Ärger über mich selbst, psychomatische Beschwerden

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Sportler198x
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Ärger über mich selbst, psychomatische Beschwerden

Beitrag So., 04.07.2021, 10:29

Hallo liebe Community!

Ich möchte euch kurz meine Situation schildern, in der Hoffnung wertvollen Rat zu bekommen. Also bei mir ist es so, dass es in meinem Leben viele Aspekte gibt, über die ich mich einfach ärgere. Ich bin mittlerweile 36, im Laufe der Zeit wurde ich immer unsicherer, mein Selbstwert ging stetig nach unten, dadurch kam das Vermeidungsverhalten, immer weiterer Rückzug usw. Ich bin ein ziemlicher Einzelgänger geworden und habe eine ausgeprägte generalisierte Angststörung entwickelt. Ich bin mittlerweile seit 3 Jahren in Verhaltenstherapie, was mir schon einiges bringt.

Ein großes Problem, weswegen ich diesen Beitrag verfasse, ist dass ich seit nun schon über 2 Jahren auch zunehmende gesundheitliche Probleme habe, die durch meinen seelischen Zustand verursacht werden. Ich kann das deswegen so schreiben, weil ich schon bei vielen Ärzten war. Laut denen bin ich körperlich topfit. Und ich kenne mittlerweile meinen Körper schon sehr gut und bin achtsam auf die Auslöser, somit weiß ich dass es psychisch verursacht ist.

Bis vor ca. 2,5 Jahren war ich sehr sportlich, bin sogar Marathon gelaufen, dann kam Schritt für Schritt die zunehmende Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Müdigkeit usw. Vor ca. 2 Jahren kam der endgültige Tiefpunkt, an dem ich keine 3 km mehr laufen konnte, bis ich total fertig war. Ein Aspekt davon ist schon körperlich bedingt, weil ich einen großen Eisen- und Vitamin D3-Mangel entwickelt habe, aber deswegen bin ich schon in Behandlung.

Es sind immer die gleichen psychomatischen Beschwerden die auftreten wenn mich etwas ärgert, wenn ich in Situationen bin, in denen ich mich wenig wert fühle usw. Symptome wie Husten, verstopfte Nase, Gänsehaut, heiß/kalt empfinden usw. Ich habe zum Beispiel eine Arbeitskollegin, über die ich mich ärgern muss, die löst diese Symptome auch aus. Womöglich spielt bei der Entstehung dieser Symptome auch mit, dass ich schon über viele Jahre meinen Ärger in mich hineinfresse.

Hat jemand von euch Erfahrungen damit, wie man das bewältigen kann? Entspannungstechniken? Zum Beispiel Atemtechniken? Ich bin mittlerweile einfach schon richtig frustriert, ich möchte einfach wieder normal Sport machen, was mir nun schon lange nicht mehr möglich ist!

Danke für euren Rat!

lg Chris

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Waldschratin
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Beitrag So., 04.07.2021, 11:28

Hallo Chris,
kennen tu ich solche Probleme in- und auswendig, bin da schon mittlerweile ein paar Jahrzehnte damit unterwegs.

Was ich inzwischen nicht nur verstehe, sondern auch leiblich erleben kann : Körper und Mentales sind einfach nicht zu trennen, bedingen und beeinflussen sich gegenseitig, und das ständig und unablässig.

Tipps hab ich an sich keine, kann dir nur sagen, wie ich das inzwischen und zur Zeit bei mir angehe, aber ich muss dazu sagen, dass ich auch körperlich einiges mitbringe, was sich schon auf "direktem" Wege sehr prompt und krass auswirkt.

Ich arbeite im Moment v.a. übers vegetative Nervensystem.
In Kombination mit Körperwahrnehmung, weil es bei mir sehr wichtig ist, dass ich ständig was mache an Bewegung, dabei auch mal mehr und mal weniger über die Grenzen gehen muss , wenn ich mich aufbauen möchte. Aber nie zu sehr drüber gehen darf, weil sonst gleich mal wieder alles wegbricht und ich ganz von vorne anfangen darf (Was bei mir dann schon mal Richtung Pflegebedürftigkeit gehen kann).

An Techniken gibt es da ja jede Menge. Ich hab mir im Laufe der Jahre einen bunten Mischmasch daraus gebastelt (mit viel Unterstützung durch Fachkräfte, aber halt individuell, da derzeit "wissenschaftlich Etabliertes" nur selten tatsächlich für mich passt und sogar eher Schaden anrichten kann.)

