Emotional Instabil: DBT oder Tagesklinik? Selbstregulationshilfe

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silversoul
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Emotional Instabil: DBT oder Tagesklinik? Selbstregulationshilfe

Beitrag Mo., 23.08.2021, 17:05

Hallo liebe Mitlesende,

ich lese bereits seit einigen Monaten still mit und konnte mir durch eure Beiträge einen gewissen, wenn auch oberflächlichen, Halt verschaffen, vor allem weil ich mich in einigen eurer "Geschichten" wiedergefunden habe. Also danke dafür.

Ich hoffe ich schreibe gleich nicht zu viel..

Ich bin seit Ende letzten Jahres in einer tiefenpsychologisch ausgerichteten Therapie, die ich in erster Linie aufgrund von Depressionen aufgesucht habe, welche mir dann auch durch meinen Therapeuten als schwere depressive Episode diagnostiziert wurde. Darüber hinaus litt und leide ich unter meinen starken Stimmungsschwankungen, die ich mit Alkohol und stellenweise auch anderen Substanzen versucht habe zu regulieren. Ich habe mich auch selbst verletzt, aber "nur" ein paar Mal und seit April garnicht mehr. Das Verlangen ist da, aber ich schaffe es trotzdem innezuhalten und an die Worte meines Therapeuten zu denken.
In den letzten Monaten hat sich etwas getan, ich kann die Möglichkeit einer Zukunft wieder in Betracht ziehen und wir haben herausgearbeitet, weshalb ich diese Probleme überhaupt habe. Ich mag ihn sehr und fühle mich da eigentlich gut aufgehoben.
Es ist so, dass ich in sehr instabilen Familienverhältnissen aufgewachsen bin, meine Mutter ist leider aufgrund von eigenen traumatischen Erlebnissen an Borderline erkrankt und von meinem "Vater" weiß ich nicht viel mehr als seinen Namen. Er hat meine Mutter schlecht behandelt und hat sich auch nie für mich interessiert, bis auf drei fragwürdige Aktionen bei denen er unvermittelt vor der Haustür stand. Auch bei meinem Ex Freund und meiner damaligen Arbeit. Andere relevante Familiemitglieder gab es nie.
Letztes Jahr, als es anfing mir schlechter zu gehen, habe ich mich von meinem langjährigen Freund getrennt und damit auch von unseren bisher gemeinsamen Freunden und seiner Familie, bei der ich einen Großteil meiner Jugend verbracht hatte. Ich habe etwas mit meinem bis dato besten Freund angefangen. Das zog sich über etwa ein Jahr mit vielen Hochs und Tiefs, da er auch psychisch nicht stabil ist. Ich war/bin in einer sehr extremen emotionalen Abhängigkeit zu ihm, aber das wird besser - wenn auch langsam.

Es lief in den letzten Wochen relativ gut, aber sobald aus meiner Sicht Probleme auftreten (welcher Art auch immer) zieht mir das sehr schnell den Boden unter den Füßen weg und ich werde panisch. Bei kleineren Dingen kann ich am nächsten Tag meinen Verstand einsetzen und runterfahren. Allerdings hatte ich vor einigen Tagen wieder ein schmerzhaftes Beziehungserlebnis, welches mich gerade enorm aus der Bahn wirft. Dann kommt der ganze Schmerz aus der Vergangenheit mit hoch, es fühlt sich unaushaltbar an und ich liege wieder nur im Bett und kann nichts machen.

Ich hatte letzte Woche ein Gespräch in der Tagesklinik, da mein Therapeut der Meinung ist, dass ich noch Unterstützung auf verhaltenstherapeutischer Ebene brauche und auch ich sehe das mittlerweile ein. Er hat mir schon zu Anfang von der DBT erzählt und die Psychologin aus der Tagesklinik hat mir jetzt auch geraten, das im Hinterkopf zu behalten, wird dort auch angeboten.
Das geht allerdings nur stationär, weshalb ich Hemmungen hab mich drauf einzulassen. Ich bin Studentin und das Studium nehme ich auch eigentlich sehr ernst. Ich bin auch gehemmt, weil ich ja nie so richtig mit der Selbstverletzung zu kämpfen hatte und ich denke das andere den Platz vielleicht mehr brauchen. Außerdem denke ich an meine Mutter und bin mir sicher, das wäre für sie wieder ein Weltuntergang.

Ich wollte wissen, ob jemand von euch (vielleicht mit ähnlichem Background) Erfahrung mit der DBT hat, ob das auch was für Leute ist, die sich akut nicht selbst verletzen? Oder hat euch die Tagesklinik gereicht?
Vielleicht habt ihr Ideen und Werkzeuge wie ich zumindest die Wartezeit bis zur Tagesklinik überbrücken kann, was die Selbstregulation betrifft?

