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Polarsternin
Forums-InsiderIn


185
Hamburg W, 35
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Sun, 29.Oct.06, 12:29 Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebes Forum,
Ich habe eine sehr bedürftige Schwester, die 2,5 Jahre älter ist als ich. Sie extrem abhängig von mir, in einer Weise, die mich sehr unter Druck setzt und mich psychisch überfordert. Ich darf mir ständig ihre Sorgen und die ihrer Familie anhören. Alles bespricht sie mit mir. Es belastet mich aber mittlerweile sehr und habe so manches Mal versucht meine Grenzen zu setzen, die sie nicht achtet. Nachts werde ich wach, ihre Sorgen wachsen mir über den Kopf, kann dann oft nicht mehr einschlafen, und grüble zu viel. Wenn ich ihr Grenzen setze, dann muß ich mir Beschimpfungen anhören. Ich bekomme immer das Gefühl eine Rabenschwester zu sein. Ich habe beruflich schon viel mit notleidenden Menschen zu tun. Und ich mache meinen Job auch sehr gut. Die Menschen fühlen sich bei mir gut beraten und gestärkt. Nun ist es so, dass ich dann abends mal meinen Kopf frei machen möchte von den vielen Sorgen anderer Menschen. Kaum bin ich die Türe drin, dann klingelt schon das Telefon und meine Schwester bombardiert mich wieder mit ihren Sorgen. Ich habe ihr schon oft erklärt, dass ich Abstand brauche, da ich erst gerade nach Hause gekommen bin, und da ich sowieso schon den ganzen Tag mich um andere kümmere, brauche ich auch mal eine "Sorgenfreie Zeit" für mich oder eine Zeit, wo es um mich geht, wo ich mich um mich kümmern kann. Sie versteht meine Grenzen nicht und ich fühle mich immer total schlecht dabei, sie zurück weisen zu MÜSSEN... . Auch mit viel Diplomatie kam ich nicht weiter, das versteht sie nicht und auf direktes Grenzen setzen folgen ihrerseits verbale Attacken gegen mich. Schuldgefühle kommen in mir hoch. Früher war ich für sie da aber ich habe mich wie ein Mülleimer benutzt gefühlt. Sie hat nie etwas an ihrer Situation geändert und immer nur bei mir gejammert. DAS MÖCHTE ICH NICHT MEHR. Meine Vernunft sagt mir zwar, dass ich nicht schuld bin an ihren Sorgen, aber unbewusst kommen immer wieder diese Schuldgefühle. Und mittlerweile bin ich so weit, dass ich total allergisch bin, sobald sie nur den Mund aufmacht, fange ich schon an mich zu schützen. Dazu muß ich sagen, dass ich als Kind für sie schon so etwas wie ein Mutterersatz war, in einem Alter wo ich selbst viel zu klein war, um so eine Rolle übernehmen zu können. Aber die Dinge geschehen einfach, die Rollen werden stillschweigen verteilt und auch angenommen. Niemand tut das bewußt, es geschieht einfach aus einer unbewussten Not der Erwachsenen heraus.
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_________________ "Wenn dir die Liebe winkt, so folge ihr". (K. Gibran) |
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Polarsternin
Forums-InsiderIn


