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hansestaedter
neu an Bord!
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Post Mon, 15.Aug.05, 15:50      zwangsgedanken/zwangsimpulse Reply with quoteBack to top

hallo, leute...
bin ganz neu in diesem forum und will mich auf diesem wege das erste mal "ausheulen". es geht um zwangsgedanken und impulse mit denen ich nicht klarkomme.
um es kurz zu machen, habe ich regelmässig schlimme gedanken. vor allem die grosse angst, etwas böses zu tun ohne es zu wollen. die gedanken können ganz unterschiedliche inhalte haben, vor allem geht es darum ungewollt jemandem etwas böses anzutun ohne es bewusst zu tun.
mittlerweile ertrage ich nachrichten oder zeitungsartikel nicht mehr, in denen es um böse taten böser menschen geht, weil ich denke, wenn der so ist, warum bin ich es nicht.
ich verabscheue gewalt. in jeder form. ich arbeite mit behinderten menschen und würde niemals jemandem etwas antun wollen. ich verabscheue mörder, kinderschänder und sonstwelche verabscheuungswürdigen leute. aber wenn ich dann in der zeitung wieder etwas so grauenvolles lese, dann kommt der gedanke "was ist, wenn ich auch so bin?". "wenn der so ist, dann kann ich es doch auch sein".

es macht mich zeitweise krank und fertig. ich halte mich manchmal für böse wegen dieser sich zwanghaft aufdrängenden gedanken. dabei habe ich doch nichts böses gemacht, ich will auch nicht irgendwas böses oder schlimmes machen. NEIN.
in meinem bekanntenkreis oder der familie (habe frau und zwei kinder die nicht von mir sind) gelte ich als lieber mensch. ich arbeite mit behinderten und will nichts machen, was irgendeinen menschen schaden zufügen könnte. und dann kommen wieder diese zwanghaften gedanken von dingen die mich anekeln. ich hasse es. ich HASSE es.
meine beziehung leidet sehr darunter, ich ziehe mich immer mehr zurück. will allein sein. die kinder haben nichts mehr von mir, kappsel mich total ab, bin nicht bei der sache und abends froh, wenn alle im bett sind. dann bin ich endlich mit mir alleine.
es ist ein grauenvolles leben geworden.
dann habe ich wieder die momente wo soetwas garnicht an mich rankommt. wo ich denke,jetzt kann mich dieser zwang nicht kriegen. wo ich weiß es ist nur abstrakt, was da im kopf vor sich geht.
habe viel über zwänge gelesen, auch bei mir ist es so, dass ich sie als nicht zu mir gehörig und aufdringlich empfinde.
ich leide in diesen momenten sehr, habe atemnot und bin niedergeschlagen. würde manchmal einfach gerne losheulen, kann es aber nicht.
habe einige probleme im alltag, kanndas der grund sein?
bin mit 30 noch nicht mit meinem studium fertig und weiß auch nicht wann. leide da sehr drunter und habe das gefühl in einem teufelskreis zu sein...denn in so einer verfassung kann ich nicht wirklich studieren.
fühle mich dewegen oft als versager. meine eltern machten mir auch oft vorwürfe. andere haben dies andere schaffen das...und recht haben sie. ich bin 30 und habe noch nichts erreicht in meinem leben. so sehe ich mich selber...
wollte das alles mal loswerden. kann mit niemandem darüber reden. schäme mich für meine probleme und will es lieber mit mir ausmachen.
kann mir einer sagen, wo zwangsimpulse ihren ursprung haben???
liebe grüsse
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Saron80
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Post Tue, 16.Aug.05, 15:26      Re: zwangsgedanken/zwangsimpulse Reply with quoteBack to top

Hallo Hansestaedter,

wo Zwangsimpulse oder -gedanken ihren Ursprung haben, ist nicht immer leicht auszumachen. Es gibt verschiedene psychologische Theorien, die die Sache von einer jeweils anderen Seite aus angehen.

