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per aspera ad astra
sporadischer Gast


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Deutschland W, 45
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Tue, 31.Jan.06, 12:36 Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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Hallo,
Einige meiner Freundinnen (auch Mitte 40) haben dasselbe Problem - aber ich sehe einfach keinen Lösungsweg...
Voraus: Meine Eltern und ich hatten eine nicht immer schwierigkeitsfreie Beziehung, aber nie riesige Probleme. Wir haben regelmäßigen, für beide Seiten ausreichenden Kontakt.
Seit etwa 3,4 Jahren fangen meine Eltern (76 und fast 80) an, stärker abzubauen. Für meinen Mann erscheint es kaum merklich, aber ich als einzige Tochter scheine abslut "getunt" auf jede kleine Veränderung: Z.B dass Mutti schwerer hört, Vati nur noch lange Belanglosigkeiten erzählt und beständig volle Konzentration darauf + Mega-Interesse daran fordert, dass beide immer engere Kreise haben, sich für mein Leben kaum mehr interessieren (bin ja verheiratet = versorgt) und jedes kleine Problem, das sie haben, zu Elefantengröße aufgepumpt wird... etc. p.p.
Ich weiß sehr wohl rational, dass das alles für ihr Alter normal ist - mein Problem ist, dass ich damit überhaupt nicht umgehen kann. Mein Verhalten ihnen gg. über wird immer unduldsamer, auch oft aggressiv; und ich kann kaum gegensteuern, obwohl es mir bewusst ist.
Ich habe mir klar gemacht, dass wohl ein Grund ist, dass man seine Eltern immer gern so behalten möchte, wie sie waren, als man selbst klein war: Immer helfend + unterstützend für einen da, quasi omnipotent, gesund + fit, immer Herr ihrer Sinne usw. Und ich weiß rational auch, dass das ein unsinniger Kinderwunsch ist - aber das Analysieren hilft nicht weiter, ich benehme mich weiterhin schlecht ihnen gegenüber.
Nun brauche ich ihre (tätige) Unterstützung nicht mehr, sondern sie meine... das fällt mir nicht schwer - aber gleichzeitig fühle ich mich irgendwie "verlasen" von ihnen. So fällt z.B. meine Mutter seit geraumer Zeit als meine Vertraute in Beziehungsproblemen weg - einfach, weil ich ihr das nicht mehr zumuten will und kann. Das ist fair und richtig, sie war so lange Zeit für mich da, und ich habe andere menschn in meinem Alter, mit denen ich diese Dinge wälzen kann - und trotzdem scheine ich auch deshalb Ressentiments aufzubauen... SUPERBLÖD.
Sie selbst scheinen das nicht so zu merken; zumindest beschweren sie sich nie über mein Verhalten...
Mir ist auch klar (und es hilft nicht ), dass MEINE Anpassung in Zukunft besser + schneller funktionieren muss, da meine Eltern ja immer weiter (+ ev. schneller) abbauen werden und ich jedes Mal adjustieren werde müssen. Also: Ich muss es schnell lernen - aber wie???
Für eure Gedanken/ Erfahrungen dazu bin ich dankbar!
Per aspera
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AnnaD
Helferlein


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Hamburg W, 46
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Wed, 01.Feb.06, 12:47 Re: Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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Hallo,
puh, das ist verdammt schwer. Ich kenne das nur zu gut. Meine Mutter ist im letzten Jahr verstorben, der Abschied von ihr dauerte acht Jahre. Er verlief in Schüben. Ich hatte den Eindruck, meine Mutter fällt von oben immer eine Etage weiter nach unten, bleibt dort einige Zeit und fällt dann wieder. Es tut verdammt weh.
Meine Mutter war eine sehr resolute Frau, die sich stets zu helfen wusste und das ist alles verloren gegangen bis hin zur totalen Hilflosigkeit. Oft war ich innerlich sehr aggressiv, hatte dann aber gleich ein schlechtes Gewissen, weil sie ja gar nichts für ihr verändertes Verhalten konnte. Ich kann dir keinen wirklichen Rat geben. Gesteh es dir zu, dass du nicht so einfach deine Gefühle anpassen kannst. Es braucht Zeit, sich damit abzufinden. Sobald ich meinen Schmerz über den Verlust akzeptiert hatte, konnte ich auch wieder viel besser mit ihr umgehen. Am Ende konnte ich ihr ganz viel ihrer Liebe zu mir zurückgeben und es hat mir sogar gut getan, mich so intensiv um sie kümmern zu können.
Aber - wie gesagt - das braucht Zeit und allein mit guten Vorsätzen ist es nicht zu schaffen.
Gruß
Anna
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per aspera ad astra
sporadischer Gast


