Bruder will sich nicht behandeln lassen

Helferlein 44 Berlin W, 20

Hallöchen!

Zur Zeit ist die Situation bei uns zu Hause sehr schlimm. Ich wohne zwar seit April woanders, aber ich bekomme trotzdem mit, wie sehr meine Mum leidet.

Es ist so: Mein Bruder (17) hat Angst vorm Zugfahre, S-Bahn etc, vorm Fliegen, Schiff, er geht in kein Kino, kein Museum, kein Theater und und und. Außerdem hat er kein soziales Umfeld sprich keine Freunde. Das Problem ist, dass es das alles nicht wahr haben will und uns regelrecht beschimpft, wenn wir mit ihm darüber reden wollen. Meine Mum leidet sehr, sie ist selbst in Therapie und darauf geht er auch nicht ein. Er sitzt den ganzen Tag vorm PC, weil er wie er sagt "Was schönes machen will." Meine Mum würde am liebsten ausziehen und ich habe auch Angst, dass er sie soweit provoziert, dass sie sich was antut.

Was kann man da machen? Man kann ihn doch nicht zur Therapie oder zum auszug zwingen oder? sad2

Helferlein 70 Bremen W, 21

Ich befürchte, dass ihr da nicht wirklich was tun könnt. Dein Bruder muss sich helfen lassen wollen, vorher geht nichts. Gibt es denn Strecken, die er z.B mit dem Zug fahren muss?! Auf jeden Fall dürft ihr ihn nicht mehr "unterstützen", das heißt ihn mit dem Auto irgendwo hinfahren oder so, halt Dinge tun wo er seine Ängste umgehen kann. Vielleicht merkt er dann, dass er ein Problem hat?!
Ich wünsche euch alles Gute!

Helferlein 44 Berlin W, 20

Nein, er muss leider keine Zugfahrten machen...und mich besuchen kommt er auch nicht mehr. Es ist schwer seine Angst nicht zu unterstützen, da wir ja auch was mit ihm zusammen machen wollen... Sad

Forums-Gruftie 607 Berge M, 32

Hey sala,

ich hab nach deinem Text den Eindruck, er tut eigentlich gar nichts und damit kommt deine Mama und du nicht zurecht. Kann es sein, dass ihr ihn ein bisschen unter Druck setzt? So wie du es beschreibst, würde er deine Mama „in den Wahnsinn treiben“. Manchmal kann es einen in den Wahnsinn treiben, wenn man jemanden nicht (mehr) vollkommen kontrollieren kann. Ist das möglich? Er wird langsam erwachsen, aber nicht so wie ihr es wollt?

Viele Grüße
Hiob

Helferlein 44 Berlin W, 20

Ich weiss nicht genau, wie du das meinst, aber wir wollen ihn bestimmt nicht in eine konkrete Bahn lenken. Es ist nur sehr schwer, weil er jegliche Behandlung/Hilfe ablehnt. Findest du es denn normal, dass seine Ängste immer mehr werden und sein und unser Leben einschränken, er es aber vehement abstreitet???
Und doch er tut schon etwas, im Streitgespräch wird er sehr verletzend und vergisst dabei die Krankheit meiner Mum. Es ist mir schon klar, dass er es auch nicht grade leicht hat, aber wenn man zusammenlebt, müssen beide Seiten Kompromisse eingehn und nicht, dass einer alles einsteckt.

Forums-Gruftie 607 Berge M, 32

Hallo sala,

gibt deine Mama ihm die Schuld, dass er ihre Krankheit verschlimmert?

Er sucht es sich bestimmt nicht aus, dass seine Ängste mehr werden. Er leidet darunter vermutlich auch. Nur, man kann niemanden zu einer Therapie zwingen, zumindest hat das für ihn keinen Sinn. Er muss es nicht „zugeben“, dass er sich weiter da rein steigert. Er muss selbst einsehen, dass es ihm schlecht geht und etwas dagegen tun wollen, nicht für euch und strenggenommen auch nicht vor euch.

Ich habe das Gefühl, sobald er sich endlich mal ausdrückt (verletzend ist), wird er mit der Keule, „du machst uns alle krank“ in sein Schneckenhäuschen zurückgetrieben. Bitte sprich mit deiner Mami auch mal darüber, dass ihr zwei nicht ihm die Verantwortung zuschieben könnt, für eure Gefühle und eure Lebenssituation.