Wäre euch sehr dankbar für Antworten

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 23.08.2021, 18:50

zunächst Mal: Warum spielt bei der Entscheidung deine Mutter eine Rolle und warum müsste sie überhaupt davon wissen ?
Das sollte ja wirklich unabhängig von ihr passieren. Und selbst wenn: Du bist erwachsen, das geht sie nichts an.

Schau dir die Tagesklinik doch erst einmal an.
Und dann triff die Entscheidung, und zwar für dich. Nicht weil es anderen schlechter geht, die sich mehr oder aktueller selbst verletzen oder sonst was.

Du kannst natürlich auch erst einmal eine ambulante Gruppe machen, sowas wird auch immer wieder angeboten mit den entsprechenden Skills-Trainings.

Eigentlich sollte dein Therapeut aber auch mit dir soweit Selbstregulation erarbeiten können, das hängt doch nicht allein von der Methode ab.

Ich persönlich halte nicht viel von diesem reinen DBT-Skills-Zeugs.
Aber da ist jeder anders, das muss man ausprobieren


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silversoul
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Beitrag Mo., 23.08.2021, 19:22

Rational weiß ich, dass sie keinen Einfluss auf meine Entscheidung haben sollte. Aber scheinbar bin ich noch nicht so weit in der Abgrenzung. Das ist auch ein zentrales Thema in der Therapie und für mich hab ich da schon Fortschritte machen können. Es war eben immer so, dass ich ihr gegenüber die Rolle der Erwachsenen eingenommen habe und ich habe Angst, dass ich mit meiner Entscheidung bei ihr Dinge aufrüttle. Sie fragt dann ständig ob sie wirklich so eine schlechte Mutter gewesen sei und erkennt meine Gefühle und Probleme leider nicht an.. außerdem habe ich einen jüngeren Bruder der noch bei ihr lebt. Ihm gegenüber fühle ich mich auch verantwortlich.. auch wenn es in dem Sinne nicht meine Aufgabe ist. Wenn sie mich dann direkt oder indirekt mit Vorwürfen konfrontiert, ist das enorm überfordernd für mich. Deshalb rede ich so wenig darüber wie es mir eigentlich geht, mit ihr.

Ich werde mich mal über eine ambulante Skills Gruppe informieren, danke für den Tip.

Ich denke dass ich und mein Therapeut das auch tun, sonst würden die krassen Zustände vermutlich häufiger auftreten und nicht tendenziell weniger werden. Er appelliert an meine Ressourcen, an Achtsamkeit, bestärkt mich in meinem künstlerischen Schaffen, in der Abgrenzung..
Es ist halt nur keine genauer 10 Punkte Plan zum abhaken, so arbeitet er nicht. Aber ich hab auch keine Therapieerfahrung und kann nicht beurteilen ob Verhaltenstherapie da anders ist.
Vielleicht muss ich mich da auch selbst mehr reinhängen. Sobald es mir etwas stabiler geht, vernachlässige ich gerne das für mich gute und komm auf blöde Gedanken..

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 23.08.2021, 20:12

Hallo silversoul (schöner Name übrigens),

willkommen im Forum.

Ich würde auch sagen, schau dir die Tagesklinik mal an. Und versuche mehr Informationen über diese stationäre DBT zu bekommen. Wie lange dauert das, wie läuft das ab, was genau wird dort gemacht und was wäre dein Part bei dem Ganzen. Ohne Information kann man schlecht Entscheidungen treffen bzw. Vor- und Nachteile abwägen.

Wenn du depressiv und instabil bist, wird im Studium auch nichts weitergehen, so gesehen kann man einen stationären Klinikaufenthalt schon in Erwägung ziehen. Abgesehen davon wäre das auch eine wirksame Abgrenzung, vorausgesetzt dass damit auch eine Kontaktunterbrechung verbunden ist.

Andererseits kann Studium und Arbeit auch sehr viel zur Stabilisierung beitragen - vorausgesetzt es gibt eine ausreichend stabile Basis. Mit schwerer Episode wird es nicht gehen. Aber da dürftest du ja schon ein paar gute Schritte gegangen sein in der Therapie.
Ich habe auch den Eindruck, dass du mittlerweile recht klar siehst, was dich instabil werden läßt. Versuche doch mal umgekehrt dir zu überlegen, was zu deiner Stabilität beitragen könnte, wie du dich eben auf gute Art und Weise abgrenzen könntest.

Übrigens kenne ich einiges auch an verstrickten und komplizierten Beziehungen und meiner Mutter habe ich ein paar Mal gesagt, dass sich mein Leben nicht nur um sie dreht. Und im übrigen niemals über Therapieinhalte oder psychische Probleme gesprochen. Die Abgrenzung wird dir nicht erspart bleiben, das ist im übrigen das beste, was du auch für sie tun kannst.
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münchnerkindl
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Beitrag Di., 24.08.2021, 18:54

Also hier in München gibt es DBT auch ambulant. Du bist Studentin, also lebst du in einer Universitätsstadt. Uni Kliniken betreiben hier in München Spezialambulanzen wo sowas eben ambulant möglich ist. Schau mal wie es da bei dir mit Klinikambulanzen zB für Borderliner oder Traumafolgestörungen aussieht.