16
Deutschland W, 45
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Fri, 03.Feb.06, 10:18 Re: Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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Hallo Anna,
es tut mir Leid, dass du deine Mutter im letzten Jahr verloren hast.
meine Mutter ist charakterlich so wie deine gewesen ist: resolut etc. Sie baut (wie auch mein Vater) noch nicht in dem Sinn ab, dass ich von Senilität oder Schlimmerem sprechen würde - es sind noch eher Kleinigkeiten. Ich denke, wenn Ersteres der Fall wäre, würde ich mich schneller adjustieren können; dann müsste ich ja auch mehr handelnd tun... nein, sie sind beide geistig noch auf der Höhe, können noch gut rausgehen, Freunde besuchen etc.
Ich fühle mich nur wirklich schlecht und auch schuldig, wenn ich so unduldsam + genervt bin, weil sie so kleine, enge Kreise ziehen, auch in ihren Argumentationen - aber vielleicht war das ja schon immer so + es ist mir nur nicht so aufgefallen früher, wo sie noch viel aktiver waren. Ich möchte einfach gern gelassener reagieren können und nicht in der "Kindspirale" stecken bleiben...
Meine Eltern wohnen weit weg, so dass ich sie auch nicht kontinuierlich sehe, höchstens 3-4x im Jahr. So fallen mir die Veränderungen auch schneller auf...
Ich bin für jeden Gedanken dankbar.
Per aspera
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lowenmadchen
sporadischer Gast


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berlin W, 25
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Fri, 03.Feb.06, 10:35 Re: Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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oh je...das kenn ich!
na...wenn auch nur bedingt, da meine eltern noch sehr jung sind, allerdings ist es wahrscheinlich ähnlich, wenn man als "kind" nun seine eltern mal als "menschen" wahrnimmt und die plötzlich so viele fehler haben!....ich denke, dass es wirklich hilfreich ist, sich davon zu distanzieren. eben nicht mehr die beschützende mama in der mutter sehen, sondern eben eine alte/komische nette frau. vor einiger zeit gab es darüber einen sehr interessanten beitrag in der psychologie heute. falls du interesse hast, such ich die mal raus, dmit du dir die in der bibliothek (oder wo auch immer) besorgen kannst. mir hat der artikel sehr geholfen, obwohl es auch dort ums altern ging, ich es aber gut auf mein problem adaptieren konnte....
mich würde sehr interessieren, wie ihr zur pflege der alten eltern steht!
liebe grüße vom k
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per aspera ad astra
sporadischer Gast


16
Deutschland W, 45
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Sat, 04.Feb.06, 10:40 Re: Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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Lieber K,
ja, der Artikel würde mich schon interessieren, wäre lieb, wenn du mir Titel/ Nr. der Ausgabe der Zeitschrift schreibst. Danke schon im Voraus! Ich werd mich wohl auch mal um Literatur zu dem Thema kümmern.
Fragtest du mich (und Mann) oder allgemein ins Forum, wie wir zur Plege alter Eltern stehen? Für mich (sind meine Eltern) kann ich sagen, dass ich meine Eltern im Pflegefall nicht in unserem Haus aufnehmen könnte. Zum Einen würde ich das selbst psychisch nicht schaffe, zum Anderen möchte keiner meiner Eltern so weit weg von langjährigen Freunden ziehen. Schwierig würde die Sache, wenn meine Mutter zuerst gehen würde - mein Vater kann nicht alleine leben. Ich kann mir für diesen Fall nur einen Platz im betreuten Wohnen hier in unserer Nähe vorstellen, bei Bettlägerigkeit einen sehr guten Heimplatz.
Bei aller (Vor) Sorge wenn das mal auf uns zukommt, haben wir EINE Sorge GsD nicht + das ist die finanzielle. Ich bin sehr glücklich, dass wir in der Lage sein werden, nicht nur eine "Notunterkunft" zu bezahlen, sondern in der Lage sein werden, meine Eltern wirklich gut unterzubringen. Als ich noch alleine war (ich bin Einzelkind), war das eine meiner größten Sorgen: Was wird einmal werden...
Interssanterweise würde sich mein Mann in der Lage sehen, einen pflegebedürftigen Elternteil in unserem Haus aufzunehmen und auch mitzupflegen. Von seiner ruhigen Art her denke ich, dass das auch klappen könnte - aber ich glaube nicht, dass er das in allen Einzelheiten durchgedacht hat...
Ich denke, jeder muss da nach seinen eigenen Fähigkeiten + Grenzen gehen. Beachtet man einzig die moralisch-ethische Komponente und das eventuelle schlechte Gewissen ("Kinder sollten ihre Eltern pflegen + so Dankbarkeit + Christlichkeit zeigen"), kann das leicht zu einer Katastrophe für alle Seiten führen. Ich bin ehrlich zu mir selbst + gestehe mir ein, dass ich es nicht könnte.
LG,
per aspera
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AnnaD
Helferlein


