Leben mit Alkohol war besser

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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ElifVintage
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Leben mit Alkohol war besser

Beitrag Fr., 18.12.2020, 13:18

Hallo zusammen,

ich habe etwa ab 2015 ein Suchtproblem entwickelt. Ich habe aus Kummer und Depressionen getrunken. Mit der Zeit habe ich so gut wie täglich getrunken, meist 1-2 Flaschen Wein pro Tag, habe aber auch die Getränke gewechselt. Mir ging es dadurch verhältnismäßig gut und ich hatte viele Erfolge, erst im Studium und später beruflich. Der Konsum war also nicht so stark, dass ich Probleme im Alltag hatte. Ich bin sehr gut klargekommen, ich war viel fröhlicher als jetzt, der Alkohol hat es mir ermöglicht mit meiner Vergangenheit und meinen damaligen Problemen gut zu leben.

Seit Ende letzten Jahres habe ich angefangen runter zu dosieren und trinke nun seit Juni 2020 nichts mehr. Seitdem bin ich auch in Psychotherapie. Jedoch geht es mir seitdem immer schlechter. Die letzten Monate war ich erst stolz, dass ich es selbstständig geschafft habe auf Alkohol zu verzichten, doch mittlerweile macht es mich sehr traurig, dass es mir viel viel schlechter geht, als mit Konsum und es auch nicht besser wird. Ich denke sehr gerne an die alte Zeit zurück und erinnere mich, wie viel besser es mir ging und wie Alkohol mir auch geholfen hat, erfolgreich zu sein. Ich denke immer öfter darüber nach, wieder auf Alkohol zurückzugreifen.

Mich würde einfach mal interessieren, ob das jemand verstehen kann. Hatte jemand von euch mal ein ähnliches Problem und kann dies nachempfinden?

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Malia
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 13:34

Wenn alles so toll war mit Alkohol, warum hast du dann aufgehört, ihn zu konsumieren?
Was hindert dich daran, wieder anzufangen?
Vielleicht idealisierst du jene Zeit jetzt?
Ich hab zirka 4 Jahre Trockenzeit gebraucht, bis ich wirklich akzeptieren konnte, dass ich nicht wie andere mit Alkohol umgehen kann.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett


hey_jude
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 13:52

Ich kann das verstehen und nachempfinden. Habe auch vor einem halben Jahr aufgehört Alkohol zu trinken.
Ich glaube, man muss ein bisschen aufpassen was Ursache und Wirkung ist. Das es dir derzeit schlechter geht, muss nicht am Alkoholverzicht liegen. Therapie bringt ja auch etwas in Bewegung und es kann einem deswegen manchmal schlechter gehen und auch so kann eine schlechte Stimmung sich immer mal wieder im Leben einstellen, denke ich. Mit Alkohol kann man es besser ignorieren, das ist ein temporärer Vorteil, aber ich glaube, es kommt einem dann nur so vor...
Schließlich hast du aus Kummer und Depression getrunken, ergo, da gings dir nicht gut und es braucht ein probates Mittel (oder mehrere) Alkohol gehört logischerweise nicht dazu

Frage mich, ob du es realistisch siehst. Wenn du mit Alkohol erfolgreich(er) warst und alles (?) besser war, warum hast du aufgehört ?
Ich überlege auch, demnächst mal wieder etwas zu trinken. Ich möchte nur auf keinen Fall, dass es wieder einreisst. Ich habe da leider die Tendenz zu oft oder/und zu viel zu trinken und habe Alkohol als Fluchtmöglichkeit genutzt. Auch wenn ich mich (meistens) nicht betrunken habe, das vordergründige Problem für mich war, das es ein Fluchtmechanismus war und konstruktive Auseinandersetzung verhindert hat.
Gegen mal etwas trinken (vllt 1X im Monat) hätte ich nichts, bin mir aber nicht sicher, ob ich dazu fähig bin oder sich Alkohol wieder in mein Leben einschleichen würde und mehr Raum einnehmen würde als mir lieb wäre.....
Zuletzt geändert von hey_jude am Fr., 18.12.2020, 14:02, insgesamt 6-mal geändert.

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Nico
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 13:53

Mir ging’s nach nem halben Jahr ohne Alk deutlich besser als mit.
Ich hab mir damals zum Ziel gesetzt nach einem Jahr Fazit zu ziehen und zu entscheiden ob ich trocken bleibe oder nicht.

Aber wenn es bei dir eh so klar ist, könntest du ja echt wieder trinken, es ist einzig deine Entscheidung.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 23:17

seit Juni ist eine sehr kurze Zeit.
Du hattest / hast Depressionen, Kummer.
Das wird jetzt nicht mehr betäubt, sondern kommt mit aller Wucht an die Oberfläche.
Das ist hart, das ist nicht schön und nur du kannst entscheiden genau da und genau so weiter zu machen.

was GEGEN Alkohol spricht muss dir hier sicher niemand erklären

Übrigens: Es wird leichter.
Aber das dauert. Viel länger als ein paar Monate leider.
Halte durch!

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Joa
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Beitrag Sa., 19.12.2020, 07:58

Das haben Suchtmittel ja bekanntlich so an sich. Erst macht der Konsum das Leben vielleicht leichter, wenn es dann aber früher oder später kippt, die gleiche Wirkung nicht mehr erzielt wird etc. kommen die Probleme erst. Da würdest du dich vermutlich langfristig nicht von anderen unterscheiden.

(Ich würde mein Leben am liebsten auch höherdosiert auf Benzos verbringen. Aber ich weiß, dass das blos bergab führen kann.)