185
Hamburg W, 35
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Sun, 29.Oct.06, 12:38 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Fortsetzung:
Ich war sechs Jahre alt und habe oft auf meine Schwester aufpassen müssen. Meine Eltern waren oft nicht da. Diese fürsorgliche Rolle habe ich aber nicht nur für meine Schwester spielen dürfen, sondern auch für meine Eltern wenn sie Sorgen hatten. Für meinen Vater war ich so etwas wie seine "Ersatzfrau", mal etwas überspitzt ausgedrückt, und das schon im Kleinkindalter da er sich mit meiner Mutter überhaupt nicht verstanden hat, und hat in mir eine Verbündete gesucht und meine Mutter zog mich damals in ihre Ehekonflikte so rein, dass ich für sie Partei ergreifen musste, weil sie sich mir so schwach zeigte. Und bei imeinen Eltern habe ich unbewußt auch versagt. Das sagt mir nicht der Kopf, das sagt mir das Gefühl, dass ich auch meine Eltern enttäuscht habe. Doch noch heute bespricht meine Mutter ihre Probleme mit mir, obwohl ich noch zwei Geschwister habe. Aber diese müssten geschont werden, weil sie angeblich so empfindlich seien und weil sie Familie hätten, die man nicht noch zusätzlich belasten dürfe. Das, was ich in meiner Familie erlebe, erlebe ich auch im Freundeskreis. Ich darf immer nur zuhören und für andere da sein. Aber selbst eine Not zu haben, das darf nicht sein. Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich stärker bin als der Rest der Welt? Das klingt jetzt richtig absurd, was ich jetzt schreibe aber es ist so: Ich fühle mich manchmal sogar schuldig, wenn es Kriege gibt in der Welt, ich fühle mich schuldig, wenn ich auf der Straße einen Obdachlosen betteln sehe oder wenn Menschen Hunger leiden, etc. Als ich klein war, hat mir meine Mutter eine Tüte Kleingeld von ihrem Gesparten geschenkt. Meine Mutter sagte, ich hätte das Geld daraufhin einem Obdachlosen geschenkt. Auch fühle ich mich schuldig, wenn ich Menschen nicht geholfen habe, wenn meine Hilfe gescheitert ist. Das kommt ja auch mal vor, wie z.B. das mit meiner Schwester, indem ich ihr die Sorgen nicht nehmen konnte. Die Gesprächsthemen sind immer belastet, so dass ich seit drei Jahren immer wieder mit neuen Anläufen versuche meine Grenzen zu setzen und ihr signalisiere, dass ich auch mein Leben habe, das bewältigt werden will. Ich fühle mich gezwungen, den Kontakt zu ihr abzubrechen, wenn der sanftere Weg nichts ändert und auch dieser Schritt macht mich zu einer Schuldigen. Gibt es aber wieder ein Neuversuch, dann geht der Kreislauf von neuem los. Sie hat Sorgen und ich habe für sie da zu sein. Und wenn sich ihre Sorgen vermehren, dann nur, weil ich ihr nicht geholfen habe. Wir waren jetzt ein halbes Jahr auf Abstand. Der Kontakt kam aber wieder vor ein paar Tagen kurzweilig zustande. Letzte Woche jammerte sie wieder und bat mich erneut um Hilfe. Ich hatte verneint, hatte ihr gesagt, dass ich JETZT keine Zeit hätte.
Heute habe ich sie angeschrien, was nicht meine Art ist: Sie habe sich Hilfe gesucht, im esoterischen Kreis und sie habe dort jedes Mal Geld bezahlen müssen. Natürlich war ich daran schuld. Ich war nicht für sie da. Da hat es bei mir ausgesetzt und habe sie angeschrien, so laut, dass ich mich selbst nicht verstehen konte, was ich schrie. Und daran merkte ich, wie sehr mich der Abbruch doch auch belastet hat. Ihre Kinder verhalten sich zu mir sehr distanziert. Die müssen das Gefühl haben, eine schreckliche egoistische Tante zu haben.
Meine Grenzen werden einfach nicht geachtet. Von wenigen Menschen.
Ich freue mich über einen Erfahrungsaustausch!
Gruß, Polarsternin
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_________________ "Wenn dir die Liebe winkt, so folge ihr". (K. Gibran) |
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Jenny Doe
Forums-Gruftie


536
BRD W, 39
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Sun, 29.Oct.06, 13:12 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Hallo Polarsternin!
| Quote: | | Meine Grenzen werden einfach nicht geachtet. |
Kommt mir sehr bekannt vor, was du schreibst. Ich kenne das auch von meiner jüngeren Schwester, die sich nur dann gemeldet hat, wenn es ihr dreckig ging, von meiner ewig angeblich kranken Mutter und auch von Freunden.
Zu lernen, Grenzen zu setzen, war ein mühsamer Lernprozess. Das, was ich für mich gelernt habe ist, dass ich klare Grenzen setzen muss und, dass ich konsequent sein muss. Wenn ich heute sage "Nein", morgen aber "ja" sage, nimmt mich keiner ernst.
Des Weiteren habe ich gemerkt, dass es schwierig ist für andere Menschen, wenn sie plötzlich Grenzen gesetzt bekommen. Damit können die erst mal nicht umgehen und sagen nur: "Früher warst du anders, da warst Du lieb, einfühlsam, immer für mich da, ...."
Einige Feundschaften habe ich verloren, als ich Grenzen setze. Diese "Freunde" fanden schnell jemand anderes, mit dem sie das machen konnten, was sie zuvor mit mir gemacht haben. Meine Schwester gehört dazu. Auch von ihr habe ich nichts mehr gehört als ich ihr klar sagte, dass ich mich ausgenutzt fühle.
Für andere Menschen war das ein Lernprozess. Sie mussten lernen, sie innerhalb meiner Grenzen zu bewegen. Sie versuchten immer wieder drüber hinweg zu schreiten. Deshalb war Konsequenz wichtig.
Mein Tipp an dich: Sa Deiner Schwester kalr, wie Du Dich fühlst, wie es Dir geht, damit sie Dich verstehen lernt.
Es liegt an dir, Grenzen zu setzen und an Deiner Schwester, sie zu akzeptieren und zu respektieren.
Viel Glück!
Jenny
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_________________ Forum für falsche (induzierte) Erinnerungen, erfundener Missbrauch und Fehldiagnose DIS:
www.induzierte-erinnerungen.com |
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Kytera
Helferlein


