Ich bin nicht auf der Welt, dass es anderen besser geht...

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.
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gelbeBlume
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Ich bin nicht auf der Welt, dass es anderen besser geht...

Beitrag Mo., 01.11.2021, 13:32

Oder doch?

Ich war einst auf einer Fortbildung geführt von einer Psychologin... Sie nahm mich dann am Abend zur Seite und sagte zu mir: ich sei nicht auf der Welt, dass es anderen besser geht...

Und doch erwische ich mich immer wieder dabei die Bedürfnisse anderer vor meine zu stellen, oder wenn ich meine Bedürfnisse durchsetze ein mega schlechtes Gewissen zu haben. Oft sind es nur kleine Dinge, die in der Summe aber sehr anstrengend sind. Ich bin schon dankbar und froh es überhaupt zu merken 👍🏻 das war früher nicht der Fall...

Habt ihr Tipps?
Im Leben ist es doch immer ein geben und nehmen oder?

Wie finde ich ein gesundes Mittelmaß mir und den Menschen um mich herum gerecht zu werden?

Danke für eure Ideen ❤️

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 01.11.2021, 21:43

Natürlich ist es befriedigend wenn man die Welt besser macht, das Leben anderer Menschen besser macht.

Der Knackpunkt ist aber, ist es deine freie Entscheidung? Hast du die freie Wahl ob du hier ja oder nein sagst? Oder wirst du so manipuliert, dass du einfach zu sowas wie einem Sklaven der Wünsche einer anderen Person bist? Und kannst du zu dem Helfen noch ausreihcend Selbstfürsorge betreiben, weil du ja nur für andere nützlich sein kannst wenn es dir gut geht und du bei vollen Kräften bist.

Und tust du Dinge die wirklich dazu geeignet sind dass die andere Person Fortschritte macht. Manchmal ist es ja zB sinnvoll jemandem etwas NICHT zu geben weil das besser für die andere Person ist, auch wenn die Person das unangenehm findet. Manchmal ist es besser für die andere Person wenn du ihr Grenzen aufzeigst. Oder aber es nutzt nichts wenn du in die Person Aufwand reinsteckst weil die sowas wie ein Fass ohne Boden ist und es nie genug sein wird. In dem Fall, versuch es erst garnicht, es ist zwecklos.

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Takli
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Beitrag Di., 02.11.2021, 08:23

Ich finde es schon erstrebenswert anderen Menschen zu helfen und Gutes zu tun. Problematisch wird es meiner Ansicht nach erst, wenn es NUR darum geht, daß sich andere besser fühlen und die eigenen Grenzen und Bedürfnisse gar nicht mehr auftauchen und man sich bis zur Selbstaufgabe zurücknimmt. Das erscheint mir ungesund, kenne ich von mir aber leider auch so. Ich denke da geht es erstmal darum ein Gespür für die eigenen Grenzen zu entwickeln.
"Du sollst deinen Nächsten liebenwie dich selbst" fordert ja auch zu Selbstfürsorge auf. Nur wenn man für sich gesorgt hat, kann man sich auch um andere kümmern. Es bereitet ja auch Freude, wenn was zurückkommt.
Problematisch finde ich allerdings das Helfersyndrom, wo es eigentlich nur darum geht seinen Selbstwert zu stabilisieren.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 02.11.2021, 09:09

Hallo gelbeBlume
ich sei nicht auf der Welt, dass es anderen besser geht...
Und ein solcher Satz kommt von einem Psychologen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, anderen Menschen zu helfen???

Wenn das wahr wäre, dann müssten alle Helferberufe in die Psychotherapie.