Die andere Schiene ist, dass ich immer wieder lernen muss, mich auszusöhnen mit dem, was ist im Jetzt , bei aller Trauer um das, was mir mal möglich war und Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen und Wünschen, die ich eigentlich an mich, meinen Körper und ein "gemeinsames" Leben hätte.

Was mich auch gut unterstützt, ist die alte Weisheit, dass mein Essen meine "Medizin" sein solle. Auch da geh ich individuelle Wege, weit weg von Ernährungspyramide und solchen Schemata.
Und Nahrungsergänzer bringen bei mir auch weitaus mehr als Medikamente im herkömmlichen Sinn.

Was auch ein ganz wichtiger Punkt ist : Mich gut (und regelmäßig...) zu reflektieren in meinen inneren Abläufen, in Gefühlen wie Mustern etc. Am besten ohne "Bewertung", also nicht gleich an mir rumzukritteln oder "Ideal" anzustreben, wenn mir da was nicht in den Kram passt.
Klingt leichter, als es dann ist....

Ich nehme mir da auch täglich meine Zeiten (Müssen nicht lang sein), um innezuhalten, wahrzunehmen, einzuordnen und dann neu "abzustimmen", was jetzt gut und dienlich wäre fürs "Gesamtgleichgewicht".

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Beitrag So., 04.07.2021, 17:59

Hallo Waldschratin, vielen Dank für deine Antwort!

Mir wird auch immer mehr bewusst, dass es eine richtige schwierige Thematik ist, wie man dem begegnen kann. Mir erscheint es so, dass viel daran hängt, sich von dem zu lösen was mal war und was jetzt nicht mehr ist/nicht mehr sein kann, sowie weg von dem Ärger was fehlt bzw. was nicht so gelaufen ist wie es laufen sollte, hin zu einem Leben im hier und jetzt, was ich jetzt für mich tun kann... Klingt leichter als es ist...

Ich habe die Idee, dass ich beobachte und aufschreibe in welchen Situationen und bei welchen Gedanken die von mir erwähnten Symptome auftreten und wodurch sie wieder weggehen, um daraus in Absprache mit meiner Therapeutin Maßnahmen abzuleiten, wie ich mein Verhalten ändern kann und was ich Gutes für mich tun kann. Wäre das eine gute Idee?

lg Chris


Waldschratin
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Beitrag So., 04.07.2021, 21:21

Sportler198x hat geschrieben:Ich habe die Idee, dass ich beobachte und aufschreibe in welchen Situationen und bei welchen Gedanken die von mir erwähnten Symptome auftreten und wodurch sie wieder weggehen, um daraus in Absprache mit meiner Therapeutin Maßnahmen abzuleiten, wie ich mein Verhalten ändern kann und was ich Gutes für mich tun kann. Wäre das eine gute Idee?
Das finde ich auf jeden Fall einen guten Ansatz. :ja:
Was sagt denn deine Therapeutin bisher zu deinen Symptomen? Habt ihr da schon näher dran gearbeitet oder läuft das eher so "nebenbei"?

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Beitrag Mo., 05.07.2021, 18:22

Waldschratin hat geschrieben: So., 04.07.2021, 21:21 Das finde ich auf jeden Fall einen guten Ansatz. :ja:
Was sagt denn deine Therapeutin bisher zu deinen Symptomen? Habt ihr da schon näher dran gearbeitet oder läuft das eher so "nebenbei"?
Also so als ersten Gedanken würde ich sagen dass es bisher eher nebenbei gelaufen ist. Ich habe meiner Therapeutin bereits öfters geschildert, wie ich mich körperlich fühle, aber ich hatte nicht den Eindruck dass sie so richtig darauf eingestiegen ist. Mehr so nach dem Motto, dass jeder bessere und schlechtere Tage hat, also Tage an denen man leistungsfähiger ist und dann Tage, an denen man weniger leistungsfähig ist. Sicher, der Umstand dass ich 2017-2019 wirklich viel gelaufen bin und mich dabei ordentlich ausgebrannt habe (es waren nebenbei ja auch noch andere Sachen die ich gemacht habe, Vollzeitarbeit, Weiterbildung, Nachwuchstraining, Fitnesstraining um ein paar zu nennen), da kam schon viel zusammen. Wodurch auch der riesige Eisenmangel entstand, der viel dazu beigetragen hat, dass ich Mitte 2019 kraftmäßig völlig am Ende war.

