Vorsorgevollmacht

In diesem Forumsbereich können Sie sich über Schwierigkeiten austauschen, die Sie als Angehörige(r) oder Freund(in) von psychisch Erkrankten bzw. leidenden Personen konfrontiert sind.
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Elfilein84
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Vorsorgevollmacht

Beitrag Mo., 15.02.2021, 20:58

Hat hier jemand Erfahrungen mit Vorsorgevollmachten für psychisch Kranke? Im speziellen meine ich, ob es eigentlich möglich ist, eine Vorsorgevollmacht zu machen, für den Fall, dass wieder eine Psychose eintritt, man mit dieser Vollmacht den Erkrankten zu einer Behandlung zwingen kann.
Mir ist klar, dass der Erkrankte im Vorfeld dieser Vollmacht zustimmen müsste.

Vielen Dank.

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Sadako
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Beitrag Mo., 15.02.2021, 23:03

Bin gerade irritiert.
Eine solche Vorsorgevollmacht / Patientenverfügung dient doch in der Regel dazu vom Patienten abgelehnte Zwangsbehandlungen zu verhindern.

Siehe z.B. hier:
https://www.patverfue.de/
Bei entsprechender Dringlichkeit wird man ja gerade mit Psychose oft gegen seinen Willen untergebracht.

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 15.02.2021, 23:08

Hallo Elfilein,

ich denke, dass es bei einer Vorsorgevollmacht darum geht, den mutmasslichen Willen des Patienten stellvertretend für ihn auszuüben. Das wäre jedenfalls das Gegenteil davon, jemanden gegen seinen Willen zu einer Behandlung zu zwingen.

Die Einweisung kann ein Amtsarzt anordnen, wie das dann mit dem zwangsweisen Verbleib gegen den Willen des Patienten /der Patientin ist, ist dann wieder eine weitere Sache.

Ich kann mir ehrlich gestanden nicht vorstellen, dass das eine sinnvolle Sache für einen Psychotiker ist oder ob es überhaupt rechtens ist. Was ist, wenn du mal Gebrauch davon machen musst, was macht das mit deiner Beziehung, mit diesem Menschen. Ich kenne das ein wenig, habe auch Angehörigenerfahrung mit Psychotikern. Zwangsweises Vorgehen ist immer eine schwerwiegende Angelegenheit, bei Psychotikern nochmal eigens schwierig aufgrund des Krankheitsbildes.

Ich würde dir empfehlen, dich weiter hinsichtlich Vorsorgevollmacht oder anderer Möglichkeiten als Angehörige zu erkundigen, zum Beispiel beim Patientenanwalt oder Angehörigenorganisationen psychisch Erkrankter oder psychosozialer Dienst oder Ähnliches. Ich denke, dass vor allem eine Angehörigenorganisation eine gute und kompetente Anlaufstelle wäre, ich habe damit zwar keine persönliche Erfahrung, aber Menschen in meinem Umfeld wurde da schon sehr geholfen.

Alles Gute!
Fundevogel

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Elfilein84
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Beitrag Di., 16.02.2021, 09:23

Hallo!
Aber kann es denn nicht im Sinne des Kranken sein, dass jemand eingreift, wenn er es selbst nicht mehr merkt? Wenn er sich bei jedem Schub das mühsam aufgebaute Leben (Beruf, Beziehung, Finanzen,...) zerstört? Ich verstehe nicht, dass es keine Möglichkeit zum Eingreifen geben soll, bevor vielleicht "Schlimmeres" passiert (Gewalt/Gefängnis...)? Wenn derjenige im geistig guten Zustande zustimmt, dass er zu einem anderen Zeitpunkt dazu genötigt werden kann. Es kann doch nicht sein, dass man jedes Mal darauf warten muss, bis "etwas passiert" ist? Weil der Amtsarzt greift ja eigentlich erst bei Gefahr ein.
Die Beziehung ist natürlich etwas anderes. Aber vielleicht kann das ja wie beim Erwachsenenschutz eine unabhängige Person übernehmen.
Gibt es wirklich niemand mit derartigen Erfahrungen?

PS: Ich bin aus Ö.