58
5073 W, 30
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Sun, 29.Oct.06, 13:27 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Mir erscheint als einziger Ausweg von solchen Sitationen wegzukommen, die Stadt zu wechseln.
Ob dies immer gelingt..........?
Will man das selbst?
Will man selbst ein anspruchsvolles und anstrengendes Leben führen?
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_________________ Penso Positivo |
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Polarsternin
Forums-InsiderIn


185
Hamburg W, 35
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Sun, 29.Oct.06, 22:00 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Hallo Jenny,
nun, dann bin ich ja damit nicht alleine... .
Das mit den Grenzen setzen, da hast du recht. Ich übe schon seit ein paar Jahren. Ich habe damit ja nicht nur zu Hause Probleme. Das ist echt ein recht mühsamer Prozeß. Ich kenne Menschen, die rigoros Grenzen setzen, so möchte ich aber auch nicht sein. Ich suche noch so ein Zwischending.
Manchmal gelingt es mir schon, Grenzen zu setzen und ich erschrecke über die Heftigkeit.
Mit meiner Schwester habe ich schon mehrfach gesprochen, wie es mir geht und warum ich mich nciht ständig mich um ihre Sorgen kümmern kann. Ich sagte ihr, dass mich ihre Sorgen belasten... . Sie sieht das aber anders. Sie meint, dass ihre Probleme gar nicht so schlimm seien. Und sie sei nun mal so. Sie könne sich nicht ändern.
Sie respektiert meine Grenzen einfach nicht und mir bleibt wohl nur als Weg, den Kontakt auf Eis zu legen. Und dass ich das duchhalte, mich nciht schlecht dabei fühle, das hoffe ich nun..
Das mit den Grenzen ist so eine Sache. Mir fällt gerade ein Traum ein, den ich vor ein paar Tagen hatte und das Thema träume ich in Abständen immer wieder. In dem Traum wurde ich körperlich angegriffen, festgehalten, so dass ich mich aus den Klauen dieses Menschen nicht befreien konnte. Ich wehrte mich aber ich kam von ihm nicht los, bis ich ihm dann mein ganzes Geld versprach.
Vor etwa sechs Monaten träumte ich ähnliches, dass mich jemand körperlich betascht hat, meine Brüste und so. Er hat mich dabei festgehalten, ich war erschrocken und im Kampf sagte ich, dass er das lassen solle, und ich versuchte mich zu befreien, aber er ließ mich nicht los. So viel zu Grenzen setzen.
@Kytera,
ich wohne 15 Km von zu Hause entfernt, das Telefon kennt keine Entfernung.
Auf deine Frage hin, ob man selbst ein anspruchvolles und anstrengendes Leben führen möchte erinnert mich an Sigmund Freud, der die These vertrat, dass Frauen Sadisten seien, sie haben es gerne vergewaltigt zu werden und sie eben gerne leiden würden. Beantwortet das deine Frage?
Gruß, Polarsternin
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_________________ "Wenn dir die Liebe winkt, so folge ihr". (K. Gibran) |
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Ele
Helferlein


