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divaray
neu an Bord!
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Post Tue, 06.Jun.06, 17:56      Seine Freundin ist vor 8 Monaten gestorben Reply with quoteBack to top

Hallo, ich hoffe das mir hier jemand helfen kann, denn im Moment bin ich etwas mit der ganzen Sache überfordert und da niemand sowas bis jetzt erlebt hat, kann mir irgendwie auch keiner etwas sagen.

Ich habe einen Freund (28 Jahre) den ich schon mehrere Jahre kenne. Wie haben uns immer ganz gut verstanden, hatten aber nie wirklich viel miteinander zu tun.

Bis letztes Jahr seine langjährige Freundin (die ich nur einmal kurz gesehen habe) bei einem schrecklichen Unglück ums Leben kam. Sie war sehr krank, aber gerade wieder auf dem Wege der Besserung als es passierte. Sie wollten heiraten usw.....

Naja, ich war bei der Beerdigung, zusammen mit anderen seiner Bekannten, da. Danach hat es angefangen, das wir uns manchmal besucht haben und auch telefoniert. Als ich hierher gezogen bin ( 500 km von zu Hause weg ) hat unser Kontakt trotzdem gehalten und wir telefonierten fast täglich.
Seit 3 Monaten besuchen wir uns sehr oft, meistens fahre ich hoch zu ihm und bin teilweise tage-/wochenlang bei ihm. Wir reden, lachen, sind viel zusammen unterwegs, leben auch ganz normal den Alltag ,ich bewege mich wie selbstverständlich in seiner Wohnung, wir schlafen in einem Bett, er nimmt mich mit zu seinen Eltern, Geschwistern und Freunden. Er macht Spässe darüber schon lange keinen Sex mehr gehabt zu haben und meint, er könne sich das mit mir gut vorstellen - alles immer sehr scherzhaft, wo ich dann immer meine, das dies wohl keine gute Idee ist.
Jedesmal wenn ich gehe, kommt eine SMS, das er jetzt wirklich was vermisst und wir uns bald wiedersehen müssen, das ich immer willkommen bin und es ihn freut wenn ich da bin.

Er erzählt nicht häufig, wie es ihm geht und ich frage nicht nach, denn ich denke er würde es von selbst tun (oder sollte ich nachfragen!), er erzählt häufig von ihr, Dinge die sie zusammen gemacht haben, usw. Nach unserem letzten Gespräch hat er angefangen, einige ihrer Sachen wegzuräumen, war auf dem Friedhof, ... beginnt sich damit auseinanderzusetzen.

Irgendwann habe ich gemerkt, das , das es für mich mehr als eine Freundschaft ist und jedesmal wenn ich wegfahre, möchte ich sofort wieder hin.
Allerdings, will ich das er die Geschicht mit ihr gut verarbeitet und es ihm wieder gut geht. ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber (irgendwie völlig bescheuert, denn ich habe das Gefühl ihr etwas wegzunehmen, mich irgendwo reinzudrängen wo sie hingehört und nicht ich) und ihm gegenüber (weil ich denke das es nicht richtig ist bei der ganzen Sache diese Gedanken zu haben, sondern ihm als Freundin beistehen sollte)

Wir haben beide festgestellt wie gut wir uns tun, ich ihm und er auch mir und sagen das auch ganz klar!

Was soll ich denn jetzt tun? Bzw. wie hört sich denn das ganze für euch an? Ich habe noch niemals einen geliebten Menschen verloren und habe keine Ahnung, wie man mit sowas umgeht und was man in einer solchen Situation alles braucht oder tut...
Ich freue mich über eure Antworten.
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Toughy
[nicht mehr wegzudenken]
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Post Tue, 06.Jun.06, 21:11      Re: Seine Freundin ist vor 8 Monaten gestorben Reply with quoteBack to top

Hallo divaray,

puh, schweres Thema. Sad Ich hab's zwar nicht in der Form erlebt, dass mein Partner starb, aber vielleicht kann ich ja doch etwas zur Klärung Deines Konflikts beitragen.

Als mein bester Freund vor knapp 7 Monaten überraschend starb, riss das ein ganz tiefes Loch in mein Leben. Wir waren uns sehr nah; näher als Freunde es für gewöhnlich wohl sind. Und neben all der anderen Dinge war es auch diese Nähe, die mir unglaublich fehlte. Ich habe das so nicht bewusst wahrgenommen, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, die Realität (also seinen Tod) überhaupt zu begreifen. Ich glaub, ich stand eine ganze Weile unter Schock.

Etwa sechs Wochen nach seinem Tod flammten in mir Verliebtheitsgefühle auf für jemanden, den ich schon immer sehr mochte. Ich ahnte damals bereits, dass diese Gefühle eventuell nicht "echt" sein könnten (obwohl sie sich natürlich so anfühlten). So hat sich's dann auch rausgestellt. Aber da war so ein irrsinniges Bedürfnis in mir, diese Lücke zu schließen, bei jemandem Halt zu finden (weil ich innerlich keinen mehr hatte) und den Schmerz nicht fühlen zu müssen, dass ich vielleicht so empfinden musste, um nicht durchzudrehen.