Falls die Gedanken dir allzu schwer zu schaffen machen und dich in der Ausübung deiner regulären, alltäglichen Tätigkeiten behindern, solltest du eine Therapie in Betracht ziehen.
Die kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie soll hier gute Erfolge erzielen. Bei dieser Art der Therapie wird davon ausgegangen, dass die - ich sag einfach mal - Leiden durch falsch erworbene Denkmuster zustande kommen. Ziel der kognitiven Therapie ist es, die fehlerhaften Denkprozesse durch "richtige" Denkmuster zu ersetzen.

Auffallend bei deiner Schilderung ist deine fast schon überschwengliche Beteuerung gut zu sein und keiner Menschenseele etwas anhaben zu wollen. Auch erregst du dich über die Missetaten, die man alltäglich in den Zeitungen zu lesen bekommt.
Du verabscheust Gewalt. In jeder Form! Du arbeitest mit behinderten Menschen und kümmerst dich wahrscheinlich liebevoll um die Kinder deiner Frau. Du bist ein sozialer Mensch und würdest nie jemandem etwas antun. NEIN!
Und die Zwangsgedanken HASST du. Du HASST sie! Genau wie du die Schandtaten der Verbrecher hasst. Und du hast Angst, genauso wie sie sein zu können. Und das hasst du auch.

Deine Eltern leisten ihren Beitrag, indem sie dich - vielleicht nur indirekt - als Versager bezeichnen. Und du stimmst ihnen insgeheim noch zu.

Zunächst einmal: Eltern konnten noch nie bestimmen, dass ihr "Kind" versagt hat oder nicht. Das Gefühl zu versagen ist ein subjektives. Und du selbst bestimmst, ob du versagst oder nicht. Wenn du am Ende deines Lebens, mit 70 oder 80 immer noch studierst, dann kannst du mal darüber nachdenken, ob du ein Versager bist oder nicht. Vorher nicht!

Dann zu den Zwangsgedanken. Die Betonung liegt auf dem Wort "Gedanken". Denken und Handeln sind zwei paar Stiefel! Denken kannst du im Grunde, was du willst. Das einzige, das dir hierbei im Wege steht, ist grundsätzlich dein Gewissen. Ein Mörder, der kein Gewissen hat, lebt unbeschwerlicher als du, hansestaedter. Das einzige, worum er sich vielleicht Sorgen macht, ist die Angst, von der Polizei geschnappt zu werden.
Ich kann von mir sagen, selbst ein sozialer Mensch zu sein. Ich habe schon mit Kindern, Schizophrenen und Wachkomapatienten gearbeitet. Jetzt arbeite ich zurzeit in einem Job, in dem es etwas weniger sozial zugeht. Und tagtäglich prügle ich Menschen krankenhausreif oder haue ihnen einen Schlagstock um die Ohren. In Gedanken!!!!
Und weißt du was? Es erleichtert ungemein. Es ist für mich eine Möglichkeit, die Aggression auszulassen. Aggression entsteht, Aggression wird ausgelassen, Erleichterung stellt sich ein. So einfach ist das. Was du zu beachten hast, ist lediglich die Art, wie du die Aggression auslässt und dass du dir nicht selbst schadest, indem du dich strafbar machst.

Der Mensch muss nicht Tag und Nacht gut sein. Wie auch? Er ist schließlich nicht nur gut, sondern zu einem gewissen Teil auch böse. Und beides in ausgeglichener Form zu leben ist die Kunst und zugleich die Notwendigkeit. Wer es immer allen Recht zu machen versucht, wer ständig nur Gutes tun will, handelt wider seine Natur und schadet sich auf kurz oder lang nur selbst. Insbesondere dann, wenn genug Aggressionen entstehen und immer und immer und immer wieder verdrängt werden, weil man ja so ein guter Mensch ist. Durch die Verdrängung der Aggression wird sie nicht aufgelöst, sondern arbeitet weiter. Das Ergebnis können Depressionen oder Zwangsstörungen sein.

Schlag auf den Tisch, wenn es dir danach ist!
Gedanken sind keine Taten!
Und - verdammt noch mal! - heul endlich!
Sind die Tränen dann wieder trocken, sehen deine Augen manches klarer. Wink

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute

Liebe Grüße
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