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Wolff
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Post Tue, 30.Aug.05, 22:46      Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Hallo

Ich traue mich jetzt gar nicht, hier in dieses Forum etwas hineinzuschreiben, da es meist um Frauen geht, denen Gewalt angetan wird und diese hier auch meistens über ihre Probleme schreiben. Aber ich nehme meinen Mut zusammen, denn woanders im Internet habe ich einfach kein anderes Forum finden können, bei dem ich mich auslassen könnte.
Also bei mir ist genau das Gegenteil der Fall: Ich selbst habe eine Frau vergewaltigt. Das ist jetzt 6 Jahre her. 4,5 Jahre habe ich dafür gesessen (schwere Körperverletzung kam noch dazu). Ich habe noch nie wirklich mit jemandem darüber gesprochen, auch nicht während des Prozesses damals. Ich glaube nicht, dass ich damals begriffen habe, worum es ging. Inzwischen ist das anders. Nachdem ich aus der Haft entlassen wurde, habe ich glücklicherweise einen Halbtagsjob gefunden, den ich immer noch habe. Im Grunde geht es mir nicht schlecht. Habe eine kleine Wohnung und zwei Katzen und lebe halt so ganz ruhig vor mich hin. Eine Therapie habe ich nie bekommen und scheue mich davor, freiwillig eine zu machen. Aber zwei Dinge nagen ganz fürchterlich an mir: 1. Die Schuld, mit der ich einfach nicht fertig werde, 2. meine völlige Isolation. Ein einziges Mal in meinem Leben habe ich einen (riesigen) Fehler gemacht und egal was ich tue, um es aufzuwiegen, mein Gewissen wird nicht leichter.
Es mag sich blöd anhören, aber ich vermisse die Zeit im Knast. Die Zeit war hart dort, aber da waren immer Leute um mich rum und ich hatte „Aufgaben“ (Arbeiten, nebenbei Schulabschluss, Thea-terprojekt). Aber mit meiner jetzigen Situation komme ich nur sehr schwer zurecht. Ich habe keine Menschenseele. Zu meinen Kollegen habe ich auch kaum Kontakt (ist aber auch durch die Arbeit bedingt).
Ich kann gar niemandem sagen, wie sehr leid mir das tut, was ich gemacht habe, und ich kann mir auch nicht vorstellen das mir das wieder passieren wird. Ich verspüre keinen „großen Drang“ oder so was. Wie gesagt, eine Therapie habe ich nie gemacht, aber ich habe im Laufe der Jahre viel nachgedacht über das was ich gemacht habe und ich meine heute zu wissen dass das eine art Ventil war für meine ganzen Aggressionen, die sich jahrelang in mir aufgestaut hatten. Im Knast habe ich gelernt, das auch mal rauszulassen. Ich halte mich selbst überhaupt nicht für einen „klassischen Triebtäter“. Aber wem erzählt man das?

Ich könnte mir gut vorstellen, eine Freundin zu haben, aber im Moment habe ich das Gefühl, dass ich dafür noch nicht „reif“ bin – trotz meiner 24 Jahre. Vielleicht sollte ich erstmal paar andere Sachen auf die Reihe kriegen. Andererseits denke ich dann wieder, dass ein Partner einen ja auch vielleicht aufbauen kann. Bloß wo eine Freundin finden, die mit einem wie mir? Dazukommt noch dass ich eine Gaumenspalte habe, das sieht nicht so toll aus.
Was mir noch sehr wichtig ist zu sagen, dass ich sehr oft daran denke, mich bei meinem Opfer zu entschuldigen. Leider habe ich das versäumt bei der Verhandlung damals, als ich nämlich die ganze Zeit gar nichts sagte. Die Frau musste an meiner Stelle die ganze Vergewaltigung schil-dern, was ihr erspart geblieben wäre, hätte ich eine Aussage gemacht. Damals war mir die Dimension davon nicht klar, heute bereue ich das bitter. Ich habe mir überlegt, ob ich ihr viel-leicht einen Brief schreiben sollte über ihren Anwalt. Ich habe auch schon paar mal damit ange-fanngen, denke aber jedes Mal dass ich nicht die passenden Worte finde. Ich will auch nicht, dass sie wieder Angst kriegt. Nur entschuldigen will ich mich. Aber was ist, wenn sie vielleicht gerade eine Phase erreicht hast, wo sie vielleicht etwas über das alles hinweggekommen ist und ich sie wieder „aufrüttele“? Das möchte ich auch nicht.


