drüber rede.
Ich will Euch keinesfalls in die Schiedsrichterrolle drängen, aber unverbindliche Meinungsäußerungen/Stimmungsbilder würden mir helfen. Bitte habt auch Verständnis, dass ich nicht mehr ins Detail gehe, was Hergang und Örtlichkeiten betrifft. Ich will damit abschließen und auch nachvollziehen, warum damals niemand geholfen hat.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 10.06.2021, 11:55

was erwartest, erhoffst, versprichst du dir davon?

Warum überhaupt und warum jetzt und warum alleine?

Und nein, ich würde das an deiner Stelle keinesfalls so machen.
Nicht ohne Rücksprache mit dem Therapeuten, nicht ohne therapeutische Begleitung

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Kreativus50
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Beitrag Do., 10.06.2021, 12:13

Ich kann es vielleicht nachempfinden, da ich eine Rückkehr an den Ort auch noch plane.
Bislang war für mich noch nicht der richtige Zeitpunkt, ich fühle mich noch nicht bereit dazu.

Der intuitive Wunsch, mich mit eigenen Augen als jetzt Erwachsene nochmal davon überzeugen zu müssen, das
kommt bei mir aus dem Bauch. Das lasse ich mir auch nicht ausreden.
Kann sein, dass ich nie soweit sein werde, es umzusetzen. Plane es eher zum Ende der Therapie, wenn ich mit den Emotionen und Erinnerungen besser umgehen kann. Kann auch sein, dass der Wunsch irgendwann verschwindet. Das werde ich sehen.

Meine Überlegungen dazu: Alleine? Ja, den Wunsch hab ich auch. Aber auch Unsicherheit. Eventuell bitte ich meinen Partner oder vlt. eine Freundin, mich zumindest in die Nähe zu begleiten. An den Orten selbst würde ich erstmal allein sein wollen. Das ist Teil meiner ganz persönlichen Geschichte. Ich würde aber gerne arrangieren, dass meine Begleitung bei Bedarf schnell dazukommen kann. Denn es ist von der Entfernung eine Tagesreise. Ha, am superbesten wäre, der Thera begleitet mich. Aber das wird wohl nicht gehen bei der Entfernung.
Eine Einweihung von Leuten von früher oder gar meiner Familie, die dort noch wohnt, kommt für mich nicht in Frage. Ich habe den Kontakt schon vor langer Zeit abgebrochen.
Ob und wann ich das mit dem Thera bespreche, lass ich auf mich zukommen. Für mich gibt's da kein Muss.
Ich nehme mir die Freiheit, das mit aller Vorsicht dennoch alleine und frei zu entscheiden/zu tun oder zu lassen.

Ich hoffe, es sind ein paar Anregungen für Dich dabei. Ich wünsche Dir, dass Du Deinen passenden Weg damit findest und gehst.
Viel Glück!

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candle.
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Beitrag Do., 10.06.2021, 12:35

Kommst du überhaupt an den "Tatort" ran?

candle
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Charlie Foxtrott
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Beitrag Do., 10.06.2021, 12:40

@chrysokoll: Warum alleine? - Weil ich außer meiner Mutter + 1 - 2 Verwandten dort niemand mehr habe, gab Mobbing und Dorftratsch damals und ich wollte einfach weg aus solch einer kaputten Gegend. Meine Beziehung weiss zwar Bescheid und ist auch solidarisch, ist aber ziemlich locker gestaltet, würde wohl kaum mit mir eine Tagesreise unternehmen, um sich mit mir mitten im Nirgendwo mitten auf den Acker zu stellen. Dem Thera werde ich kaum eine Dienstreise dorthin finanzieren können.
@Was verspreche ich mir davon? Wenn es gut geht, dass es mir dann gut geht. So wie mal jmd. dort war, wo er gedient hat (alles Ruinen + Feriensiedlung heute). Und dass ich mir klar werde, warum damals in den Gehöften niemand reagiert hat.
Muss dazu sagen, dass der Täter eingeschränkt schuldfähig ist und die Gegend auch in eine unaufgeklärte Sache verwickelt ist (das ist keine Verdächtigung des Täters). Aber ein Haus kann nicht morden, ein Baum nicht angreifen. Zu Hause jogge ich ja auch (im Hellen) über die Felder und es ist nur mäßig gefährlich, wo kämen wir denn da hin.
@kreativus: Du bringst es auf den Punkt. Keine Angst, ich unternehme keine Schnellschüsse.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Do., 10.06.2021, 12:46

Ich habe mal eine Tatortbesichtigung in Eigenregie durchgeführt, um die Blockade rund um eine Konfrontation zu lösen.

Ich habe viel befürchtet, aber tatsächlich hat sie kaum etwas ausgelöst - vielleicht, weil ich innerlich nicht dazu bereit war.

Auf bestimmte Formulierungen, die ich z. B. aus meiner Kindheit nenne, kann ich indes sehr stark reagieren.

