Exzessives Handeln - Wie Maß halten lernen?

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.
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Pinguin Pit
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Exzessives Handeln - Wie Maß halten lernen?

Beitrag Mi., 16.10.2013, 13:55

Hallo!
Ein Problem, was schon länger besteht und mich akut beschäftigt bzw. mir jetzt richtig bewusst wird, ist die zeitweise auftretende exzessive Beschäftigung mit nur einem Thema, das meine Freizeit voll ausfüllt, neben dem nichts anderes mehr möglich ist, alles andere liegen bleibt.
Ich nenne mal ein paar Beispiele für solche Zeiten, die ich schon hatte:
  • -Arbeiten zuhause (wenn meine eigene Arbeit nicht ausreicht, "entlaste" ich noch Kollegen)
  • -Basteln (letztes Jahr habe ich fast 200 Weihnachtssterne gebastelt)
  • -Sport machen (zwei mal in der Woche Fitness reicht nicht, muss vor und nach der Arbeit noch stundenlang radfahren)
  • -Internet auf der Suche nach bestimmten Themen
  • -schlafen
  • -schöne Sachen kaufen (die ich in den Mengen gar nicht brauche und jetzt rumliegen)
Ich bin in diesen Phasen auch extrem produktiv (außer beim schlafen natürlich) bzw. lerne sehr viel dabei, ist also nicht so, dass nichts bei rumkommen würde, aber teilweise auch nutzlos (wer braucht schon 200 Weihnachtssterne).
Aber ich mache dann halt nur diese spezielle Sache, wochen- monatelang, rund um die Uhr beinahe, bis tief in die Nacht teilweise, und nichts anderes, kein Haushalt, keine sozialen Kontakte, (klar, arbeiten muss ich natürlich).

Geht es hier vielleicht noch anderen so oder ähnlich? Was tut ihr dagegen? Vielleicht rausgefunden, woher das kommt?

Wäre für Austausch/Ideen echt dankbar.

Grüßle, Pingu

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Fundevogel
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Do., 17.10.2013, 20:47

Liebe Pingu,

das hört sich für mich ein wenig nach Suchtverhalten an,
vor allem, weil du schreibst, dass alles andere daneben liegen bleibt.
Obwohl das ja nicht unbedingt problematisch sein muß.

Gehen denn diese exzessiv-ausschließlichen Phasen nahtlos ineinander über
oder gibt es auch "normale" Zeiten, in denen du von allem etwas machst?
Fundevogel

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Pinguin Pit
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Beitrag Do., 17.10.2013, 22:37

Liebe Fundevogel,

diese Phasen enden meistens abrupt, dann fühle ich mich total ausgelaugt und werde überschwemmt von... ja was eigentlich? Gedanken, Gefühle? Sucht oder vielleicht Zwanghaftigkeit? Mein gesamtes Denken ist in den Zeiten nur mit den gerade aktuellem Geschehen beschäftigt. Schaffen bis zum Umfallen. Verdrängung vielleicht? Nichts anderes mehr sehen, hören, fühlen müssen? Dann, wenn die Phase endet, Absturz, nur noch müde, schlafen, auch wieder Verdrängung? Abgeschnitten von Allem. Was ich "bearbeiten" müsste, verlagert sich in die Nächte, Träume, Alpträume. Dann der nächste Exzess.
Doch, es ist problematisch, gerade aktuell reite ich mich in die Scheiße, stecke mitten drin, sehenden Auges und es ist mir... egal. Oder doch nicht? Selbstdemontage meinte meine Psychiaterin vor einiger Zeit. Ziemlich wirr gerade. Danke für Deine Nachfrage.
Grüßle, Pingu

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schwindelkind
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Beitrag So., 27.10.2013, 15:19

Hallo Pingu,

mein erster gedanke als ich deinen text las war: wow. das möchte ich auch gerne mal wieder haben...
mich stundenlang, wochenlang mit einer sache beschätfigen.

ich kenne das von früher. da gab es nächte in denen ich nicht aufhören konnte musik zu hören und dabei zu malen. ich war überschwemmt von kreativer energie und musste aufpassen nicht über mich selbst zu stoplern, war in gedanken immer schon einen schritt voraus und kam kaum zum atmen. am nächsten tag, nach wenig schlaf ging es weiter. arbeiten wie verrückt, pläne schmieden, ideen haben, nach hause kommen, die ganze wohnung auf den kopf stellen, umräumen,....

ich habe diese phasen immer sehr genossen.
der antrieb war einfach enorm.

mein zweiter gedanke war.
wie anstrengend das danach.

ich bin danach meistens auch in ein loch gefallen. vor allem weil ich merkte, dass sich viele ideen nicht realisieren lassen, weil mich die energie dann verlässt.

was stört dich denn am meisten an deiner situation?
was könntest du machen um sie noch schlimmer zu machen? (die frage ist ernst gemeint)


viele grüße, ich bin gespannt auf deine antwort,

schwindelkind
die durch medis leider nicht mehr so exzessiv lebt...

