Amotivationales Syndrom durch Cannabis?

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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Wendy1
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Amotivationales Syndrom durch Cannabis?

Beitrag Sa., 18.02.2023, 21:35

Hallo zusammen,

bei mir wurde das amotivationale Syndrom diagnostiziert nach jahrelangem Cannabis Rauchen. Ich habe gehört es geht nie wieder weg und ich habe solche Angst. Ich habe vor einem halben Jahr aufgehört und habe seitdem Symptome einer schweren Depression, keinen Antrieb und keine Gefühle mehr. Kann mir jemand Hoffnung machen, dass sich das Gehirn erholt und wieder weg geht oder wird das mein Leben lang bleiben?😢

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mathilda1981
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Beitrag So., 19.02.2023, 00:35

Hallo Wendy1,

schwierig... Das wird dir wohl niemand beantworten können. Aber aufgeben würde ich definitiv nicht. Was wurde dir denn geraten? Kann man etwas versuchen?
Spontan würde ich Dinge machen, die das Gehirn positiv stimulieren, je nach Interesse. Ein neues Musikinstrument lernen, Sport ausprobieren (am besten Bewegung und Musik verbinden), was kreatives wie malen etc. Vielleicht hilft auch Neurofeedback. Ich würde meinen Körper so gesund wie nur möglich behandeln (kein Nikotin, wenig Alkohol, gute Ernährung etc.).
Ich weiß wie schwierig das ist, wenn einem der Antrieb fehlt. Da muss ich immer an einen Spruch von einem Arzt denken im Bezug auf Depression und täglich 20 Min spazieren gehen - "Spaß muss es Ihnen nicht machen, aber tun sie es trotzdem". Natürlich ist es sinniger, wenn einem diese Dinge auch Spaß machen, aber das ist am Anfang manchmal zu viel verlangt.
Ich berate selber Patienten mit z.B. chron Müdigkeit/Fatigue. Umso mehr man in diesen Strudel der Antriebslosigkeit und "nichts tun" kommt, umso schlechter wird es. Es ist oft ein täglicher Kampf, und manchmal verliert man ihn auch - das ist auch ok. Aber ich bin der Meinung, dass es sich lohnt, sich aus diesem Loch zurückzukämpfen. Jeden Tag aufs neue. Und ich weiß leider, wovon ich rede. Es ist nie leicht, aber wenn man nichts tut, wird es meistens schlimmer.

Alles Liebe
Mathilda

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Wendy1
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Beitrag So., 19.02.2023, 12:31

Vielen Dank für die schnelle Antwort.

Ich versuche leider schon ein halbes Jahr genau das und muss mich zu allem zwingen aber es wird einfach nicht besser 🥹der Antrieb kommt einfach nicht zurück. Hast du Erfahrungen ob es irgendwann einfacher wird wenn man sich ständig zwingt?

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chrysokoll
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Beitrag So., 19.02.2023, 12:56

Wer hat das Syndrom denn diagnostiziert ? Kann derjenige da näher etwas dazu sagen und dir mit Rat zur Seite stehen, bist du in Behandlung, in Therapie?
Eine Suchtberatung wäre hier sicher die richtige Anlaufstelle.

Ich denke wichtig ist sich zu Dingen zu "zwingen", die einem irgendwie Freude bereiten, interessant sind, schön sind, entspannen (natürlich nicht alles gleichzeitig). Sich zu belohnen. Geregelte Abläufe einzuhalten.
Und die Basics zu beachten: Geregelter, ausreichender Schlaf, Tageslicht, frische Luft, Bewegung, gute Ernährung

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Wendy1
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Beitrag So., 19.02.2023, 13:05

Das Problem ist, dass es nichts mehr gibt, was ich als schön empfinde oder mir Freude macht 😢ich versuche mich seit einem halben Jahr zu vielen Dingen zu zwingen aber es bleibt lediglich ein Zwang und nicht mehr. Von einer Belohnung bin ich weit entfernt, nichts erscheint mehr erstrebenswert.
Diagnostiziert wurde es in einer Suchtklinik.

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chrysokoll
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Beitrag So., 19.02.2023, 13:07

Hat dir die Suchtklinik irgend etwas zur weiteren Vorgehensweise gesagt, bist du weiter in ambulanter Behandlung?
Wenn nicht wäre eine Suchtberatung sicher die richtige Anlaufstelle.

