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ENDO
sporadischer Gast
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Post Mon, 13.Dec.04, 15:09      Bindungsphobiker Reply with quoteBack to top

Mein Partner und ich sind seit über fünf Jahren zusammen - leider haben wir
nun einen Punkt erreicht, an dem wir uns einig sind, dass wir es ohne fremde
Hilfe nicht mehr weiterschaffen.

Obwohl wir beide erst 22 Jahre alt sind, ist in unserem Beziehungsleben
schon sehr viel vorgefallen. Ich habe den starken Verdacht, dass mein Freund
an einer Bindungsphobie oder Beziehungsangst leidet.
Jedesmal wenn unsere Beziehung gerade sehr gut läuft, besonders intim ist
und gegenseitiges Vertrauen da ist, muss er "davonlaufen" oder er macht
etwas um das Ganze dann zu zerstören. Vor zwei Monaten hat er mich betrogen,
worauf ich die Beziehung beendet habe und jeglichen Kontakt abgebrochen habe
- nun hat er mich ein Monat lang bearbeitet, dass er endlich weiß, dass er
nur mit mir eine Beziehung führen will und er noch nie etwas so ernst
gemeint hat.
Daraufhin begann ich mich wieder ein bißchen zu öffnen, was einige Wochen
funktioniert hat - seit einigen Tagen merke ich, dass er sich schon wieder
zurückzieht, da ihm mein Öffnen schon wieder Angst gemacht hat. Gottseidank
können wir ganz offen über das Thema reden, aber es hilft nichts, denn wenn
ihn mal die Angst wieder gepackt hat, dann ist er nicht wieder zu erkennen
und stößt jeden rund um sich weg.

Wir leiden beide unter dieser Situation, er, weil er sich die
immerwiederkehrende Angst nicht erklären kann und außerdem an Depressionen
leidet, und ich, weil ich durch die vielen Verletzungen und das ewige Auf
und Ab nervlich fertig bin, im Alltag nicht mehr zurechtkomme und momentan
nicht einmal weiß, ob wir noch ein Paar sind?

Wir haben auch bereits ein Buch über Bindungsphobie gelesen,
("So nah und doch so fern" von Steven Carter, Julia Sokol Fischer), in dem
wir eindeutig unsere Beziehungsabläufe wiedererkannt haben.

Meine Frage ist nun: Sollten wir eine Paartherapie versuchen, obwohl ich
nicht weiß, ob mein Freund zurzeit (Rückzugsphase) dafür bereit ist, obwohl
er mehrmals angedeutet hat, dass er eine Therapie machen möchte - oder
sollte man alles besser in einer Einzeltherapie aufarbeiten, da bei ihm ja
auch noch die Depressionen hinzukommen und auch Alkoholismus in der Familie
etc. und bei mir einfach diese Verletzungen und das Burn-Out-Gefühl?

Ich hab einfach das Gefühl, dass es jetzt fünf vor zwölf ist und wenn wir jetzt nichts unternehmen, wird alles was wir uns aufgebaut haben, endgültig zusammenbrechen.

Lg Endo
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ENDO
sporadischer Gast
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Wohnort Wien
W, 22


Post Tue, 14.Dec.04, 15:58      Re: Bindungsphobiker Reply with quoteBack to top

schade, dass mir niemand antworten will...*seufz* fühl mich ziemlich allein mit meinem problem... Neutral
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Nessa
Forums-Gruftie
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W, 54


Post Tue, 14.Dec.04, 17:57      Re: Bindungsphobiker Reply with quoteBack to top

Hallo ENDO,

ich glaube, ihr habt beide schon den richtigen Weg vor Augen: eine Therapie. Das würde ich deinem Partner dringend empfehlen. Ob eine Paartherapie sinnvoll ist, kann am besten ein Fachmann beurteilen. Ich würde erst einmal in Richtung Einzeltherapieplatz auf die Suche gehen. Nach einem oder mehreren Vorgesprächen seht ihr schon klarer und wisst eher, wie es weitergehen kann. Partnertherapien werden, so weit mir bekannt nicht, in der Regel nicht von der Krankenkasse bezahlt.

Liebe Grüße
Nessa
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Heide
Helferlein
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Posts 104
Wohnort Hamburg
W, 38


Post Wed, 15.Dec.04, 18:33      Re: Bindungsphobiker Reply with quoteBack to top

Bindungsangst und damit verwandte Phobien, Ängste und Verhaltensstörungen sind hier im Forum sehr sehr häufig Thema. Es ist wohl ein Problem der Vereinzelung in der modernen Gesellschaft.
Ich denke dazu, dass wir heute selbst in Familien nicht mehr so enge, aufeinander bezogene und voneinander abhängige Bindungen wahrnehmen und ausleben können und wollen, weil wir den Grund dazu nicht mehr haben oder nicht mehr erleben. Wir denken, dass wir auch allein ganz gut klarkommen, frei, ohne Verpflichtungen, ungebunden eben. Nartürlich wünschen wir uns auch Nähe und Liebe und Zärtlichkeit, aber wir haben Angst vor Gebundenheit und Verbindlichkeit in Beziehungen.
Da sind wir (oder ein Teil von uns) ziemlich degeneriert. Wir haben das Zusammenleben und das Erhalten eines stabilen sozialen Gefüges als Basis unseres Lebens schlicht verlernt.
Einige mehr, andere weniger. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bindungsangst eine Folge von Vertrauensverlust in der Kindheit ist, wie oft behauptet wird. Ich glaube eher an eine Verbindung mit sehr fürsorglicher, überbehüteter Erziehugn und Sozialisation. Im eigenen Bekanntenkreis kenne ich drei Männer (!), die genauso agieren und fühlen wie dein Partner.
Für Männer ist es natürlich auch ein anderes Ding. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts gab es für sie Sex und Lust nur in Verbindung mit Ehe oder gegen Geld. Nun haben sich die Gewohnheiten gelockert und Frauen und Männer können sich frei verhalten. Nur: die Folgen tragen sie ungleich. Frauen lassen sich meist (!) mehr auf Beziehungen ein, investieren mehr und erwarten meist auch mehr Verbindlichkeit. Männer genießen oft und auch längerfristig unverbindliche Partnerschaften, damit sie sich nicht festlegen müssen, selbst wenn Liebe im Spiel ist. Ein sehr egozentrisches Verhalten, daher meine Vermutung bezüglich der Ursache.
Alles haben, aber wenig dafür tun wollen. Angst vor Nähe, weil Angst vor Verbindlichkeit. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Wir sind aufgrund unseres Einzel-Lebens eben nicht angewiesen auf Familie oder Partner, darum kann man den Sinn des Lebens auch in sich selbst suchen und darüber hinaus gehende Ansprüche pro forma körperlich und mit wechselnden Partnern befriedigen.
Obs klappt? Ich kann es mir auf die Dauer für mich nicht vorstellen, aber ich bin ja auch eine Frau! Ob es einen krankhaften Zustand darstellt und daher therapiebedürftig ist, kann ich nicht beurteilen. Wenn es aber für euch ein Problem darstellt, und so klingt es ja, dann hilft euch sicher die Profamilia oder eine andere professionelle Beratung weiter.
Alles Liebe euch und einen schönen (gemeinsamen) Advent wünscht Heide aus Bremen
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