Den Therapeuten anlügen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

SuspiriaHysteria
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 317

Beitrag Sa., 27.06.2020, 15:20

Jetzt antworte ich auch mal :)

Die Magersucht ist bei mir vorbei in dem Sinne, dass ich vom Gewicht normal bin, ich hab aber immer noch essgestörte Gedanken. Mal mehr, mal weniger stark. Mittlerweile habe ich aber herausgefunden, dass das Essen/Hungern nur ein Teil von einem Ganzen ist, das ich Traumafolgestörung nennen würde. Essen/Hungern war und ist nämlich für mich eine Möglichkeit, meine Gefühle, Ängste und intrusiven Gedanken zu unterdrücken.
fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 10:50

Kannst du evtl mal kurz erklären wie ihr das in der Therapie bearbeitet habt?
Ich war nie wegen meiner Essstörung in Therapie, bin aber seit Anfang des Jahres bei einem Traumatherapeuten in Behandlung, da ich an einer Dissoziativen Störung leide. Plus Weiteres. Das Essen war mal Thema, aber im Großen und Ganzen ist es nicht der Dreh- und Angelpunkt, sondern meine traumatischen Erfahrungen. Ich bin mir sicher, dass wenn ich diese endlich verarbeitet habe, auch das Symptom Essstörung, und viele weitere, verschwinden werden.

Ich hoffe ich konnte Dir weiterhelfen :)

LG
Suspiria

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fanatikati
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 19
Beiträge: 37

Beitrag Sa., 27.06.2020, 15:35

Danke für die Antwort Suspiria.

Genau davor habe ich auch Angst, dass die essgestörten Gedanken eben nie weggehen. Vielleicht ist das auch mitunter ein Grund für die Vermeidungstaktik, dass ich nicht herausfinde, dass ich das niemals ganz wegbekommen werden.

Das freut mich für dich dass es läuft :)

Benutzeravatar

chrysokoll
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 45
Beiträge: 3742

Beitrag Sa., 27.06.2020, 17:11

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 14:24 @chrysokoll aber es ist doch keine bewusste sondern eine unbewusste Sache.
selbstverständlich ist das (auch) eine bewusste Sache!
Natürlich läuft vieles unbewusst ab, aber auch das kannst du durchaus beeinflussen.

Es ist an dir diese aktive Entscheidung FÜR die Therapie zu treffen.
Einmalig so richtig. Und immer wieder. Dir auch immer wieder zu sagen "ich mache das jetzt, ich ziehe das durch"
Du wirst selber wissen welche Worte, welche Sätze da für dich stimmig sind.
Und die kannst du dir auch aufschreiben, immer wieder nachlesen, als Entschluss an die Wohnzimmertür heften usw.

Solange du nicht wirklich für dich diese Entscheidung triffst wird die Therapie viel schwerer bis wirkungslos

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fanatikati
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 19
Beiträge: 37

Beitrag Sa., 27.06.2020, 18:22

Ich denke schon ne ganze Weile über deine Zeilen nach.
Ich entscheide mich ja auch aktiv immer wieder für die Thearapie. Jedes mal vor einer Stunde wenn die Gedanken aufkommen nicht hinzugehen entscheide ich mich ja aktiv dagegen und gehe dennoch hin.
Ist denn der alleinige Gedanke daran abzubrechen schon eine Art Widerstand gegen die Therapie?

Werbung

Benutzeravatar

haluro
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 55
Beiträge: 298

Beitrag Sa., 27.06.2020, 18:31

Ich habe immer eine Margherite genommen und Blütenblätter gezählt, gerade hieß etwas machen, ungerade es nicht machen. :kopfschuettel:
Hat lange gedauert, zuzugeben, daß ich etwas nicht wollte. Wobei mir nicht ganz klar war, ob es nicht wollte oder ob ich nur die damit verbundene Auseinandersetzung scheute.

Mfg
iadi

Benutzeravatar

Arakakadu
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 33
Beiträge: 1470

Beitrag Sa., 27.06.2020, 19:22

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 18:22 Ist denn der alleinige Gedanke daran abzubrechen schon eine Art Widerstand gegen die Therapie?
Hallo! Ich habe nicht alle Beträge gelesen! Aber bei mir ist es ganz gleich! Ich habe die selben Gedanken und ich glaube, dass ich in Wahrheit Angst habe die Essstörung nie loszuwerden oder sie vl nicht loslassen kann. Noch....

Das gedankliche Abbrechen der Therapie ist eben ein Widerstand, gleich wie ganz starke Übertragungsliebe. Das kann auch eine Art Widerstand sein! Ich habe das seid 6 Monaten ca, seit es richtig zur Sache geht und es ist sehr anstrengend. Ich will weg, oder Therapeuten wechseln und bin ständig mit meinen Gedanken im Abbruch und suche permanent Fehler.

Hast du schonmal so offen nachgefragt?

