Seit dem Tod meiner Frau kaum noch Freude am Leben

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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lacky
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Seit dem Tod meiner Frau kaum noch Freude am Leben

Beitrag Mi., 21.06.2017, 23:36

Hallo zusammen.
Ich bin 56 Jahre alt, und bin aus gesundheitlichen Gründen schon Rendner.
Habe drei Kinder: 25,17, und 21 Jahre alt, woben die Jüngste,und mein Sohn noch bei mir wohnen.
Meine Frau ist im November 2015 wegen schwerer Krankheit verstorben,womit
ich überhaupt nicht zurecht komme,trotzdem es schon eine Weile her ist.
Die letzten zwei Jahre vor ihrem Tod war ich fast nur noch in Krankenhäusern zu Besuch.
Sie starb an Nierenversagen.
Es war so grauenhaft mit anzusehen,wie sie in meinen Armen starb.
Ich wollte ihr immer helfen, doch ich konnte nicht.
Nun bin ich allein.
War mit ihr 25 Jahre verheiratet.
Und das ist eine sehr lange Zeit.
Der Schmerz ist immer noch sehr groß.
Ich bin zwar bei einem Psychologen,aber der macht nur Verhaltenstherapie.
Aber aufgrund meiner Vergangenheit wäre es da nicht besser,auf tiefenpsychlogischer
Ebene was zu suchen?
Denn Verhaltenstherapie hat mir bisher nur wenig gebracht.
Aber tiefenpsychologische Therapeuten findet man nur sehr schwierig.
Wenn,dann nur auf privater Basis.
An Gesprächsgruppe hatte ich auch schon gedacht.
Aber die bietet kaum einer an. Nur in einer Klinik.
Ich kann mich zwar ablenken,aber ständig diese negativen Gedanken.
Vor allem,wenn es mir nicht so gut geht,ist es recht schlimm.
Vor allem Schlafstörungen kommen da noch hinzu.
Die Ängste vorm Einschlafen,oder nicht mehr aufzuwachen ,hatte ich schon vor ca. 5 Jahren,die aus dem Nichts kamen.Diese haben mich bis heute verfolgt.
Ich weiß nicht,ob ihr das kennt, wenn man eine getrübte Wahrnehmung hat,
Du hast das Gefühl,als ob man eine Kopfgrippe hätte,und man fühlt sich geschwächt.
Ich traue mich nicht größere Sachen zu unternehmen, z.b. Einen Tagesausflug.
Bin froh,das ich wenigstens die alltäglichen Dinge geregelt bekomme.
Was ist damals mit mir passiert?
Meinen letzten klinischen Aufenthalt liegt schon eine Weile zurück. 1996 war es
Von Anwendungen zu. Autogenes Training.
Aber ich bin bis heute nicht auf den Punkt gekommen,woher diese Angst kam.
Wenn es mir mal wenigstens längerfristig besser gehen würde, wäre es ja positiv.
Aber meine Stimmung,oder mein Befinden wechselt bald im Stundenrütmus.
Das hatte ich auch meiner Ärztin gesagt.
Aber die Medikamente wurden nicht allzu groß verändert.
2013 habe ich mal seroqel bekommen,aber die hauten mich nicht nur um,sondern meine Leberwerte verschlechterte sich rapide.
Also wieder abgesetzt.
Momentan nehme ich:
Citralophram 40mg eine Halbe am Tag
Dann L-Tyrox 25mg. Für die Schilddrüse, obwohl ich keine Unter,oder Überfunktion habe.
Sie ist leicht vergrößert.
Zur Nacht Doxepin 25mg
Und Chlorprothixen 50mg eine Halbe zur Nacht.
Zu Bedarf Lorazepam 1.0 eine Viertel.
Nur die nehme ich fast täglich.
Meine Ärztin sagte,das wäre nicht schlimm,solange ich die Dosis so gering wie
möglich halte.
Durch den Tod meiner Frau ist das alles noch schwieriger gerworben.
Ich glaube,das ich erstmal einein geeignete intensive Therapie machen muss.
Wenn mir einer sagen würde,wenn ich dieses,oder jenes mache,würde es mir besser gehen,würde ich es tun.
Aber mein Selbstvertrauen ist so tief unten . Das ich wirklich nur noch kleine Sachen erledigen kann.Ich würde mich noch nicht mal trauen weiter weg in eine Klinik zu fahren.
Manchmal fühle ich mich durch die Ängste wie gelähmt.
Wo jetzt meine Frau nicht mehr da ist,ist alles so beschissen.
Ich möchte so gerne meine Freude am Leben wieder finden.

