Panik vor den letzten Stunden

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Philosophia
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Beitrag Mo., 22.08.2022, 13:07

ArcticFox hat geschrieben: Mo., 22.08.2022, 11:12 Denn ich spüre, dass es das Richtige ist, um mich frei zu fühlen und dass ich das sehr gerne aus tiefstem Herzen so empfinden möchte - um meinentwillen. Aktuell ist es leider eine rein rationale Erkenntnis. Meine Gefühle hinken hinterher und ein großer Teil von mir schreit panisch auf, weil es sich anfühlt, als würde dadurch die Welt einstürzen :-(
Ich weiß nicht, vielleicht fühlst du mal in die andere Richtung - wie wäre es für dich, wenn dein Therapeut die ganze Zeit wollen würde, dass du nicht traurig sondern in Partystimmung bist, weil du jetzt gehst?
So weit ich es mitgekriegt habe, lässt er dir deine Gefühle und das ist gut so. Er will nicht, dass du seine Gefühle (u.a. Freude) übernehmen musst.
Könnte dir der Gedanke helfen, um ins Fühlen zu kommen?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Sydney-b
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Beitrag Mo., 22.08.2022, 13:09

Ja, stimmt natürlich auch wieder. ::?


ziegenkind
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Beitrag Mo., 22.08.2022, 13:33

Arctic Fox, ich hab leider nicht alles gelesen. Aber vielleicht hilft es Dir, der Frage nachzugehen, warum es für Dich so wichtig ist, dass er genau so fühlt wie Du. Er hat ja nicht gesagt, Du seist ihm völlig gleichgültig. Er hat gesagt, er würde Dich nicht vermissen - vielleicht weil er sich für Dich freut, vielleicht weil er Dich und Eure Begegnung gut verinnerlicht hat.

Für mich war es eine ungeheure Befreiung, auf den letzten Metern meiner Therapie zu lernen, dass (i) unterschiedliche Gefühle okay sind und (ii) anders nicht heißt weniger wertvoll, weniger intensiv. (was für ein vermessener Gedanke im Übrigen)

Und richtig, richtig wichtig war die Erkenntnis, dass auch diejenigen meiner Gefühle sein dürfen und sogar als Geschenk willkommen geheißen werden, die nicht genau so erwidert werden. Mit dem Kämpfen aufhören und einfach nur noch lieben - war wirklich schön und großartig
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Philosophia
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Beitrag Mo., 22.08.2022, 15:41

Das hast du schön geschrieben, ziegenkind! Ich weiß noch, wie die Analytikerin, als ich ging, was megaplattes zu mir gesagt hat, haha, und nicht nur das. Die Stunde war traurig, lustig, drollig und das Wichtigste: Alles durfte sein: Sowohl von mir als auch von ihr. Ihre letzten Worte waren wirklich, hm, ja, so mancher würde sagen "unpassend", aber ich weiß ja, wie sie das gesagt hat, und das war sehr herzlich. Das war ein richtiges emotionales Oxymoron. Ich weiß noch, wie ich gelacht habe, und sie auch. Und wir haben immer gern miteinander gelacht. Als ich das Tor schloss, habe ich gesehen, wie sie noch am Fenster stand und mir nachgesehen hat. Das war schmerzhaft schön. Was ich sagen will, ArcticFox, bleib offen für das, was kommen mag. Was gegen ein großes Kontrollbedürfnis und Angst hilft: Neugierde, und ja, wie ziegenkind schrieb, Liebe (und zwar die, die aus einem selbst rauskommt).
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ArcticFox
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Beitrag Di., 23.08.2022, 13:04

Kurz zu der Idee, die Stunde aufzunehmen: Fänd ich grandios. Tatsächlich hatte ich den Thera vor langer Zeit schonmal danach gefragt, weil ich eine Zeit lang das Problem hatte, dass ich mich nach den Stunden an absolut nichts mehr erinnern konnte. Aber er war damals dagegen und ich nehme an, daran hat sich nichts geändert. Daher werde ich ihn nicht danach fragen.


Philosophia hat geschrieben: Mo., 22.08.2022, 13:07 Ich weiß nicht, vielleicht fühlst du mal in die andere Richtung - wie wäre es für dich, wenn dein Therapeut die ganze Zeit wollen würde, dass du nicht traurig sondern in Partystimmung bist, weil du jetzt gehst?
So weit ich es mitgekriegt habe, lässt er dir deine Gefühle und das ist gut so. Er will nicht, dass du seine Gefühle (u.a. Freude) übernehmen musst.
Könnte dir der Gedanke helfen, um ins Fühlen zu kommen?
Das trifft gerade nen Nerv, damit kann ich was anfangen, ja, danke sehr! Auch, wenn ich mich jetzt schlecht fühle, weil ich so egoistisch bin... Aber ich empfinde diesen Perspektivwechsel als sehr hilfreich.