Ich hab auch Bücher zum Thema gelesen, und manche Menschen reagieren auf einen solch schwerwiegenden Verlust eben auf diese Weise. Häufig ist es wohl auch so, dass man "kindliche" Bedürfnisse entwickelt: gehalten und getröstet werden, Pudding essen, ein Kuscheltier mit ins Bett nehmen... Dinge, die man angeboten bekam und die geholfen haben, als man klein und traurig war.

Wahrscheinlich klingt das nun nicht sonderlich aufbauend. Aber ich will unbedingt dazu sagen, dass ich mir niemanden "ausgesucht" hätte, dem ich mich nicht schon vorher verbunden gefühlt hätte. Denn ich brauchte ja Nähe, und die findet man nicht im Kontakt zu Menschen, die einem eigentlich egal sind.

Tja, so war das bei mir. Und heute bin ich noch nicht über den Tod meines besten Freundes hinweg, was aber durchaus auch an den Umständen seines Todes liegen kann.

Das Archiv wird gerade neu sortiert, und deswegen findest Du mit der Suchfunktion evtl. noch nicht viel, aber gib doch mal als Nick "fruitloops" bei der Suche ein. Sie verlor ihren Partner bei einem Unfall und verliebte sich kurze Zeit später in jemand anderen. Darüber hat sie hier berichtet.
Leider weiß ich nicht, wie es inzwischen bei ihr aussieht... Aber vielleicht antwortet sie ja noch einmal, wenn Du ihr dort eine Frage stellst. Könnte ja sein, dass sie bei Antworten in ihrem Thread benachrichtigt wird. Ich hoffe, der Thread hat sein Haltbarkeitsdatum noch nicht überschritten, so dass er eben noch besteht und nicht gelöscht wurde.
(Ich begebe mich bei Gelegenheit auch noch mal auf die Suche nach dem Thread.)

Grundsätzlich denke ich, dass der Umgang mit dem Tod von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Von schneller Akzeptanz bis hin zur wahnhaften Vorstellung, der Partner sei noch am Leben, ist so ziemlich alles drin. Und an dieser Stelle kann wohl niemand beurteilen, wie es bei Deinem Freund ist. Aber ich halte es für ein gutes Zeichen, dass er anfängt, sich mit dem Tod seiner Freundin auseinander zu setzen. Allerdings schreibst Du ja selbst, dass er damit gerade beginnt. Neutral

Noch eben zu einigen Deiner Aussagen:

divaray wrote:
ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber (irgendwie völlig bescheuert, denn ich habe das Gefühl ihr etwas wegzunehmen, mich irgendwo reinzudrängen wo sie hingehört und nicht ich)

Nun ja, rational betrachtet mag das bescheuert sein. Aber es wird schon mindestens einen Grund für dieses Gefühl geben. Welcher das konkret ist, kann ich natürlich nicht einschätzen. Spontan fiel mir die Frage ein, ob Du evtl. spürst, dass sie irgendwie noch ganz stark da ist und für Dich (noch) kein (eigener) Platz ist...

Quote:
und ihm gegenüber (weil ich denke das es nicht richtig ist bei der ganzen Sache diese Gedanken zu haben, sondern ihm als Freundin beistehen sollte)

Wegen Deiner Gedanken oder Gefühle für ihn solltest Du kein schlechtes Gewissen haben. Was zählt, sind ja eher die Taten. Und wenn sich Dein Freund auf mehr als Freundschaft mit Dir einlassen möchte und kann, dann sehe ich keinen objektiven Grund für ein schlechtes Gewissen. Du bist nicht für Deinen Freund verantwortlich, hm? Wenn er Dich als gute Freundin möchte und nicht mehr, wird er das schon deutlich machen (müssen).
Die Frage ist: Könntest Du ihm "nur" eine gute Freundin sein, wenn seine Wünsche über die einer Freundschaft nicht hinausgehen? Und wie sicher fühlst Du Dich, wenn Ihr es beide wollt? Hast Du das Vertrauen darin, dass es dabei wirklich um Dich geht? Dass Du Zweifel hast, ist vielleicht kein Zufall... Aber vielleicht bist Du ja auch grundsätzlich eher skeptisch, was das Eingehen von Beziehungen betrifft?
Jedenfalls möchte ich Dir raten, Dich selbst nicht aus dem Blick zu verlieren in dieser schwierigen Lage.


Alles Liebe & Gute friend,
Toughy

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Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.
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Tante Käthe
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Post Wed, 07.Jun.06, 21:13      Re: Seine Freundin ist vor 8 Monaten gestorben Reply with quoteBack to top

Hi Toughy,

Deine "Geschichte" hört sich an, als wenn da eine Liebe wächst. Nebenbei gesagt, ist oftmals die Liebe, die so behutsam wächst, eine sehr anhaltende und auf Dauer gerichtete Liebe.
Ein schlechtes Gewissen, denke ich solltest Du nicht haben, dass auch Deinerseits Gefühle und Sehnsüchte da sind. Im Gegenteil, ich finde es beeindruckend, wie respektvoll ihr wohl miteinander umgeht.

Du scheinst Dich auch bei ihm/mit ihm sehr wohl zu fühlen.

Wenn er den Verlust mit der Freundin verarbeitet und darüber redet oder Dich beim Handeln teil haben lässt, ist es doch gut. Ich finde, es ist ein Zeichen absoluter Vertrautheit.

Tante Käthe
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