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Jelka
Forums-Gruftie


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Köln W, 35
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Mon, 19.Jul.04, 18:21 Abtreibung |
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Der Beitrag wird jetzt zwar nicht so besonders lang, aber ich wusste einfach nicht, in welche Rubrik ich es schreiben soll.
Vor ein paar Jahren war ich schwanger und habe damals keinen anderen Weg gesehen, damit umzugehen, als es abzutreiben. Seitdem habe ich regelmäßig Probleme damit. Ich weiß nicht, wie ich das tun konnte. Ich bringe aus Achtung vor dem Leben nicht mal Fliegen um, weil ich finde, dass Nerven kein Grund fürs Töten sein kann. Ich bringe nicht mal Mücken um, sondern lasse mich lieber stechen, weil ich auch da keinen ausreichenden Grund fürs Töten sehe. Und jetzt habe ich sogar mein eigenes Kind umgebracht. Ich weiß einfach nicht, wie ich mit dieser Schuld leben kann, wie ich damit umgehen kann.
Ist hier vielleicht jemand, dem es ähnlich geht? Hat vielleicht sogar jemand einen Weg gefunden, damit umgehen zu können?
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saat&ernte
Helferlein


66
NÖ W, 29
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Mon, 19.Jul.04, 22:08 Re: Abtreibung |
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hy jelka!
ich hab auch vor ein paar jahren abgetrieben.
ich möchte dir nur kurz schildern wie ich mit gewissen dingen diesbezüglich umgehe.
also zum mücken und spinnen töten hatte ich einen ähnlichen zugang wie du. ich wollte schon mal nicht mehr in einer wiese gehen damit ich nicht ameisen oder käfer zertrete usw............ also dieses "keiner fliege was zu leide tun" - diese phase hatte ich längere zeit, doch mittlerweile hat sich das so entwickelt, daß ich durch viele naturdokumentationen für mich selbst gelernt habe, daß auch die tiere sich gegenseitig töten wenn sie sich bedroht fühlen oder bevor sie zum opfer werden töten sie lieber erst das gegenüber usw.......
also wenn ich eine gelse im zimmer habe die nur darauf wartet mich in der nacht auszusaugen, ja dann bring ich sie schon vorher um. wenn eine spinne im raum ist, (früher getötet) heute schmeiß ich sie beim fenster raus.
also wenn ich merke mich geht ein vieh körperlich an dann wehre ich mich wie es auch die tiere selbst tun. sonst laß ich sie am leben. ich denke das ist ein natürlicher vorgang und den darf man sicher auch als natürlich und normal betrachten.
oh sorry, ein etwas ausgedehnter beitrag zum thema tiere töten.
nach meiner abtreibung - also einige zeit später hab ich mich bei "meinem" kind geistig für meine entscheidung entschuldigt - hab diese entscheidung begründet und erklärt daß ich nicht in der lage wäre ihm ein "normales" leben zu bieten. in einem ritual gab ich dem kind einen namen und trag es seelisch bei mir, in der hoffnung daß die seele des kindes entweder zum richtigen zeitpunkt zu mir zurückkehrt und wir einen neuen gemeinsamen versuch starten können, oder sie ein anderes zu hause gefunden hat.
oje, das klingt wohl ziemlich abgehoben und ich möchte nicht sagen daß es der richtige weg ist darüber zu denken, aber mir tut es gut und ich habe kein schlechtes gewissen damit. ich hätte eher schlechtes gewissen ein kind unter fürchterlichen umständen in die welt zu setzen und ihm kein schönes leben bieten zu können.
mein vorwurf an meine eltern war häufig, warum habt ihr mich überhaupt in die welt gesetzt wenn ihr es euch weder zeitlich noch finanziell leisten könnt!?
ich wollte nicht daß das irgendwann auch mein kind verzweifelt zu mir sagt, darum hab ich mich anders entschieden.
lg
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_________________ es muß nicht jeder dein freund sein -
aber jeder ist dein lehrer! (tepperwein) |
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Jelka
Forums-Gruftie


885
Köln W, 35
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Tue, 20.Jul.04, 7:05 Re: Abtreibung |
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Hallo saat&ernste,
Danke für deine Antwort.