Und doch habe ich den letzten 2 Jahren schon viel daran gearbeitet und bin kürzer getreten, aber ich bin noch lange nicht dort wo ich vorher war. Im Gegenteil, es kamen immer neue Symptome auf, weil es einfach noch viel zu bearbeiten gibt. Somit könnte ich mit meiner Therapeutin sicher näher daran arbeiten, denke ich. Deshalb die Idee, dass ich mir aufschreibe was ich beobachte.

Wobei vielleicht arbeitet meine Therapeutin ja unterbewusst auch daran, sie rät mir immer Neues auszuprobieren und einfach Sachen zu machen, ohne viel darüber nachzudenken, damit meine Ängste kleiner werden. Das hilft mir vielleicht auch dabei, weil es sich gerade beim Sport vielleicht um eine Art Laufburnout handelt, es ich war freizeitmäßig ja wirklich sehr auf den Laufsport fixiert!

lg Chris


Waldschratin
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Beitrag Di., 06.07.2021, 05:27

Sportler198x hat geschrieben:sie rät mir immer Neues auszuprobieren und einfach Sachen zu machen, ohne viel darüber nachzudenken, damit meine Ängste kleiner werden. Das hilft mir vielleicht auch dabei, weil es sich gerade beim Sport vielleicht um eine Art Laufburnout handelt, es ich war freizeitmäßig ja wirklich sehr auf den Laufsport fixiert!
Das klingt mir aber grad eher danach, dass der Sport bzw. "bestimmter Grad an Leistungsfähigkeit" für dich ein sehr wichtiger Punkt ist, über den du anderes, Psychisches, deine Ängste etc. vielleicht kompensierst?
So nach dem Motto : Wenn ich es schaffe, diese Zahl an Kilometern mit dieser bestimmten Geschwindigkeit regelmäßig hinzulegen und mich noch steigern kann, dann kann ich gar nicht so ein "Versager" sein, wie ich es meine zu fühlen" oder sowas.

Ich hab das ein bissl anders erlebt, ging aber in ähnliche Richtungen. Als ich mich noch mit der Essstörung rumschlug, hab ich Sport und Bewegung auch "benutzt". Ich hatte da noch gar keinen richtigen Bezug zu meinem Körper. Der war "Instrument", und ansonsten war es schon immer besser gewesen, ihn gar nicht erst zu spüren.

Ich hab erst mit den Jahren, über Körperwahrnehmung, gelernt, dass es da auch ein gutes "Miteinander" gibt, das gegenseitiges Wohlbefinden zur Folge hat.
Dass ich also fühlen und empfinden kann (Das geht ja nur und ausschließlich über den Körper) und mich Gefühle und Empfindungen per se nicht automatisch eh überfluten, wegspülen und eine Art Überlebensmodus nötig machen.

Und dann bin ich mit der Zeit auf das gekommen, was deine Thera wohl meint, wenn sie sagt: Einfach mal machen, ausprobieren, nicht groß analysieren, drüber nachdenken etc.
Also weg vom Leistungsgedanken/Nutzengedanken, hin zum eigentlichen Erfahren, dass die Bewegung angenehm ist, mir gut tut, ich mich sauwohl fühle, nicht immer schon währenddessen (Ich muss da mit viel Schmerz kämpfen), aber ganz bestimmt hinterher, wenn ich mich auf den Genuss einlasse und nicht nur fixiere, was ich jetzt geschafft hab oder nicht.

Ich kenne das aus der Angststörung ja auch ähnlich : Wenn ich meine Ängste von vorneherein fixiere, starre ich nach Sekunden auf unüberwindbare "Riesen" und "Endgegner".
Wenn ich unbefangener, mich freier lassend, in solche angsterfahrungsbehafteten Situationen wahrnehmend, reflektierend, "pendelnd" reingehe, kann ich erleben. Nicht nur "erfahren". Sondern an mir, meinem Körper erleben, dass es auch anders geht. Dass ich Panikmanagement hinkriege.
Dann stellt sich meistens raus, dass die Riesen und Endgegner eigentlich Peanuts sind, harmlose Zeitgenossen. Die ich vielleicht nicht mag, die mir oft genug unangenehm sind. Aber eben nicht gleich "Killer" meiner selbst.