Benutzeravatar

mathilda1981
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 42
Beiträge: 230

Beitrag Sa., 27.06.2020, 19:47

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 15:35 Genau davor habe ich auch Angst, dass die essgestörten Gedanken eben nie weggehen.
Dazu kann ich nur sagen, ich hatte im Teenageralter Bulimie. Vor ca 20 Jahren habe ich mit dem erbrechen aufgehört und ...ja, wie ich jetzt weiß, anders den Selbsthass kompensiert. Heute, ca 25 Jahre nach Anfang der Essstörung habe ich immer noch die gleichen Gedanken und kämpfe momentan wieder täglich gegen die Essensverweigerung. Ich bin nicht Untergewichtig, weit entfernt davon. Ok, ich bin im Normalbereich...aber trotzdem - wenn ich sagen würde, ich habe eine Essstörung denke ich im nächsten Moment - naja, schadet definitiv nicht, dann wärst du nicht so fett....Meine Gedanken drehen sich darum wann ich wieviel und wie oft essen darf/kann/muss/soll. Es nervt. Es nervt gewaltig. Ich mache mittlerweile eine Therapie (die Essstörung ist da eigentlich kein Thema sondern ein Symptom) und auch hier sind diese Gedanken erstmal schlimmer geworden - weil ich mich mit Dingen beschäftigt habe, bei denen meine Esstörung eben ein Ventil war - und scheinbar noch ist. Das ist ok. Aber es wird sich ändern. Ich habe nach so langer Zeit endlich das Gefühl, dass ich am richtigen Punkt ansetze. Sehr schade, dass ich dazu so lange den Selbsthass gebraucht habe. Aber schön, dass ich es noch ändern kann!

Ich wünsche dir, dass du es früher hinbekommst. Und ich glaube schon, dass es mit der richtigen Herangehensweise und "Lösung" einen Weg gibt, nicht ständig diese Gedanken zu haben. Irgendwann wird der Gedanke bei mir in den Hintergrund treten, genau dann, wenn ich ihn nicht mehr so zum kompensieren brauche - und das wünsche ich dir auch.

Lg Mathilda

Benutzeravatar

Sadako
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 733

Beitrag Sa., 27.06.2020, 20:17

@fanatikati

Ich habe meine Essstörung weitgehend überwunden aber tatsächlich nicht ganz. Die Körperschemastörung ist geblieben. Ich nehme mich fett wahr mit einem BMI von unter 19. Dennoch beherrscht das Thema nicht mehr meine Gedanken und mein Leben.
In ganz schwierigen Zeiten, verliere ich meinen Appetit und dann merke ich, wie der alte Mist wieder aufflackert. Das ist ein Warnzeichen für mich und wenn ich mich um das Problem dahinter kümmere, verschwinden diese Anwandlungen wieder.
Letztlich ist eine Eßstörung eine Bewältigungsstrategie und in Notzeiten, kann es sein, dass der Mechanismus noch mal wieder anspringt. Damit kann man aber leben lernen.
Zuletzt geändert von Sadako am Sa., 27.06.2020, 20:35, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar

SuspiriaHysteria
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 317

Beitrag Sa., 27.06.2020, 20:30

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 15:35
Genau davor habe ich auch Angst, dass die essgestörten Gedanken eben nie weggehen. Vielleicht ist das auch mitunter ein Grund für die Vermeidungstaktik, dass ich nicht herausfinde, dass ich das niemals ganz wegbekommen werden.
Tatsächlich ist es bei mir so, dass ich jetzt schon 14 Jahre an meiner Essstörung leide. Es gab echt schlimme Zeiten, aber ich habe auch viele Erkenntnisse gewinnen können. Wenn ich mein heutiges Essverhalten mit meinem Essverhalten damals vergleiche, ist das schon ein wahres "Upgrade". Die essgestörten Gedanken sind mal leiser, mal lauter. Aber damit kann ich mittlerweile leben.

Versuche es jetzt anzugehen. Aber setze Dich trotzdem nicht unter Druck. Mir ist z. B. erst in den letzten zwei Jahren bewusst geworden, dass die Essstörung mit etwas viel tiefer Liegendem zu tun hat. Und Erkenntnisse bekommt man eben nicht von heute auf morgen.

Im Nachhinein habe ich auch erkannt, dass ich immer vor der Therapie "geflüchtet" bin, weil ein Teil in mir verhindern will, dass es mir besser geht. Aber dieser Teil will mich auch schützen, denn die Essstörungen und andere Sachen sind ja aktuell noch meine Coping Strategien, die mich bis jetzt "getragen" haben. Denn diese Sucht - Essstörungen sind für mich mit Süchten gleichzusetzen - erfüllt ihren Zweck. Welcher Zweck auch immer das sein mag und das muss man akzeptieren, denke ich.

Kann es sein, dass Du Dich bei Deinem Thera vielleicht doch nicht so gut aufgehoben fühlst? Vielleicht möchtest Du lieber mit einer Frau sprechen? Ich z. B. kann gar nicht mit weiblichen Theras, aber vielleicht ist es bei Dir andersherum? Bei Deiner Magersucht geht es ja - wenn man es im ersten Schritt sieht - erstmal um den zu niedrigen BMI, sprich Deinen Körper. Vielleicht fällt es Dir schwer mit einem Thera über Deinen Körper zu reden? Bei mir war es z. B. auch so, dass die Regel ausgesetzt hat, weil ich zu wenig gewogen habe. Darüber hätte ich nie mit einem FachMANN sprechen wollen.