Aber vielleicht kennt auch einer solche Angst,wie Kontrollverlust. Die kann manchmal auch so schlimm sein.
Vielleicht kann mir wie gesagt einer einen Tipp geben.
Ich habe genug negatives erlebt. Nun ist es an der Zeit wieder zu leben,und das alte hinter
sich zu lassen,egal wie.
Gruß
Detlev

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lemon
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Do., 22.06.2017, 18:01

Erstmal möchte ich dir mein Beileid zum Tod deiner Frau aussprechen Detlev.

Ich denke, dass deine Ängste und unguten Stimmungen alle einhergehen und es ja kein Wunder ist, nachdem was du erlebt hast. Wenn man ständig alleine ist ohne besondere Interessen wird wahrscheinlich jeder trübsinnig.

Wie wäre es wenn du einer Trauer-Selbsthilfegruppe beitrittst?

Bezgl. einer psychosomatischen Reha würde ich an deiner Stelle mal mit meinem Therapeuten bzw. Psychiater sprechen oder der Arzt, der dir das Psychopharmaka verschreibt.
Es wäre gut, wenn du Unterstützung bekommst, dass du wieder zu den Dingen zurück finden kannst, die dir Freude bereiten.

Was hat dir denn früher Spaß gemacht?
Manchmal hilft es ein wenig Dinge zu tun, von denen man weiß, dass sie einem gefallen, man nur es im Moment nicht fühlen kann. Es könnte sein, dass das angenehme Gefühl beim Tun kommt.

Besonders ausgleichend für die Psyche finde ich Sport in jeder Art und Weise je nachdem wie beliebt. Sei es Laufen, Schwimmen, Radeln, Wandern, Walken... oder im Verein / Gruppe.

Alles Gute dir und viel Kraft und Zuverischt
wünscht lemon
[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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Ysp.
Helferlein
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:08

Hallo Detlev,

zuerst auch von mir mein tiefstes Beileid.

Ich kann nur ansatzweise nachvollziehen, durch welches tiefe Tal Du gegangen bist bzw., noch immer gehst.
Aber ich erkenne mich in einigen, von Dir beschriebenen Punkten wieder, da ich 2013 (mit 29) den Tod meines Vaters verkraften musste - ich war ein Papa-Kind. Ich muss dazu sagen dass meine Eltern sehr alt sind/waren und er mit 76 Jahren gestorben ist - Lungenfibrose mit Patientenverfügung (er kam nie in den Zustand zusätzlich Sauerstoff zu brauchen, außer in der letzten Woche auf der Intensivstation).
Jedenfalls fing es sich natürlich schon 3-4 Jahre vorher abzuzeichnen, dass es ihm gesundheitlich schlechter geht. Und in den letzten 1,5 Jahren war es dann natürlich mehr als klar (das letzte halbe Jahr war von Krankenhausaufenthalten und Antibiotikatherapien bestimmt). Leider liegen aufgrund meiner Arbeitsstelle 380km zwischen mir und meinen Eltern...
Die ersten Anzeichen waren, dass er immer "bockiger" und undankbarer wurde - es hat ihn auch einfach selbst angekotzt, dass er nicht mehr so konnte, wie er wollte.
Ich musste in dieser Zeit (mal wieder) meiner Mutter zur Site stehen und ihn zur Ordnung rufen, nicht all seinen Frust an Ihr auszulassen... Letztlich habe ich ihm auf dem Totenbett (wörtlich 12h bevor er starb) versprochen mich gut um meine Mutter zu kümmern - aber das ist ein anderes Thema.

Jedenfalls habe ich anfangs gar nicht bewusst wahrgenommen, wie sehr mich dieser schleichende Niedergang mitnimmt. Jedoch hatte ich schon immer einen gewissen Kontrollzwang (liegt der Teppich gerade, ist der Herd aus...) und dieser wuchs in jenen 1,5 Jahren massiv. Ich habe teilweise 45-90min gebraucht, um meine Wohnung verlassen zu können und sicher zu sein, dass alles "aus" ist. Nach dem Tod, ist dieser Kontrollzwang sofort wieder sofort auf sein normales Maß geschrumpft (10-15 min), bzw. hat sich noch weiter reduziert (5 min), da mir alles egal war. Daher bin ich inzwischen froh, dass ich mein gewohntes Maß wiedererlangt habe - so blöd sich das auch anhört.