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Sadako
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Beitrag Di., 16.02.2021, 09:48

Elfilein84 hat geschrieben: Di., 16.02.2021, 09:23 Wenn derjenige im geistig guten Zustande zustimmt, dass er zu einem anderen Zeitpunkt dazu genötigt werden kann.
„zustimmt“ ... jetzt wird mir klarer, was ich so irritierend finde. Für mich ist es ein Riesenunterschied, ob jemand selbst aus eigener Initiative Anstrengungen unternimmt in einer Krankheitsphase vor sich selbst geschützt zu werden, oder ob jemand zustimmen soll zu Maßnahmen, die andere für sinnvoll halten.
So hart es klingt, es gibt auch das Recht auf Krankheit und auch ein psychisch kranker Mensch darf sich sein Leben versauen.

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Elfilein84
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Beitrag Di., 16.02.2021, 09:54

Aber es gibt die Möglichkeit nicht, oder?

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diesoderdas
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Beitrag Di., 16.02.2021, 21:56

Also, ich habe eine Generalvollmacht für jemanden. Mit der darf ich auch in Zwangsbehandlungen einwilligen oder sie ablehnen (bei uns steht eher im Vordergrund, dass ich sowas verhindern dürfte).
Eigentlich müsste man so eine Vollmacht doch für alle Altergruppen erstellen können und auch mit sofortiger Wirkung (nicht erst, "wenn nicht mehr zurechnussfähig" oder so.)

Es gibt vom "Bayerischen Staatsministerium der Justiz" diverse Heftchen zu kaufen (z.B. beim großen Onlinekaufhaus) über Generalvollmachten, Betreuung usw. Vielleicht ist das hilfreich.
Oder beim bmjv Infos zu Patientenverfügung anschauen.

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Elfilein84
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Beitrag So., 17.07.2022, 18:42

Aber es "gibt auch das Recht auf Krankheit und auch ein psychisch kranker Mensch darf sich sein Leben versauen." , müsste doch beinhalten, dass dieser Erkrankte nur in einem Ausmaß erkrankt ist, dass er das noch entscheiden kann. Wenn jemand psychotisch ist, sich für Harikrishna hält und glaub fliegen zu können (zB), kann er doch auch nicht mehr entscheiden, ob er sich "das Leben versauen will". Ich versteh die Logik dahinter eigentlich nicht. Man gesteht doch auch einem Depressiven nicht zu zu entscheiden, ob er sterben will. Die Vollmacht wird ja schließlich in "klaren" Momenten aufgesetzt.
Und abgesehen davon, "versaut" er zumeist vielen anderen (event. den eigenen Kindern) auch das Leben.

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candle.
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Beitrag So., 17.07.2022, 19:08

Elfilein84 hat geschrieben: So., 17.07.2022, 18:42 Wenn jemand psychotisch ist, sich für Harikrishna hält und glaub fliegen zu können (zB), kann er doch auch nicht mehr entscheiden, ob er sich "das Leben versauen will".
So ähnlich habe ich schon gehört, allerdings hat der Betroffene Achtsamkeit gelernt bzw. die Alarmzeichen wahrzunehmen um sich in helfende Hände zu begeben BEVOR es "losgeht".

Ich denke dein Wunsch ist ziemlich schwer umzusetzen. Wer sollte das auch machen? Der- oder diejenige muß ja quasi Kenntnis von deinem Zustand haben?!

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Pianolullaby
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Beitrag So., 17.07.2022, 20:13

Eine rechtliche Durchsetzung ist nicht möglich. Gibt keinen Paragraphen dazu
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Gespensterkind
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Beitrag Mo., 18.07.2022, 06:30

Ich meine, dass man mit einer Generalvollmacht bei Gericht einen Antrag stellen kann, dass jemand sich in stationäre Behandlung begeben muss. Und das Gericht überprüft und entscheidet das dann. Der Bevollmächtigte darf diesen Antrag stellen, wenn die Gefahr besteht, dass der Betroffene sich krankheitsbedingt eigen- oder fremdgefährdend verhält. So weit ich weiß und das verstanden habe.

