Asperger vs Borderline

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Schneekugel
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Beitrag Mi., 15.12.2010, 11:00

Ich weiss jetzt nichts obs vergleichbar ist, aber ich glaube eines der Grundprobleme könnte die andere Art zu denken sein. Als ich zum ersten mal einen Selbsttest auf Asperger machte kam die Frage "Denken sie manchmal in Bildern?" die mich erst mal ziemlich perplex werden liess weil ich nicht wüsste wie man größtenteils sonst denken sollte? Ich mein es ist ja nicht so, dass man jetzt wirklich so häufig beieinander sitzt und sich gegenseitig darüber austauscht WIE man denkt, maximal worüber man gerade nachdenkt.

Und soweit ich das verstanden habe ist es so, dass Nichtasperger anscheinend größtenteils in Worten denken in der Sprache in der sie auch sprechen. Während ich beim Austausch mit anderen dadurch gehandicapped mit meine Gedanken, bei denen ein Gedanke schon mal einem Roman entsprechen kann, erst mal überhaupt zu übersetzen und dann auch noch in diese lineare Satzstruktur zu pressen. Bildlich würde ich sagen, ein Gedanke ist ein Wollknäuel, reden ist aber daran gebunden ein dünnes Nadelöhr zu nutzen wo immer nur der einzelne Wollfaden durchkann, was mich zwingt das Woolknäuel, das an sich einen gesamten Gedankengang entspricht aufzufädeln und dann umständlich geordnet durch dieses Nadelöhr zu ziehen.

Schreiben finde ich persönlich daher einfacher, da ich diese Arbeit erst mal in Ruhe angehen kann, ohne das ständig wer weiterredet usw... (Stellt euch mal vor ihr seid im Ausland, habt vor euch den Langenscheidt, seid ständig darauf angewiesen wann immer ihr etwas sagen wollt erst mal per Langenscheidt zu übersetzen und während dessen geht das Tischgespräch mehrstimmig fröhlich weiter, ohne Rücksicht ob ihr euch grade auf das Buch konzentrieren müsst oder nicht um dem Gespräch folgen zu können oder etwas dazu sagen zu können.) Und ich kanns mir dann ansehen wenns fertig ist.

Ich vermute mal ein guter Vergleich ist eine Szene mit einem unserer Bauleiter, er kam zu mir und meinte ich hätte bei einer seiner Baustellen eine Fläche falsch abgerechnet. Es ging dabei um eine Stelle wo ein kleiner Dachgeschoßtrakt mit Walmdach in einen größeren Dachgeschoßtrakt mit anderem Dachwinkel übergeht, wobei die Schrägseiten ab einer bestimmten Distanz innen senkrecht Brandschutzverkleidet werden und dort zusätzlich ein nicht gleichmäßiger Kamin durchging der ebenfalls einen separaten Brandbereich hat sowie ein waagrechter Träger. Ich hab mir den Plan angeschaut, die entsprechende Stelle rekonstruiert, die von mir benötigte Ansichtsfläche gedreht und aufgefächert und fand den Fehler nicht. Der Bauleiter fing darauf an mithilfe eines Papiers die Situation aus meiner Sicht umständlich nachzumalen, bis er dann nach 10 Minuten endlich das Bild auf dem Papier nachgemalt hatte, das ich im Kopf hatte. Dann hat er den Schnitt aufgefächert usw... was wieder ewig gedauert hat usw... bis er die benötigte Fläche endlich auf dem Papier hatte, nur um festzustellen, dass sie eh korrekt abgerechnet war. Bilder und Geometrie sind für ihn "gedanklich" eine Fremdsprache, er benötigt das schriftliche Medium um diese so verarbeiten und umwandeln zu können, um es "Faden für Faden" an seine Gedanken anzupassen damit es für ihn ein nachvollziehbares Konzept hat und dann das grosse Wollknäuel bildet. Genauso wie ich eben meine Gedanken immer erst "übersetzen" muss, um sie wiederzugeben und mir schriftlich dabei einfacher tue, da es schriftlich eben eine lineare Struktur gibt die ich immer wieder überprüfen kann und aufeinander aufbaut, während ich beim verbalen Übersetzen eines grösseren Gedankens öfter mal irgendwie stolpere, einen Punkt vergesse der für den Zuhörer notwendig ist, aber für mich im Gesamtbild des Gedankens jetzt untergegangen ist, weil ich überhaupt überlegen muss welche Schwerpunkte meines Gedankens ich zuerst erwähnen muss damit das ganze eine in sich aufbauende Ordnung hat usw...

