Sexueller Missbrauch? Wie akzeptieren, dass ich es nicht weiß?!

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

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SomethingGood
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Sexueller Missbrauch? Wie akzeptieren, dass ich es nicht weiß?!

Beitrag Di., 02.02.2021, 18:44

Hallo, ihr Lieben!
Ich habe lange überlegt, ob ich hier rein schreiben soll, ob ich ein neues Thema anfange oder ein anderes kommentiere...
Letztendlich habe ich mich dann für ein neues Thema entschieden, obwohl es schon einige ähnliche Beiträge gibt.

Puuh... wie fängt man so was an?
Am Besten wohl einfach loslegen...

Ich bin jetzt 26 Jahre alt und seit meinem 18ten Lebensjahr beschäftigt mich die Frage, ob es in meiner Kindheit einen Missbrauch gegeben hat oder nicht. Auslöser für diese Gedanken war ein Buch mit Kinderfotos, dass mir meine Eltern zeigten. So etwa mit 4 Jahren verschwand plötzlich das Glühen aus meinen Kinderaugen und auf allen darauffolgenden Fotos trage ich eine ganz schöne Trauermiene zur Schau...
Mit den Jahren entdeckte ich an mir immer mehr Verhaltensweisen, Gedankenmuster usw., die für meine Vermutung sprechen...
Eine konkrete Erinnerung an ein solches Ereignis gibt es jedoch nicht. Lediglich eine an ein Gespenst, das mich in der Nacht besucht hat und mich "auffressen" wollte... könnte aber auch einfach ein Albtraum gewesen sein, den ich damals hatte und ich interpretiere zu viel in diese Erinnerung hinein.

Wie auch immer, ich fasste vor Kurzem all meinen Mut zusammen und sprach die Thematik bei meiner Therapeutin an.
Wir sprachen lange über meine Kindheit und wie ich auf diesen Gedanken käme. Letztendlich sagte sie mir, dass die Gefühle, die ich so habe.. mein Verhalten... eben die ganze Symptomatik ziemlich gut dazu passen, aber auch, dass wir nie die Möglichkeit haben werden, herauszufinden, ob mir sowas angetan wurde oder nicht.
Und dass es für mich wichtig wäre, anzunehmen und zu akzeptieren, dass ich das vielleicht nie wissen werde.

Aber je mehr ich das versuche, desto mehr möchte ich es eigentlich doch wissen. Es geht hier schließlich um einen Teil von mir und meiner Geschichte! Die möchte ich kennen!
Auf der anderen Seite ist mir auch klar, dass es eben wirklich unmöglich ist, das zuverlässig herauszufinden.
Und die ewig darum kreisenden Gedanken machen mich wahnsinnig. :roll:

Nun, gibt es hier jemanden, dem es ähnlich geht? Was hilft euch, mit solchen Grübeleien fertig zu werden?
Anzunehmen, dass solche Zweifel vielleicht für den Rest eures Lebens in euch leben?
Mir ist einfach nicht klar, wie das gehen soll!
...Und meinen nächsten Therapietermin habe ich erst in 2 Wochen...
Zuletzt geändert von Tristezza am Mi., 03.02.2021, 10:34, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Betreffzeile zum besseren Verständnis präzisiert.
"Da wo die Angst ist, da geht's lang!" :->

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Sinarellas
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Beitrag Di., 02.02.2021, 19:01

Hm, ich finde es ziemlich schwierig, wenn die Therapeutin solche Vermutungen ausspricht. Die kann sie selbst haben, sollte sie aber nicht in der Art aussprechen, denn so kann man sich schnell in die falsche Richtung bewegen.
Der Fokus muss weg auf das was ggf. eventuell vielleicht war oder nicht war (die subjektive Bewertung von Kidnerfotos ist nicht hilfreich, es werden unterschiedliche Momentaufnahmen festgehalten und ohne Kontext interpretierst du schlicht, nicht mehr aber auch nicht weniger, dem würde ich keine Bedeutung schenken in der Art wie du es tust).
Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt, geh deine Problematiken und sichtbaren Symptomatiken im Alltag an und lass von dem gedanken los, ob und / oder was da ware wenn was war.
Das thema Grübelei ist etwas für die Therapie, jedoch ohne dass sie die weiter verstärkt.
..:..


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SomethingGood
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Beitrag Di., 02.02.2021, 19:14

Oh, wir bearbeiten durchaus auch meinen bunten Blumenstrauß an Problemen, die ich im Alltag so habe.
Und das was du mir gerade gesagt hast, war ja auch so grob die Richtung in die sie mich auch lenken wollte.
Auch wenn das wohl alles passt (die Kinderfotos waren ja nur der Auslöser; wie ich sagte es gibt VIELE weitere Punkte, die aus meiner Sicht dafür sprechen...).
Meine Frage war nicht OB ich von diesem Gedanken loslassen sollte, sondern WIE. :roll:

Bitte entschuldige, falls das jetzt irgendwie beleidigt rüberkommen sollte... so ist es nicht gemeint. Bin einfach gerade auch nicht allzu gut drauf.
Wollte das aber auch nicht unkommentiert stehen lassen, denn ich bat nicht um eine Bewertung meiner Therapeutin oder meiner Gedanken, sondern um eine evtl Hilfestellung, wie ... naja, steht ja weiter oben.
"Da wo die Angst ist, da geht's lang!" :->

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Fairness
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Beitrag Di., 02.02.2021, 19:35

Hallo SomethingGood,

deine Grübelgedanken könntest du vielleicht mithilfe Achtsamkeit unterbrechen, ihnen deine Aufmerksamkeit wegnehmen... indem du diese darauf richtest, was hier und jetzt passiert, was du im Moment tust oder auf eine von dir gewählte Ablenkung, und dich darauf konzentrierst. Das dauert ein wenig, es kommt auch zu Rückschlägen, wichtig ist dann, es wiederholend neu zu probieren. Über die Zeit, mit etwas Geduld, würde es dann gut klappen.

Da du auf einen Missbrauch keine direkte Erinnerungen hast, würde ich in deiner Situation vorerst davon ausgehen, dass es wahrscheinlich eher eine für dich ungünstige Phantasie ist. Damit ist vorsichtig umzugehen, weil auch das, was man vorerst nur glaubt, krank machen und trauma-ähnliche Symptome hervorrufen kann... ob es wirklich passiert ist, oder nicht.

Viele Grüße,
Fairness
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)

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Beitrag Di., 02.02.2021, 19:53

Muss man wirklich alles wissen? Es ändert ja nichts an deiner Situation im Hier und Jetzt. Deine Therapeutin finde ich gut - sie zeigt auf, es kann etwas in die Richtung passiert sein, aber womöglich wirst du es nie wissen. Sie bohrt nicht, sie versucht dir nichts einzureden. Und ich bin persönlich ganz bei ihr: Vielleicht musst du dich mit dem Nichtgenauwissen arrangieren. Aber das ändert an dir als Person ja nichts, an der Person, die du heute bist und die ihre Probleme hat. Vielleicht weißt du irgendwann wirklich, was genau passiert ist, vielleicht auch nicht. Aber du lebst jetzt und solltest das Jetzt so gut es geht leben. Deshalb solltest du dich aus meiner Sicht nicht damit stressen, dass du 'es' nicht genau weißt. Was du vermutlich weißt: Du musst dir jetzt mit dir klar kommen, zufrieden sein und probieren das Leben zu leben, dass du leben möchtest. Alles Gute!
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Wild Mustang
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Beitrag Di., 02.02.2021, 20:22

Die Therapeutin macht es richtig. Sie kennt dich ja auch persönlich.

Das ist einem Forum zu hinterfragen, wozu soll das führen? Und deine Frage, wie du aufhören kannst zu grübeln, die solltest tu eben an diese Therapeutin stellen, auch wenn du sie erst in zwei Wochen wieder siehst.

Gruß

Mustang
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Pianolullaby
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Beitrag Di., 02.02.2021, 20:41

nun, es lässt sich einfach kaum forcieren, und das fände ich auch nicht gut. Der Körper und die Seele weiss wann es der richtige Zeitpunkt ist, und es die Seele zulässt. Dann wird es kommen oder eben auch nicht.
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Hasenmaus123
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 09:53

Es gibt schon Wege, wie man herausfinden kann, ob ein Übergriff stattgefunden hat. Dies geht dann in Richtung Hypnose.
Für mich wäre es schon wichtig, ob es z. B. meine Eltern waren, mein Onkel oder eine fremde Person. Mit dem Täter möchte ich keinen Kontakt mehr.

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Malia
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 11:04

Und die ewig darum kreisenden Gedanken machen mich wahnsinnig
Hast du schon mal daran gedacht, dass diese Grübeleien noch eine andere Funktion haben könnten, als herausfinden zu wollen, ob früher "etwas gewesen" ist?

Wenn ich ständig über etwas grüble, dann bin ich abgelenkt von allem, was es sonst noch in meinem Leben gibt und mache mich "zu", bin auch gefühlsmäßig gebunden.

Dann wäre eine Schritt, wenn es um das "wie stelle ich das ab", diese Funktion zu identifizieren.
Andere Möglichkeiten wären evtl. z.B. "Gedankenstopp-Übungen", Achtsamkeit, Bewegung, Meditation und ähnliches.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett

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Sinarellas
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 11:07

SomethingGood hat geschrieben: Di., 02.02.2021, 19:14 Bitte entschuldige, falls das jetzt irgendwie beleidigt rüberkommen sollte... so ist es nicht gemeint.
Jup so hab ichs erlebt, damit halte ich mich raus.
Good luck weiterhin.
..:..


Wild Mustang
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 12:04

Man sagt ja, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. :->

Danach sollte man leben.

Die Vergangenheit kann und muss nicht 100% aufgearbeitet und bewältig werden. Schon gar nicht was Dinge angeht, die auf einem wagen Gefühl beruhen, dass da etwas hätte sein können.

Mit Ungewissheit leben, das ist ganz normal.