139
Deutschland, Hamburg W, 49
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Mon, 30.Oct.06, 0:37 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebe Polarsternin,
habe heute am frühen Abend schon eine lange Antwort geschrieben und obwohl ich eingeloggt war, kam nach dem Absenden der Hinweis "einloggen", da war der der Text nicht mehr zu finden.
Nun noch mal:
Es sind ja alte, eingeschliffene Rollen, die Du schon früh in Deiner Kindheit gelernt hast.
In eine andere Stadt zu ziehen, hilft wohl nicht viel, weil man sich und die Rollen ja mitnimmt, dann in anderen Beziehungen u.U. ähnliches erlebt.
Ich denke, dass hier auch ein Konflikt mit Dir selbst besteht - wie Du es plastisch beschreibst - Deine Schuldgfühle.
Wenn an sie gerührt wurde, konnten Deine Schwester oder andere Dich treffen und Du standest für sie zur Verfügung.
Welche Möglichkeiten sieht Du denn für Dich, Deine Schuldgefühle zu lösen - sie zunächst zu mildern ?
Kannst Du hierfür eine Legitimation fühlen ?
Meines Erachtens tut Du Deiner Schwester gar keinen Gefallen damit, ihren Problemschilderungen immer wieder zuzuhören.
So wie ich es vermute, wünscht sich Deine Schwester Kontakt, Aufmerksamkeit, Zuhören, Bestätigung und Trost.
Geduldiges und einfühlsames Zuhören und Resonanz finde ich ganz wichtig.
Doch soweit wieder und wieder die gleichen Probleme erzählt werden, wieder und wieder Jammern erfolgt - dann erfährt dieses die Aufmerksamkeit, das Zuhören, die Bestätigung - und weitere Verstärkungen.
So werden die Probleme wiederholt aufgeführt und erneut durchlitten.
Und es gibt anscheinend keine Lösungen.
Denn das Verhalten, so wie Du es beschreibst, wiederholt sich.
Auch wenn Du inwischen Grenzen setzt.
Deine Schwester braucht immer mehr.
Und Du kannst inzwischen nicht mehr - dabei kann man ja auch echt eingehen ...
So wie ich es in meiner Arbeit etc. erfahre, ist es wesentlich hilffreicher, die Menschen an ihre eigenen Kräfte zu erinnern und sie zu begleiten, Problemlösungen zu finden, die ersten Schritte diesbezüglich zu unternehmen - dieses zu verstärken finde ich wichtig.
So weit Du noch zu Deiner Schwester Kontakt pflegen magst, und sie Dir erneut Probleme erzählt, könntest Du sie an ihre Stärken erinnern (Beispiele zitieren) und sie fragen, wie sie ihre Probleme angesichts dieser Stärken lösen kann. Das Arbeiten an Lösungen und die Umsetzung ist schon ihr eigener Job, denke ich.
Meiner Erfahrung nach kann es hilfreich sein, für sich zunächst die Legitimation zu fühlen, in der Not Unterstützung bekommen zu dürfen - die alten Überzeugungen - bin ich den anderen dann lästig, ist es zu anspruchsvoll, mag mir keiner helfen, muss ich die Starke sein ... zu bearbeiten, zu lösen.
Und dann um Unterstützung zu bitten. Das ist mir mir zunächst in bestimmten Situationen sehr schwer gefallen bzw. fällt es teilweise noch.
Und ich habe auch erlebt, dass die Unterstützung gern gegeben wurde - je unbefangener ich mich dabei insbesondere hinsichtlich der Legitimation fühlte.
Ein Buch hat mir sehr geholfen: "Die neue Erde" von Eckhard Tolle
Mit liebem Gruß,
Ele
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_________________ Bevor Du anfängst, jemanden zu bewerten, laufe 30 Meilen in seinen Mokassins |
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Polarsternin
Forums-InsiderIn


