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schwarze_perle
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Post Sat, 25.Nov.06, 10:52      Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Ich hoffe, dass ich hier in der „richtigen Abteilung“ schreibe.

Wie soll ich anfangen?
Seit ca. 1/2 Jahr habe ich mich ziemlich verändert. Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich abends oft mit Freunden unterwegs gewesen, Kino, Kneipe, Billard oder einfach am Wochenende gemeinsame DVD-Abende gestaltet etc. pp.

Ich war in der Hauptsache auch immer Ansprechpartnerin für meine Freunde; zu jeder Tages- und Nachtzeit. Rückblickend haben einige das ganz gut ausgenutzt und kommen nun anscheinend mit meinem Rückzug nicht klar.

Zum besseren Verständnis: meine Großmutter, bei der ich aufgewachsen bin und die, seit ich denken kann, psychisch krank ist (Schizophrenie), ist erneut schwer erkrankt – vor eben ca. einem halben Jahr.
Diese Zeit hat mich unglaublich viel Kraft gekostet > neben Job, Studium und Freundschaften.

Mittlerweile haben der behandelnde Arzt, meine Großmutter und ich eine langfristige Lösung gefunden = spezielles Pflegeheim für ältere, psychisch kranke Menschen (Umzug steht noch aus, meine Großmutter befindet sich vorübergehend im Landeskrankenhaus).

Ich muss dazu sagen, dass ich die einzige Angehörige bin (die sich kümmert). Meine Mutter will mit ihrer Mutter nichts zu tun haben und die Männer sind bereits „alle weggestorben“.

Dieses vergangene 1/2 Jahr hat mich sehr viel Kraft gekostet, weil meine Großmutter mir die volle Verantwortung für ihr Leben „aufgedrückt“ hat. Ich hatte in der Zeit einen ziemlich heftigen Nervenzusammenbruch; darauf habe ich sofort gehandelt und eine Kurzzeittherapie begonnen.

Jetzt komme ich aber zum „springenden Punkt“. Meine Freunde also kennen mich immer nur als starke und lebenslustige Person.

Meine engeren Freunde/Bekannte haben die Geschichte mit meiner Großmutter mitbekommen und auch gesehen, dass es mir zunehmend schlechter ging.
Trotzdem sind sie immer wieder mit ihren Beziehungs- oder sonstigen Problemen zu mir gekommen.
Ich habe auch signalisiert, dass ich momentan selbst keine Kraft mehr habe, anderen zu helfen. Ich gehöre zu den Menschen, die sich von allem zurückziehen und ihre Probleme gerne mit sich selbst ausmachen.
Meine Leute akzeptieren das aber nicht und rennen mir förmlich hinterher. Aber nicht um mit mir über meine Situation zu sprechen, sondern um ihre Probleme, ich sage das jetzt ganz bewusst, bei mir „abzuladen“.
Meine langjährige beste Freundin hat mir letztens vorgeworfen, ich sei die schlechteste Freundin, die sie je gehabt habe, weil ich mich während ihrer Schwangerschaft nicht um sie gekümmert habe. Mein langjähriger Kumpel ruft ständig an oder schreibt mir Sms, dass es mit seiner Freundin im Moment so kompliziert sei und er meine Hilfe brauchen würde.

Ich verstehe das einfach nicht. Ich fühle mich irgendwie nicht ernst genommen. Wie oft habe ich den Leuten gesagt, dass ich momentan keine Power habe und mich gerade einfach nur zurückziehen möchte um zur Ruhe zu kommen. Mein Alltagsleben ist mehr als stressig und ich habe momentan ziemlich viele Behördengänge bzgl. der Unterbringung meiner Großmutter abzuwickeln.

Vielleicht sehe ich jetzt auch den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber ich verstehe einfach nicht, dass die Leute mich nicht mal in Ruhe lassen können bzw. mich mit ihren Problemen einfach mal in Frieden lassen können?

