Bindungstrauma und mehr...

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

isabe
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Beitrag Mi., 14.02.2018, 18:13

Ich fände es gesünder, darüber zu sprechen; dann könntest du es mit ihm teilen. Ich mache das auch immer (so häufig nun auch nicht, aber immer wenn es auftaucht bzw. aufgetaucht ist), und die Reaktionen waren immer das eigentliche Geschenk - ganz ohne Körperkontakt, ganz ohne so ein "ich würde ja auch so gerne", sondern mitfühlend und gleichzeitig fest und sicher. Mit den Phantasien im stillen Kämmerlein bleibst du alleine.

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Henryette
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Beitrag Mi., 14.02.2018, 19:55

Theoretisch gehört es ja wirklich in die Therapie...ich hab nur immer so Angst das er mich für total verrückt hält. Das Thema Scham ist ziemlich ausgeprägt bei mir offensichtlich 😔

@Isabe: Was machst du auch immer? Das Kuscheln mit dem imaginären Therapeuten oder es ihm sagen?
Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.
Martin Johannes Walser


isabe
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Beitrag Mi., 14.02.2018, 20:03

Du kannst (und solltest...) davon ausgehen, dass geschätzte 2/3 der Patienten deines Therapeuten mindestens genauso drauf sind, ihn irgendwie liebhaben, verknallt sind oder sonstwie an ihm hängen. Deshalb wird er dich nicht für verrückt, sondern für vollkommen normal in dieser Hinsicht halten.

Ich meinte, dass ich darüber rede. Ich kann mich erinnern, dass ich mal geträumt hab, dass er mich umarmt und streichelt und mich dafür geschämt hab und das beim Erzählen - wie so häufig - niedermachen musste. Und er sagte dann: "Wieso machen Sie das denn schlecht? Ich hab Ihnen im Traum doch das gegeben, was Sie gebraucht haben".

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Haithabu
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Beitrag Mi., 14.02.2018, 20:06

Huhu Henryette,
hier ist ja schon vieles gesagt.
Aber was ich noch schreiben wollte, ich finde es nicht ungewöhnlich (und das wirklich ganz abgesehen davon wie der sonstige Therapiebeziehungsstand ist), dass du ein wenig von deinem eigentlichen Partner abrückst, wenn gerade das Thema die vergangenen Traumata sind. So wie du es andeutest gibt es da auch sehr scham- und schuldbehaftete Komponenten, die in einer Beziehung nur schwer zu besprechen sind, ohne etwas an dieser zu verändern.
Mal ganz davon abgesehen davon, dass das intensive Besprechen/ Bearbeiten dieser Thema schon oft den Kopf und die Gedanken so füllt, dass von einem selbst gar nicht mehr viel übrig bleibt, was im Kontakt zu anderen noch zu geben (und auch anzunehmen) wäre.
Da ist ein hypothetisches Geben und Nehmen irgendwie auch leichter zu handhaben.

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mio
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Beitrag Mi., 14.02.2018, 20:29

Henryette hat geschrieben: Mi., 14.02.2018, 19:55 Theoretisch gehört es ja wirklich in die Therapie...ich hab nur immer so Angst das er mich für total verrückt hält. Das Thema Scham ist ziemlich ausgeprägt bei mir offensichtlich 😔
Warum sollte Dein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit verrückt sein? Das ist doch was völlig menschliches und dieses Bedürfnis zeigt sich Dir jetzt auf diesem Wege.

Er kann Dir das zwar so nicht geben, aber er kann mit Dir gemeinsam draufkucken, Dir vermitteln dass das überhaupt nichts ist wofür Du Dich schämen müsstest. Er kann Dir dabei helfen, diesen "endgültigen Verlustschmerz" (einer glücklichen, geborgenen Kindheit) zu verdauen/zuzulassen und auch dabei welche Möglichkeiten Du heute in Deinem realen Leben außerhalb der Therapie hast Dir diese Bedürfnisse passend soweit zu befriedigen dass Du da nicht mehr so große Sehnsucht haben brauchst und auch ein bisschen aus der Abhängigkeit vom "außen" rauskommen kannst.

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Henryette
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Beitrag Do., 15.02.2018, 09:04