Ich musste aber auch erst lernen, dass Panik keine reine "Kopfsache" ist und somit auch direkt über den Körper beeinflusst werden kann.
Praktisch erklärt : Wenn ich in Panik gerate, kann ich das nicht nur ausschließlich über meine Gedanken gelenkt bekommen, sondern auch rein über den Körper steuern : Atemtechniken z.B. Die aktivieren direkt den Parasympathikus, da brauch ich keine große Gedankenakrobatik dazu. ;-)

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Pianolullaby
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Beitrag Di., 06.07.2021, 19:04

Und du denkst du seist der einzige damit? Mitnichten. Wievielen 100'000 Menschen haben psychosomatische Probleme??? Nur Du? Kaum, also lohnt sich nicht sich deswegen zu kasteien
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Beitrag Mi., 07.07.2021, 19:06

@Waldschratin

Wenn ich so darüber reflektiere ist da etwas Wahres dran, Sport war bei mir auch ein Weglaufen vor den Problemen und Ängsten. Ich bin mittlerweile schon näher daran, den Sport so zu betreiben dass es für mich ein Spaßfaktor ist, ich muss niemand etwas beweisen. Und du verstehst sicher, das ist nicht so einfach, wenn ich bei Laufveranstaltungen meinen Lauffreunden begegne, geht es schnell mal um meine Ziele für den heutigen Lauf etc. Aber ich kann jetzt schon mehr dazu stehen, dass für mich nicht mehr die Zeit im Vordergrund steht, sondern meine Freude am Lauf, dass kommuniziere ich dann auch so! Wobei ich das gar nicht argumentieren müsste, es geht ja um mich und nicht um die anderen!

Ich denke ich verstehe jetzt auch mehr worum es meiner Therapeutin geht und auch welche Anregungen du mir mitgibst, es geht nicht darum zu analysieren warum es mal besser geht und warum mal schlechter, nicht darum was ich schon mal konnte und was jetzt nicht mehr geht und was ich tun muss, damit das wieder geht. Damit mache ich mir selbst nur Druck und damit nur neue Symptome. Es geht darum, das zu machen was im Hier und jetzt für mich stimmig ist, und zwar so wie es machen will. Ich hoffe ich fasse das richtig zusammen!

Und wenn sich die Ängste zu Wort melden, dann geht es nicht darum wie ich sie loswerde, sondern es geht darum sie als Teil von mir anzunehmen, und trotzdem zu tun was ich tun will, damit die Ängste leider werden!

Vielen Dank für deine Anregungen!

lg Chris

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Beitrag Mi., 07.07.2021, 19:09

Pianolullaby hat geschrieben: Di., 06.07.2021, 19:04 Und du denkst du seist der einzige damit? Mitnichten. Wievielen 100'000 Menschen haben psychosomatische Probleme??? Nur Du? Kaum, also lohnt sich nicht sich deswegen zu kasteien
Ganz im Gegenteil, mir ist bewusst dass jeder Mensch sein Packerl zu tragen hat, gerade deshalb suche ich gerne den Rat in diesem Forum. Da bekomme ich sicher gute Anregungen, schlussendlich muss eh jeder selbst herausfinden was für einen stimmig ist.


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Beitrag So., 11.07.2021, 09:43

sportler198x hat geschrieben:es geht nicht darum zu analysieren warum es mal besser geht und warum mal schlechter, nicht darum was ich schon mal konnte und was jetzt nicht mehr geht und was ich tun muss, damit das wieder geht. Damit mache ich mir selbst nur Druck und damit nur neue Symptome. Es geht darum, das zu machen was im Hier und jetzt für mich stimmig ist, und zwar so wie es machen will. Ich hoffe ich fasse das richtig zusammen!

Und wenn sich die Ängste zu Wort melden, dann geht es nicht darum wie ich sie loswerde, sondern es geht darum sie als Teil von mir anzunehmen, und trotzdem zu tun was ich tun will, damit die Ängste leider werden!
Hallo Chris,
sorry, hat ein bissl gedauert, bis ich mal wieder hier reingeguckt hab.

Aber ja, ich hab das so gemeint, wie du das zusammengefasst hast. :ja:

Die Ängste dabei sind aber glaub ich recht "normal" für uns Menschen. Schließlich hängt ja viel Überleben, Wehrhaftigkeit, sich selber versorgen können etc. schon rein "natürlich" davon ab, dass der Körper mitmacht.
Und wenn man dann mal solche Einbrüche erlebt, wird das wohl automatisch schon schnell existenziell.