Jetzt die eigentliche Frage: ist mein Verhalten wirklich so egoistisch? Muss ich auf biegen und brechen für meine Freunde da sein? Kann/darf ich nicht auch erwarten, dass meine Probleme und mein Umgang damit (Rückzug) akzeptiert wird?

Was kann ich noch tun? Ich habe schon darum gebeten, dass sie mich einfach mal in Ruhe lassen sollen. Anstatt dessen hagelt es momentan Vorwürfe von allen Seiten.

Ratlose Grüsse
Schwarze Perle
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Eve12
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Post Sat, 25.Nov.06, 17:11      Re: Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Hallo schwarze Perle!

Hier meldet sich jemand, der ähnlich fühlt und handelt wie Du. Auch ich reagiere auf sehr viel Stress, beruflich oder emotional, häufig mit Rückzug - weil ich den einfach brauche, wie ich meine, um aufzutanken. Sicherlich nicht nur, aber auch. Ich finde eigentlich am meisten in der Ruhe allein mit mir selbst die Kraft, die ich zum Leben - Überleben oft - dringend benötige.

Aber auch meine Freunde und Verwandten haben wenig Verständnis für dieses "Rückzugsverhalten". Ich kann es trotzdem nicht ändern, will es wohl auch nicht.

Ich versuche allerdings, wenn sie mir signalisieren, mich zu brauchen, doch da zu sein, zumindest für ein Gespräch; vielleicht weniger oft und eventuell nicht so lange, wie sie es möchten, aber eben dann schon, um zu helfen.

Einmal liegt mir ja an Ihnen, und ich helfe gern. Zum anderen kann es geschehen, dass auch ich dringend ihre Anwesenheit und ihre Gegenwart mal brauche - und auch erwarte! - und dass sie dann nicht zu Unrecht darauf verweisen könnten: "Du hast auch keine Zeit für uns gehabt, als damals das und das war..."

Das Argument, dass ich es nicht schaffe, für sie da zu sein, weil es mir selbst schlecht geht, ist nicht ganz echt, meine ich. Es ist wohl mehr der Unwille, sich mit den Problemen der anderen auch noch auseinanderzusetzen, wenn ich nicht gut drauf bin. Das allein sollte aber bei echter Freundschaft bzw. Liebe nicht der Fall sein. Ich muss mir das allerdings an entsprechender Stelle hier und da selbst wieder ins Gedächtniss rufen.

Gruß, Eve
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Novalia
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Post Tue, 28.Nov.06, 18:30      Re: Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Hallo schwarze Perle,

ich bin der Meinung, dass du von deinen Freunden schon erwarten kannst, dass sie es akzeptieren, wenn du keine Zeit/Kraft für sie hast.

Es ist doch so:
Wenn deine Freunde Probleme haben, bist du für sie da und versuchst ihnen zu helfen.
Dann darfst du doch von ihnen erwarten können, dass sie das selbe für dich tun, oder?
Das bedeutet in deinem Fall eben, dass sie dir die Zeit geben, die du brauchst, um mit deinen Problemen klarzukommen.
Meiner Meinung dürfen einem Freunde nicht die Kraft nehmen, die man braucht um das eigene Leben zu meistern.

Und manchmal tut es auch gut mit jemandem über Dinge zu reden, die einen Kraft kosten. Auch wenn es schwer fällt.
Vielleicht findest du ja jemanden, der dir auch mal zuhört Wink

Liebe Grüße und ganz viel Kraft

wünscht dir

Novalia
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schwarze_perle
Helferlein
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Post Fri, 08.Dec.06, 18:10      Re: Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Hallo,

erstmal vielen Dank für die Antworten von NOVALIA und EVE12.