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diesoderdas
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Beitrag Mo., 18.07.2022, 10:13

Also in D (ich weiß, du bist aus Ö) muss aus der Vollmacht die Befugnis herausgehen, dass du Entscheidungen treffen darfst (so lange es zum Wohl des Patienten erforderlich ist) über:

- freiheitsentziehende Unterbringung (§ 1906 Absatz 1 BGB)
- freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1906 Absatz 4 BGB)
- Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme (§1906a Absatz 1 BGB)
- Verbringung zu einem stationären Aufenthalt in ein Krankenhaus, wenn eine ärztl. Zwangsmaßnahme in Betracht kommt (§ 1906a Absatz 4)

Angaben ohne Gewähr, aber so haben wir das in den Vollmachten drin.
Mir hat man auch gesagt, dass diese Punkte NICHT mit einer allgemein gehaltenen Generalvollmacht funktionieren, selbst wenn die "alles" erlaubt. Diese Punkte müssten speziell erwähnt werden. Ebenso wenn man über lebenserhaltende Maßnahmen entscheiden können soll.

In Ö müsste es doch irgendwas entsprechendes geben?

Wie das (in D) konkret ablaufen würde, weiß ich nicht. Also ob man dann einfach beim Arzt oder Krankenhaus anfragen könnte? Das Gericht muss da ja trotzdem , denke ich , auch immer mit von der Partie sein und den Antrag vom Bevollmächtigten erlauben. Was ja aber auch gut so ist, finde ich. Damit Missbrauch seitens eines Bevollmächtigten verhindert wird und es noch eine Kontrollinstanz gibt.

In D gibt es Vordrucke von diversen Organisationen, die all diese Punkte auch beinhalten.
Habt ihr in Ö da gar keine Angebote?

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Candykills
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Beitrag Mo., 18.07.2022, 11:11

Ich bin etwas irritiert, weil ich selbst habe so eine Vollmacht bezüglich meiner Mutter und wir haben die von der Seite des Justizministeriums und deswegen wundert es mich, dass man explizit nochmal Paragraphen angeben müsste, wenn es um lebenserhaltende Maßnahmen geht? Weil da steht ja alles und man musste das mir Ja oder Nein beantworten und für mich macht es keinen Sinn, dass die Entscheidungen dann am Ende gar nicht greifen sollen ohne extra angegebene Paragraphen?!
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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diesoderdas
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Beitrag Mo., 18.07.2022, 11:19

Candykills hat geschrieben: Mo., 18.07.2022, 11:11 Ich bin etwas irritiert, weil ich selbst habe so eine Vollmacht bezüglich meiner Mutter und wir haben die von der Seite des Justizministeriums und deswegen wundert es mich, dass man explizit nochmal Paragraphen angeben müsste, wenn es um lebenserhaltende Maßnahmen geht? Weil da steht ja alles und man musste das mir Ja oder Nein beantworten und für mich macht es keinen Sinn, dass die Entscheidungen dann am Ende gar nicht greifen sollen ohne extra angegebene Paragraphen?!
Ich glaube, die Paragraphen braucht es nicht unbedingt (also die Nummern), solange der Inhalt ersichtlich ist.
Weiß es aber nicht genau. Wir haben das einfach zur Sicherheit so gemacht.
Wenn du das von den doch recht offiziellen Seiten hast, wird das schon so passen, schätze ich.

Das vom Justizministerium habe ich damals auch durchgelesen und fand das gut geschrieben. Ich konnte mal die Version eines Notars lesen und da muss ich als Laie sagen, dass das sehr viel unklarer klang. In der Notarversion war sogar nachweislich ein Fehler drin (tatsächlich falsche Paragraphenangabe).

Und was lebenserhaltende Maßnahmen angeht - da haben wir auch keine Paragraphen drin. Gibt es glaube ich auch gar nicht (?). Aber es muss halt in Worten alles beinhalten, denke ich. Und eben extra erwähnt sein (auch wenn man meinen könnte Generalvollmacht bedeutet automatisch alles)

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Elfilein84
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Beitrag Mo., 18.07.2022, 11:32

Ich habe bis jetzt von noch keiner Stelle gehört, dass sowas in Ö möglich ist 😞

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