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lisbeth
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Beitrag So., 19.02.2023, 13:20

wie lange hast du denn konsumiert?
Die Suchtstoffe verändern ja nicht nur deine Hirnchemie, sondern die Veränderung sorgt ja auch dafür, dass sich deine innere Messlatte verschiebt: dass das, was dir früher nüchtern einen "Kick" gegeben hätte, dir heute nicht mal mehr ein müdes Lächeln entfacht. Klar empfindest du dann erstmal nichts mehr als "Belohnung. Wie man da rauskommt bzw. wie lange das dauern kann, kann ich dir nicht sagen.
Aber ich würde auch unbedingt weiter professionelle Unterstützung suchen: Suchtberatung, Selbsthilfegruppe, Psychoedukation (was löst "Sucht" im Gehirn aus? Wie funktioniert "Belohnung" im Gehirn (Dopamin usw.), Infos über Neuroplastizität des Gehirns, wie können sich neue Strukturen im Gehirn etablieren usw.), "gesunde" Strukturen im Alltag aufbauen und aufrechterhalten, Psychotherapie usw.
Achtsamkeit wird sehr gehypt, aber für mich war es im Kontext von chronischen Depressionen sehr hilfreich, dass ich gelernt habe, meinen inneren Fokus auf die kleinen, alltäglichen Dinge zu lenken, die mir "trotz allem" noch Freude machen.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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chrysokoll
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Beitrag So., 19.02.2023, 13:46

Ich kann lisbeth hier nur zustimmen. Ich habe ja auch in früheren Jahren alles mögliche an Drogen genommen, alle möglichen "kicks" gesucht.
Und ich kämpfe leider derzeit aufgrund aktueller Krisen und Veränderungen wieder sehr mit Selbstverletzung.
Ich kenne das also, den "kick", die super schnelle Lösung einer Selbstverletzung erreicht einfach NICHTS. Ok, doch, Drogen erreichen das auch, zumindest manche davon, das will ich aber auf keinen Fall mehr.

Mir hilft zu einem der tägliche, klare Wille: Ich mache das, ich versuche das, ich kämpfe, ich arbeite daran.
Und nicht: Ist so schwer, bringt nix, ist anstrengend, ist ja eh nur lauwarm

Manche Dinge muss man einfach machen, sich zwingen. Ja, auch wenn sie nur "nett" sind.
Viele "nette" Sachen ergeben nämlich auch ein schönes Leben!

Mir hat es auch geholfen täglich drei Dinge aufzuschreiben die schön waren. Und das waren und sind nicht die großen Sachen, die Super-Kicks. Sondern da standen und stehen so Dinge wie "lieben Hund gestreichelt", oder "Kaffe in der Sonne getrunken" oder eben "Ausstellung mit Freundin besucht".
Da kristallisieren sich auch bestimmte Dinge raus die man immer wieder machen kann oder sich gönnen kann.
Aber ohne die wirkliche aktive Entscheidung das zu tun wird es nichts.
Sich dabei Hilfe zu holen ist ebenfalls eine gute Idee!

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Wendy1
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Beitrag So., 19.02.2023, 13:47

Ich danke allen für eure Anregungen.

Ich habe 9 Jahre konsumiert und davon zwei sehr viel.
Ich versuche nun schon seit 8 Monaten irgendwie einen Weg herauszufinden mit Kliniken, Psychotherapie und Medikamenten aber es wird immer schlimmer. Ich habe mittlerweile nicht mal mehr die Kraft aufzustehen oder einen geregelten Tagesablauf einzuhalten. Es ist alles nur noch leer in mir und tief in mir hat alles auch aufgegeben.
Denn so sehr ich auch versuche Freude in Kleinigkeiten zu sehen, ich finde sie nicht mehr. Ich bin nur noch eine tote Hülle und keiner kann mir mehr helfen, auch ich selbst nicht mehr.
Ich danke aber allen von Herzen für eure Ideen!

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chrysokoll
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Beitrag So., 19.02.2023, 14:21

es tut mir sehr leid dass es dir so schlecht geht. Ohne hier etwas aus der Ferne und als Laie diagnostizieren zu wollen: Das klingt auch sehr nach Depression. Bitte such dir Hilfe !

Und: Du hast neun Jahre Drogen genommen, davon zwei Jahre sehr intensiv. Das ist dann leider nicht nach einigen Monaten behoben und wieder gut, auch wenn das frustrierend klingt.

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Wendy1
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Beitrag So., 19.02.2023, 14:55

Die Hilfe habe ich wirklich schon überall gesucht aber nichts hat geholfen. Mir war bewusst, dass nicht nach kurzer Zeit wieder „alles gut“ ist aber es wird immer schlimmer.
Es gibt keine Hilfe mehr für mich 😢
Trotzdem danke!!