Ich habe ein wenig reinen Tisch gemacht und mit meinen Freunden offen über die Situation gesprochen. Es hat geholfen und ich war kurz davor wieder aufatmen zu können, bis die Geschichte einen völlig unerwarteten Lauf genommen hat:

Die "Kinder" des Ex-Lebensgefährtens meiner Großmutter haben mich angerufen und mir bittere Vorwürfe gemacht, dass ich meine Großmutter habe "entmündigen" lassen und ich das wieder rückgängig machen solle.

Meine Großmutter hat eine gesetzlich bestellte Betreuerin und ist in einem Pflegeheim für psychisch kranke Menschen untergebracht. Sie war auch von der Idee angetan und jetzt will sie wieder alles ganz anders; das habe ich schon fast geahnt.

Nur womit ich nicht gerechnet habe ist, dass Leute, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, mir Vorwürfe machen und vor allem waren diese während der vergangenen Monate nicht einmal da und haben sich gekümmert.

Was soll ich sagen? Ich bin fix und fertig mit den Nerven. Als herzloses und egoistisches Miststück beschimpft zu werden ist heftig. Ich bin echt ratlos und auch sprachlos.

Sorry, für mein Geschreibsel, ich bin ziemlich durch im Moment und verstehe die Welt nicht mehr. Warum sind Menschen so?

Ich habe mein Studium abgebrochen, um meiner Oma zur Seite stehen zu können; das alles interessiert diese Leute nicht.

Meine Oma wirft mir nun auch vor, sie abgeschoben zu haben.

Wie würdet ihr damit umgehen?

Sehr verzweifelte und traurige Grüße

schwarze Perle
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iMage
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Post Fri, 08.Dec.06, 23:44      Re: Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Liebe schwarze Perle,

lass dich nicht entmutigen!
Du hast alles richtig gemacht. Diejenigen, die sich darüber beschweren, haben doch, wie du selbst gesagt hast, keinen Strich getan. Also lass sie reden... Ich kann mir vorstellen, wie schwierig es ist, mit ungerechtfertigten Vorwürfen umzugehen, aber lass dich nicht unterkriegen! hug

Was deine Oma angeht - das ist so grausam, aber du kannst nichts machen.
Meine Oma kann nicht mehr laufen, und weil sie im ersten Stock gewohnt hat, war es unmöglich, sie zu versorgen. Meine Eltern sind beide berufstätig, und es bestand keine Möglichkeit, sie bei uns zu behalten. Also kam sie mit eigenem Einverständnis in ein Altenheim bei uns um die Ecke, wo mindestens alle zwei Tage jemand vorbeikam, um sie zu besuchen.

Nachdem sie aber zunehmend unter Altersdemenz leidet, kann sie sich nicht mehr daran erinnern, dass sie dem zugestimmt hat, sondern beschuldigt uns, sie abgeschoben zu haben. Das tut weh!

Insofern kann ich gut nachvollziehen, was du gerade durchmachen musst.
Aber gibt nicht auf! Auch du hast ein Recht auf dein Leben - und musst auch an dich denken! Vermutlich weißt du das selbst, aber manchmal hilft es, das auch von anderen gesagt zu bekommen Smile.

Nimm dein Studium wieder auf, besuch deine Oma sooft du kannst, aber lass dich nicht beirren. Keiner kann dir einen Vorwurf machen, wirklich nicht. Du darfst dich nicht für andere aufopfern!

Aber das, was du schreibst, macht mich ein bisschen nachdenklich. Hast du öfter die Tendenz, dich für andere aufzuarbeiten? Mehr anderen zu helfen, als selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen? Sagt dir Co-Abhängigkeit etwas? Vielleicht interessiert dich folgender Link:

http://smith.soehd.csufresno.edu/codependence.html

Wie auch immer, ich denke jedenfalls, du hast dir wirklich nichts zuschulden lassen kommen. Kopf hoch!

ok
alles Liebe, und ganz viel Mut zu deinen Entscheidungen zu stehen

iMage
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schwarze_perle
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Post Sat, 09.Dec.06, 9:28      Re: Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Liebe iMage,

vielen lieben Dank für Deine aufbauenden Worte.

