Essstörung oder soziale Phobie? Welche Methode?

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KleineSchnecke
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Essstörung oder soziale Phobie? Welche Methode?

Beitrag Mo., 07.08.2017, 15:32

Hallo,

seid ca. einem halben Jahr beschäftige ich mich damit, eine Therapie zu beginnen. Ich bin 20 Jahre alt, wohne mit meinem Freund zusammen und bin teilzeitbeschäftigt im Büro.

Mein Problem:

Seid einem prägenden Vorfall in der Grundschule habe ich Schwierigkeiten in der gesellschaftlichen Interaktion - gemeinsames Essen - (eher noch mit Freunden, Arbeitskollegen und Fremden, wie nur teilweise mit der Familie).

Hintergrund:

Ich bin seid meiner Geburt sehr zierlich und auch eher "klein", mit 1,58 m und ca. 40 Kilo. Ich habe aber immer normal, eher sogar viel (im Gegensatz zu Geschwistern) gegessen.
Meine Eltern haben sich auch sorgen gemacht, da ich sehr viel süßes wie Sahne und Schokolade verschlungen habe. Der Kinderarzt meine: "essen lassen, egal wann und was und wie viel!"
Demnach bin ich noch nie an feste, große Mahlzeizen gewöhnt worden. Das wurde mir damals schon in der Grundschule zum Verhängnis und heute immernoch.

Seid ich denken kann, wurde ich von extrem vielen Leuten auf mein Gewicht und mein Essverhalten angesprochen (50% aller Mitschüler, viele Lehrer, 90% aller Arbeitskollen, Bekannte, Freunde und Verwandte).

Ich mochte es seid dem Vorfall in der Grundschule nicht mehr vor anderen zu essen. Das verschlimmerte sich, da ich nur selten aufesse (Unregelmäßigkeit der Mahlzeiten) und mich immer wieder alle auf mein Gewicht und Essverhalten Ansprachen. Meistens "bist du krank?", "du musst mehr essen" oder "aus dir wird nie was".
Aufessen geht nicht, da mein Magen es nicht gewohnt ist und mir schnell übel wird, wenn ich zu viel hatte. Brechen muss ich nie.
Sobald ich heute ein Kommentar von anderen am Tisch bekomme, kriege ich einen Kloß im Hals und kann nicht weiter essen. Ich sehe das alles wie durch ein rotes Tuch. Bekomme Herzrasen und bin aufgeregt. Und bin den Tränen nah. Ich denke, jeder will mir was.

Grund

Ich bin gesund und munter ! Und (wenn ich alleine bin) esse ich was das Zeug hält !
Eigentlich von allem etwas und von nix zu viel.
Ich war schon etliche Male bei verschiedensten Hausärzten und alle sagen mir, das meine Blutwerte so gesund sind, dass ich damit einen Wettbewerb gewinnen könnte. Mein Kinderarzt meinte schon ganz früh, dass ich einfach keine Fettzellen habe, aber das noch kommen kann.

Diagnose

Nach Probegesprächen mit zwei Therapeuten wurde jedesmal eine "unbenannte Essstörung" diagnostiziert und einmal eine "leichte Depression".
Bei beiden passte die Chemie nicht.
Der eine hat mir eine Verhaltenstherapie empfohlen und mich somit weg geschickt. Der andere hat mir seine eigene tiefenpsychologische Therapie empfohlen (da ich dann eine Chance auf langfristige Heilung hätte und Verhaltenstherapie meinstens nur kurzfristiger hilft - der Kernkonflikt wurde immerhin nicht behoben).

Frage

Was soll ich tun?? Ich weiß nicht wohin mit mir, kann für mich selbst nicht entscheiden, was die gesündeste Entscheidung wäre und die meisten Therapeuten sind eigentlich so - dass sie einem die eigene Therapie empfehlen (habe ich gelesen und mitbekommen).