185
Hamburg W, 35
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Mon, 30.Oct.06, 22:12 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebe Ele,
vielen Dank für deine so ausführliche Antwort.
Ich habe früher meine Schwester gestärkt, empathisch zugehört, etc. Und habe sie an ihre eigenen Stärken erinnert und hingeführt. Aber sie wurde immer abhängiger von mir. Oft rief sie mich an, nur um von mir eine Bestätigung zu erhalten, wie gut sie dies oder jenes macht. Und die Gespräche waren immer ellenlang. Das war so endlos. Mittlerweile bin ich nciht mehr empathsich, ich gehe gleich auf Abstand. Sie hatte bisher drei Therapien begonnen aber nie beendet. Die Die TherapeutInnen hatten das selbe beklagt. Auch sie kamen sich wie Mülleimer vor. Das hatte sie mir zu einer Zeit erzählt, wo ich noch nciht so auf Abstand war.
Wenn ich ihr sage, dass mich ihre Sorgen nachts verfolgen, mir quasi den Schlaf rauben, dann bekomme ich als Antwort, dass ich schließlich ihre Schwester sei, und es normal wäre, wenn ich mich um sie sorgen würde. Es ist ja nicht nur sie. Es ist ihre ganze Familie, über die ich deatilliert berichtet werde. Und meist wenig erfreuliches.
Wenn die TherapeutInnen an ihr versagen, die für ihren Job noch bezahlt werden, (mit bezahlen meine ich zudem auch, sie befinden sich in einem Setting, in einem Rahmen, der Grenzen steckt.), wie soll ich als Schwester das dann schaffen? Bei mir gibt es weder Setting, noch Rahmen, ich bin die Privartherapeutin, ich bin die Schwester, und da ist das aus ihrer Sicht selbstverständlich, wenn man sich ganz für sie hergibt.
Mit den Schuldgefühlen, damit hast du recht. Ich weiß noch nciht, wie ich sie ablegen kann. Wie gesagt, meine Vernunft weiß ja, dass ich nicht schuld bin an ihrer und an der Misere von Welt.
Ich arbeite noch dran.
P.S.: Du schreibst:
Meiner Erfahrung nach kann es hilfreich sein, für sich zunächst die Legitimation zu fühlen, in der Not Unterstützung bekommen zu dürfen - die alten Überzeugungen - bin ich den anderen dann lästig, ist es zu anspruchsvoll, mag mir keiner helfen, muss ich die Starke sein ... zu bearbeiten, zu lösen.
Ja, hier brinsgt du es auf den Punkt: Ich habe gelernt, immer stark sein zu müssen, und selber Schwächen zu haben, dafür gab es für mich keinen Raum. Aber es hat mich irgendwie doch auch zu einem starken Menschen gemacht, glaube ich. Aber ich bin nicht wirklich stark, nach außen hin nur. Schwach zu sein ist für mich etas Schlimmes, da mir meine Familie wieder spiegelt wie schwach sie doch ist.
Und dann um Unterstützung zu bitten. Das ist mir mir zunächst in bestimmten Situationen sehr schwer gefallen bzw. fällt es teilweise noch.
Und ich habe auch erlebt, dass die Unterstützung gern gegeben wurde - je unbefangener ich mich dabei insbesondere hinsichtlich der Legitimation fühlte.
Das ist schwer, weil ich nicht weiß, wie man das macht. Aber ich übe noch.
Sei lieb gegrüßt, Polarsternin
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_________________ "Wenn dir die Liebe winkt, so folge ihr". (K. Gibran) |
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Ele
Helferlein


139
Deutschland, Hamburg W, 49
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Mon, 30.Oct.06, 23:20 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebe Polarsternin,
meine Antwort war nicht so gemeint, dass Du Deiner Schwester helfen, sie Therapieren, es mit ihr schaffen musst, falls es so rüber kam.
Die Verpflichtung, sich zu helfen und hierfür erforderlichensfalls Unterstützung zu suchen, liegt bei Deiner Schwester.
Und ich denke, dass keine Verpflichtung besteht, so intensiv und so lange immer wieder zuzuhören - Müllcontainer zu sein.
Vielleicht ist es, weil Du in dieser Hinsicht schon so viel beansprucht worden bist, schon "Gewohnheitsrecht" geworden.
Auch, wenn es Deine Schwester ist, ich sehe da keine Verpflichtung, dass Du Dir Sorgen machst, Dich ganz hergibst, schlaflose Nächte hast.
Dein Verstand sagt Dir ja schon, dass es nicht realistisch ist.
Dein Gefühl schreit, Du beschreibst Aversionen.
Was sagt Deine innere Stimme - was für Dich gut ist, für Dich passt ?
Was ist Dir in dieser Situation das Liebste ?
Also wenn Du mal jetzt ganz ausschließlich Dich selbst siehst und für Dich selbst sprichst ?
Mit liebem und solidarischem Gruß,
Ele
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_________________ Bevor Du anfängst, jemanden zu bewerten, laufe 30 Meilen in seinen Mokassins |
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Kytera
Helferlein