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mathilda1981
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Beitrag So., 19.02.2023, 17:18

Wendy1 hat geschrieben: So., 19.02.2023, 13:47 IIch habe mittlerweile nicht mal mehr die Kraft aufzustehen oder einen geregelten Tagesablauf einzuhalten.
Kenn ich... Ich stelle meinen Wecker mittlerweile 1 Std vor der Aufstehzeit um überhaput aus dem Bett zu kommen (um eine Stunde auf mich einzureden jetzt endlich aufzustehen :anonym: :roll: ).... Aber an manchen Tagen ist es besser. Auch wenn es früh heller wird und länger hell ist, wird es etwas besser. Momentan ist auch noch so ein bescheidenes Depriwetter...
Du hast gefragt ob es besser wurde - naja... manchmal ist es ganz gut und ich bin mit mehr Elan dabei, manchmal fühle ich mich ausgelaugt ohne Ende...wie so ein leeres, zusammengeknülltes Trinkpäckchen.
Mein Antrieb: Ich habe Kinder - für sie muss ich funktionieren. Und ich habe eine Arbeit mit Verantwortung, auch wo ich für einen bestimmten, mir sehr wichtigen Teil, allein verantwortlich bin. Wenn ich nicht da bin, macht das keiner. Daher ist das auch mein Antrieb.... Aufstehen für die Kinder, dass sie sich keine Sorgen machen. Und wenn ich schonmal auf bin, dann kann ich auch gleich auf die Arbeit ... :anonym: .... Aber zugegeben, hätte ich keine Kinder, würde die Sache an manchen Tagen definitiv anders aussehen und ich würde wahrscheinlich im Bett bleiben. Wer weiß, wie es in einigen Jahren läuft, wenn sie aus dem Haus sind.

Im Moment fällt es mir auch wieder extrem schwer....

Lg Mathilda

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mathilda1981
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Beitrag So., 19.02.2023, 17:28

Wendy1 hat geschrieben: So., 19.02.2023, 12:31 Hast du Erfahrungen ob es irgendwann einfacher wird wenn man sich ständig zwingt?
Naja... ich habe eher das Gefühl das Zwingen wird manchmal leichter. Aber früh voller Elan aus dem Bett springen?!... das hatte ich viele Jahre nicht mehr. Sich für etwas begeistern, das schaffe ich öfter mal.
Wie sagt man es bei den Kindern immer wenn es darum geht, wie es sich ändert wenn sie größer werden: Es wird nicht leichter, es wird anders.
Genauso ist es auch irgendwie. Ich habe mich langsam daran gewöhnt, dass es so ist wie es ist. Das es mir wahrscheinlich immer schwer fallen wird mich zu motivieren, mal mehr mal weniger. Aber unterm Strich weiß ich leider auch genau, dass diese chron. Müdigkeit in meinem weiteren Leben zunehmen wird. So ist der Verlauf. Also ist meine Hoffnung/Intension weniger, etwas zu verbessern sondern den momentanen Zustand zu erhalten/Verschlechterung aufzuhalten. (oh je...das hört sich jetzt echt bescheiden an....). Aber trotzdem bin ich eigentlich ein Mensch, der immer denkt, dass es irgendwie weiter geht und das es Lösungen gibt und Hoffnung.
Bei sooo vielen Jahren Drogenkonsum bei dir, ja, da kann was hängen bleiben.... aber eine Chance gibts trotzdem immer!!
Arbeitest du? Hast du Familie? Tiere? Regelmäßige Hobbys?

Lg Mathilda

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Wendy1
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Beitrag So., 19.02.2023, 17:40

Ich freue mich dass du einen Weg gefunden hast.

Ich sehe für mich leider keine Hoffnung und auch keine Zukunft mehr, ich halte diesen schweren Zustand der Depression einfach nicht mehr aus 😢 Arbeit, Hobbies, Freunde etc. Habe ich alles aufgrund der Erkrankung verloren.
Danke dir für deine liebe Antwort und für den Versuch der Hoffnung.

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lisbeth
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Beitrag So., 19.02.2023, 18:14

Wendy1 hat geschrieben: So., 19.02.2023, 17:40 Ich sehe für mich leider keine Hoffnung und auch keine Zukunft mehr, ich halte diesen schweren Zustand der Depression einfach nicht mehr aus 😢 Arbeit, Hobbies, Freunde etc. Habe ich alles aufgrund der Erkrankung verloren.
Wenn du akut-depressiv bist und nur noch Hoffnungslosigkeit sich breit macht, dann hole dir Hilfe. Notfalls kann es auch sinnvoll sein, dass du stationär gehst, wenn du dich mit dir selbst nicht (mehr) sicher fühlst.
Manche Schleifen muss man auch mehrmals wiederholen und durchlaufen, bevor sich etwas verändern kann.

Und, ganz wichtig:
Setze dir realistische Ziele. Momentan hörst du dich für mich so an, als würdest du versuchen, untrainiert einen Marathon unter 2:00 h laufen zu wollen. Das kann und wird so nicht klappen und der Frust ist damit vorprogrammiert. So wie "vorher" wird es vermutlich nicht mehr werden. Einfach weil du heute eine andere Person bist als früher. Aber das heißt nicht, dass es nicht wieder "gut" (genug) werden kann. Aber es kann auch gut sein, dass das anders aussieht als du es dir momentan vorstellen kannst.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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