Ich rechne mit einigen bösen Kommentaren, wäre aber sehr glücklich, wenn ich vielleicht auch ein paar Ratschläge bekommen könnte.

Entschuldigung bitte für das Durcheinander. Ich habe es einfach so von der Seele weg ge-schrieben.

Schönen Abend noch wünscht
Wolf
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untreue
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Post Wed, 31.Aug.05, 6:50      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

warscheinlich wäre es schon gut wenn du ausser der Arbeit noch andere s tun könntest. Es gibt doch in den meisten Städten Theatergruppen oder Fitnessstudien. da kann man auch Leute kennenlernen.Sind auch eher unverbindlich.
Ich kann mir gut vorstellen, das sich wieder Aggressionen aufspeichern. wenn man auf Ablehnung stösst und das passiert auch schnell.
mit der entschuldigung an dein opfer kann ich auch keinen rat geben. Wenn mich mein Vergewaltiger heute um Verzeihung bitten würde, es würde mir nicht besonders viel bedeuten und es könnte wirklich sein das ich Angst bekäme (und es ist schon 10 jahre her)

_________________
durfte ich leider nicht mehr
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Toughy
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Post Wed, 31.Aug.05, 8:03      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Hallo Wolf,

warum keine Therapie?

Deine Schuldgefühle... Lade sie nicht bei Deinem Opfer ab, indem Du Dich entschuldigst. Ich fände das äußerst egoistisch. Ich finde gut, dass Du Dir darüber Gedanken machst, was es in der Frau auslösen könnte, wenn Du Dich meldest. Lass es wirklich besser bleiben, Dich vor ihr zum Opfer (Deiner Selbst oder Deiner Schuldgefühle) zu machen. Das käme vermutlich als Verhöhnung an.
Sie wird Dich ohnehin nicht von Deinen Schuldgefühlen befreien können (selbst wenn sie wollte). Die müsstest Du selbst abwerfen, indem Du Dich mit Dir selbst aussöhnst. Viell. würde es Dir dann auch wieder leichter fallen, den Anschluss an andere Menschen zu finden.

Denk doch noch einmal über eine Therapie nach. Oder geh zu einer Männerberatungsstelle, wenn Dir der Schritt zu einem Therapeuten zu groß wäre.
In jedem Fall wird es dort um Dich als Mensch gehen, und nicht um Dich als Täter.

Viele Grüße,
Toughy

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Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.
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sickie1
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Post Wed, 31.Aug.05, 11:36      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Hi Wolf!

Deine Story stösst mir schon auf - gerade deshalb aber, weil Dir das klar ist und Du trotzdem schreibst - finde ich es sehr mutig!
Ich gebe "untreue" recht, Ablehnung macht auf Dauer nicht "bloß" depressiv sondern auch massiv aggressiv. Das mit Deiner Gaumenspalte (ist das wie eine Hasenscharte?) ist doch behebbar chirurgisch, oder? Ich denk leider macht die Optik (zu)viel aus. Ist eben das Erste was man sieht und zumeist entscheidend, ob man noch mehr kennenlernen will.

Mit dem Entschuldigen: Ich fände es ne schöne Sache, würde bei ihrem Anwalt vorfühlen wie es ihr seiner Meinung nach damit gehen würde (sofern er das überhaupt einschätzen kann), falls Dir das wichtiger ist als Dein/e Seele/Gewissen zu erleichtern. Denke aber, diese Antwort können Dir hier hoffentlich noch ein paar mehr Frauen geben, Frauen die das traurigerweise besser beurteilen u. nachempfinden können.