Das Leben besteht aus Geben und Nehmen, aus Kompromissen finden, aus Sehen und Gesehen werden, aus Helfen und Hilfe annehmen, aus Zuhören und selber reden, ...
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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sebi
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Beitrag Di., 02.11.2021, 23:58

Nun ja, ich interpretiere den Satz "Ich sei nicht auf der Welt, dass es anderen besser geht" etwas anders. Ich interpretiere ihn als Aufforderung, als Input, als ein Angebot zum Nachspüren. Wo fühle ich mich für Andere verantwortlich, was gar nicht in meiner Verantwortung liegt, z.b.? Wo nehme ich mich zurück, weil ich meine, damit dem Anderen SEINE sognannten negativen Gefühle zu "ersparen". Was veranlasst mich, zu denken, ich würde die Welt des Anderen dadurch besser machen?
"Jeder Mensch sucht nach Halt. Dabei liegt der einzige Halt im Loslassen." Hape Kerkeling

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gelbeBlume
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Beitrag Mi., 03.11.2021, 07:48

sebi hat geschrieben: Di., 02.11.2021, 23:58 Nun ja, ich interpretiere den Satz "Ich sei nicht auf der Welt, dass es anderen besser geht" etwas anders. Ich interpretiere ihn als Aufforderung, als Input, als ein Angebot zum Nachspüren. Wo fühle ich mich für Andere verantwortlich, was gar nicht in meiner Verantwortung liegt, z.b.? Wo nehme ich mich zurück, weil ich meine, damit dem Anderen SEINE sognannten negativen Gefühle zu "ersparen". Was veranlasst mich, zu denken, ich würde die Welt des Anderen dadurch besser machen?
Als ich deinen Post las, dachte ich da hast du sowas von den Finger drauf...
Mein oft weg geschobener Grundgedanke ist... Ich weiß wie schlimm es ist wenn ich nicht geholfen bekomme in Situationen die für mich ausweglos waren... Ich weiß es klingt abgedroschen, damals in der Kindheit aber es ist so.
Ich bin mittlerweile jemand der meistens versucht alle Eventualitäten einzuplanen (was unmöglich ist aber klappt halbwegs) um nicht in die Bedrängnis zu kommen um Hilfe zu bitten. Ich weiß dumm... Somit schaffe ich mir viele Puffer für was wäre wenn...
Diese Puffer benötige ich ja oft nicht... Und schafft somit Pausen für andere Sachen...
Ein Beispiel Urlaub mit einer befreundeten Familie.
Abreisetag... Sie mit Baby ich mit "großen" Kindern. Mein Kopf: ich stehe bereits 6 Uhr auf um alles einzupacken und Frühstück machen zu können weil ich weiß sie schaffen es mit der kleinen nicht. Ich plane ein das Baby zu beschäftigen das sie in Ruhe packen können. Das wissen sie aber nicht. Nur damit wir pünktlich los kommen und die Abgabe pünktlich schaffen. Es war dann auch so... Nur das meine Freunde sich mit dem Packen so verschätzt haben, dass der Abwasch das Fegen die vielen Kleinigkeiten auch an mir kleben geblieben sind. Das sind so Momente die sich bei mir öfters Wiederholen. Nur dann hinsetzen mit allem fertig zu sein und sehen die anderen stehen kurz vor der Verzweiflung weil sie die Abgabe nicht schaffen kann ich auch nicht. Den Stress selbst spät aufzustehen mag ich aber auch nicht.
Das war nur ein Beispiel...
Beim Schreiben merke ich wie doof das eigentlich von mir ist aber in der Situation, läuft es automatisch...
Ich Helfe gern bis zu dem Punkt an dem ich mir ausgenutzt vorkomme... Das war in der oben genannten Story der Hausputz bei dem ich mir gewünscht hätte es wäre Hand in Hand gegangen aber dafür war die Zeit nicht da, da die andere Familie viel zu spät aufgestanden ist.

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gelbeBlume
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Beitrag Mi., 03.11.2021, 07:56

Jenny Doe hat geschrieben: Di., 02.11.2021, 09:09
Und ein solcher Satz kommt von einem Psychologen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, anderen Menschen zu helfen???
Ja und er war genau treffend und passend in der Situation. Weil genau das das Problem bei mir ist.
Ich war erstaunt und erschrocken und habe mir in dem Moment mitten in mein Herz gesehen gefühlt...