Gruß

Mustang
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Pianolullaby
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 21:09

ich würde es mit Hypnose nicht forcieren, es kann sein dass rauskommt was man nicht wissen will, und der Körper und der Geist schlicht damit überfordert ist, und nicht verarbeiten kann.
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum


kaja
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 22:57

Kein seriöser Therapeut versucht mittels Hypnose zu ermitteln ob ein Missbrauch stattgefunden hat oder nicht.

Was falsch induzierte Erinnerungen, z.B. durch forcierte Suggestion bzw. Suggestivfragen, anrichten können ist der Fachwelt hinlänglich bekannt. Die Wormeser Prozesse sind da nur ein Beispiel von vielen.

Wegen Fotos, die zum einen nur Sekundenbruchteile festhalten und in die nachträglich quasi alles reininterpretiert werden kann, solche Anschuldigungen zu erheben oder Klienten in diese Richtung zu bestärken, halte ich für einen kapitalen Behandlungsfehler.

Es gibt zig Gründe warum Menschen psychische Problematiken entwickeln. Da muss nicht immer der Klassiker dahinter stecken und nur weil es nicht das scheinbar Schlimmste vom Schlimmsten ist, bedeutet es ja nicht das die Problematiken weniger schlimm oder wichtig sind. Ich denke der Ansatz spielt da durchaus auch eine Rolle.

Das Leben ist ungewiss und unberechenbar und mit diesem Wissen müssen wir klarkommen bzw. uns diesen Umstand vergegenwärtigen. Es gibt nicht für alles die eine Erklärung. Was wir nicht sicher wissen, dass wissen wir eben nicht. Diesen Umstand zu akzeptieren, halte ich für sehr wichtig.
After all this time ? Always.


Wild Mustang
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Beitrag Do., 04.02.2021, 05:20

Ja, ich glaube es geht bei diesen Dingen eher darum, wie man generell mit sich und seinem Leben umgeht.

Wenn jemand sagt: Wie soll ich die Ungewissheit aushalten, ob da ein MB stattgefunden hat? ....

...dann würde ich fragen, ob diese Person generell Probleme hat, mit Ungewissheit klarzukommen, die ja zum Leben gehört?

So wird auch in einer Therapie gearbeitet. Man würde also versuchen bei dieser Person die Kompetenz zu stärken, dass sie mit Ungewissheiten gut leben kann. WAS da ungewiss ist, das spielt dann meist gar keine Rolle mehr.

Gruß

Mustang
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peponi
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Beitrag Do., 04.02.2021, 17:35

Hallo,

ich habe lange überlegt, ob ich mich hier äußern möchte und wenn ja, wie.
Daher versuche ich es einfach: ich habe ein wenig den Eindruck, als stünde es für dich fast schon fest, dass es einen Missbrauch gab („es geht hier um einen Teil meiner Geschichte“), alles, was fehlt, sind die Erinnerungen daran, bzw. hättest du gerne eine Bestätigung dafür. Und das halte ich ehrlich gesagt für bedenklich, ja, gefährlich.

Denn wenn es einen Missbrauch gegeben hat und du diesen verdrängt hast, dann hat das einen Grund, warum du dich nicht mehr bewusst erinnern kannst. Und das dann quasi gewaltsam hochzuholen halte ich für das Fatalste, was man sich selbst antun kann. Schlafende Hunde sollte man besser schlafen lassen. Wenn etwas war, an das du dich nicht erinnerst, kommt es, wenn du bereit dafür bist, forcieren kann man das nicht.

Du hast aber keine Erinnerungen. Den Traum, den du beschreibst, halte ich für völlig normal, so etwas träumt jedes Kind mal. Fotos haben keine große Aussagekraft, da schließe ich mich meinen VorrednerInnen an. Und du sprichst von weiteren Indizien – welche sind das? Wie konkret sind diese? Gibt es darunter etwas, was auf einen konkreten Täter bzw. wenigstens einen Zeitraum schließen lässt?

Mir kommt noch der Gedanke, dass du dich vielleicht auf diese Erklärung festlegst, um für dich selbst eine Legitimationsgrundlage zu schaffen, dass es dir heute schlecht gehen darf. Dann suchst du nach Indizien, die diese These stützen, und wer mit diesem Blick herangeht, wird immer etwas finden. Und damit suggerierst du dir selbst etwas, was so wahrscheinlich niemals war, entwickelst vielleicht sogar tatsächlich Trauma-Symptome, und schenkst gleichzeitig den viel eher verifizierbaren Ursachen deiner psychischen Erkrankung keine Beachtung. Ist auch eine Möglichkeit, um sich von diesen abzulenken… Aber das ist nur so ein Gedanke von mir, damit musst du nichts anfangen können.

Den Verweis von kaja auf induzierte Erinnerungen finde ich auch noch sehr wichtig. Das ist wissenschaftlich ganz gut beschrieben und könnte für dich spannend sein.

Und sonst kann ich mich meinen VorrednerInnen erneut nur anschließen. Akzeptiere es, dass du es niemals wissen wirst. Und bitte, bitte steigere dich da nicht selbst in etwas hinein, was dir nur mehr Leid zufügt, ohne dass du jemals eine Gewissheit haben wirst.
silence like a cancer grows.

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