Wolf, was wär mit 1x/Woche Gesprächstherapie? Streubt sich bei dem Gedanken alles in Dir od. könntest Dir's vorstellen? Ich denk halt schaden tuts null - im Gegenteil, Du würdest ne Menge gewinnen...

LG, Caro
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quasi
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Post Wed, 31.Aug.05, 20:03      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Bitte entschuldige dich nicht bei deinem Opfer. Du hast verdammt nochmal die Pflicht, deine Gewissensbisse auszuhalten. Und nicht das Recht, sie loszuwerden, indem du sie nochmal belastest!
Sie hat auch sehr lange darunter zu leiden. Willst du es künstlich verlängern?
Also leide du auch, bis du es verarbeitet hast, aber nicht auf ihrem Rücken.

Gruß quasi
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Jelka
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Post Wed, 31.Aug.05, 20:43      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

@Wolff

Ich kann es nur aus meiner Sicht sagen:

Ich würde mich besser fühlen, wenn ich einen Entschuldigungsbrief bekäme.
Allerdings ist die Situation auch etwas anders, denn es gab nie eine Gerichtsverhandlung, bei der mir quasi "offiziell bestätigt" wurde, dass das alles so nicht in Ordnung war.


Sicher wird man dann wieder daran erinnert, aber es ist doch sowieso immer mal wieder oder ständig da.

Mir würde es ein gutes Gefühl geben, wenn ich jetzt erfahren würde, dass er es heute auch als falsch ansieht.

Natürlich kann es das alles nicht ungeschehen machen. Deine Schuldgefühle werden sich dadurch wohl nicht in Luft auflösen. Wenn das die Motivation für deinen Brief wäre, solltest du ihn wohl besser nicht schreiben. Dann würdest du sie auch nur wieder benutzen, damit es dir besser geht.

Du kannst es damit nicht ungeschehen machen und es wird ihr danach auch nicht schlagartig besser gehen.


Aber Entschuldigungen helfen doch sonst auch meistens - warum in diesem Fall nicht?



Das alles ist aber eben nur meine Meinung und muss auf diese Frau gar nicht zutreffen.



PS:
Das kam nicht von dir, wurde aber im Thread erwähnt:
Ich bin auf jeden Fall dagegen, dass du in dem Brief um Verzeihung bittest, denn damit würdest du eine Anforderung an sie stellen. Dann wäre es so, dass du es in erster Linie für dich tust, nicht für sie. Um Verzeihung zu bitten ist etwas ganz anderes als zu sagen, dass es einem leid tut.




Zu deinem Isolationsproblem:
Gibt es keine Selbsthilfegruppen für Ex-Sträflinge? Es gibt doch sonst für alles Selbsthilfegruppen. Da könntest du solche Gedanken sicherlich loswerden. Das würde aber natürlich auch in einer Therapie gehen. Warum scheust du dich davor?
Für allgemeinen Kontakt kann ich ja Volkshochschulekurse empfehlen.
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thorn
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Post Wed, 31.Aug.05, 20:47      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Hallo Wolff,

Dich "ent-schuldigen" könntest du gar nicht, weil du die Schuld nun mal trägst und das für alle Zeiten.

Ich finde es ebenfalls mutig und auch wichtig, dass du dich hier offenbart hast. Zugegeben - mir fällt es schwer, dir mit derselben Unbefangenheit zu antworten wie den meisten anderen. Gegebenenfalls versuche ich es aber und bin sicher, auch viele andere hier.

Eine Therapie solltest du meines Erachtens ebenfalls auf jeden Fall machen, es wurden dafür ja schon viele gute Gründe angeführt. Nicht zuletzt ist es einfach so, dass kaum ein "normaler" Mensch wirklich verständnisvoll mit einem Vergewaltiger umgehen kann. Da aber auch du Verständnis brauchst, ist es notwendig, dich in professionelle Hände zu begeben. Mit der Ächtung durch andere, die deine Selbstverachtung nur immer wieder schürt, wirst du auf Dauer nicht leben können.