Mehr geholfen hat es in meinem Fall, triggernde Dinge konsequent zu vermeiden. Das hat das nötige Sicherheitsgefühl für eine Konfrontation geschaffen.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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Pianolullaby
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Beitrag Di., 15.06.2021, 12:25

ich halte ganz ehrlich nichts davon, da dies auch übel nach hinten los gehen kann, und du dann nicht die Therapeutische Anbindung hast um dies wieder aufzulösen
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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lisbeth
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Beitrag Di., 15.06.2021, 15:19

Schon mal darüber nachgedacht, das innerhalb der Therapie vorzubereiten?
Also dir mit Unterstützung des Therapeuten darüber klarer zu werden, was du dir wirklich davon erhoffst. Denn so richtig klar liest sich das für mich nicht.
Mit dem Therapeuten gemeinsam zu überlegen, was du alles vor Ort brauchst, zB eine Unterkunft die sich für dich sicher anfühlt. Was du unternehmen kannst und wie du dich stabiliseren kannst, wenn das Ganze dich aus den Angeln hebt.
Und auch aktiv dafür zu sorgen, dass du dich bei Bedarf irgendwo auffangen lassen kannst, und wenn es virtuell oder über ein Telefonat ist. Das Ganze so planen, dass du kurz nach deiner Rückkehr einen Termin beim Therapeuten hast.
Dass du alleine zum Ort fahren willst, oder etwas anderes für dich nicht vorstellbar ist, heißt ja nicht, dass du das ohne Unterstützung machen musst. Das ist mir irgendwie zu eindimensional gedacht.
Oder willst du deinen Therapeuten da nicht einbeziehen, und falls das so ist, warum nicht?
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Di., 15.06.2021, 19:10

Hallo Ihr,
ja, Eure Warnungen sind berechtigt. Es hebt mich aus den Angeln, ist doch nicht ungefährlich, gibt Anfeindungen oder "nur" Dorftratsch...Keine Angst, ich wollte nur mal laut nachdenken, bevor ich das meinem Therapeuten unterbreite. Ich will ihn da nicht raushalten, allerdings ist es nicht so einfach, das Thema anzubringen. Es gibt mehrere Ereignisse und wir sind gerade bei einem anderen. Dachte ja nur, wenn es 1 x super lief, könnte man das vllt. verallgemeinern. :kopfschuettel: Kennste einen, kennste alle gilt hier aber wohl eher nicht.
Den Vorschlag mit Telefonbegleitung finde ich gut. Oder ich suche mir einen Seelsorger vor Ort. Die Unterkunft will auch gut ausgesucht sein.


montagne
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Beitrag Mi., 23.06.2021, 17:15

Ich habe es gemacht, auch alleine, ich wollte es so. Ich würde es wieder so machen, es hat viel gebracht, der Kniten ist geplatzt.
ABER es war eine Entwicklung dahin und ich habe es in der Therapie und mit meinem Mann besprochen. Hatte dazu Traumaarbeit in der Therapie.
Damals war von der Gegend aus kein telefonieren und keine Kommunikation möglich. Aber es war gut zu wissen, dass Menschen hinter mir stehen.
Heimlich und so, das klingt nach Retraumatisierung.

Wie gesagt, für mich war es richtig, aber meine Therapeutin hatte durchaus Bedenken, sagte es könne nach hinten losgehen. Und ich glaube das auch, dass es das kann, wenn die Grundlagen fehlen.

Ich würde es an deiner Stelle deutlich besser organisieren. Aber dann... Jeder geht seinen Weg.
amor fati

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Di., 21.09.2021, 15:26

Hallo Ihr,

wollte Euch nur mitteilen, dass ich es nun getan habe. Hätte gern mit meinem Therapeuten darüber geredet, aber der will ja nicht. Ja, es war unheimlich wichtig und es gehört dazu. War ganz irritiert, dass ich bei jedem Mann passenden Alters/Figur noch zusammenzucke oder wenn jemand hinter mir ging. Aber die guckten alle viel freundlicher.
Gar nicht wegzubekommen war ich von einem Touristencafe (neu) mit vielen netten Menschen in der Nähe. Und aus dem Gehöft, an dem damals keiner geholfen hat, guckte jemand raus und fragte, was ich denn da rumstromere und ob ich nicht wüsste, dass dort schon komische Sachen passiert seien. Werde noch mal mit ganzer Wandergruppe dort anrücken, späte Rache.
Mich hats nicht ausgehoben, aber zu anderen Anlässen hinterher. Diese Unverfrorenheit, quasi in aller Öffentlichkeit an einem eigentlich ungefährlichen, einsehbaren Ort zu handeln, das geht über keine Hutschnur. Bitte nicht verallgemeinern, muss jede*r selbst wissen. Tja, da sich mein Thera beharrlich weigert, darüber zu reden, kann er leider meine Fortschritte nicht wahrnehmen.

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Sa., 09.10.2021, 14:09

Mist, der Täter wohnt noch dort. Habe ihn gesehen. Und dabei habe ich es mir so schön vorgestellt, wie es wäre, dort wieder unbefangen zu joggen, radeln etc.
Was würdet Ihr tun? Gibt so tolle Gastronomie/Kultur in der Nähe. Gar nicht mehr hin? Nur noch mit ÖPNV/Taxi und in Begleitung? Dabei soll Tatortbesichtigung doch wichtig sein.
Mit meinem Thera kann ich darüber nicht reden, der hat zum Abschied gesagt, ich solls allein machen, wüsste ja jetzt, wies geht. Und bis zum Termin mit der neuen (vorbehaltlich Genehmigung durch KK) kanns noch 1/2 Jahr dauern.

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chrysokoll
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Beitrag Sa., 09.10.2021, 16:42

WARUM willst du das denn dort unbedingt tun, jetzt tun?
Es klang bisher so als würdest du da nicht mehr wohnen, keinen sonstigen Bezug haben.
Warum willst du denn dann da joggen?

Gastronomie und Kultur ist ja nochmal was anderes, da ist man in der Regel nicht alleine.
Und auch Gastro und Kultur gibt es anderswo

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candle.
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Beitrag Sa., 09.10.2021, 17:48

Es geht mir ähnlich wie chrysokoll: Was willst du dort noch?

candle
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Sydney-b
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Beitrag Sa., 09.10.2021, 18:46

Du hast weiter oben geschrieben, du wohnst nun weit weg von dort und es wäre eine Tagesreise....
Außerdem hast du den Tatort doch bereits besichtigt.
Oder besuchst du nun regelmäßig deine Mutter dort?

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