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Pinguin Pit
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Beitrag So., 27.10.2013, 18:42

Hallo schwindelkind,

Du hast das wirklich treffend beschrieben, vielen Dank dafür.
Ob ich es genieße? Jein. Die Produktivität ist zwar enorm, aber das Produkt an sich nur beschränkt. Ich kann mich nicht zurücklehnen und mir sagen, das hast Du toll gemacht, da ist keine Zufriedenheit.
Das Gefühl von Getrieben sein ist unerträglich, mir schwirren auch tausend Ideen durch den Kopf, die ich nicht umsetzen kann. Gleichzeitig ist da aber auch eine Gleichgültigkeit gegenüber allem drum herum. Ich sehe mich "versumpfen", kann aber nichts dagegen tun. Haushalt z.B., dann mache ich die Tür zu und sehe das Elend nicht mehr.
Am meisten stört mich, dass ich das erst mal gar nicht merke, mich dann nicht dagegen "wehren" kann, der Absturz danach und die Selbstvorwürfe.
Der nächste Schritt zu noch schlimmer wäre, dass ich deswegen meine Arbeit/Berufstätigkeit in Gefahr bringe, meine finanziellen Dinge nicht mehr geregelt bekomme.
Ich habe leider niemanden, dem ich soweit vertrauen könnte, der mich dabei mal unterstützt, das alles etwas geregelter abläuft, also zu Hause. Vor ein paar Wochen habe ich schon ernsthaft über einen Betreuer nachgedacht.
Ist halt jetzt auch noch Therapiethema, Medikamente nehme ich schon, neuerdings auch noch einen Stimmungsstabilisator, damit ich nicht immer wieder in die Depression falle.

Bei Dir lese ich ein großes Bedauern heraus, dass Du nicht mehr so leben kannst. Warum empfindest Du das so? Hast du nicht diese große Not verspürt? Hast Du das Gefühl, dass Dir etwas entgeht im Leben?

Grüßle
Pingu

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schwindelkind
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Beitrag Mo., 28.10.2013, 16:17

Huhu Pingu,

das mit dem Betreuer würde ich mir sehr gut überlegen, da das schon einen ziemlicher Eingriff in Sachen Selbstbestimmung ist.

Kannst du dir zwischenzeitlich Pausen gönnen in denen du alles bei Seite legst woran du gerade arbeitest?
bei mir gab es oft so kurze Momente wo ich dachte "meine Güte, was für ein Chaos habe ich gerade in der Wohnung angerichtet...."
dann hab ich mich gezwungen das alles liegen zu lassen und z.b. einen Spaziergang durch den Wald zu machen... Danach war ich oft klarer und konnte mich meinem Projekt am nächsten Tag wieder ruhiger widmen. was bringt dich runter? was erdet dich?

vielleicht kannst du dir auch eine Art STOP Schild in die Wohnung hängen wenn du merkst, dass du exzessiver handelst. Auch das ist ja ein Prozess der sich aufbaut und den man sicherlich unterbrechen kann indem man ihn durchschaut...


ja, ich bedauer, dass ich nicht mehr in diesen Fluß komme. Aber eigentlich nur was das künstlerische Schaffen betrifft.
Allerdings weiß ich schon, dass ich auch oft darunter litt, da mein Motor meist starke Emotionen waren mit denen ich irgendwie umgehen musste....
Komischerweise habe ich das Gefühl, dass ich mir in den Momenten oft extrem nahe war - einfach bei mir selbst, einem inneren Teil begegnet bin, den ich sonst selten sehe.
Mit dem Medikament ist alles einfach abgeschwächter, normaler.

Es ist ein Widerspruch in sich. Einerseits sind mir viele Emotionen zu stark, so dass ich es ohne Medis kaum ertrage, andererseits vermisse ich meine tiefen Gefühle durch die ich neben der Depression auch in eine Art Euphorie gleiten konnte (um es mal nicht Manie zu nennen - manchmal dachte ich schon an so was...)

LG schwindel

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Pinguin Pit
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Beitrag Sa., 24.10.2015, 20:15

Das Kind hat nun einen Namen bekommen. In der Klinik haben sie jetzt festgestellt, dass ich eine bipolare Störung habe. Ich bekomme nun zusätzlich zum (neuen) Antidepressivum ein Neuroleptikum, damit sollen solche Phasen zukünftig unterbunden werden.

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 24.10.2015, 23:05

Pinguin Pit hat geschrieben:
diese Phasen enden meistens abrupt, dann fühle ich mich total ausgelaugt und werde überschwemmt von... ja was eigentlich? Gedanken, Gefühle? Sucht oder vielleicht Zwanghaftigkeit?


Naja, bei exzessiven Tätigkeiten schüttet der Körper ja Stresshormone aus, die auch ein bischen "high" machen können. Ausserdem lenkt es von unerwünschten Gedanken und Gefühlen ab. Und wenn es dann aber doch zu viel wird und der Organismus nicht mehr mitmacht, dann klappst du zusammen.

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leuchtturm
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Beitrag So., 25.10.2015, 10:49

manisch-depressive Erkrankung wurde ausgeschlossen?

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Pinguin Pit
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Beitrag Sa., 31.10.2015, 10:57

Hallo leuchtturm,
bei der bipolaren Störung handelt es sich genau um die manisch-depressive Erkrankung.

Grüßle, Pingu

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