@ziegenkind
Ja, er hat nicht gesagt, dass ich ihm egal bin. Ich bin in den letzten Tagen auch in Ansätzen schon selbst darauf gekommen, dass man das, was er gesagt hat, durchaus auch sehr positiv und zugewandt verstehen kann. Ich hätte von mir behauptet, dass ich es normalerweise ok finde, wenn unterschiedliche Menschen unterschiedliche Empfindungen in Bezug auf einander haben. Warum es mir an dieser Stelle so schwer fällt, das so stehen zu lassen, liegt in meiner mangelnden Vorstellungskraft begründet, fürchte ich. Ich kann mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich jemanden nach einer intensiven Zeit gar nicht vermissen würde, wenn ich es mit demjenigen währenddessen tatsächlich ernst gemeint habe und nicht nur aus "taktischen" Überlegungen heraus so getan habe, dass ich an demjenigen Anteil nehme - auch bei einer rein beruflichen Beziehung. Und ich tue mich gerade unendlich schwer damit, das einfach hinzunehmen, dass, nur, weil ich es mir nicht vorstellen kann, es nicht heißt, dass es nicht wahr sein kann. Ich habe mich ehrlich gesagt nicht für so intolerant gehalten, aber offenbar ist das eine letzte (etwas schmerzhafte) Selbsterkenntnis, die diese Therapie so mit sich brachte...

Ich glaube, im Grunde ist es ganz einfach: Ich halte es für wesentlich wahrscheinlicher, dass mein Therapeut (und andere Menschen, die nett zu mir sind) mich nicht wirklich mag, ich nicht wirklich interessant sein könnte etc., sondern dass er in Wirklichkeit ein manipulatives A.loch ist und ich nur zu blind bin, um es zu merken. Und während der vergangen Jahre habe ich mich darin einlullen lassen zu glauben, dass er es gut mit mir meint und irgendwann tatsächlich aufgehört, daran zu zweifeln. Ich hatte unvorsichtigerweise mein Misstrauen zur Seite gelegt und zugelassen, dass dieses wunderschöne warme Gefühl von Zuneigung, Wertschätzung und Interesse mich berührt und ich habe die Nähe, die daraus entsteht, zugelassen und die Verletzlichkeit und letztlich auch die Liebe. Aber angesichts der Trennung wird diese sehr tiefsitzende Überzeugung, dass ich nicht wert bin, gemocht oder gar geliebt zu werden wieder massiv aktiviert und ich suche die Beweise dafür, dass es wirklich so ist. Letztlich ist es wohl ein verzweifelter Versuch, mich vor dem kommenden Schmerz zu schützen. Auch wenn das gerade wohl nicht weniger weh tut, aber diesen Schmerz kenne ich wenigstens schon :-(

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Philosophia
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Beitrag Di., 23.08.2022, 14:28

ArcticFox hat geschrieben: Di., 23.08.2022, 13:04 Auch, wenn ich mich jetzt schlecht fühle, weil ich so egoistisch bin... Aber ich empfinde diesen Perspektivwechsel als sehr hilfreich.
Du bist der Patient, du darfst und sollst auch egoistisch sein. Ich wollte dir nur sagen, dass er dir etwas schenkt: Dass er dich sein lässt, während er anders empfindet als du. Das ist sehr wertschätzend und wohlwollend. Hier kannst du auch sehen, dass dass er dir sehr zugewandt ist.
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ziegenkind
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Beitrag Di., 23.08.2022, 17:17

Arctic Fox, Deine Denke ist ganz schön selbstverletzend, oder? Du lässt keine andere Alternative zu als die für Dich denkbar schlechteste. Ich glaube, hier DARF Dir Dein Therapeut nicht nachgeben, weil Du ja sonst in Deinen fatalen und dysfunktionalen Mustern bestätigt würdest.

Natürlich kann man einen anderen wirklich mögen, sich über seine Fortschritte freuen und ihn zuversichtlich seines Weges ziehen lassen. Ich hab sehr bedeutungsvolle und tiefe Beziehungen zu Menschen gehabt (zu ehemaligen Studierenden von mir z.B.), die jetzt nicht mehr in meinem Leben präsent sind und an die ich hin und wieder voll Wärme denke.