Sicherlich gibt es nicht den "richtigen" Weg, und es ist schön, dass du einen Weg gefunden hast, damit umzugehen.
Nur wie hast du dem Kind erklärt, warum es nicht trotzdem leben durfte und dann eben sein Glück in einer Adoptivfamilie suchen konnte? Hast du dafür auch eine Idee?
Ich hätte es nicht gekonnt, weil ich mir dann ständig Sorgen gemacht hätte, ob es ihm auch gut geht. Aber das kann ja eigentlich auch kein Grund für einen Mord sein.
Ich weiß auch nicht, ob ich es so sehen könnte wie du, dass es einfach "aufgehoben" wird für bessere Zeiten. Für mich und aus meiner Sicht ist es tot. Einfach umgebracht.
Viele Grüße,
Jelka.
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Naomi
[nicht mehr wegzudenken]
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2093
Wien W, 42
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Tue, 20.Jul.04, 17:16 Re: Abtreibung |
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Hallo Jelka,
| Jelka wrote: |
Ich hätte es nicht gekonnt, weil ich mir dann ständig Sorgen gemacht hätte, ob es ihm auch gut geht. Aber das kann ja eigentlich auch kein Grund für einen Mord sein.
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Empfindest du es wirklich als Mord? Nicht einmal der Gesetzgeber ist so streng wie du, sondern räumt der Frau ein gewisses Recht auf Entscheidung ein. Weißt du übrigens , dass die Natur pausenlos "mordet", weil bis zu 50% der Embryos in den ersten zwölf Wochen wieder abgestoßen werden, sich nicht richtig einnisten können. Solange du dich in der gesetzlich erlaubten Frist bewegst, ist noch nicht mal das Gehirn und das Schmerzempfinden des Embryos entwickelt. Dieser Sichtweise schließt sich im übrigen der Gesetzgeber an, indem er Abtreibung in den ersten zwölf Wochen nicht bestraft. Auch denke ich, dass das, was wir Seele nennen erst dann im Embryo vorhanden sein kann, wenn es überhaupt mal ein entwickeltes Gehirn hat, und empfinden kann. Ich weiß nicht, ob dir diese Sichtweise hilft.
Eine andere Frage ist, warum du dir jetzt solche Gedanken machst? Wurdest du sehr religiös erzogen? Manche Gefühle haben auch was mit einer sehr strengen Erziehung zu tun. Hast du dir die Entscheidung vorher gut überlegt? Hättest du das Kind doch gern ausgetragen? Wie ist dein Partner dazu gestanden, hat dir jemand Druck gemacht? Was waren die Gründe für die Abtreibung? In manchen Situationen kann es ja größere Verantwortung bedeuten, keine Kinder in die Welt zu setzen. Ich denke, wenn du weißt, warum du es gemacht hast, alle Fürs und Widers gut abgewogen hast, und auch darüber nachgedacht hast, ob du es mit deinem Gewissen vereinbaren kannst, müsstest du damit gut klar kommen. Ich weiß zwar, dass strikte Abtreibungsgegner gerade die gegenteiligen Gefühle schüren und den Frauen ein lebenslanges schlechtes Gewissen und große psychische Probleme an die Wand malen, aber Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen nach Abtreibungen nicht mehr psychische Probleme haben als Frauen, die nicht abgetrieben haben.
Vielleicht kannst du ja auch in einer Abtreibungsambulanz psychologische Hilfe zu dem Thema bekommen.
lg, Naomi
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_________________ I beg your pardon, I never promised you a rose garden. |
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Jelka
Forums-Gruftie


885
Köln W, 35
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Tue, 20.Jul.04, 18:57 Re: Abtreibung |
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Hallo Naomi,
ich weiß, dass der Gesetzgeber eine andere Vorstellung von Mord hat als ich. Wenn es nach mir ginge, würden sämtliche Morde an Lebewesen verboten sein, und damit meine ich alle Tiere, einschließlich Insekten oder was da noch so kreucht und fleucht, ebenso wie Pflanzen. Damit meine ich absichtliches Töten, nicht das aus Versehen drauftreten oder so, was sich nun mal nicht verhindern lässt. Ich fühle mich auch jedes Weihnachten schlecht, weil ich daran denke, wie viele Tannen ihr Leben dafür lassen mussten, nur um als Schmuck zu dienen. Wenn mir jemand einen Blumenstrauß mitbringen würde, könnte der seine Leichen gleich wieder mitnehmen. Es gibt für mich nur zwei Legitmationen zum Töten. Das eine ist Notwehr, das andere Nahrungszufuhr. Ist es da ein Wunder, dass ich auch eine Abtreibung als Mord sehe?