Meine Freunde sagen mir genau dasselbe und deshalb macht es mich so unglaublich traurig/wütend/fertig (alles auf einmal) dass wildfremde Menschen mir solche haltlosen Vorwürfe machen.

Diese Tochter hat mich gestern nochmal angerufen. Ich habe ihr gesagt, dass ich kapituliere und sie machen soll, was sie für richtig hält und viel Spaß dann noch mit meiner Großmutter...

Ich hab solange darum gekämpft, dass sie sicher unterkommt und eine Betreuung erhält, da sie ziemlich viel Mist gebaut hat: Männer aus Partnerschaftsinseraten nachhause eingeladen, Kaufverträge abgeschlossen, nur mit Unterwäsche bekleidet zu Nachbarn gegangen...

Objektiv gesehen, weiß auch ich, dass mir die Meinung solcher Menschen schnurzegal sein sollte. Aber jetzt gerade dachte ich mal an aufatmen und dann gehts direkt verschärft weiter.

Zu Deiner Frage ob ich die Tendenz habe, mich für andere aufzureiben.

Jein!

Bis vor zwei, drei Jahren war das bei mir extrem ausgeprägt. Ich mache seit ca. 2 Monaten eine Kurzzeittherapie, in der genau das auch Thema ist. Ich habe schon vorher von mir aus auf die Bremse getreten, weil ich gemerkt habe, dass manche mit mir umgehen, als sei ich ein Selbstbedienungsladen.

Mittlerweile kann ich auch mal gut nein sagen oder mich einfach zurückziehen, ohne schlechtes Gewissen.

Der einzige Mensch, der es aber immer wieder schafft, mich fertig zu machen ist meine Großmutter (die mich gestern bitter beschimpft hat).

Aber iMarge, Du scheinst das ja auch zu kennen. Jetzt will sie nichts mehr von ihrer Zustimmung wissen und ich habe sie gezwungen etc. pp.

Ganz ehrlich: Soll diese selbsternannte Mutter Teresa mal versuchen, die Betreuung rückgängig zu machen und sich selbst um meine Oma zu kümmern. Die beiden haben schon vereinbart, dass meine Oma in die Familie dieser Frau zieht...

Ich hab keinen Bock mehr. Damals konnte ich nie verstehen, dass meine Mutter sich so von ihrer Mutter entfernt hat, jetzt hab ich es verstanden.

Ich lebe jetzt mein Leben, ich habe jahrelang versucht alles richtig zu machen und jetzt wo das Gerüst steht, kommen andere Menschen und zerschlagen es wieder.

Entschlossene Grüße
schwarze Perle
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Elysium1980
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Post Sat, 09.Dec.06, 16:55      Re: Ich ziehe mich von meinem Freunden komplett zurück Reply with quoteBack to top

Hallo schwarze_Perle,

Die meisten Menschen sind Gewöhnungstiere. Deine Freunde waren es einfach gewöhnt, bei Dir offene Türen einzurennen, wenn Sie Probleme hatten. Das war schon immer so.

Jetzt hast Du selbst Probleme und brauchst jemanden, der Dich aufbaut bzw. überhaupt mal Zeit nur für Dich. Du zeigst Deinen Freunden eine neue Seite an Dir, die Sie vorher nicht kannten Und einige sind dadurch natürlich verunsichert oder überrascht.

Versuch Ihnen nicht nur einfach zu signalisieren, das Du jetzt keine Zeit für Sie hast und diese Zeit für Dich selbst brauchst, sondern sag es Ihnen auch direkt. Erklär Ihnen Deine momentane Situation, damit Sie sich darauf einstellen können.

Und dann... nimm Dir auch die Zeit, die Dir zusteht Smile


Viel Kraft und Erfolg !
Elysium

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Nie vor charakterlosen Menschen kapitulieren !
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