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Gerbera
Helferlein


105
NRW W, 55
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Sun, 12.Nov.06, 21:46 Scheu vor zu nahen Freundschaften |
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hallo,
ich sitze hier und siniere, warum ich mich immer sofort zurückziehe, wenn Bekanntschaften / Freundschaften mir zu nahe kommen, bzw. warum ich das so enpfinde.
Beispiel: ich war in einem Gesprächskreis u.habe mich da wohl gefühlt. dann sagte jemand: schön dass du heute abend da bist - und schon hatte ich nächste Woche einen Grund gefunden, nicht mehr hinzugehen.
ich würde mich gerne öfter mit meiner Freundin treffen. wenn wir uns zufällig in grösseren Abständen treffen, macht mir das nichts aus, aber wenn es z.B. regelmässig monatlich einmal wäre, dann bekomme ich schon Probleme, es wird mir zu nah.
ich kann das schlecht erklären, es hört sich auch bescheuert an.
wenn die Situation für mich in Ordnung wäre, wäre ja nichts dagegen zu sagen, aber es macht mich selbst traurig und wütend, dass ich so bin.
was mich in diesem Zusammenhang am meisten wundert und freut ist, dass ich mit meinem Mann schon so lange in einer nahen und liebevollen Weise zusammen bin.
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_________________ Gruß Gerbera |
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78910
Forums-InsiderIn


304
schweiz W, 36
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Sun, 12.Nov.06, 22:09 Re: Scheu vor zu nahen Freundschaften |
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| Gerbera wrote: | hallo,
ich sitze hier und siniere, warum ich mich immer sofort zurückziehe, wenn Bekanntschaften / Freundschaften mir zu nahe kommen, bzw. warum ich das so enpfinde.
Beispiel: ich war in einem Gesprächskreis u.habe mich da wohl gefühlt. dann sagte jemand: schön dass du heute abend da bist - und schon hatte ich nächste Woche einen Grund gefunden, nicht mehr hinzugehen. |
vielleicht bist du misstrauisch zu den Leuten gegenüber.Du hast etwas angst.
| Quote: | ich würde mich gerne öfter mit meiner Freundin treffen. wenn wir uns zufällig in grösseren Abständen treffen, macht mir das nichts aus, aber wenn es z.B. regelmässig monatlich einmal wäre, dann bekomme ich schon Probleme, es wird mir zu nah.
ich kann das schlecht erklären, es hört sich auch bescheuert an.
wenn die Situation für mich in Ordnung wäre, wäre ja nichts dagegen zu sagen, aber es macht mich selbst traurig und wütend, dass ich so bin. | du brauchst dich nicht wütend zu sein,das ist Deine charakter.meine ist auch so. Es braucht halt zuverdauen.
es wäre für mich auch stress,wenn ich ständig immer den selben Leuten treffen würde.man braucht auch für sich Zeit allein zu sein.
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Katl
Helferlein


140
W, 42
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Tue, 14.Nov.06, 13:25 Re: Scheu vor zu nahen Freundschaften |
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Liebe Gerbera!
Diese Problematik kommt mir auch bekannt vor.
Sicherlich hat es etwas mit Erfahrungen von früher zu tun. Hattest du in deiner Kindheit so richtig gute Freunde? Wenn ja, haben diese Freundschaften lange gehalten oder sind sie vielleicht an irgendeinem Punkt kaputt gegangen?
Dann kommt es sicherlich auf die Verarbeitung der Trennung in deinem Inneren an. Empfindest du Schuldgefühle? Hast du evtl. Angst, du könntest wieder verlassen werden, willst dich also vor einer erneuten Enttäuschung schützen?
Wie ist es in deiner Ursprungsfamilie? Fühltest du dich immer geliebt, so wie du bist, warst du ein "sicher gebundenes Kind", oder hattest du da Zweifel.
Ich selbst habe manchmal Angst, dass ich in einer Freundschaft dem anderen gar nichts bedeuten kann. Fühle mich minderwertig, uninteressant, glaube, ich habe nichts zu sagen, was den anderen interessiert, nichts zu "geben". Einerseits spüre ich eine große Sehnsucht, gute Freunde zu haben, auch, irgendwie dazuzugehören, andererseits ist da eine Angst, sich zu sehr darauf einzulassen und dann doch wieder alleine dazustehen...
(Bin übrigens ein Scheidungskind, was vielleicht auch seinen Teil zu dieser Sensität beitrug). Auch ich bin in meiner Partnerschaft eng mit meinem Mann verbunden, aber außerhalb dieser Beziehung lassen wir zu wenig Leute an uns heran, was mir oft schmerzlich bewusst wird.
Sind so meine Gedanken zum Thema. Liebe Grüße. Katl
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Gerbera
Helferlein