@Haithabu
Danke das du das mal so formuliert hast. In meinem Kopf kursieren immer Dinger wie „ich bin nicht in der Lage zu lieben“ oder sowas. Tageweise macht mir das echt richtig extreme Angst. Ich hab ja nicht nur eine Verantwortung für mich, sondern auch für mein Kind. Und ich merke manchmal, wie ich meinem Freund gegenüber total ablehnendes Verhalten zeige. Nicht bösartig oder so, aber eben keine Nähe zulassen. Er hat sehr schwer daran zu knabbern, aber es geht eben momentan einfach nicht. Und ich möchte mich auch nicht überwinden mich irgendwie körperlich auf etwas einzulassen. Das habe ich, weiß Gott, oft genug zu getan! (aber zugegebenermaßen, manchmal kommen mir Gedanken wie: gib ihm einfach was er will, dann hast du endlich deine Ruhe. Dieses Thema habe ich mit meinem Therapeuten auch schon besprochen. Er hat hier für mich eine Rolle eingenommen, die ich unglaublich liebevoll fand! Er hat mir quasi als erste Mann in meinem Leben gesagt, dass ich nirgends tun muss, was ich nicht möchte mit meinem Körper. Das war für mich sehr wichtig) natürlich ist das nicht im Interesse meines Freundes irgendwie übergriffig zu werden. Aber er ist eben nicht der empathischste Mensch. Da kommen dann schon mal vorwürfe wie wann hatten wir das letzte Mal Sex? Aber wie gesagt, er hat eben auch sein Päckchen was er bearbeiten lassen muss! Er hat als Kind auch nie Nähe bekommen und hatte eine sehr jähzornige Mutter. Jetzt versucht er die ganze Nähe aus mir zu zerren. Ich habe schon begriffen, dass ich die Nähe die mir fehlt von meinem Eltern, nicht von meinem Freund bekomme. Dafür versuche ich sie aus meinem Therapeuten zu saugen. Was nun besser ist weiß Gott. Und da prallen zwei Sachen aufeinander und das macht es nicht leichter. Im Alltag sind wir ein super Team! Wir funktionieren beide total super miteinander, auch mit unserem Kind. Aber wenn es eben um echte Nähe geht, körperlich wie geistig, ist es für uns beide sehr schwer. Er ist das ganze Gegenteil von mir was die körperliche Nähe betrifft ich renne weg und er zerrt an mir rum. Um da jetzt irgendwie einen Mittelweg zu finden gehen wir regelmäßig zu einer Therapeutin.
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Martin Johannes Walser

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Henryette
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Beitrag Do., 15.02.2018, 09:12

@Mio
Ich weiß, dass mein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit nichts ist, wofür ich mich schämen muss. Jedoch schäme ich mich dafür, wie es sich zeigt. Dass ich mir vorstelle mich an ihn zu kuscheln... Ja für den Moment beruhigt es mich und ich habe es mit einem Satz in meinem Kopf sogar noch positiv besetzt um ein positives Gefühl hervor zu bringen... aber ihm das zu erzählen… Also konkret gesagt: wenn ich mir vorstellen würde das mit irgend einem anderen Menschen zu tun und ich würde ihm das erzählen, dann würde es mich nicht so sehr stören, aber ich stelle es mir eben mit *IHM* vor und DAS ist der Punkt für den ich mich so unglaublich schäme. Ich glaube auch nicht, dass er da irgendwie abwertend drauf reagiert. Letztlich ist er wieder nur eine Projektionsfläche. Trotzdem ist es einfach unglaublich unangenehm im sowas zu erzählen. Und ich frage mich wo diese extreme Scham her kommt in mir??? In manchen Dingen weiß ich, das Scham etwas ist, was der Täter mir eingebläut hat. So nach dem Motto „halt die Schnauze“ oder so. Aber hier geht es ja gar nicht um Täter, meine Eltern haben mir nicht gesagt: du darfst nie erzählen das wir dir nie Nähe gegeben haben, das ist für mich irgendwie noch total verwirrend.
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Martin Johannes Walser

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Henryette
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Beitrag Do., 15.02.2018, 09:15

@Isabe
Das mit diesem „schlecht machen“ habe ich nicht, ich sitze dann immer Ewig da, verstumme, und manchmal habe ich das Gefühl, dass ihn das innerlich an eine Grenze seiner Ungeduld bringt. Am Montag ist er zum Beispiel aufgestanden und hat sich etwas zu trinken geholt und meinte ich kann ja bis dahin überlegen ob ich es noch erzählen möchte oder nicht. :(
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Haithabu
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Beitrag Do., 15.02.2018, 17:28

Henryette, ich finde mich auch sehr in deinem Beitrag wieder.
Mein Mann ist zwar sehr empathisch was körperliche Nähe angeht und stellt diesbezüglich überhaupt keine Forderungen, aber aufgrund der Gesamtsituation gerate ich manchmal in den Zwang, ihm ja auch was "geben" zu müssen. Bin ich doch sonst aufgrund der psychischen Belastung schon gewissermaßen eine "Zumutung". Und natürlich hat dieses Geben dann auch etwas selbstzerstörerisches und nicht selten geht es einher mit Gedanken wie, dass ich es ja nicht anders verdient habe, als so "benutzt" zu werden und anschließendem Ekel- und Schamgefühlen.
Im Gespräch in der Therapie darüber habe ich erkannt, dass es auch definitiv nicht in Ordnung ist, ihn da quasi in mein selbstschädigendes Verhalten mit hinein zu ziehen und ihn unerkannt übergriffig werden zu lassen.
Aber es fällt mir auch schwer ein Mittelmaß zu finden zwischen dieser gleich sehr sexualisierten (mir bekannten) Nähe und zärtlicher körperlicher Nähe, die in ihrer Zartheit dann auch kaum aushaltbar (weil unbekannt) ist. Deshalb gehe ich lieber komplett auf Distanz, das fühlt sich in der belasteten Situation am sichersten an.