Weiß nicht ob das Problem tiefer sitzt oder ob ich einfach nur lernen muss, mich selbst zu lieben. Und die Therapeuten bei denen ich war, haben mir verschiedenes erzählt 😣

Vielen Dank im Voraus

LG KleineSchnecke

PS: sorry dass es so lang geworden ist 🙈

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complicated24
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Beitrag Di., 08.08.2017, 17:27

Hallo KleineSchnecke ;)

Ich kann dich wegen dem Essthema sehr gut verstehen, hatte jahrelang ähnliche Probleme.
Bei mir war es nur genau aus dem umgekehrten Grund als bei dir: Ich war immer schon etwas kräftiger als Kind und wurde in der Schule immer sehr stark deshalb gehänselt, und habe dann komplett aufgehört in der Gegenwart anderer zu Essen, weil ich nicht wollte, dass mein Essverhalten kommentiert wird.
Es war sogar so weit, dass ich in den Pausen im Klo gegessen habe, damit keiner sieht wie ich esse. Ich hatte nie mehr oder ungesündere Sachen mit als alle anderen, aber weil ich eben pummelig war, haben alle so extrem darauf geachtet wie viel und was ich esse und das war mir sehr unangenehm.

Mittlerweile schaffe ich es, sogar in großen Gruppen zu essen. Das war ein langer Weg, aber es geht nun.

Ich weiß leider nicht genau was dir dabei am Besten helfen kann, aber ich denke du könntest vielleicht anfangen mit Leuten gemeinsam zu essen, mit denen du dich wohl fühlst und bei denen es keiner Erklärung bedarf (wenn du das nicht eh schon sogar kannst), so habe ich angefangen. Und von dem Punkt weg immer etwas steigern.
Kannst du eigentlich vor deinem Freund normal (also in so einer Menge wie es für dich passend wäre) essen?
Machst du dir da Gedanken darüber ob er deine Essgewohnheiten beurteilt?

Zum Thema, welche Therapieform für dich die Richtige ist, kann ich nur sagen: Es kommt glaube ich mehr auf den Therapeuten an, wenn da die Chemie passt ist es nicht wirklich wichtig welche Form es ist.
Versuch einfach noch ein paar verschiedene aus, du wirst schon die richtige Person dafür finden ;)

Ich hoffe ich konnte dir ein klein wenig weiterhelfen ;)
Liebe Grüße und schönen Tag noch!


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KleineSchnecke
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Beitrag Di., 08.08.2017, 18:47

Hallo Complicated24,

Danke für deine Antwort und dass so offen erzählt hast, was dein Problem war.
Es klingt vielleicht komisch, aber irgendwie hat mir dein Beitrag ein Stück weit die Augen geöffnet.

Mir war nicht klar, dass es auch in genau die andere Richtung gehen kann, denn ich habe mir immer insgeheim gewünscht zuzunehmen.
Ich beneide "pummelige" Menschen sogar um ihr Gewicht!

Ich bin dir sehr dankbar für den Tipp - dass egal welche Therapieform - die Chemie zwischen dem Therapeut und mir stimmen muss. Ich habe mich so sehr auf die Therapieform versteift, dass mir das garnicht bewusst war! Danke dafür!

Ich habe es in der Schule auch oft gemacht, entweder auf der Toilette zu essen oder wenn gerade alle aus dem Klassenzimmer stürmen.🙈

Also ich gehe tatsächlich immernoch regelmäßig essen, z.B. mit meinem Freund, ca. 1-2 die Woche, bei ein und demselben Bäcker, in einer Ecke etwas abgeschirmt von allen anderen.
Mit meiner Familie auch noch an Geburtstagen aber ungern. Und meistens schaffe ich gerade die Hälfte der Portion und dann ist der Hunger komplett weg.

Mein Freund akzeptiert mich einfach wie ich bin und ich kann vor ihm essen, wie ich will. Er beachtet das meistens garnicht und das hilft mir sehr. Dafür bin ich Gott von herzen dankbar, denn er nimmt mir so einige Last. Das habe ich bei einem exfreund auch schon ganz anders erlebt.
Wenn wir gemeinsam irgendwo essen, dann hilft er mir meistens bei meinen Portionen. Und er verzichtet sogar mit mir gemeinsam, wenn ich wirklich nichts runter kriegen würde und hat immer ausreden parat.