Mit einer Mutter mit Persönlichkeitsstörung aufzuwachsen ist genug um eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung oder ggf auch selbst eine Persönlichkeitsstörung zu bekommen, also könnten beide für dich kompetente Anlaufstellen sein.

Was deine Mutter dazu denkt kann dir relativ egal sein. Du bist nicht ihre Befindlichkeitsrkücke.

Für mich persönlich war DBT nie interessant weil ich nicht zu impulsivem Verhalten neige.

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 24.08.2021, 19:03

silversoul hat geschrieben: Mo., 23.08.2021, 19:22 Rational weiß ich, dass sie keinen Einfluss auf meine Entscheidung haben sollte. Aber scheinbar bin ich noch nicht so weit in der Abgrenzung. Das ist auch ein zentrales Thema in der Therapie und für mich hab ich da schon Fortschritte machen können. Es war eben immer so, dass ich ihr gegenüber die Rolle der Erwachsenen eingenommen habe und ich habe Angst, dass ich mit meiner Entscheidung bei ihr Dinge aufrüttle.

Das Phänomen nennt sich Parentifizierung. Ich rate zu weniger Kontakt, keine Fürsorge für sie wenn Kontakt und bei ihr nicht über dich und dein Leben reden.


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silversoul
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Beitrag Di., 24.08.2021, 20:38

Danke für eure Antworten!

Ich glaube auch ich bleibe dabei und versuche es erstmal mit der Tagesklinik. War wohl wieder im Panikmodus und überrollt von den Gefühlen, aber heute geht es mir etwas besser.
Fundevogel hat geschrieben: Mo., 23.08.2021, 20:12 Andererseits kann Studium und Arbeit auch sehr viel zur Stabilisierung beitragen - vorausgesetzt es gibt eine ausreichend stabile Basis. Mit schwerer Episode wird es nicht gehen. Aber da dürftest du ja schon ein paar gute Schritte gegangen sein in der Therapie.
Ich habe auch den Eindruck, dass du mittlerweile recht klar siehst, was dich instabil werden läßt. Versuche doch mal umgekehrt dir zu überlegen, was zu deiner Stabilität beitragen könnte, wie du dich eben auf gute Art und Weise abgrenzen könntest.

Übrigens kenne ich einiges auch an verstrickten und komplizierten Beziehungen und meiner Mutter habe ich ein paar Mal gesagt, dass sich mein Leben nicht nur um sie dreht. Und im übrigen niemals über Therapieinhalte oder psychische Probleme gesprochen. Die Abgrenzung wird dir nicht erspart bleiben, das ist im übrigen das beste, was du auch für sie tun kannst.
Depressionen sind momentan eher nicht das größte Problem. Aber die Stimmungsschwankungen und das Gefühl von absoluter Hilflosigkeit wenn Probleme auftreten. Allgemein zwischenmenschlich und immer wieder, wenn ich mit den Problemen meiner Mutter konfrontiert werde. Die Abgrenzung von ihr fällt mir so unglaublich schwer. Einerseits wegen Schuldgefühlen (Sie hat auch nicht wirklich andere Bezugspersonen), andererseits weil ich sonst keine Familie, oder Partnerschaft habe.. die Sehnsucht aber so groß ist.

Ja, ich denke auch ich bin mittlerweile ganz gut reflektiert. Ich werde mir noch mehr Gedanken machen, wie ich die Stabilität aufrechterhalten kann.
münchnerkindl hat geschrieben: Di., 24.08.2021, 18:54 Also hier in München gibt es DBT auch ambulant. Du bist Studentin, also lebst du in einer Universitätsstadt. Uni Kliniken betreiben hier in München Spezialambulanzen wo sowas eben ambulant möglich ist. Schau mal wie es da bei dir mit Klinikambulanzen zB für Borderliner oder Traumafolgestörungen aussieht.

Mit einer Mutter mit Persönlichkeitsstörung aufzuwachsen ist genug um eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung oder ggf auch selbst eine Persönlichkeitsstörung zu bekommen, also könnten beide für dich kompetente Anlaufstellen sein.
Ich werde nochmal mit meinem Therapeuten reden und gucken was es für Angebote gibt. Nach der Erstdiagnose haben wir aber nicht mehr über eine andere gesprochen. Wurde mit der Zeit auch immer unwichtiger für mich. Ich denke aber auch, dass es in die Richtung Trauma geht.. Habe vor kurzem auch eine Therapieverlängerung bekommen.
münchnerkindl hat geschrieben: Di., 24.08.2021, 19:03 Das Phänomen nennt sich Parentifizierung. Ich rate zu weniger Kontakt, keine Fürsorge für sie wenn Kontakt und bei ihr nicht über dich und dein Leben reden.
Davon habe ich auch schon gelesen. Da hats richtig klick gemacht.

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