Wenn ein Embyo wieder abgestoßen wird, sehe ich das nicht als Mord, sondern als natürlichen Prozess. In dem Fall steht keine Absicht eines anderen Lebewesens dahinter. Das ist bei der Abtreibung aber schon der Fall.
Ich habe mich in der gestzlichen Frist bewegt, und trotzdem war es doch irgendwie schon Leben, auch ohne Gehirn und Schmerzempfinden. Wenn ich selbst Pflanzen das Leben zuspreche, warum sollte ich es einem Embryo nicht zusprechen?
Die Gedanken mache ich mir nicht nur jetzt, die kommen von Zeit zu Zeit immer wieder. Zwischendurch denke ich eine Weile nicht daran, doch irgendwann fängt es immer wieder an, mich zu belasten.
Nein, ich bin nicht religiös erzogen worden. Da liegt mein Problem nicht. Es ist meine eigene Weltanschauung, die mir da Probleme bereitet.
Ich habe mir die Entscheidung gut überlegt. Einen Partner hatte ich zu der Zeit gar nicht. Es war einfach so ein Freund. Der hätte mich auch mit Kind genommen, das Problem war nur, dass ich absolut nicht in ihn verliebt war. Ich hatte ihn gebeten, dass ich das Kind austrage und er es dann zu sich nimmt. Da hat er auch drüber nachgedacht, sich dann aber dagegen entschieden. Ich selber hätte es absolut nicht groß ziehen können. Ich war zu der Zeit fast arbeitslos und drohend obdachlos. Es ist sowieso schon ein Wunder, dass das alles noch irgendwie geklappt hat. Mit Kind hätte ich das nicht geschafft und ich hätte mich auch nicht wirklich gut um das Kind kümmern können, weil ich mir ja selbst schon zu viel war. Meine Lebensumstände hätte ich keinem Kind zumuten können.
Ich wüsste zwar auch im nachhinein nicht, was ich besser hätte machen können, aber trotzdem komme ich mit der Entscheidung nicht zurecht.
Ich werde mal mit meinem Therapeuten darüber reden, aber den sehe ich leider erst am Montag wieder.
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Naomi
[nicht mehr wegzudenken]
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2093
Wien W, 42
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Tue, 20.Jul.04, 19:15 Re: Abtreibung |
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Hallo Jelka,
| Jelka wrote: |
ich weiß, dass der Gesetzgeber eine andere Vorstellung von Mord hat als ich. Wenn es nach mir ginge, würden sämtliche Morde an Lebewesen verboten sein |
Du meinst wohl, wenn es nach dir ginge, würde sämtliches Töten von Lebewesen verboten sein.
| Jelka wrote: | | Es gibt für mich nur zwei Legitmationen zum Töten. Das eine ist Notwehr, das andere Nahrungszufuhr. Ist es da ein Wunder, dass ich auch eine Abtreibung als Mord sehe? |
Nein, es ist für mich kein Wunder, dass du es so siehst. Du bist in einem Gewissenskonflikt. Wenn du mit meinen Zeilen nichts anfangen kannst, ist es aber auch okay.
| Jelka wrote: | | Ich habe mich in der gestzlichen Frist bewegt, und trotzdem war es doch irgendwie schon Leben, auch ohne Gehirn und Schmerzempfinden. Wenn ich selbst Pflanzen das Leben zuspreche, warum sollte ich es einem Embryo nicht zusprechen? |
Hier könnte man jetzt natürlich endlos diskutieren, ab wann menschliches Leben beginnt bzw. was man wann tun darf oder nicht. Aber vielleicht könntest du dir ja überlegen, dass ein Embryo von der Entwicklungsphase her erst dem eines pflanzlichen Keimlings entspricht oder so (hoffentlich werde ich jetzt nicht gesteinigt), will dir aber nichts aufdrängen.