Wir sind das heutzutage wohl auch gewohnt, dass man, wenn schon krank, auch wieder "ganz gesund" wird, also auch da wieder : "Genauso" leistungsfähig wie vor der Erkrankung.
Jetzt gibt es aber halt auch solche Phänomene wie zum Beispiel das chronische Erschöpfungssyndrom. Ich kenne das aus eigener Erfahrung, hab gestern auch einen Beitrag im Fernsehen dazu geguckt.
Das galt ja auch lange als "Der Betroffene lässt sich halt hängen", weil man von außen halt nix sieht und auch heutzutage noch kaum messbare Kriterien für das tatsächliche Vorhandensein dieser Erkrankung kennt. (Corona bzw. Long-Covid wird da hoffentlich ein bissl die Forschung und auch das Verständnis dafür voranbringen)

Dass es da immer auch Zusammenhänge mit der Psyche gibt, find ich selbstverständlich, nur leider kann man vielen Leuten (auch den Fachleuten) oft nicht vermitteln, dass es auch da Unterschiede gibt.
Das CFS (Erschöpfungssyndrom) hab ich z.B. noch nie als primär psychosomatisch erlebt.
Ich kann es psychisch beeinflussen, also z.B. verstärken, indem ich den Depressionen freien Raum geb.
Aber ebenso halt auch positiv beeinflussen, indem ich ne gute Psychohygiene betreibe.
An der grundsätzlichen Schwäche und Erschöpfung ändere ich da über psychische "Arbeit" rein gar nichts. Die muss ich körperlich behandeln.

Die Ängste finde ich wie gesagt natürlich.
Da macht für mich die "Dosis" das Gift.
"Wegbekommen" geht da gar nicht, aber halt einen Umgang damit finden, der dienlich ist für mich, körperlich wie seelisch gleichermaßen.

Da ich ja auch ne Panikstörung hab, weiß ich halt auch darum, wie sehr es einen körperlich mit fertigmachen kann, wenn man sich diesen ständigen Adrenalin- und damit Hoch-Stress-Schüben von Panikattacken hingibt und die auslebt.
Das stresst nicht nur seelisch und verstärkt die Ängste mehr und mehr, das wirkt sich halt auch über diverse Hormone/Botenstoffe und allgemein die Körperchemie negativ auf den Organismus aus.

Und dann wirds schwierig zu unterscheiden, wo da die "Henne" und wo das "Ei" begraben liegen.

Für mich liegt da die Lösung, wo ich sie schon häufig gefunden hab in meinem Leben : "Impulskontrolle".
Also nichts ausklammern, verdrängen und von sich weghalten.
Aber auch nicht sich jedem Impuls ausliefern und hingeben, und mag er noch so heftig mich umtreiben.

Geht halt nicht durch "Schalterumlegen", sondern übers profane Lernen, und das ist ein Prozess. "Fehlversuche" inbegriffen.

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Sportler198x
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Beitrag So., 18.07.2021, 10:30

Hallo Waldschratin! Für mich liegt das mittlerweile auch auf der Hand, dass es einen Zusammenhang zwischen Psyche und Körper gibt. Diese Erschöpfungszustände kenne ich selbst auch nur zu gut, mir kommt vor dass das Nachgrübeln über Probleme viel dazu beiträgt, so wie das Vermeidungsverhalten, wenn es darum geht aus der eigenen Komfortzone rauszugehen, wegen der Angst was dabei schiefgehen könnte. Dadurch entsteht einfach eine Eintönigkeit, wenn ich nur das mache, was ich schon kenne. Diese Eintönigkeit ist sehr belastend und begünstigt sicher diese Erschöpfungszustände, weil ich halt viel darüber nachgrüble was ich machen möchte, mich aber nicht traue, weil ich mich nicht gut genug dafür halte. Ist halt auch ein Selbstwertthema, das sinkt natürlich kontinuierlich mit dem Vermeidungsverhalten. Ich verwende dann einfach viel Energie für das endlose Grübeln darüber was ich ändern möchte, aber zu keinen Lösungen komme. Das ist einfach nicht gut für mich!