Den Spaß wenn während dieses Vorgangs in einer Gruppe weitergeredet wird usw... kann man sich vermutlich vorstellen. -.-

Nebenbei ist der Beitrag mal wieder ein nettes Beispiel, ich weiss von Beginn an was ich sagen will, nur ich weiss nicht obs mir auch gelungen ist das wirklich in Sprache übersetzt rüberzubringen, weswegen ich mich bei jedem Punkt wieder in einer Erklärung dazu verliere usw...

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heissundkalt
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Beitrag Mi., 15.12.2010, 22:31

Hallo Campanula!

Smalltalk und Gespräche, Vertrauen und Zuwendung. Mir wird das alles schnell zu viel und dann fühle ich mich nur noch müde und erschöpft. Geht es anderen Menschen denn nicht so?


...das kenne ich auch. allerdings brauche ich oft auch den kontakt zu freunden. was allerdings liebesbeziehungen beftrifft - das ist mir zu viel. ich hatte bisher, bei meinen spärlichen erfahrungen, immer das gefühl, ich "müßte" mit dem anderen zeit verbingen, ich fühlte mich engeengt und mich verpflichtet jetzt so viel wie möglich zeit mit dem anderen zu verbingen. das entsprang eher einem bedürfnis es dem anderen recht zu machen. ich glaube, ich kann mcih gar nicht verlieben... ich meine, so richtig... dass man nur noch an den anderen senkt usw... und wenn es anflüge davon gab, dann konnte das gnz bewußt steuern und begann den anderen zu "scannen". dann bemerke ich immer dinge, die nicht passen.
jedenfalls glaube ich momentan, dass ich immer nur "normal" sein wollte und eine beziehung nichts für mich ist.
wie geht es dir dabei? das wird wahrscheinlich noch anstrengender für dich sein, als freundschaften?
smalltalk ist schrecklich... aber es gibt viele, viele menschen, die damit nicht umgehen können...

"Ich will angstfrei leben, SO WIE FRÜHER." Aber bei mir gab es kein FRÜHER. Ich war immer schon so, wie ich jetzt bin.
... das geht vielen menschen ohne asperger auch so, glaube ich. und ich kenne es auch.

Ich nehme allerdings so gut wie nie selbst an den Gesprächen teil, weil immer wenn ich weiß was ich sagen könnte, sind die anderen schon beim nächsten Thema.
...geht mir ganz genau so.
ich muß meine gedanken ordnen, und wenn ich sie zum ausdruck bringen will ist es zu spät.
ich falle daher manchmal aber auch anderen ins wort, wenn ich etwas sagen will, dass ich für absolut wichtig halte. ich habe mir das allerdings auch etwas abtrainiert. aber es fällt mir schwer meinen eigenen inneren faden weiterzuverfolgen WÄHREND ich weiterhin zuhöre.
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heissundkalt
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Beitrag Mi., 15.12.2010, 22:35

Hallo Schneekugel!