Mein Vorschlag: Statt den destruktiven Versuch zu unternehmen, Deinem Therapeuten "nachzuweisen", dass er entweder vor seinen Gefühlen Angst hat oder Dir gegenüber gleichgültig ist (beides läuft auf Abwertung hinaus ....), könntest Du ihn fragen, wie das geht, nicht vermissen ohne den anderen abzuwerten, kleinzumachen etc.
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Solage
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Beitrag Di., 23.08.2022, 19:40

ArticFox, ich habe jetzt mit meinem Therapeuten darüber gesprochen, dass ich nach deinen Erfahrungen auch Angst bekomme, dass er sich zum Schluss sehr distanzieren könnte (ohne das Forum hier zu erwähnen) und er hat meine Angst aufgenommen und so gedeutet, dass er mich abweisen würde, wenn er sich distanziert verhält: Frau Solage, dann würde ich Sie ja abweisen! Dann würde ich ihre Gefühle abwehren und ihnen keinen Platz geben. Das wäre doch furchtbar!“


Natusik
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Beitrag Di., 23.08.2022, 20:00

Solage hat geschrieben: Di., 23.08.2022, 19:40 ArticFox, ich habe jetzt mit meinem Therapeuten darüber gesprochen, dass ich nach deinen Erfahrungen auch Angst bekomme, dass er sich zum Schluss sehr distanzieren könnte (ohne das Forum hier zu erwähnen) und er hat meine Angst aufgenommen und so gedeutet, dass er mich abweisen würde, wenn er sich distanziert verhält: Frau Solage, dann würde ich Sie ja abweisen! Dann würde ich ihre Gefühle abwehren und ihnen keinen Platz geben. Das wäre doch furchtbar!“
Psychotherapeuten MÜSSEN eine gewisse Mischung aus Distanz und Nähe wahren. Ich verstehe nun wirklich nicht, wieso hier fast jeder schreibt, wie schlimm es doch sei, wie der Therapeut sich gegen Ende der Psychotherapie verhält.
Ich denke, wenn Therapeuten irgendwo gegen Ende der Therapie traurig sind, weinen, den Patienten nicht gehen lassen wollen, dann stimmt was nicht! Dann war der Therapeut doch nicht distanziert genug, falls es zu solchen Gefühlen seinerseits kommt.
LG
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Solage
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Beitrag Di., 23.08.2022, 20:10

Ich finde, wenn Therapeuten nach langjährigen, intensiven Therapien sich nicht auch eine gewisse Traurigkeit beim Abschied eingestehen, dann stimmt bei denen was nicht.
Sagt auch mein Analytiker, der auch ausbildet.

Das heißt aber nicht, dass der Therapeut den Patienten nicht gehen lassen will aus Egoismus.
Die Freude, dass sich Kinder entwickeln, flügge werden und das Heim verlassen, darf durchaus mit Wehmut durchsetzt sein.

Ich habe erwachsene Kinder und freue mich über deren Entwicklung, aber ich stoße sie deshalb nicht fort und sie wohnen in meinem Herzen.


Natusik
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Beitrag Di., 23.08.2022, 20:18

Solage,
ich habe auch drei Kinder und wenn die irgendwann erwachsen werden, dann werde ich sehr traurig und gleichzeitig auch glücklich sein, wenn sie das Elternhaus verlassen werden.
Ich persönlich finde, man kann Eltern-Kinder mit Therapeuten-Patienten nicht vergleichen. Man sollte immer im Kopf haben, dass der Therapeut in erster Linie der behandelnde Arzt ist, welcher eben die Seele heilt
LG
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Philosophia
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Beitrag Di., 23.08.2022, 20:19

Solage, ich finde das schwierig, dass du deinen Weg (über den ich mich mitfreue, das hab ich ja oft ausgedrückt) mit dem von ArcticFox so vergleichst. Und jemandem zu unterstellen, dass mit ihm was nicht stimmt, wenn er/sie nicht traurig ist, ist doch wirklich nicht hilfreich jetzt. Was soll ArcticFox jetzt machen? Was bezweckst du damit jetzt, Solage? ArcticFox hat diese Gefühle doch schon benannt - aber wieso darf es bei ihm nicht einen anderen Weg geben, der übrigens nicht weniger herzlich sein muss, bloß weil sein Therapeut nicht dasselbe sagt wie deiner. Mir wäre deiner too much, und trotzdem hab ich den Eindruck, dass er dir gut tut. Darüber freu ich mich.
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Solage
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Beitrag Di., 23.08.2022, 20:40

Also, wenn es ArticFox einfach gut tut, dann brauche ich mir keine Gedanken machen und diskutieren.
Dann erübrigt sich seine Frage.
Ist doch alles gut!

Wie hier übrigens jeder über sich und seine Einstellung zu diesem Thema schreibt, tue ich das auch.

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Philosophia
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Beitrag Di., 23.08.2022, 20:45

Na ja, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass du jetzt auf ihn eingehst, sondern nur deins auf ihn projizierst. Er hatte doch jetzt so viele konstruktive Gedanken. Und du scheinst von ihm zu wollen, dass er sich weiter aufregt und am Therapeuten rumzerrt. So wirkt das halt. Darum hab ich mich gefragt, was deine Intention ist.
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Solage
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Beitrag Di., 23.08.2022, 21:05

Philosophia hat geschrieben: Di., 23.08.2022, 20:45 Und du scheinst von ihm zu wollen, dass er sich weiter aufregt und am Therapeuten rumzerrt.
Das ist Quatsch!

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