| Jelka wrote: | | Ich habe mir die Entscheidung gut überlegt. Einen Partner hatte ich zu der Zeit gar nicht. Es war einfach so ein Freund. Der hätte mich auch mit Kind genommen, das Problem war nur, dass ich absolut nicht in ihn verliebt war. Ich hatte ihn gebeten, dass ich das Kind austrage und er es dann zu sich nimmt. Da hat er auch drüber nachgedacht, sich dann aber dagegen entschieden. Ich selber hätte es absolut nicht groß ziehen können. Ich war zu der Zeit fast arbeitslos und drohend obdachlos. Es ist sowieso schon ein Wunder, dass das alles noch irgendwie geklappt hat. Mit Kind hätte ich das nicht geschafft und ich hätte mich auch nicht wirklich gut um das Kind kümmern können, weil ich mir ja selbst schon zu viel war. Meine Lebensumstände hätte ich keinem Kind zumuten können. |
Du bist zwar nicht "klassisch-religiös" erzogen worden, hast aber ähnlich strenge Maßstäbe für dich selbst angelegt.
Hmmm, ein kleines bisschen fällt mir auch auf, dass du dir die Entscheidung ganz gerne von deinem Bekannten abnehmen lassen wolltest. Leider ist es aber so, dass die Frau, da sie ja schwanger ist, die letztliche Entscheidung zu treffen hat, da kommst du nicht drum herum. Und diese Entscheidung kann dann auch nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Nun, meine Meinung ist, dass du dich, wie du ja selbst spürst, in dieser Situation verantwortungsvoll entschieden hast. Es ging ja schließlich darum, wie unter diesen Umständen ein Leben fürs Baby und natürlich auch für dich aussehen hätte können. Und du sagst ja selbst, dass du selbst es gerade noch geschafft hast. Vielleicht gelingt es dir ja, dir auch im Nachhinein noch dieses Recht auf Leben für dich selbst zuzugestehen. Vielleicht kannst du dir selbst gegenüber ja ein wenig milder sein. Du bist ja auch ein Lebewesen, das leben darf. Geht das ein bisschen?
| Jelka wrote: | | Ich werde mal mit meinem Therapeuten darüber reden, aber den sehe ich leider erst am Montag wieder. |
Das ist sicher eine gute Idee. Alles Gute dir.
lg, Naomi
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saat&ernte
Helferlein


66
NÖ W, 29
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Tue, 20.Jul.04, 20:37 Re: Abtreibung |
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hallo jelka,
du bist sehr sehr streng mit dir!
vielleicht schaffst du es einmal dir selbst zu verzeihen, das wäre ganz wichtig! sehe deine damaligen lebensumstände nicht als schlechte entschuldigung dafür, sondern erkenne sie ernsthaft an!!
eine gute idee daß du mit deinem therapeuten drüber reden willst - ich kann dir kaum erklären wie du deinen eigenen weg - damit umzugehen - finden solltest, da du so ein enges korsett an dir auferlegten regeln trägst -da bleibt mir fast der atem weg.
ich bin mir sicher daß du einen weg finden wirst.
ich würde dir gerne etwas wirklich prägnantes und hilfreiches zurückschreiben können, tut mir leid ich finde nicht die richtigen worte.....................
trotzdem viel glück!
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Jelka
Forums-Gruftie


885
Köln W, 35
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Wed, 21.Jul.04, 18:20 Re: Abtreibung |
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Hallo Naomi,
| Naomi wrote: | Du meinst wohl, wenn es nach dir ginge, würde sämtliches Töten von Lebewesen verboten sein.
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Nein, Töten kann passieren. Man tritt aus Versehen auf eine Ameise, macht das Fenster zu und zerquetscht dabei eine Fliege, kratzt sich am Ohr und bringt dadurch einen Marienkäfer um. Das sind Unfälle, die passieren. Ich meine das absichtliche Erschlagen von Fliegen, Mücken usw. Einfach Töten ohne gerechtfertigten Grund. Eben Mord.
Aber ein Keimling ist doch auch schon Leben. Leider hilft mir die Argumentation also nicht weiter. Trotzdem Danke.
Sicher bin ich auch ein Lebewesen, das leben darf, aber deswegen darf ich doch nicht über anderes Leben entscheiden, bzw es ermorden.