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Nico
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Beitrag Sa., 19.12.2020, 08:03

hey_jude hat geschrieben: Fr., 18.12.2020, 13:52
Gegen mal etwas trinken (vllt 1X im Monat) hätte ich nichts, bin mir aber nicht sicher, ob ich dazu fähig bin oder sich Alkohol wieder in mein Leben einschleichen würde und mehr Raum einnehmen würde als mir lieb wäre.....
Ich vermute mal du bist dir sehr sicher, aber du willst es nicht wirklich wahrhaben. ;)
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


Kirchenmaus
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Beitrag Sa., 19.12.2020, 09:13

Nico hat geschrieben: Sa., 19.12.2020, 08:03
hey_jude hat geschrieben: Fr., 18.12.2020, 13:52
Gegen mal etwas trinken (vllt 1X im Monat) hätte ich nichts, bin mir aber nicht sicher, ob ich dazu fähig bin oder sich Alkohol wieder in mein Leben einschleichen würde und mehr Raum einnehmen würde als mir lieb wäre.....
Ich vermute mal du bist dir sehr sicher, aber du willst es nicht wirklich wahrhaben. ;)
Sie schrieb, sie sei sich nicht sicher (Fettung im Zitat von mir).
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Nico
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Beitrag Sa., 19.12.2020, 11:04

Ach ne was du nicht sagst :roll:
Ich vermute dennoch, dass da keinerlei Unsicherheit besteht wenn der Selbstbeschizz - Modus deaktiviert wird. ;)
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


hey_jude
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Beitrag Sa., 19.12.2020, 13:11

nicht wahrhaben wollen oder nicht sicher sein....vielleicht beides. (sicher kann ich mir nur sein, wenn ich es ausprobieren würde)
Ich würde es tatsächlich nicht gerne wahrhaben wollen, weil es schöner wäre, wenn ich ab und zu etwas trinken könnte.
Aber ich kann mir vorstellen, wenn es mir grundsätzlich gut geht, dass ich anders mit Alkohol umgehen könnte...
Ich glaube noch wäre nicht der richtige Zeitpunkt zum Ausprobieren, vielleicht kommt der Zeitpunkt auch nie...
Ich habe ab und zu das Verlangen. Nachgegeben habe ich aber seit einem halben Jahr nicht !

Ist schon tückisch mit dem Suchtmittel.
Bei mir war das Blöde, dass ich zwar immer auch mal tagelang nichts getrunken habe, sogar eine Woche oder zwei- ich habe mich kontrolliert, habe mich gezwungen nichts zu trinken. Nur, habe ich gleichzeitig immer auf den Moment hingefiebert, wenn ich wieder etwas trinken darf/kann. (ich es mir wieder erlaube) Also, ich habe bewusst entschieden, dass ich nur am Wochenende etwas trinke oder mal längere Trinkpausen mache usw...das hat meistens auch geklappt, aber nicht immer und in der abstinenten Zeit dann immer der Gedanke "durchhalten, dann und dann kann ich wieder angetrunken sein". Das kann es irgendwie auch nicht sein, dachte ich mir damals. Die Wirkung, das leichter fühlen, das Vergessen stand definitiv im Vordergund, So scheint es bei der TE ja auch zu sein....(?) Das die Wirkung das WIchtige ist

Wie meinst du das mit dem Deaktivieren des Selbstbeschizz Modus ?

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Nico
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Beitrag Sa., 19.12.2020, 14:04

Ich kann immer nur von mir ausgehen und von vielen die ich in meinem Entwöhnungsprozess kennen gelernt habe, dich kenne ich ja nicht.

Jedenfalls ist es üblicherweise so, dass sich Alkoholiker fabelhaft selbst betrügen u belügen können.
So a la „ ich kann es ja eh kontrollieren, so schlimm war/ist das Trinken ja gar nicht, blablabla“
Das nenne ich den Selbstbeschizzmodus.

Dein „ wenn es mir gut ginge könnte ich besser mit Alkohol umgehen“ gehört auch dazu.

Es ist in der Tat so, dass es praktisch nicht aushaltbar ist, nur den Alk wegzulassen und sonst nix zu verändern.
Blöd ist nur, dass man praktisch unfähig ist etwas zu ändern solange man trinkt.

Daher ist die vielversprechendste Reihenfolge:
1. mit dem Alk aufhören
2. das Leben in Ordnung bringen
3. vom Alk dauerhaft weg bleiben
4. Konsequent an der eigenen Persönlichkeit weiterarbeiten
5. weiterhin vom Alk wegbleiben

Irgendwann möchte man dann überhaupt keinen Alkohol mehr konsumieren, selbst wenn man könnte u dürfte.

Mir fehlt das Zeug überhaupt nicht mehr, aber das hat natürlich gedauert.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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klaus1085
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 09:59

Ich habe an Fasching 1999 den letzten Alkohol konsumiert. Es ging mir nach 3 bis 4 Wochen körperlich viel besser, ich habe abgenommen, ich habe deutlich besser geschlafen. Meiner Frau hat das sehr gut gefallen.
Ich muss allerdings gestehen, dass es mein Umfeld nicht verstanden hat, warum ich plötzlich abstinent bin. Immer wieder wurde mir Alkohol zu trinken angeboten und man konnte nicht verstehen, dass ich ablehne.

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Nico
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 11:49

Da gibts zwei Möglichkeiten, entweder du kommunizierst deinem Umfeld ganz offen dass du keinen Alk mehr trinkst und warum, oder es ist dir ganz einfach egal ob das jemand versteht oder nicht.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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