Eines ließ mich innerlich heftig protestieren:

Quote:
und ich kann mir auch nicht vorstellen das mir das wieder passieren wird. Ich verspüre keinen „großen Drang“ oder so was.


Das ist - mit Verlaub - viel zu vage! Eine Vergewaltigung "passiert" dem Täter nicht einfach. DU hast die Kontrolle über dich, DU musst WISSEN, dass du so etwas NIE WIEDER TUN wirst. Nichts weniger!


Falls du eine Therapie machst: Alles Gute dafür.


thorn
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mitplauderin
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Post Wed, 31.Aug.05, 22:22      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

liebe thorn!

DANKE für deine tollen gedanken!

hallo wolff!

warum keine therapie?? denkst du wirklich, dass eine vergewaltigung dir nicht mehr passieren wird?? dass es reicht keinen "großen drang" zu spüren?? warum ist sie dir denn damals passiert?? wenn ich das wort "passiert" lese, bekomme ich eine irrsinnige wut. und ich scheue mich nicht, dir davon zu schreiben. "es ist mir passiert", "es wird mir nicht mehr passieren" - gibt es eine miesere entschuldigung für das was du getan hast?? übernimm endlich verantwortung und mach eine therapie!

du schreibst, du hast noch mit niemanden darüber gesprochen. ich find das einfach unfassbar und erschütternd. was denkst du, um welchen drang es sich da handelt?? es geht bei vergewaltigung und sex. mb nur um MACHT!!! macht über andere. und das wurde nie hinterfragt??

eine zornige
mp
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Wolff
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Post Fri, 02.Sep.05, 8:17      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Vielen Dank für die konstruktiven Ratschläge!
Ich weiß jetzt, dass ich eine Terapie machen muß. Habe auch schon einen Termin bei meiner Ärtzin gemacht um abzuklären, wie das weiterläuft.

Danke auch für die Tips wegen dem Brief. Die waren wirklich sehr hilfreich. Falls ich wirklich einen schreiben sollte, weiß ich jetzt, was ich lieber nicht da rein schreibe. Manches habe ich in solch einem Licht noch gar nicht gesehen. Es ist halt manchmal gar nicht so leihct, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen.

Vielen Dank nochmals!

Wolf
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Batziko
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Post Fri, 02.Sep.05, 10:04      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

Das mit der Schuld ist so eine Sache.
Ich habe keine Ahnung was damals passiert ist, wie es dazu gekommen ist, ob Du Dich langsam in diese Richtung entwickelt hast und dann einmal die Kontrolle verloren hast. Ob es das erste Mal war, daß Du erwischt wurdest, ...
Ich, als aussenstehender kann nur wenig konkret über Schuld sagen, finde ich.

Der ein oder andere im Forum gehört vielleicht zu den Menschen, die schon mal mit einem Handy während dem Autofahren abgelenkt waren.
Hätte es einen Unfall gegeben, bei dem jemand, vielleicht ein Fußgänger tödlich verletzt worden wäre, gäbe es jetzt vielleicht in einem anderem Forum einen Beitrag
und eine Antwort von jemanden, der sein Kind bei einem Autounfall verloren hat, mit ähnlicher Richtung.
...Du hast Schuld für alle Zeiten...
(Wer frei ist von Schuld, werfe den ersten Stein..)

Welchen Nutzen hat Schuld und Schuldzuweisung? Geht es da nicht auch um Macht? Um Rache?

Wenn in meinem Leben etwas unglücklich passiert, dann schau ich erstmal welcher Schaden überhaupt entstanden ist (bei Vergewaltigung und sex Mißbrauch allerdings meist ein sehr sehr hoher).
Als nächstes schaue ich, ob man es auf eine Weise reparieren, rückgängig machen kann (bei Vergewaltigung und sex Mißbrauch von gar nicht, bis sehr schwer).
Dann wichtig ist die Motivation aller beteiligten. Wie sehr war Absicht dahinter? (bei Vergewaltigung und sex Mißbrauch meist geplant und lange vorher die Absicht bereits da).