Mich freut es sehr für dich, dass du wieder in großen Gruppen essen kannst und ich wünsche dir auf deinem weiteren Weg nur das Beste! Ich nehme mich dir als Vorbild und will das genauso schaffen können 😊
Ich wollte dich gerne fragen, wie du denn die Unterstützung deiner Familie/ Freunde oder Lebenspartners empfunden hast? Bekommst du immernoch Anmerkungen von anderen zu hören und hast du einen Tipp, wie man damit umgehen könnte? Ich habe mir z.B. überlegt, dass ich mal versuche, die Anmerkungen mit Humor zu nehmen. Hat heute sogar das erste mal funktioniert. (Beim Kuchen essen mit den Arbeitskollegen)

Vielen Dank nochmal und Dir auch noch einen schönen Tag und Liebe Grüße!

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complicated24
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Beitrag Di., 08.08.2017, 19:43

Freut mich sehr das ich dir helfen konnte :-)

Hey, klingt ja schon richtig gut, das dein Freund dich so unterstützt und akzeptiert!
Vielleicht ist das ein guter Punkt zum Ansetzen: Du könntest öfter mit ihm Essen gehen, vielleicht auch mal in größere Restaurants, und wenn du merkst du bringst nichts runter, kann er immer noch deinen Teil aufessen und du musst keinen vollen Teller zurückgeben.

Hat dich deine Familie beim Essen schonmal kritisiert?

Mir hat auf dem Weg meine beste Freundin am meisten geholfen, obwohl sie das gar nicht weiß :-P
Ich habe sie erst kennengelernt als es mir schon besser ging und dann waren wir halt auch zwangsläufig mal zu zweit essen. Sie ist wirklich schlank und zierlich, aber so ein Vielfraß :lol:
Anfangs habe ich noch ganz schüchtern an ein paar Salatblättern neben ihr geknabbert, während sie sich einen fetten Burger reingezogen hat, bis ich bemerkt habe, dass sie gar nicht darauf achtet ob ich viel oder wenig esse. Sie war so sehr mit essen beschäftigt, dass sie mein Essverhalten komplett ignorierte. Das hat mir dann nach und nach die Sicherheit gegeben immer "normaler" neben ihr zu essen und mich deswegen auch nicht mehr schlecht zu fühlen.

Es hat im übrigen nie wieder jemand etwas negatives zum Thema Essen zu mir erwähnt.
Da ich mich jetzt schon lange sehr gesund (und vegan) ernähre ist das zwar öfters ein Thema, das viele Menschen anscheinend unbedingt zur Sprache bringen müssen, aber es ist weniger schlimm, wenn auch nervig.

Ich denke für viele Menschen ist das Thema Essen ein sehr soziales Thema, wobei sich viele schnell angegriffen oder beleidigt fühlen können (z.B. das mitgebrachte Essen wird von der Kollegin verschmäht).

Das ganze mit Humor zu nehmen kann da sicher nur hilfreich sein. Wenn du z.B. das Stück Kuchen nicht mehr runterbringst kannst du dir ja eine lustige Antwort überlegen wie "Wenn ich gewusst hätte das es heute Kuchen gibt hätte ich zu Mittag keine ganze Torte gegessen". Die feinfühligeren Menschen werden dann einfach Ruhe geben. Wenn jemand hartnäckig bleibt, kannst du noch immer einfach betonen das du keinen Hunger hast, dass ist dein gutes Recht!

Und wegen dem Therapeuten: Such dir wirklich ein paar aus dem Internet raus, ruf sie an, schildere ganz kurz worum es dir geht, und wahrscheinlich merkst du schon da, wer dir am sympathischsten ist :-)

LG

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Kieselberg
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Beitrag Di., 08.08.2017, 21:17

Hallo,
was genau willst du denn therapeutisch noch bearbeiten?
Ich finde das klingt gar nicht so schlecht, du scheinst ja trotz dass du es ungern machst, dennoch mit Freund, Familie, Kollegen, essen zu gehen?
Für mich klingt das auch in Richtung "Sozial Phobie", bei einer ES wäre ja Essen generell ein Problem, und solche Dinge lassen sich wohl nur durch Üben verbessern und das scheinst du ja schon zu machen.
In einer Verhaltenstherapie würde es dann wohl auch um Konfrontation gehen und eben weiter üben dass du in Gesellschaft isst, solche Sachen lassen sich meist auch in kurzer Zeit gut beheben.