Trotzdem Danke für deine Denkansätze. Vielleicht fruchten sie ja, wenn ich mich länger damit beschäftige.
@Saat&Ernte
Dir auch Danke für deine Beiträge. Ja, du hast recht, ich bin sehr sehr streng mit mir. Aber ich weiß auch nicht, wie ich es nicht sein könnte.
Viele Grüße,
Jelka.
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Naomi
[nicht mehr wegzudenken]
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Wed, 21.Jul.04, 19:23 Re: Abtreibung |
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Hallo Jelka,
| Jelka wrote: |
Ich meine das absichtliche Erschlagen von Fliegen, Mücken usw. Einfach Töten ohne gerechtfertigten Grund. Eben Mord. |
Naja, wenn ich eine Fliege absichtlich erschlage, weil sie mich nervt, sehe ich das eigentlich nicht als Mord. So puritanisch bin ich nicht. Wogegen ich bin, das ist Tierquälerei und Tiere aus reiner Lust oder nur wegen dem Fell zu töten. Aber Tiere zu töten, um sie zu essen, damit habe ich keine Probleme. Ich meine, ich habe zwar noch nie ein Tier geschlachtet, aber ich esse sie ja auch. Den Begriff Mord verbinde ich eigentlich auch nicht mit Tieren.
| Jelka wrote: | Aber ein Keimling ist doch auch schon Leben. Leider hilft mir die Argumentation also nicht weiter. Trotzdem Danke.
Sicher bin ich auch ein Lebewesen, das leben darf, aber deswegen darf ich doch nicht über anderes Leben entscheiden, bzw es ermorden. |
Nun, ein Embryo ist nicht einfach anderes Leben außerhalb von dir, sondern es ist ein Teil von dir, das ohne dich, deinen Körper nicht lebensfähig ist. Ich weiß, das ist auch wieder eine "holprige" Erklärung, aber ich versuch´s halt trotzdem mal so.
Ich glaube auch, du solltest dich selbst damit konfrontieren, dass du in dieser Situation eine Entscheidung gegen das Austragen des Kindes treffen musstest oder halt getroffen hast. Prinzipien sind schön und gut, aber was nutzen sie, wenn man im Leben mal echte Entscheidungen treffen muss, wie du es in deiner Situation eben getan hast. Du kannst dich jetzt dein ganzes Leben lang deswegen anklagen, oder irgendwann akzeptieren, dass es für dich in deiner damaligen Situation, wenn vielleicht nicht optimal gemessen an deinen Prinzipien, aber in deiner Situation trotzdem im großen und ganzen richtig war. Übrigens müssen Prinzipien nicht unumstößlich sein, wenn sie mehr hinderlich sind, als dass sie helfen.
Auch wenn du das Kind ausgetragen hättest, hättest du über Leben entschieden. Ich weiß, das ist ein sehr heikles Thema, aber wie würde das Leben von dir und deinem Baby nun aussehen? Bist du dir darüber im Klaren, nach deinen Worten in deinem Beitrag weiter oben ja. Hast du dir schon einmal überlegt, was z.B. junge, unreife Mütter Kindern antun können, wenn sie mit den Kindern noch schlicht überfordert sind? Wären sie ein paar Jahre älter, würde es schon wieder völlig anders ausschauen. Also, es kann nicht einfach nur darum gehen, ein Kind auszutragen, damit es am Leben ist, wenn nachher niemand da ist, der gut fürs Kind sorgen kann. Was wäre das auf der anderen Seite für eine Verantwortung?
Zum Erwachsensein gehört es manchmal dazu, dass man unangenehme Entscheidungen treffen muss, für die man dann auch die Verantwortung tragen sollte. Wenn du so strikt dagegen bist, warum hast du es dann eigentlich getan? In Wirklichkeit wolltest/konntest du es doch weder Austragen und zur Adoption freigeben, noch selbst die Verantwortung dafür übernehmen. Warum kannst du also so wenig zu deiner Entscheidung stehen?
Versuch mal zu überlegen: Gab es keinen ausreichenden Grund dafür, dann gestehe dir ein, dass es keine gute Entscheidung war. Gab es aber für dich einen triftigen Grund, dann akzeptiere deine Entscheidung als nicht optimal, aber in der Situation trotzdem durchaus richtig. Denn es ging in dieser Situation sehr wohl auch um dein eigenes Leben. Mit "Prinzipienreiterei" ist dir in dieser Sache jedenfalls wenig gedient. Meine Meinung dazu.