Ich finde es aber wichtig, daß Du schreibst, daß es Dir leid tut, wenn Du Dir sicher bist, daß es Dir zu mindestens 90% leid tut.
Aber um so einen Prozentsatz zu erfüllen, muß man sich gut unter Kontrolle haben. Nicht nur in Briefen, sondern auch im Innern.
Es genügt ja auch nicht einfach einen Krieg zu erklären, damit das Volk brav in die Schlacht zieht.
Es erfordert einige Stufen in den Köpfen der Bevölkerung um sie bereit zu machen in den Krieg zu ziehen ohne zuviel zu murren.
Ich vermute, daß es ebenso bei Dir war. Du solltest rausfinden wie lange Du unterschwellig schon bereit für eine Vergewaltigung warst. Solltest prüfen, ob dieser Zustand gut ist und wie Du dafür sorgst, daß er nicht mehr Kontrolle über Dich bekommt, falls Du das magst.
Wenn es Dir gelingt, kannst Du vielleicht anderen dabei helfen, die auch aus dieser Ebene rauswollen.

Wenn ich Dir dabei helfen kann.. würde mich freuen..
Bruß Batziko

_________________
Gefahr erkannt - reingerannt!
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wurm5
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Post Fri, 02.Sep.05, 22:44      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

hallo wolff!

tja, ich würde mich auch nicht entschuldigen - das opfer hat eh schon genug gelitten und eine entschuldigung würde nur wieder alles hervorholen - die wunden wieder aufreißen - laß es (meine meinung).

eine therapie würde auch ich dir dringend anraten - einfach für dein weiteres leben. da du ja jetzt verstehst, was damals vorgefallen ist, dass das furchtbar für einen anderen menschen war, es immer in dir bleiben wird, du aber damit umzugehen lernen mußt (genauso wie das opfer), für dich nun eine gewisse isolation bedeutet usw. - mache die therapie - sie wird dir vieles darlegen - vieles zu verarbeiten geben aber irgendwann wirst du selbst mit dir im reinen sein zumindest soweit, dass du wieder fest mit beiden beinen im leben stehst.

ich finde es sehr mutig, dass du das post hier reingesetzt hast!
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Post Sat, 03.Sep.05, 1:26      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

ich nehme mir jetzt einfach mal den raum, als von sex. mißbrauch betroffene, und zitiere aus einem schreiben einer soziologin, ihr arbeitsschwerpunkt sind studien zur sexuellen gewalt und prävention: sind sexualstraftäter therapierbar??

wegschließen oder therapieren?? und ich lese: angesichts hoher rückfallquoten hat die tätertherapie schlechte karten! und ich lese auch: "die beschäftigung mit diesen tätern veränderte die therapeutin. sie begann, männern zu mißtrauen, ängste zu entwickeln und sich einzuschränken, denn auch sie konnte ein potenzielles opfer sein. nach drei jahren und 120 sexualstraftätern kündigte sie. sie war mit den nerven am ende!."

ich lese weiter.

" in berlin beging ein psychiater, chefarzt der zweiten forensischen abteilung, selbstmord. sein motiv: er empfand es als ein versagen seiner zunft, dass täter rückfällig werden und (sexuelle) übergriffe, andere delikte oder gar morde begehen."

ich mag nicht weiter zitieren, es kostet mich zu viel kraft.

es gibt unzählige studien. grund zum optimismus gibt es nicht. es liegt kein eindeutiges wissen darüber vor, was einen täter vor einem rückfall bewahrt. eine therapie muß am delikt, am kriminellen verhalten ansetzen. der täter soll verantwortung für die tat übernehmen, das leid seines opfers sehen, soziale fähigkeiten und das einhalten von grenzen erlernen und sein selbstbewußtsein entwickeln.

auf welche weise die täter die therapeutInnen manipulieren, schilderte ein therapeut: "zum beispiel mit dem zauberwort "meine mutter". dann reden wir zwei jahre lang über die kindheit des täters statt über seine tat. ..wenn der vierzigste täter in einer woche zu mir kommt und winselt, "meine mutter", dann kommt mir die galle hoch" - das sagte ein therapeut in einem interview!!