Zwar ist mein mathematisches und geometrisches verständnis gleich null, daher kann ich mich auf dein besipiel nicht beziehen , aber auch denke viel in bildern, was andere dinge betrifft. ich kann meine gefühle oft am treffendsten durch metaphern ausdrücken.
ich bin der meinung sprache ist ungenau und schwammig. und oftmals werde ich wütend, wenn ich merke, dass ich für das chaos in mir keine worte finde, die genau beschreiben können, was in mir vorgeht.
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Schneekugel
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Beitrag Do., 16.12.2010, 11:29

Da gibts keine feste Regel in dem Sinn, ich weiss auch von Aspergern die zum Beispiel Musik visuell erfassen, bei denen Farben Emotionen auslösen usw... was wiederum bei mir nicht der Fall ist bzw. ich mir auch nicht vorstellen kann. Auch das Verständnis mancher Autisten Zahlen in Formen wahrzunehmen verschliesst sich mir zum Beispiel völlig und nackte Zahlen ohne geometrischen Bezug sind für mich einfach nur Bahnhof. (z.B. Integralrechnung war für mich irgendetwas von dem ich nicht wusste, was die Formel überhaupt aussagen sollte bis mich mein Halbbruder darauf brachte, dass damit z.B. an einen gebogenen Fluss anstossende Grundstücksfläche ausgerechnet wird. Sobald ich ein visuelles, geometrisches Bild hatte, war mir auch die Formel verständlich, genauso wie Malrechnen für mich eigentlich Rechtecksflächenausrechnen ist usw...)

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Campanula
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Beitrag Sa., 25.12.2010, 20:39

Hallo zusammen,
ich wünsche Euch frohe Weihnachten und besinnliche Festtage.
Habe ein paar Tage Urlaub und bin sehr froh, wieder etwas Abstand zu meiner Arbeitsstelle zu haben.

Du hast wirklich Recht, Schneekugel. Man tauscht sich wirklich nie aus wie man denkt; für mich ist denken in Bildern jedoch das normalste der Welt. Es ist tatsächlich sogar so, dass ich Texte, Gespräche und Reden gar nicht aufnehmen kann, wenn ich mir keine bildlichen Gedanken davon machen konnte. Das macht es in der Berufsschule und auf Arbeit manchmal sehr schwierig für mich, denn mein Chef gibt mir nicht die Zeit seine Worte in Bilder zu übersetzen.

Ich hatte noch nie eine Liebesbeziehung. Manchmal habe ich schon Sehnsucht danach und stelle es mir gedanklich vor, aber in der Realität gehe ich Männern eher aus dem Weg. Ich wüsste auch gar nicht, wie so eine Beziehung aussehen oder funktionieren könnte.
Ich brauch einen Freund mit weiten Schwingen,
der mich heil nach Hause bringen kann.
Durch die Dunkelheit, den Wind und den Regen,
um mich dann vor meine Tür zu legen.

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Beherit
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Beiträge: 190

Beitrag Sa., 25.12.2010, 21:58

Schneekugel hat geschrieben:Und soweit ich das verstanden habe ist es so, dass Nichtasperger anscheinend größtenteils in Worten denken in der Sprache in der sie auch sprechen.
Also jetzt bin ich aber auch irgendwie verwundert Ich denke auch in Bildern oder wie soll man denn sonst denken? Man kann doch nicht in Buchstaben oder Zahlen denken, oder? ^^ Darüber habe ich mich aber auch nie mit jmd. ausgetauscht... Ich ordne Zahlen z.B. auch Farben zu. Kennt ihr das auch?
"Unangenehme" Gefühle sind wie bittere Medizin. Wer sie nicht einnimmt, wird krank!

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heissundkalt
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Beitrag Sa., 05.02.2011, 13:55

Hallo Beherit!

Schon eine Weile her, aber ich nehme trotzdem mal Bezug auf deine Frage
Bei mir war viel los, daher war ich eine Weile nicht aktiv hier.