Wünsche dir alles Gute!
lg, Naomi
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Jelka
Forums-Gruftie


885
Köln W, 35
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Wed, 28.Jul.04, 19:29 Re: Abtreibung |
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Also, ich habe jetzt ganz lange mit meinem Therapeuten darüber geredet und wir werden wohl noch weiter darüber reden.
Ich habe ihm gesagt, dass ich das für Mord halte, und er hat es akzeptiert. Er hat zumindest nicht versucht, mir das auszureden, sondern hat das dann einfach mal als gegeben angenommen. Ich denke, das war auch ganz gut so, denn "ausreden" lasse ich mir das ja sowieso nicht. Ich bin da sehr stur und mir kommt alles andere als Ausflucht vor. Ich denke, diese Einstellung werde ich auch nicht ändern.
Allerdings meinte er auch, dass es notwendig wäre, dass ich mir selbst verzeihe. Auch diese Eigenschaft/Seite (eben nicht die gute/schöne) gehört zum Mensch-Sein dazu und muss angenommen werden. Ich habe ja alles gut durchdacht und darauf beruhend meine Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung war eben nicht schön, aber vielleicht kann ich sie mir trotzdem irgendwann verzeihen.
Er hat auch noch gesagt, dass ich die Gefühle in Bezug darauf zulassen sollte, denn nur so könnte ich lernen, damit umzugehen und wirklich damit abzuschließen.
Er hat auch gesagt, dass dies mich mein Leben lang begleiten wird, aber das ist auch ganz gut so, denn wenn ich es vergessen würde, wäre das im Prinzip noch ein Verrat an dem getöteten Baby. So sehe ich das auch. Davor muss ich also keine Angst haben, ich werde es nicht einfach so "vergessen".
Außerdem hat er noch die Frage in den Raum gestellt, inwiefern ich dies nutze, um mich selbst schlecht zu machen (so wie das Schneiden), denn das wäre noch ein weiterer Aspekt, mit dem ich das Baby aber missbrauchen würde.
Er meinte, lebenslange Anklage gäbe es in den meisten Kulturen nicht und das wäre auch unmenschlich. Also ist es wichtig, dass ich mir selbst das verzeihe, damit ich ich mich wieder entlasten kann.
So, ich glaube, das war das Wichtigste in Kürze.
Das Fazit ist also, ja, es war Mord, aber ich kann mir das trotzdem verzeihen. (Ich weiß nur noch nicht, wie.)
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Naomi
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Wien W, 42
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Fri, 30.Jul.04, 20:03 Re: Abtreibung |
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Hallo Jelka,
| Jelka wrote: | | Also, ich habe jetzt ganz lange mit meinem Therapeuten darüber geredet und wir werden wohl noch weiter darüber reden. |
Ich gratuliere dir, dass du es ausgesprochen hast, und ihr nun noch weiter darüber sprechen werdet.
| Jelka wrote: | | Allerdings meinte er auch, dass es notwendig wäre, dass ich mir selbst verzeihe. Auch diese Eigenschaft/Seite (eben nicht die gute/schöne) gehört zum Mensch-Sein dazu und muss angenommen werden. Ich habe ja alles gut durchdacht und darauf beruhend meine Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung war eben nicht schön, aber vielleicht kann ich sie mir trotzdem irgendwann verzeihen. |
Ja, Jelka, ich denke auch, dass es gut für dich sein wird, wenn du dir die Abtreibung irgendwann verzeihen kannst. Du hast die Entscheidung ja nicht leichtfertig getroffen.
| Jelka wrote: | | Außerdem hat er noch die Frage in den Raum gestellt, inwiefern ich dies nutze, um mich selbst schlecht zu machen (so wie das Schneiden), denn das wäre noch ein weiterer Aspekt, mit dem ich das Baby aber missbrauchen würde. |
Ja, Jelka, diesen Gedanken hatte ich auch ein wenig bei deiner Anklage gegen dich selbst.
| Jelka wrote: |
Das Fazit ist also, ja, es war Mord, aber ich kann mir das trotzdem verzeihen. (Ich weiß nur noch nicht, wie.) |
Das wird jetzt ein Prozess sein, den du nun mit deinem Therapeuten gemeinsam begonnen hast. Ich wünsche dir alles Gute dabei.