Du hast bestimmt Recht, wenn du sagst, beide Seiten sollen Kompromisse eingehen. Er darf nicht seinen Ärger an euch ausagieren. Aber zu Kompromissen gehört erst mal ein Rahmen, der vernünftige Kommunikation möglich macht. Miteinander ohne ständiges wenn und aber, ohne Bedingungen und „oben unten“ ohne Schuldzuweisung zu reden. Wenn ihr drei an einem Tisch sitzt, darfst du dich nicht auf die Seite deiner Mama stellen, bitte überprüf das mal und versucht, alles, was euch bedrückt auf den Tisch zu legen, ohne euch gegenseitig Schuld/Verantwortung/alte Kamellen usw. zuzuweisen und ohne Druck auszuüben. Ich weiß nicht, ob es bei euch einen Papa in der Familie gibt, wenn nicht, dann bitte beachtet, dass dein Bruder nicht für die Fehler deines Papas verantwortlich ist. Den Punkt würde ich an deiner Stelle mal in aller Ruhe durchdenken.

Wenn er so viel Angst hat und sich zurückzieht, hat es keinen Sinn, ihm seinen einzigen Rückzugsort, den PC auch noch abzusprechen, ihn rauszuschmeißen oder zwangsweise zu therapieren. Das alles spricht für mich eine eindeutige Sprache. Viel sinnvoller ist in meinen Augen, ihm die Möglichkeit zu geben, aus seinem Schneckenhäuschen herauszukommen und ihm die Möglichkeit zu geben auszudrücken, was in ihm vorgeht. Übrigens, vielleicht könnt ihr bei so einem Gespräch auf dieses "mir gehts viel schlechter als dir, du hast doch alles" komplett zu verzichten. Das braucht natürlich alles viel Geduld und nen großen Freundlichkeitsvorschuss von euch. Leider muss einer den Anfang, machen, wenn die beiden das nicht können, vielleicht fängst du damit mal an und bereitest in separaten Gesprächen die beiden mal auf diesen Waffenstillstand vor?

Viele Grüße
Hiob

Helferlein 44 Berlin W, 20

Es ist nur so, dass wir unser ganzes Leben immer nach ihm ausgerichtet haben, dass heisst er kriegt alles, was er will und was er nicht will, wird nicht gemacht. So wars immer, auch als keiner von uns in Behandlung war. Mit den Gesprächen ist das so eine Sache, da er darauf keine Lust hat, weil er es als Zeitverschwendung ansieht. Meine Mum gibt ihm nicht die Schuld für ihre Krankheit. Aber ich denke schon, dass es so ist wie du sagst, dass er indirekt schuldig ist für die Verschlimmerung. Aber so ist es nun mal. Er erpresst meine Mum mit Schuldgefühlen..."du liebst mich nicht, wenn du möchtest, dass ich mal für 2 Stunden aus der Wohnung gehe...usw". Die Therapeutin meiner Mum meint, es wäre am besten, wenn sie nicht zusammen leben würden, aber das will mein Bruder nicht...

Forums-Gruftie 607 Berge M, 32

Man fühlt sich selbst zwar in seinem Handeln uneigennützig und aufopfernd, aber es ist meiner Meinung nach nicht zu verleugnen...wenn man jemandem immer „alles“ gibt, ihm hilft und sich nach ihm richtet, kontrolliert man ihn irgendwie auch. Das merke ich bei meinen Eltern auch, sie tun das immer noch auf raffinierte Weise.

Quote:

Meine Mum gibt ihm nicht die Schuld für ihre Krankheit. Aber ich denke schon, dass es so ist wie du sagst, dass er indirekt schuldig ist für die Verschlimmerung.

Ich meinte eigentlich genau das, was du im letzten Satz anführst. Du sagst ihm nicht direkt, dass er Schuld trägt, aber innerlich fühlst du so. Und das kommt auch ohne Worte so bei ihm an, leider. Ich vermute einfach, dass das deine Mama auch mit ihm so macht. Das ist ein Hindernis. Ob es gut ist, dass sich deine Mama (auch noch?) von ihrem 17-jährigen Sohn trennt, anstatt ihren eigenen Dingen nachzugehn, die zu alledem geführt haben, das glaube ich eher nicht, aber das brauche ich nicht zu beurteilen.

Naja, ich möchte nicht weiter auf dich einquasseln.

Viele Grüße und die besten Wünsche
Hiob

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