58
5073 W, 30
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Tue, 31.Oct.06, 3:29 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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@Polarsternin
Deine Bemerkung in Zusammenhang mit dem alten Freud habe ich nicht ganz verstanden. Vor allem was den Punkt betrifft, dass man manchmal in eine andere Stadt übersiedeln kann, um gewissermaßen einen Druck wegzunehmen, der daher kommt, daß z.b. die Familie zu nah ist.
Wie gesagt, was das mit Sadismus und Vergewaltigung zu tun hat, erschließt sich mir nicht so ganz.
Mit einem anstrengenden Leben war ja gemeint, daß da viele neue Eindrücke auf einen zukommen in einer neuen Stadt.
Vielleicht Umzugsstreß, etwas Heimweh usw.
Das ist aber per se nicht gleich etwas negatives.
Manchmal muß das Leben anstrengend sein, damit man es spürt.
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_________________ Penso Positivo |
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Polarsternin
Forums-InsiderIn


185
Hamburg W, 35
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Tue, 31.Oct.06, 19:02 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebe Ele,
und Kytera (Kytera weiter unten)
danke für deine solidarischen Worte.
"Dein Gefühl schreit..." hast du total gut ausgedrückt. Es war in der Tat ein Schreien. Es begann mit lauten Worten, wo sich das dann in ein verballoses Schreien verwandelte. Ich glaube, ich habe den Schmerz und die Ungerechtigkeit aus mir rausschreien wollen. Der Schmerz mußte irgendwie raus. Sie hört mich nicht.
Auf deine Frage hin, was meine innere Stimme sagt, weiß ich leider nicht.
Frieden hätte ich gerne. Aber wie erlangt man den?
Und Akzeptanz, Respekt, Achtung.
Ich habe heute mit meinem Therapeuten darüber gesprochen. Das hat mich sehr viel Überwindung gekostet. Dieses Problem begleitete mich nämlich schon in anderen Therapien aber ich bin nie ernst genommen worden. Ich wirke immer so stark, so dass mir bisher nicht richtig geglaubt werden konnte, wie sehr mich meine Schwester belastet.
Ich fühlte mich von meinem jetzigen Therapeuten sehr ernst genommen. Irgendwie schafft er das, hinter die Fassade zu schauen... . Auch wenn ich lächle, stark und freundlich wirke, glaubt er mir meine Probleme.
Vielelicht muß man ja nicht gleich eine Lösung finden. Weil man durch die Therapie noch im Prozeß steckt.
Hast du es geschafft? Darf ich fragen?
Mit lieben Grüßen, Polarsternin
Liebe Kytera,
schwierige Dinge zu formulieren können sehr missverständlich ausgedrückt und auch aufgefasst werden. Aber jetzt weiß ich ja wie du das gemeint hast.
Aber ich muß auch Ele zustimmen, dass Umzug die Probleme nicht wirklich lösen würde. Außerdem sehe ich meine Schwester sehr, sehr selten. Alles läuft über das Telefon ab. Ich müßte dann schon das Telefon abstellen. Dann grenze ich nicht nur sie aus, sondern auch andere Kontakte.
Liebe Grüße, Polarsternin
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_________________ "Wenn dir die Liebe winkt, so folge ihr". (K. Gibran) |
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hope62
Forums-Gruftie


505
am See W, 45
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Tue, 31.Oct.06, 19:45 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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polarsternin schrieb:
| Quote: | | Außerdem sehe ich meine Schwester sehr, sehr selten. Alles läuft über das Telefon ab. Ich müßte dann schon das Telefon abstellen. Dann grenze ich nicht nur sie aus, sondern auch andere Kontakte. |
Liebe Polarsternin,
ich glaube nicht, dass Du das Telefon abstellen mußt. Du mußt Deiner Schwester sagen, dass Du nicht möchtest. Und Du mußt es aushalten können, dass Sie Dir Vorwürfe macht und Du trotzdem "nein" sagst.
Liebe Grüße hope62
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Ele
Helferlein