55
Hamburg W, 46
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Mon, 06.Feb.06, 8:57 Re: Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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Hallo,
kannst du mit deinen Eltern über das Thema und über deine Gefühle sprechen? Das kann ja auch erleichtern. Es ist grundsätzlich "normal", dass man sich mehr und mehr aus dem Leben zurück zieht und die Kreise immer enger werden. Die Frage ist, woher kommt es, dass du eher ungehalten darauf reagierst? Du schreibst, du kannst mit deiner Mutter nicht mehr über alles reden. Macht dich der Verlust aggressiv? Mir hat es geholfen, wenn ich wusste, warum ich eher abweisend reagiere. Grundsätzlich hast du Recht, wenn plötzlich ein Einbruch kommt, dann muss man reagieren. Dieser schleichende Prozess ist oft viel schwerer zu packen.
Und zu den Planungen: ich habe mir so oft den Kopf zerbrochen, was wäre wenn. Es ist ganz anders bei meiner Mutter gekommen und es taten sich Lösungen auf, die ich im Enferntesten nicht geahnt habe. Es wurde viel schlimmer, als ich geahnt hatte, aber die Lösungen wurden seltsamer viel besser.
Allgemein gibt es zu dem Thema ein ganz gutes Buch:
Ratgeber:
"Wenn die Eltern älter werden"
Ein Ratgeber für erwachsene Kinder von Helga Käsler-Heide
Es betrifft uns alle: Die Eltern werden älter, gebrechlicher, kränker – und zwangsläufig drängt sich die Frage auf: Was wird aus Ihnen, wenn sie sich nicht mehr selbst versorgen können? Ein unangenehmes Thema, das viele lieber verdrängen. Und doch sind die erwachsenen Kinder im Entscheidungsfall gefordert! Sie müssen für sich klären, wie viel Verantwortung sie übernehmen können und wollen. Kann man zusammen mit den anderen Geschwistern einen Pflegeplatz finanzieren? Kann man selber für die Eltern sorgen – und wenn ja in welchem Maße? Wie beeinflusst die Pflege – oder auch nur die gelegentliche Betreuung eines alten Menschen - das Familienleben und die Partnerschaft? Wie fühlen sich eigentlich die Eltern, wenn sie abhängig von fremder Hilfe werden? Wie äußert sich Altersdepression und wie kann man das Selbstbestimmungsrecht der Eltern so lange wie möglich erhalten?
Der Ratgeber "Wenn die Eltern älter werden" gibt ausführliche konkrete und praktische Tipps und bietet neben zahlreichen Sachinformationen auch einfühlsamen psychologischen Rat.
232 Seiten, erschienen im Beltz-Verlag, Preis: 15,90 Euro
Viel Glück
Gruß
Anna
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per aspera ad astra
sporadischer Gast


16
Deutschland W, 45
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Tue, 07.Feb.06, 9:47 Re: Probleme mit Anpassung an alternde Eltern |
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Liebe Anna,
das Buch (und ein paar andee zum Thema) hab ich gestern bestellt .
Und nein, über das Thema will ich mit meinen Eltern nicht sprechen: Sie haben selbst einige Belastungen (auch körperlich) und ich merke und weiß (meine Mutter hat es mir explizit gesagt), dass es für beide in den letzten Jahren eine große Belastung bedeutet, über solch emotionale Dinge zu sprechen. Sie haben nicht mehr die Gelassenheit dazu, meine Mutter regt es sehr auf + sie macht sich tagelang danach Gedanken... Und es bringt nichts - dadurch wird sich ihr Verhalten nicht ändern - soll es ja auch nicht, es ist ja normal!
Die Sache ist MEIN Problem - und so sehr ich es + mich durchanalysiere (und ich verstehe ganz gut, warum ich so reagiere): Anders handeln, damit tue ich mir schrecklich schwer....
Was es so schwierig macht, ist, dass meine Eltern ja weder extrem senil, noch dement, noch böse sind - sie werden einfach nur rapider älter; entfernen sich immer mehr von dem, was sie einmal waren... Wer weiß, vielleicht hat meine Reaktion auch mit meiner Angst zu tun, im Alter selbst einmal so "unkennlich" zu werden - oder generell mit der Auseinandersetzung mit meinem eigenen älter werden...
Danke für deine Sätze zu Planungen für später. Gedanken dazu quälen mich nicht wirklich, denn ich weiß ja: Es kann immer anders kommen - und ehe ich dann alle ev. gemachten Pläne modifizieren muss, kann ich auch warten, bis es endgültige Tatsachen gibt + auf diese zeitnah reagieren.
Auch dir alles Gute,
per aspera
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