Es gab aber auch schon Zeiten, in denen das anders war und ich ein gutes Maß finden konnte. Deshalb denke ich schon, dass eben die Auseinandersetzung mit diesen schwierigen Themen in der Therapie dazu beitragen, dass ich diesen Raum für mich brauche. Es wird sich hoffentlich auch wieder ändern.

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Henryette
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Beitrag Do., 15.02.2018, 17:41

Genau so. Du sprichst mir aus der Seele. Ich denke mir auch immer: irgendwas muss ich ihm doch geben! Ich bin momentan so eine besch... Freundin das ich Ihn doch wenigstens in einem Punkt „befriedigen“ müsste. Und da war Sex, so absurd es klingt, immer am leichtesten für mich. Kopf ausschalten und wegbeamen. Bei meinem Therapeuten brauch ich keine Angst haben vor sexueller Nähe, vielleicht kann ich deshalb mehr Nähe dort ertragen und habe den Wunsch seine Hand zu halten? Es ist nicht gefährlich...
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Martin Johannes Walser

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Sausewind
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 13:55

Henryette hat geschrieben: So., 11.02.2018, 20:06 Dr. Paul Vereshack und das Buch heißt „Hilf mir - Ich bin‘s leid mich so schlecht zu fühlen.“
Hallo Henryette, ich habe mir das von dir zitierte Werk mal durchgelesen (ist ja frei online abrufbar), manche Passagen ausführlicher, manche weniger. Was ich dich (und die andere, die das Thema auch beschäftigt) gerne fragen würde: Glaubt ihr, dass das so (einfach) funktioniert, wie dort dargestellt? Das scheint ja da alles relativ unproblematisch zu sein.

Ist vielleicht das einzige Problem bei solch angewandten Techniken, wie dort beschrieben, dass sie eben in normalen Therapien den Stempel von "übergriffig" und "missbräuchlich" bekommen, weil sie dort nicht vorgesehen sind? Während sie, wenn sie von Anfang an offen als bewusst angewandte Therapieinterventionen deklariert würden, ganz unkompliziert angewendet werden könnten?

Also wenn ein Therapeut von Anfang an ganz offen sagen würde, ich arbeite nach dieser Methode, und hier können Sie z. B. einfordern, dass Sie an meinem Hals liegen oder Sie und ich unsere nackten Bäuche aneinanderpressen (dieses Szenario wird dort ja beschrieben), dann wäre das alles viel, viel unproblematischer, da weniger hochstilisiert und nicht so sehr mit der Aura des Verbotenen behaftet?

Denn der Autor beschreibt ja keinerlei von der problematischen Verstrickungen, die hier viele Userinnen berichten, die durch selbst kleinste körperliche Berührungen ausgelöst werden können (ich denke an den aktuellen Thread mit dem Haare-aus-dem-Gesicht-streichen)?

Was meint ihr dazu?

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Philosophia
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 14:54

Purer Brechreiz...da muss der Patient reflektiert genug sein und genug Realitätsbezug haben. Ich hatte auch so Therapeuten, die meinten, mal ihre heilenden äh heiligen Hände benutzen zu müssen. Das muss vorher wirklich klar kommuniziert und reflektiert sein, sonst ein No Go, finde ich. Auch muss der entsprechende Thera mit dem Echo umgehen können und Begrenzungen setzen.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Sausewind
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 15:04

Philosophia hat geschrieben: Mo., 19.02.2018, 14:54Das muss vorher wirklich klar kommuniziert und reflektiert sein, sonst ein No Go, finde ich. Auch muss der entsprechende Thera mit dem Echo umgehen können und Begrenzungen setzen.
Ja, aber das ist ja genau mein Punkt....dass ich mich frage, ist es alles nur eine Frage der klaren Kommunikation, und dann ist es unproblematisch? Denn dieser Autor scheint ja klar zu kommunizieren, was Sache (also Therapieablauf) ist- und schützt sich somit vor Verstrickungen?! (Ich weiß es nicht.... :dunno: ) Aber es hat ja bei ihm nichts Verschämtes, und vielleicht löst die Methode daher keine Probleme aus...(??)


Marilen
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 15:09

Wieso reizt so ein Vorgehen?
Das wäre die Frage, die ich mir stellen würde.
Reizt es mich weil ich meine sowas zu brauchen und: ist es tatsächlich das, was ich brauche oder ist das eigentlich was ganz anderes?
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.

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candle.
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 15:09

Sausewind hat geschrieben: Mo., 19.02.2018, 15:04 Ja, aber das ist ja genau mein Punkt....dass ich mich frage, ist es alles nur eine Frage der klaren Kommunikation, und dann ist es unproblematisch?
Ich kann mir das überhaupt nicht unproblematisch vorstellen! Ist auch die Frage wie kommunikativ der Klient ist und selber in der Lage ist Grenzen zu setzen. Wenn man nur nach giert, dann ist das wieder grenzenlos und nicht vernünftig kommunizierbar.

candle
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