mp
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Post Sat, 03.Sep.05, 7:15      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

hallo,

zu deinen zitaten von mitplauderin fällt mir folgendes ein:
wenn ein mensch mit einer essstörung in therapie geht, vielleicht gründe in der kindheit bespricht, warums und weshalbs und irgendwann erfolgreich die therapie beendet. nach ein paar jahren ist derjenige vielleicht wieder ganz unten. kein therapeut würde das als versagen betrachten. psychische prägung ist so individuell, dass dir kein therapeut je versprechen kann, ob du deine probleme mit der therapie auf dauer in den griff bekommst.
was ich sagen will: optimismus ist in keiner therapie gegeben. die folgen sind natürlich dramatisch anders.
also doch wegschließen?
aber warum nicht die chance nutzen? wäre es nicht ein erfolg, wenn einer von hundert durch eine therapie nie wieder rückfällig wird?
ein heikles thema, ich weiß... bin mir selbst nicht klar, welchen standpunkt ich vertrete...
grundsätzlich bin ich dafür, dass jeder eine chance erhält, wenn er darum bittet. aber wie verhindern, dass der täter rückfällig wird... die garantie kann keiner jemals geben...
ich bin gespannt, ob wolff noch mal etwas dazu sagt...

noraa
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Post Sat, 03.Sep.05, 11:58      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

liebe noraa!

keine frage, wenn nur ein täter durch eine therapie davon abgehalten werden kann, nicht wieder rückfällig zu werden, so ist das eine gute sache. ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass therapie kein allheilmittel ist, dass sie ihre grenzen hat. sie beitet keine garantie, dass täter rückfällig werden. täter, die entlassen werden, sind daher zu überwachen. lebenslänglich!

inzwischen gibt es gute literatur in bezug auf täterstrategien. ich habe im folgenden einige aussagen von wollff noch einmal aufgeschrieben. ich empfinde seine formulierungen als verharmlosung, als ein um mitleid heischen. man könnt ja fast meinen, er sei das opfer:

"Ich glaube nicht, dass ich damals begriffen habe, worum es ging."

"Ein einziges Mal in meinem Leben habe ich einen (riesigen) Fehler gemacht und egal was ich tue, um es aufzuwiegen, mein Gewissen wird nicht leichter."
"Ich kann gar niemandem sagen, wie sehr leid mir das tut, was ich gemacht habe, und ich kann mir auch nicht vorstellen das mir das wieder passieren wird. Ich verspüre keinen „großen Drang“ oder so was."

"Ich halte mich selbst überhaupt nicht für einen „klassischen Triebtäter"

mp
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Post Sat, 03.Sep.05, 12:51      Re: Bin selber "so einer" Reply with quoteBack to top

hallo mitplauderin,

Quote:
täter, die entlassen werden, sind daher zu überwachen. lebenslänglich!


da hast du wohl recht... ich weiß nicht recht, wie ich sagen soll, was mir durch den kopf geht. im prinzip nimmt sich der täter ja selbst die chance je wieder wie ein normaler mensch zu leben. egal wie er nachher darüber denkt und ob er seine tat tief bereut. von daher kann man eigentlich sagen: dieser fehler hat ihn sein leben gekostet (ja, ich weiß, mehr als nur sein leben, aber darum geht es ja gerade).

Quote:
ich empfinde seine formulierungen als verharmlosung, als ein um mitleid heischen. man könnt ja fast meinen, er sei das opfer


was könnte er denn schon sagen... stimmt schon, er "beklagt" sich. auch wenn es nicht zur diskussion steht, dass er selbst schuld an seinen jetzigen problemen ist, kann ich mir dennoch vorstellen, dass es ihm genau so geht. tja, was macht man mit einem menschen, der die eigene schuld nicht tragen kann?
ach, ich weiß nicht, ich bekomme meine gedanken dazu nicht in einklang...

noraa
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