Als Kind schon musste ich die sein, die das Gerüst nach außen versucht hat aufrecht zu erhalten. Die Nachts aufgestanden ist dem Vater Essen zu machen aus Angst das es laut wird oder einfach nur einmal gesehen zu werden und ein gut gemacht zu bekommen... Egal ob es im Suff war oder nicht... Ich könnte Geschichten, Bücher schreiben... Aber ich möchte das Grundmuster gerne durchbrechen. Ich habe in meiner Therapie viel geschafft, ich fühle wenn es nicht mehr um mich geht. Und doch gibt es Situationen in denen Gefühl und Kopf null zusammen passen und es sich einfach nicht richtig anfühlt.
Ich hoffe das war jetzt nicht zu verquer...

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gelbeBlume
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Beitrag Mi., 03.11.2021, 07:59

Takli hat geschrieben: Di., 02.11.2021, 08:23 ... wo es eigentlich nur darum geht seinen Selbstwert zu stabilisieren.
Ja wo fängt Selbstwertstabilisaton an , und was ist normal🤷🏼‍♀️

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gelbeBlume
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Beitrag Mi., 03.11.2021, 08:01

@münchnerkindl

Das sind sehr gute Gedankengänge... Ich glaube deinen Post lese ich noch paar Mal durch...
Danke

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sebi
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Beitrag Do., 04.11.2021, 11:43

"Was ist der Sekundärgewinn", habe och begonnen, mich in solchen Situationen zu fragen. Und habe festgestellt, dass es z.b. das/mein schlechtes Gewissen ist, das sich meldet. Und der Sekundärgewinn ist, ich muss mich mit meinem schlechten Gewissen nicht auseinandersetzen. Wer spürt schon gerne dieses Gefühl. Erst als ich mein 'schlechtes Gewissen' beruhigen konnte (ich bin deswegen kein schlechter(er) Mensch, wenn ich Grenzen setzte, für mich sorge, gut zu mir bin), war mir ein anderes Handeln möglich. Erst sagte ich mit Angst 'nein', oder 'so nicht mit mir' und dann wurde es immer leichter.
"Jeder Mensch sucht nach Halt. Dabei liegt der einzige Halt im Loslassen." Hape Kerkeling

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Theory
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Beitrag Fr., 20.05.2022, 06:20

gelbeBlume hat geschrieben: Mo., 01.11.2021, 13:32 Habt ihr Tipps?
Im Leben ist es doch immer ein geben und nehmen oder?
Wie finde ich ein gesundes Mittelmaß mir und den Menschen um mich herum gerecht zu werden?
Mein Tipp wäre - lies dich ein in alles, was du zum Thema Selbstwertgefühl und Selbstliebe finden kannst. Umgib dich mit der Literatur, bade in den Worten, höre dir Videos dazu an, Hörbücher - am besten täglich. Damit „schulst“ du dein Gehirn mit dem neuen, für dich noch nicht „wahren“, Narrativen/Themen/Selbstverständlichkeiten.

Zweiter Tipp: es braucht Zeit, manchmal die Hilfe eines guten Therapeuten mit Kenntnis über die Zusammenhänge des „verletzten/inneren Kindes“ (Schattenkind/Sonnenkind) - ein gutes Buch zu dem Thema inkl. Übungsbuch gibt es von Stefanie Stahl.

Dritter Tipp: übe es, dich „selbst zu behaupten“. Die ersten zwei Tipps helfen eher „in deinem Inneren“. Genauso wichtig ist es, aus meiner Efahrung, das NEUE Innere Erleben (dass du dich besser selbst behauptest, abgrenzt, Nein sagst etc.) auch gut und wohlwollend, aber bestimmt und dabei höflich, auszudrücken. Dazu braucht es ein paar (vorher) gut zusammengesuchte Sätze, ein paar Mal vor dem Spiegel üben (in Selbstgesprächen) usw usf.


Du darfst nicht vergessen - du lernst nicht nur, „neu/anders zu sein“ - sondern auch anders zu sprechen. Es ist fast wie eine neue Sprache und Grammatik.

Alles Gute beim Üben!

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