Als Beispiel mache ich seit 10 Jahren die gleiche Arbeit, was mich auch einfach nicht mehr glücklich macht. Aber statt zu versuchen in der Firma das Gespräch zu suchen ob ich andere Aufgaben bekommen kann, bzw. mir eine andere Arbeit zu suchen, verharre ich da wo ich bin, weil ich mich nicht gut genug für eine Veränderung halte. Ich glaube dann immer ich muss erst haufenweise Weiterbildungen machen, bevor ich gut genug dafür bin. Dabei kommt es mehr auf das Auftreten an und nicht darauf, was man kann. Und dann ärgere ich mich über bzw. bin neidisch auf die Kollegen, die das besser machen. Wobei das kein Ärger über die ist, sondern über mich, weil ich das nicht mache (dieses berühmte Spiegelbildgesetz).

Ich weiß dass meine Therapeutin Recht hat, nicht überlegen, einfach machen. Aber ist echt leichter gesagt als getan... Der Weg ist sicher der richtige, mit kleinen Veränderungen anfangen, nicht mit großen Dingen wie zB Beruf... Ich empfinde es einfach als einen Prozess, die Dinge zu verändern, mit jedem Erfolg wird dann auch der Selbstwert und meine Freude an dem, was ich mache, steigen. Dann werden auch die Erschöpfungszustände besser werden, hoffe ich. Und dass etwas schiefgeht, wird dann halt einfach dazugehören... Der Mensch braucht einfach immer neue Impulse!

lg Chris

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Fairness
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Beitrag So., 18.07.2021, 10:56

Lieber Sportler,
Sportler198x hat geschrieben: So., 18.07.2021, 10:30 Ich weiß dass meine Therapeutin Recht hat, nicht überlegen, einfach machen.
so wie du, finde ich auch, dass sie da Recht hat... Oft erfährt man, wie etwas ist, erst wenn man das eine Zeit lang ausprobiert hat. Ich finde, eins sind die Fähigkeiten, welche man mitbringt und das Andere die eigenen Vorstellungen und Werte, welche man durch seine Tätigkeit zu erfüllen hofft, welche an sich ein Motor sind. Und dann ist es gut, sich früh ein Bild zu machen, damit der Realitätsabgleich möglichst bald erfolgt und die eventuelle Enttäuschung somit geringer gehalten wird... damit dann mehr Energie übrig bleibt, um weitere Schritte zu gehen.
(Und das Grübeln ist übrigens, finde ich, auch ein wirklicher Energieräuber.)

Hast du konkrete Vorstellungen, welche andere Aufgaben in deiner Firma du übernehmen könntest? :)

Lieben Gruß,
Fairness
Zuletzt geändert von Fairness am So., 18.07.2021, 11:03, insgesamt 1-mal geändert.
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)


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Beitrag So., 18.07.2021, 10:57

sportler198x hat geschrieben:Dadurch entsteht einfach eine Eintönigkeit, wenn ich nur das mache, was ich schon kenne. Diese Eintönigkeit ist sehr belastend und begünstigt sicher diese Erschöpfungszustände, weil ich halt viel darüber nachgrüble was ich machen möchte, mich aber nicht traue, weil ich mich nicht gut genug dafür halte. Ist halt auch ein Selbstwertthema, das sinkt natürlich kontinuierlich mit dem Vermeidungsverhalten.
Hallo Chris,
ja, solche "Gewohnheiten" können einen ganz schön mattsetzen! Das sind Teufelskreise, und die heißen ja nicht umsonst so. ;-)

Bei deinem "Grund", dass du dich nicht gut genug/geeignet genug hältst für Veränderungen, möchte ich nochmal nachfragen : Wenn es dein "nicht gut genug sein" nicht wäre, würdest du dann nicht automatisch irgendeinen anderen "plausiblen" Grund finden, um dir die Angst vor der Veränderung an sich zu "erklären"?

Warum darf die Angst an sich nicht "reichen" als Grund dafür, dass man lieber in der Komfortzone bleiben möchte, anstatt die Dinge tat-kräftig anzugehen? ;-)

Dann bliebe die Auseinandersetzung mit der Angst(Panik) an sich. Und ja, weiß ich von mir, dass man die mal gern fixiert wie`s Karnickel die Schlange. Und "erstarrt" davor etc.
Meint, es gäbe keine Auswege und man sei machtlos, hilflos, ausgeliefert etc.

Und da setzt dann das an, was deine Thera dir empfiehlt : "Einfach (erstmal) machen", also überhaupt irgendwas "machen", dich "bewegen", aktiv und damit wieder handlungsfähig werden.
Dann kommt man nämlich leichter wieder aus dieser "Fixation" raus und kann wieder klarer sehen, also auch das "Drumrum" um die Angst/das Angstmachende. Sich selber z.B. mal wieder wahrnehmen und die eigene Macht, Kompetenz, Stärke und Findigkeit.

