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Do., 26.04.2018, 13:16
Vielleicht wird ja bald mal erkannt, dass nicht nur Mädchen Förderbedarf haben, sondern in unserer Gesellschaft vor allem die Jungs benachteiligt werden. Ihnen (den jungen Menschen allgemein) wird nicht mehr beigebracht, dass sie in ihrem Leben etwas erreichen können, wenn sie wirklich wollen und sich auf etwas konzentrieren. Stattdessen wird ihr natürlicher Bewegungsdrang und Lerndrang unterminiert, was erhebliche Konsequenzen auf die Psyche hat, und ihnen wird erklärt, wie sie zu sein haben. Was sie wirklich wollen, interessiert nicht. Ermutigung, dass sie (auch Großes) erreichen können, findet nicht statt. Klar, dass dann einerseits Rattenfänder (der ISIS und andere) leichtes Spiel haben, oder sich die Leute als Verlierer der Gesellschaft fühlen und im Internet Ihresgleichen suchen.
Was, wenn den angeführten Tätern jemand erklärt hätte, dass sie fähig sind, etwas im Leben zu erreichen, wenn sie sich dahinterklemmen? Wenn sie auf ihr Potential aufmerksam gemacht worden wären, statt auf ihre Mängel, was unser (Schul)system ja wunderbar etabliert. Wenn man nicht die Opferperspektive stärken würde, und die Forderung nach Rücksichtnahme und Zuwendung, sondern die Selbstwirksamkeit, die Erkenntnis, dass man etwas erreichen kann? Menschen, die tatkräftig und aktiv sind und sich für etwas begeistern, sind auch attrativer für das andere Geschlecht und interessanter als Freunde. DAS müsste man fördern. Die Vorteile daraus erstrecken sich dann übers ganze Leben bis ins hohe Alter, weil sich Menschen immer wieder für neue Dinge begeistern könnten, immer neue Herausforderungen nehmen, was sie fit, aktiv und sozial hält.
Nichts tötet den menschlichen Geist so effizient, wie ihm die Würde zu nehmen, die Begeisterung, ihn so weit in die Abhängigkeit zu treiben und innerlich abzutöten, dass er für Geld bereit ist, in einem verhassten Job seine wertvolle Lebenszeit zu vernichten. Und ihm als einzigen Trost und Lichtblick das Abschieben aus der Gesellschaft in eine Rente und in den meisten Fällen auch noch Altersarmut zu bieten. Wundert einen dann, wenn (junge) Menschen Angesichts solcher Zukunftsaussichten durchdrehen und bestenfalls psychisch krank, innerlich tot oder suizidal werden? Vor allem Menschen, die man schon sehr früh spüren lässt, wie sich ein solches Leben anfühlt?
Aber immer noch drangsaliert man lieber Arbeitslose oder kriminalisiert Kranke, statt einmal zu schauen, was eigentlich wirklich los ist, mit den Menschen. WARUM geht es ihnen so? Das alles ist doch Symptom, und alles, was passiert, ist, das Symptom halbherzig zu bekämpfen. Weil alle, die echt was zu entscheiden haben, ebenfalls abgestumpft und sinnbefreit sind, weil sie auch nur auf die Rente schielen und die paar Jahre irgendwie durchdrücken wollen. Keine Visionen. Kein Denken über die eigene Karrierespanne hinaus. Und "plötzlich" gibt es Einsame. "Plötzlich" drehen Leute durch. "Plötzlich" erstarken die Rechten und rennen Teenager zu ISIS.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein!
Niccolò Tommaseo