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Beitrag Di., 08.08.2017, 22:01

@ complicated24

Das wäre ein guter Ansatz, öfter und unter noch mehr Gesellschaft essen zu gehen.
Mein Hauptziel ist es eben, irgendwann wieder mit meinen Kollegen essen zu gehen. Mit denen esse ich zwar immer Frühstück oder Dienstags Kuchen, aber nicht zu Mittag.
Mittags habe ich oft schon Feierabend (halbtagsstelle) und dann gehen die auch nicht jeden Tag essen, aber immer zum Geburtstag. Und bei einem der letzten Male, haben sie sich derart darüber lustig gemacht, dass ich meine Portion nicht schaffe, sodass ich danach zur Chefin gegangen bin. Ich habe ihr gesagt was mein Problem ist ( grob ) und dass ich nicht mehr mit essen gehen werde, auf unbestimmte Zeit.
Die haben es Gott sei dank alle gut aufgenommen aber ich will das nicht dabei belassen.
Meine Kollegen sind groß geworden mit dem Motto: es wird gegessen was auf den Tisch kommt und es wird aufgegessen !
Daher werde ich mich darauf einstellen müssen, immer etwas zu hören.

Ja und meine Familie steht im Grunde genommen hinter mir (Es wissen nicht alle) Das Problem ist nur, dass ich hin und wieder von meinem Onkel oder einer Tante auf mein Gewicht angesprochen werde. Wir müssen dafür nicht mal am essen sein, da tun die ihre Sorgen oft schon kund. Daher kriege ich dann nix mehr runter, wenn dann später gegrillt oder gegessen wird...

Das mit deiner Freundin ist eine klasse :)
Gerade solche Menschen, die sind unbezahlbar, einfach nur weil sie nichts an einem auszusetzen haben 😋
Ich finde es sehr gut, dass du dich nicht mehr mit Kommentaren oder Anmerkungen rumschlagen musst. Und zu dem Vegan essen: Respekt :)
Mit meinem Freund zusammen überlege ich manchmal, weniger Fleisch und Fisch zu essen. Ansporn sind gute Freunde (Vegetarier) für uns. Allerdings sind wir nicht so konsequent bisher und ja...
Daher finde ich es ganz super von den Menschen, die das so durchziehen und nicht so faul sind wie wir 🙈

Danke für deine vielen Tipps und Anregungen!!
Das mit den Therapeuten werde ich am besten genau so umsetzen, mal sehen wo es mich hinbringt :D

LG

@Kieselberg

Hallo ! :)

also mein Ziel ist es eben, in der Gesellschaft (vorrangig Familie, Freunde und Kollegen) wieder unbeschwert essen gehen zu können. Ich bin meist vorher schon tagelang angespannt, mache mir sorgen was sie sagen könnten usw.
Und dann dass ich direkt beim Essen nicht aufgeben muss, wenn ich ein Kommentar höre (also dass mir nicht der Hunger vergeht).
Außerdem möchte ich allgemein mein Selbstbewusstsein stärken.

Ich denke auch dass eine Verhaltenstherapie helfen könnte. Habe nur die Sorge, dass der Auslöser nicht richtig bearbeitet wird. Daher könnte das Problem in einem späteren Lebensabschnitt nochmal wiederkehren, habe ich erklärt bekommen (vom Therapeuten).
Es ist nicht so, als will ich nicht mehr essen, in diesen Situationen. Sondern ich kann es nicht mehr schlucken, habe einen Kloß im Hals, kein Hunger mehr und so.

Ich habe auch etwas Angst vor einer Therapie seid meinem letzten Probegespräch muss ich sagen. Bei dem war ich das 5 mal zum Gespräch und habe jetzt abgebrochen.
Er hat mich im letzten Gespräch versucht davon zu überzeugen "ich wäre eben viel zu dünn" und sollte mal zur Ernährungsberatung und "man denkt ja ich breche jeden Moment zusammen oder die Knochen schauen bald aus der Hose raus" und "ich soll mir weite Kleidung kaufen, damit das nicht jeder sieht."

In welcher Hinsicht sind das therapeutische Ansätze, wenn ich mich verstecken soll? Vor allem hat er sowas in einem vorherigen Gespräch schonmal angedeutet und ich habe ihm mehrfach gesagt, dass mich das traurig gemacht hat. Und er weiß, dass ich gesund bin usw.
Naja genug davon...

Ich versuche trotzdem am Ball zu bleiben und mein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren :) denke dass ich irgendwann noch "den richtigen " finde

Danke und LG !!!

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