Direkt nach dem Tod, hatte ich eigentlich auch nie die Gelegenheit selbst zu trauern, das ich die gesamte Beerdigung/Einäscherung aus der Ferne organisiert habe, meine Mutter tröstete und mich um den ganzen Papierkram gekümmert habe. Zudem wurde auch meist nur meiner Mutter ein Beileid ausgesprochen und ich wurde gefragt/ermahnt, ob ich den auch auf sie achte (ich habe erst ca. ein halbes Jahr später festgestellt, wie Kacke/Unsensibel das war, immerhin kannte ich die verstorbene Person mein gesamtes Leben lang - 29 Jahre!). Folglich konnte meine Mutter ihre Trauer ausleben und anfangen zu verarbeiten (50 Jahre Ehe sind ja auch keine Kleinigkeit), während ich mich erst in die Aufgaben stürzte/gestürzt wurde und dann - ein 0,25-0,5 Jahre später - vor einem riesen Loch stand, weil es zu "spät" nun war seinen anfänglichen Schmerz rauszulassen, da alle anderen ja bereits schon in Trauerphase 2-4 waren...
Dies war dann auch die Zeit, wo ich anfing massive "Alpträume" zu entwickeln. Ich sah meinen Vater immer wieder irgendwie stürzen und ich konnte es nicht verhindern! Und dieses Szenario wiederholte sich immer und immer wieder sobald ich einschlief...Folglich blieb ich teilweise bis 4 Uhr morgens wach (aus Angst einzuschlafen und wieder zu träumen) um 1,5h später aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Alkohol hat mich (leider!) gerettet.
2015-2016 war meine Mutter dann glücklicherweise auch soweit, dass ich ihr sagen konnte, dass mir eine wirkliche Trauerarbeit irgendwie in dem Moment, in dem ich sie am meisten gebraucht hätte, verwehrt geblieben ist (ich war ja die starke Schulter und hab mich um alles gekümmert). Nachdem mehrerer solcher Gespräche, konnte ich meine Trauer auch etwas rauslassen - leider zu spät, ich habe die ganze Situation, eher innerlich begraben als zu verarbeiten.
Zudem mußte ich in diesem Zeitraum auch ansehen wie mein Onkel (viel mehr Verwandtschaft als Onkels Familie gibt es auch nicht) über 10 Jahre nach mehreren Schlaganfällen auf der Stufe eines Kleinkindes mit Magensonde vor sich hinvegetierte - er wurde zwar zu Hause gut gepflegt, aber ich definiere "lebenswertes" irgendwie immer noch anders.
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Ysp.
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Beiträge: 89

Beitrag Sa., 24.06.2017, 15:10

Alles in allem durchlitt ich bereits vor dem Tod meines Vaters eine starke psychische Belastung - vor allem das ständige Grübeln darüber, was alles Schlimmes passieren könnte und wie ich es dann regeln könnte. Und nach dem Tod habe ich erst viel zu spät wahrgenommen, wie wichtig Trauerarbeit ist.

Ich denke, Du steckst genau in dem gleichem Dilemma: Du hast das Dahinscheiden Deiner Frau miterlebt (und warst höchstwahrscheinlich der starke Charakter) und konntest auch nach ihrem Tod nicht alles angemessen verarbeiten (Formalitäten, Deine Kinder, etc.)
Ich habe ganz stark das Gefühl, dass Du die gesamte Situation immer noch nicht verarbeitete hast (bzw. noch nicht einmal richtig angefangen hast sie zu verarbeiten). Die Crux ist natürlich, je länger der Tod her ist, desto weniger Verständnis bringen einem die Mitmenschen entgegen - sie erwarten einfach, dass man nach einer gewissem Zeit wieder funktioniert...
Trotzdem (oder gerade deshalb) solltest Du Dich möglichst einer Trauergruppe anschließen, in der Du überall Deinen Schmerz sprechen kannst (sei es die Zeit vor dem Tod, oder auch die danach).
Mit Tiefenpsychologie habe ich überhaupt keine Erfahrung, von daher kann ich auch keine fundierte Aussage treffen. Jedoch denke ich, dass eine Verhaltenstherapie Dir wirklich nur hilft im Alltag zu funktionieren und die eigentlichen Auslöser nicht behandelt. Daher wäre, wie gesagt, eine Trauergruppe höchstwahrscheinlich, die schnellste, einfachste und günstigste Alternative - dort wird man Dich und Dein Seelenleben verstehen und ernst nehmen. Und falls dies nicht reicht, würde ich mich nach der von Dir erwähnten zusätzlichen Therapie umschauen.
Leider hinterlassen Todesfälle immer eine klaffende Lücke, welche sich nur ganz langsam schließen/reparieren läßt.

Ich wünsche Dir und Deinen Kindern alles Gute für die Zukunft und beste Grüße,
Ysp.
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