105
NRW W, 55
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Tue, 14.Nov.06, 23:08 Re: Scheu vor zu nahen Freundschaften |
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Hallo Katl,
du hast es viel besser ausgedrückt, was ich sagen wollte.
es beschreibt sehr gut meine Gefühle.
Ja, es kann sein, dass es aus der Kindheit herrührt. Ich habe eine gute Familie, da kann ich nicht klagen. ich war als Klein- und Schulkind immer sehr viel bei meiner Oma, ca. 300 km entfernt, hatte also hier und dort ein zu Hause. da ich die älteste von 7 Geschwistern bin war sehr häufig noch ein Baby da. Meine Mutter/Eltern haben sich immer nur um uns Kinder gekümmert (und es war wesentlich aufgeräumter als bei mir heute). vielleicht hatte ich dadurch das Gefühl, dass keiner richtig Zeit und Interesse für mich hatte. ich habe schon immer viel gelesen und konnte und kann mich total darin versenken. manchmal glaube ich, ich habe mich darin/dahinter versteckt. was ich gelesen habe, spielte keine so große Rolle (am liebsten Abenteuergeschichten, keine "Mädchenbücher"). ich glaube, da gab es meinerseits eine Menge Eifersucht u. weil ich die nicht zeigen konnte/durfte, habe ich mich total zurückgezogen. immer so gelebt, dass ich nicht auffiel - weder positiv noch negativ.
ich hatte als Kind nur wenige Freundinnen, wir gingen zusammen zur Schule, aber nachmittags waren wir nicht zusammen, auch nicht immer in den Pausen. irgendwie schwebte immer so "die mit den vielen Kindern" über uns. als wir größer waren, wurde es besser. manches Einzelkind beneidete mich manchmal weil meine Mutter immer da war und wir immer jemand zum spielen hatten. ich denke auch gerne an diese zeit zurück und wir haben auch heute noch ein gutes Familienklima, mit den Geschwistern (u. z.T. deren Familien) meiner Mutter, meinen Geschwistern und deren Familien, von daher habe ich keinen Grund, mit allein-sein-Gefühlen zu Hause zu sitzen.
und doch sind da noch "unerledigte Gefühle" aus der Kindheit, mit denen ich mich auseinandersetzen will.
Heute Nachmittag bin ich eine Stunde spazieren gegangen und habe zum Teil laut über alles mögliche nachgedacht. das will ich jetzt öfter machen, weil ich mir wirklich mehr klar darüber werden will, was ich will.
vielleicht ist es ja auch so okay, wie es ist.
ich möchte aber nicht vorm Fernseher oder PC sitzend alt werden.
ich möchte versuchen, eine Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden und - ausser natürlich mit m.Mann zusammen, sowohl einiges alleine machen (ich kann gut mit mir alleine sein) als auch einiges mit anderen zusammen machen, z.B. wandern, mit meiner Freundin shoppen gehen od. ähnliches.
manchmal muß man es hinschreiben/aussprechen, um sich über unklares klar(er) zu werden.
Grüsse auch an 78910
Danke für deine Zeilen Katl
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_________________ Gruß Gerbera |
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Katl
Helferlein