Nur so eine Idee: Vielleicht könntest du dieses eine Problem noch zusätzlich mal mit einer Fachfrau besprechen. Frauen haben da vielleicht noch einen ein bisschen anderen Zugang dazu, weil sie ja selbst schwanger werden können.
lg, Naomi
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_________________ I beg your pardon, I never promised you a rose garden. |
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Jeannie
Guest

W
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Fri, 30.Jul.04, 20:24 Re: Abtreibung |
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@jelka:
| Quote: | | Nur so eine Idee: Vielleicht könntest du dieses eine Problem noch zusätzlich mal mit einer Fachfrau besprechen. Frauen haben da vielleicht noch einen ein bisschen anderen Zugang dazu, weil sie ja selbst schwanger werden können |
ja, das fände ich auch sehr gut. niemals wird ein mann verstehen können, was in einer frau vorgeht, wenn es um solche themen geht. er kann's einfach naturgemäß nicht.
lg
jeannie
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Jelka
Forums-Gruftie


885
Köln W, 35
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Sun, 01.Aug.04, 14:45 Re: Abtreibung |
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Ich habe darüber nachgedacht, aber ich denke nicht, dass es mich weiterbringen würde, mit einer Frau darüber zu reden. Ich fühle mich von meinem Therapeuten gut verstanden und habe nicht das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Ich möchte mir da keine zusätzliche Hilfe holen und noch mit einer fremden Person darüber reden. Ich fühle mich gut aufgehoben bei meinem Therapeuten.
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Naomi
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2093
Wien W, 42
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Sun, 01.Aug.04, 15:33 Re: Abtreibung |
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| Jelka wrote: | | Ich habe darüber nachgedacht, aber ich denke nicht, dass es mich weiterbringen würde, mit einer Frau darüber zu reden. |
Verschiedenes ausprobieren kann einen immer weiter bringen, finde ich. Ich selbst war mit 18 bei einer Therapeutin, habe sicher keinen Vergleich, wie es mit einem Therapeuten gewesen wäre. Aber irgendwie hab´ ich schon das Gefühl, dass ein Mann manche Dinge ein bisschen anders gesehen und auch gesagt hätte, trotz dem Wahren der größtmöglichen Neutralität usw., das sicher alle TherapeutInnen beherrschen müssen.
Aber ich wollte dich ja keineswegs überzeugen, hatte es ja nur als Idee gemeint, die du natürlich annehmen oder verwerfen kannst. Ist ja auch sehr gut, wenn du dich gut aufgehoben fühlst und nicht das Gefühl hast, dass dir was fehlt. Insofern ist so ein Vorschlag zumindest im Moment sicher fehl am Platz. Ich find´s ja überhaupt sehr mutig von dir, dass du es jetzt deinem Therapeuten gegenüber angesprochen hast.
lg, Naomi
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Last edited by Naomi on Sun, 01.Aug.04, 16:43; edited 1 time in total |
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vilareal
Forums-InsiderIn


387
Wien M, 33
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Sun, 01.Aug.04, 16:10 Re: Abtreibung |
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Hallo Jelka!
| Quote: |
Vor ein paar Jahren war ich schwanger und habe damals keinen anderen Weg gesehen, damit umzugehen,
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Ich glaube das ist die Antwort. Du bist in für dich damals "optimaler" (das ist nicht zynisch gemeint) Weise damit umgegangen. Ich verstehe natürlich, dass es heute für dich ein Problem ist. Besprich es weiter in der Therapie. Aber vergiss nicht, dass es damals die von dir rational gewählte, deiner Meinung nach beste Entscheidung war. Das ist dein Recht. Nenn es nicht Mord. Das ist es nicht gewesen. Es war eine Entscheidung die dir zustand!
Ob eine Frau das besser verstehen kann weiss ich nicht. Ich hoffe aber schon, dass Männer das auch verstehen können. Aber vielleicht ist es kein Zufall, das bisher nur Frauen geantwortet haben.
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