Also ich glaube schon, dass ich weiß, was damit gemeint ist. Kennst du das, wenn du etwas erklären willst und du findest kein passendes Wort? dann fällt dir eins ein... und... nein, du WEIßT bzw du SPÜHRST, dass es nicht stimmt... du kannst quasi FÜHLEN, was passt und was nicht.
Aspis scheinen dafür kaum Gefühl zu haben, also nehme ich jetzt mal an, widersprecht mir, wenn dem nicht so sein sollte.
Allerdings denke ich auch sehr in Bildern, wenn ich etwas erkläre. Wenn ich z.B. in der Therapie eine Situation beschreibe, z.B. ein Gespräch mit jemandem, dann drehe ich automatisch den Kopf zu der Seite, wo zu dem Zeitpunkt mein Gegenüber saß, oder, wenn ich mich zu der Zeit abwandte, dann tue ich das in Gedanken und real in der Therapie eben auch, weil ich das Bild vor mir habe und wieder "drin" bin in diesem Bild.
"Nur" in Worten denken kann ich auch nicht... wie oft suche ich Worte und finde keine, bzw keine passenden. Das kann mich unglaublich wütend machen

Lg, H&K
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Beitrag Sa., 05.02.2011, 13:56

Es ist tatsächlich sogar so, dass ich Texte, Gespräche und Reden gar nicht aufnehmen kann, wenn ich mir keine bildlichen Gedanken davon machen konnte.

ok, also das geht mir ganz genau so...
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heissundkalt
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Beitrag Do., 10.02.2011, 14:44

Falls dieser thread noch weiter verfolgt wird....

Einige Personen mit Asperger Syndrom können ziemlich erfinderisch darin sein, Imitation und Nachahmung zur Tarnung ihrer Schwierigkeiten in gesellschaftlichen Situationen zu verwenden. Eine Strategie, die von vielen Mädchen und einigen Jungen genutzt wird, ist es, sozial besonders gewandte Menschen zu beobachten, und ihre Angewohnheiten, Stimme und Persönlichkeit zu kopieren. Dies ist eine Form sozialer Echolalie oder Spiegelung, bei der die Person sich eine oberflächliche soziale Kompetenz aneignet, indem sie den Part einer anderen Person schauspielert. Besonders deutlich wird dies in Liane Holliday-Willeys fesselnder neuer Autobiographie, mit dem Titel: ‘Pretending to be Normal’ (Vortäuschen Normal zu sein).

„Ich konnte in der Welt teilnehmen als ein Beobachter. Ich war ein begieriger Beobachter. Ich war gefesselt von den vielen Nuancen der Handlungen von Menschen. In der Tat fand ich es oft wünschenswert, die andere Person zu werden. Nicht in der Weise, daß ich bewußt versucht habe das zu erreichen, sondern es kam eher als etwas, daß ich einfach tat. Als ob ich in dieser Hinsicht gar keine Wahl hätte. Meine Mutter erzählt mir, daß ich sehr gut darin war, die Essenz und Persönlichkeit anderer Menschen einzufangen. In jener Zeit kopierte ich buchstäblich Jemanden in Aussehen und Handlungen. Ich war unheimlich in meiner Fähigkeit, Akzente zu kopieren, Stimmeigentümlichkeiten, Mimik, Gestik, Bewegungsabläufe und minimale Gesten. Es war, als würde ich zu der Person werden, der ich nacheiferte. (S.22)


...das habe ich gerade im netz gefunden. ich muß sagen, mir geht es ganz genau so.
bisher habe ich aber eher von borderlinern gehört, dass die sehr empathisch sind. andererseits neigen sie nicht so sehr zum kopieren ihrer mitmenschen. eher nutzen sie diese fähigkeit, um zu manipulieren.

aber ich habe weiter nachgeforscht und stieß ein paar mal darauf, dass frauen mit asperger oft erst als BL diagnostiziert werden.
wahrscheinlich ist eine trennung nicht ganz einfach. ich lerne jedenfalls sehr viel über mich beim beschäftigen mit beiden diagnosen..

lg. H&K
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