139
Deutschland, Hamburg W, 49
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Wed, 01.Nov.06, 0:51 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebe Polarsternin,
danke für Deine Antwort.
Ja Frieden, wie erlangt man den.
Ich denke, wenn die inneren Konflikte gelöst sind, so dass das, was von außen begegnet, nicht mehr so tangiert - keine "Rezeptoren" mehr findet.
Und die inneren Konflikte können wohl am besten gelöst werden, wenn man mit sich selbst gut Freund ist, den Kontakt zu sich selbst findet, aufhören kann, sich selbst zu bewerten bzw. schon merkt, wenn all dieses gerade nicht so ist, dann innehält.
Und so wie ich es glaube, wenn man mit den höhren Kräften oder dem Göttlichen oder wie man es nennen mag, verbunden ist.
Dass Du heute Deinem Therapeuten darüber gesprochen hast, finde ich sehr mutig.
Deine Stärke hast Du bestimmt und das heißt ja nicht, dass es daneben keine Schwächen geben darf.
Deine Frage - hast Du es geschafft - kannst Du mir die erklären, wie Du es meinst ?
Vorab: geschafft habe ich, es zu merken, wenn ich nicht bei mir bin, wenn ich keinen Kontakt mehr habe. Damit löst sich schon einiges.
Und es gelingt mir besser, aus den Zuständen von Verzweiflung, die es noch gibt, zu finden.
Manchmal hilft einfach eine Erkenntnis, ohne nun gleich eine Lösung parat zu haben und es ändert sich - wie Du schreibst durch Prozesse - ob nun in einer Therapie oder ohne.
Eine Frage noch, ist Deine Schwester nun älter oder jünger als Du ?
Du schreibst am Anfang, dass sie 2 1/2 Jahre älter ist, und dann, dass Du im Alter von 6 Jahren auf sie aufpassen musstest.
Mit liebem Gruß,
Ele
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_________________ Bevor Du anfängst, jemanden zu bewerten, laufe 30 Meilen in seinen Mokassins |
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Polarsternin
Forums-InsiderIn


185
Hamburg W, 35
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Wed, 01.Nov.06, 19:11 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Liebe Ele,
liebe Hope2 (weiter unten),
da muß ich wohl in Gedanken gewesen sein. Ich wollte sagen, dass ich 2,5 Jahre älter bin als sie. Vielleicht war das aber auch ein freudscher Versprecher. Ich mußte zwar als ältere auf sie aufpassen, aber außerhalb meiner Pflichten wurde sie von meiner Mutter immer so gestärkt, als sei sie älter als ich. Meine Schwester hatte mehr Rechte, und in Konfliktsituationen zwischen ihr und mir wurde meine Schwester von meiner Mutter immer gestützt, so dass ich mich immer unterzuordnen hatte. u.a.
Gestern rief mich meine Schwester an und bat um Kontakt. SIe sagte, dass sie mir keine Vorwürfe machen wollte, sie eben derzeit vor Veränderungen stehen würde, und einige andere Probleme schon wieder, die m. E. ihr Verhalten rechtfertigern sollte. Sie fragte mich, nachdem ich nichts darauf erwiderte, ob ich denn annehmen würde.
Naja, so weit eben.
Liebe Hope,
das ist wohl wahr, die von mir gesetzten Grenzen auch aushalten können, die Reaktion mienes Gegenüberübers auszuhalten. Das ist mein Anteil, den ich lernen muß.
Euch liebe Grüße, Polarsternin
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_________________ "Wenn dir die Liebe winkt, so folge ihr". (K. Gibran) |
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rainyday
Forums-InsiderIn


159
below the waves W, 27
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Wed, 01.Nov.06, 22:20 Re: Ich fühle mich ausgenutzt |
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Hallo Polarsternin,
schön, dass du auf dem richtigen Weg bist. Für das Verhalten deiner Eltern gibt es eine Diagnose: Parentifizierung. Meine Mutter ist auch parentifiziert und sie hat mit mir als Kind dasselbe versucht. Ich habe mich dem verweigert, wollte nicht die "Große", "Vernünftige" sein.
Folge: Frustration seitens meiner Mutter und der Eindruck, ihre Älteste sei "schwer erziehbar". Ich kenne also die andere Seite der Medaille und mein Verhalten hat sich somit auch umgekehrt zu deinem entwickelt: ich sage pauschal erstmal NEIN und überlege dann, ob ich nicht doch will
Eigentlich ist es ja positiv, wenn deine Schwester wieder Kontakt sucht. So hast du die Möglichkeit ihr klarzumachen, dass du nur Hilfe zur Selbsthilfe geben kannst, so wie du es auch in deinem Job machst. Du hast geschrieben, sie meinte mal, ihre Probleme seien gar nicht so schlimm. Nun denn: es ist offenbar nur eine schlechte Angewohnheit von ihr, dich als Kummerkasten zu benutzen. Es wird Zeit brauchen bis sie einsieht, dass es nicht so weiterlaufen wird.
Wünsche dir ganz viel Kraft zum Neinsagen!!!
Liebe Grüße Rainyday
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