Dann "muss" es auch nicht gleich "Erfolge" geben und diese Aufwärtsspirale, die du beschreibst.
An sich bin ich da ja deiner Meinung :
Ich empfinde es einfach als einen Prozess, die Dinge zu verändern, mit jedem Erfolg wird dann auch der Selbstwert und meine Freude an dem, was ich mache, steigen. Dann werden auch die Erschöpfungszustände besser werden, hoffe ich. Und dass etwas schiefgeht, wird dann halt einfach dazugehören... Der Mensch braucht einfach immer neue Impulse!
Aber es klingt mir schon fast wieder zu festgelegt, wie du das beschreibst.
Und dann gäbe es schon wieder eine gute "Türe" zum Selbstboykott : Funktioniert ja nicht, habe versagt etc.pp.

Mal "einfach machen und ausprobieren" völlig ohne Erwartungen dran, ginge das?
Also mehr spielerisch um des Spielens damit?
Im Sinne "Ich mache Erfahrungen, egal ob positive oder negative"?

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Beitrag So., 18.07.2021, 13:39

Fairness hat geschrieben: So., 18.07.2021, 10:56 Ich finde, eins sind die Fähigkeiten, welche man mitbringt und das Andere die eigenen Vorstellungen und Werte, welche man durch seine Tätigkeit zu erfüllen hofft, welche an sich ein Motor sind. Hast du konkrete Vorstellungen, welche andere Aufgaben in deiner Firma du übernehmen könntest? :)
Meine persönlichen Werte, das wurde bei meiner Therapie auch schon öfters thematisiert :) Ich habe keine konkreten Vorstellungen, was ich anderes in der Firma machen könnte, ich weiß was mir bei einer Arbeit wichtig und wo meine Stärken liegen. Ich könnte jetzt wieder viel Rumgrübeln was ich machen könnte, warum es ich es für schwierig halte, dass ich zu anderen Aufgaben in der Firma komme, aber darauf werde ich keine Antwort bekommen. Im Endeffekt steht bei mir im Vordergrund dass ich etwas verändern will, einfach etwas Neues machen. Und dann ist es ja wirklich trial and error...

lg Chris

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Sportler198x
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Beitrag So., 18.07.2021, 13:50

Waldschratin hat geschrieben: So., 18.07.2021, 10:57
ja, solche "Gewohnheiten" können einen ganz schön mattsetzen! Das sind Teufelskreise, und die heißen ja nicht umsonst so. ;-)
Absolut, dem habe ich nichts hinzuzufügen ;-)
Warum darf die Angst an sich nicht "reichen" als Grund dafür, dass man lieber in der Komfortzone bleiben möchte, anstatt die Dinge tat-kräftig anzugehen? ;-)
Nun ja, ich denke die Angst an sich ist ja nichts Schlechtes, sie bewahrt davor richtig Blödsinn zu machen ;-) Die Frage ist dann wie man mit der Angst umgeht, ob sie lähmt oder oder ob man sie annimmt, aber trotzdem oder gerade deswegen handlungsfähig ist. Sie auszuschalten geht sowieso nicht. Wenn man keine Angst hätte, dann lebt man gefährlich ;-)
Aber es klingt mir schon fast wieder zu festgelegt, wie du das beschreibst. Und dann gäbe es schon wieder eine gute "Türe" zum Selbstboykott : Funktioniert ja nicht, habe versagt etc.pp. Mal "einfach machen und ausprobieren" völlig ohne Erwartungen dran, ginge das? Also mehr spielerisch um des Spielens damit? Im Sinne "Ich mache Erfahrungen, egal ob positive oder negative"?
Damit hat du sicher Recht! Man braucht ja schließlich etwas um das Vermeiden aufrecht zu erhalten, weil es in der Komfortzone ja bequem ist, deshalb heißt sie auch so ;-) Genau das ist das Ziel, einfach machen! Ich habe es erst kürzlich erlebt wie befreiend es sein kann einfach etwas zu machen, ohne sich vorher Gedanken darüber zu machen! Es ist wirklich nicht einfach, wenn man das jahrelange Grübeln und Planen gewohnt ist, um nur ja nix falsch zu machen! Aber das Gute ist, dass man es jeden Tag üben kann!

lg Chris

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