140
W, 42
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Wed, 15.Nov.06, 8:48 Re: Scheu vor zu nahen Freundschaften |
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Liebe Gerbera,
| Gerbera wrote: | | ...ich war als Klein- und Schulkind immer sehr viel bei meiner Oma, ca. 300 km entfernt, hatte also hier und dort ein zu Hause... Meine Mutter/Eltern haben sich immer nur um uns Kinder gekümmert (und es war wesentlich aufgeräumter als bei mir heute). vielleicht hatte ich dadurch das Gefühl, dass keiner richtig Zeit und Interesse für mich hatte. |
Da wird wohl der Hund begraben sein...Es ist bestimmt schwer machbar, sich bei vielen Kindern um alle ausreichend intensiv zu kümmern. Und wenn dann noch ein gewisser Perfektionsanspruch an den Haushalt bei deiner Mutter vorhanden war (bei meiner neben der Vollzeitarbeit genauso!!), dann kann es ja gut sein, dass wenig Raum für Gespräche zu deinen Gedanken und Gefühlen war.
Genau wie du habe ich extrem viel gelesen, mich also nur mit mir selbst beschäftigt, worüber die Eltern jedoch eher meckerten, als das sie es förderten.
Ich bin die ersten 4 Lebensjahre von meiner Oma betreut worden, die auch einen totalen Putz- und Ordnungswahn hatte. Immer war bei uns zu Hause nur die äußere Fassade wichtig, die Gedanken und Wünsche der Kinder spielten nie eine Rolle. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mal jemand mit mir gespielt hat. Die einzige Erinnerung sind die Sonntagsspaziergänge mit den Eltern, wo wir Kinder immer brav einige Meter vorneweg zu laufen hatten. Also alles andere als kindgemäss.
Durch zahlreiche Umzüge wurden Freundschaften auch immer wieder getrennt.
Du glaubst, dass du eine schöne Kindheit hattest. So ging es mir auch bis vor kurzem. Ich habe immer alles idealisert, wollte die Probleme wegdenken. Habe mir eingeredet, dass meine Mutter immer für mich da war, bloss weil sie mir die Schulstullen liebevoll schmierte.
Doch nun sehe ich alles viel deutlicher und mir wird der enorme Einfluss dieser Entwicklung auf mein heutiges Selbst bewusst.
Liebe Grüße. Katl
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Gerbera
Helferlein


105
NRW W, 55
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Wed, 22.Nov.06, 10:34 Re: Scheu vor zu nahen Freundschaften |
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es ist schon komisch, dass einen Erinnerungen und Gefühle aus Kindertagen heute noch beschäftigen, belasten und bei vielem mitbestimmen.
meine Kindheit war in Ordnung - wenn ich hier (u.anderswo) im Forum lese, was einige erlebt haben, dagegen ging es mir super. trotz der Geschwister mußte ich kaum zu Hause helfen und meine Eltern waren auf ihre Weise immer für uns da. Nur weil ich mir mehr deutliche Zuwendung zu mir gewünscht hätte, kann ich nicht sagen, dass ich mir die Kindheit "schön-geredet" hätte.
Was mich wesentlich mehr belastet ist, dass ich mich meinen Kindern gegenüber genauso verhalten habe! ich konnte ihnen auch nicht die Zuwendung und Zärtlichkeit geben, die sie sich vielleicht von mir gewünscht hätten. Ich habe mal mit meinen Söhnen darüber gesprochen aber sie konnten dazu nichts besonderes sagen. Vielleicht denken Jungen anders darüber? Vielleicht war es auch noch zu früh dafür? Vielleicht fällt es ihnen erst in ein paar Jahren auf? Vielleicht kann/konnte ich es später ausgleichen, als sie größer wurden?
Vielleicht ist man auch erst in den letzten Jahrzehnten auf die Idee gekommen, dass man Ansprüche an Eltern stellen konnte bzw. kann ?
Früher, als es noch kaum Verhütungsmittel gab, jedenfalls nicht so wie heute die Pille z.B., da kamen eben die Kinder und man mußte sehen, wie man damit klar kam. Ausserdem machte man den Kindern klar, dass sie den Eltern dankbar zu sein hatten und für sie zu sorgen hatten.
In manchen Kulturen ist das ja heute noch so. Und sie (die Kinder) hatten von Anfang mitzuhelfen, mitzuarbeiten - da ist nichts mit 'die armen Kinder' oder so. Das ist dann das andere Extrem.
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_________________ Gruß Gerbera |
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