Also im Großen und Ganzen kann ich Dir nur den Tipp geben, Dich nicht unter Druck zu setzen, aber ebenso ehrlich zu Dir zu sein, auch wenn es hart ist.

Alles Liebe
Suspiria :)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fanatikati
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 19
Beiträge: 37

Beitrag Sa., 27.06.2020, 21:13

Marlena hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 19:22 Ich habe die selben Gedanken und ich glaube, dass ich in Wahrheit Angst habe die Essstörung nie loszuwerden oder sie vl nicht loslassen kann. Noch....
Ja. Mich begleitet das mittlerweile so lange und ich bin manchmal so hoffnungslos. Ich denke wenn ich in der Therapie zur Erkenntnis kommen würde, dass ich nie ein normales Essverhalten hätte dann wäre das für mich ein Weltuntergang. Hört sich jetzt überdramatisch an, aber mir hat das in den letzten Jahren so viel Lebensfreude genommen. Gleichzeitig aber auch so viel geholfen.

Was meinst du mit nachfragen?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fanatikati
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 19
Beiträge: 37

Beitrag Sa., 27.06.2020, 21:16

@mathilda freut mich zu hören, dass du nun endlich einen Ausweg siehst. Mir macht es allerdings immer so Angst, wenn jemand berichtet er leidet so lange an der Essstörung zumindest an den Gedanken. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie man so lange damit leben kann.

@Sadako. Aber wie kannst du mit diesem Gefühl "fett" zu sein leben? Bei mir ist es momentan so, dass ich es nicht mehr schaffe normal einkaufen zu gehen, nichtmal im Wald spazieren. Ich kann mir einfach nicht vorstellen dieses Gefühl dick zu sein weiterhin zu haben und dennoch damit leben zu können?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fanatikati
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 19
Beiträge: 37

Beitrag Sa., 27.06.2020, 21:21

SuspiriaHysteria hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 20:30
Im Nachhinein habe ich auch erkannt, dass ich immer vor der Therapie "geflüchtet" bin, weil ein Teil in mir verhindern will, dass es mir besser geht. Aber dieser Teil will mich auch schützen, denn die Essstörungen und andere Sachen sind ja aktuell noch meine Coping Strategien, die mich bis jetzt "getragen" haben.
Ja das kann ich vermutlich genau so unterschreiben. Es läuft irgendwie alles schief, außer das abnehmen gibt irgendwie halt.
SuspiriaHysteria hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 20:30
Kann es sein, dass Du Dich bei Deinem Thera vielleicht doch nicht so gut aufgehoben fühlst? Vielleicht möchtest Du lieber mit einer Frau sprechen? Ich z. B. kann gar nicht mit weiblichen Theras, aber vielleicht ist es bei Dir andersherum? Bei Deiner Magersucht geht es ja - wenn man es im ersten Schritt sieht - erstmal um den zu niedrigen BMI, sprich Deinen Körper. Vielleicht fällt es Dir schwer mit einem Thera über Deinen Körper zu reden? Bei mir war es z. B. auch so, dass die Regel ausgesetzt hat, weil ich zu wenig gewogen habe. Darüber hätte ich nie mit einem FachMANN sprechen wollen.
Ich muss tatsächlich gerade darüber lachen, weil mein Thera mich das auch gefragt hat, also ob er als MANN ein Problem ist. Aber ich kann wirklich auch gar nicht mit weiblichen Theras, vor allem in Hinblick auf Themen die den Körper betreffen. Irgendwie unterstelle ich Frauen da immer gleich eine gewisse Feindseligkeit und ja auch irgendwie mehr Unverständnis und weniger Einfühlungsvermögen. Ich bin auch bewusst bei einem männlichen Frauenarzt also peinlich ist mir da nichts :-)

Benutzeravatar

SuspiriaHysteria
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 317

Beitrag Sa., 27.06.2020, 21:31

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 21:21 Ich bin auch bewusst bei einem männlichen Frauenarzt also peinlich ist mir da nichts :-)
Hey, dann bewundere ich Dich dafür, weil das kann ich irgendwie nicht :D

Tatsächlich habe ich auch das Gefühl, dass die ES mir zwischendurch Halt gibt. Das Hungern gibt mir ein Gefühl von Kontrolle, wenn im Außen alles unkontrollierbar wird. Sozusagen als Ersatz für das Gefühl etwas nicht steuern zu können. Tja, wenn ich wüsste wie man das loslässt, dann wären viele Dinge so viel einfacher.

Und irgendwie ist die ES natürlich auch zu einem Wegbegleiter geworden. Ist dann die Frage, ob man/ich das so einfach loslassen kann.

LG
Suspiria

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fanatikati
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 19
Beiträge: 37

Beitrag Sa., 27.06.2020, 21:39

SuspiriaHysteria hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 21:31.

Und irgendwie ist die ES natürlich auch zu einem Wegbegleiter geworden. Ist dann die Frage, ob man/ich das so einfach loslassen kann.
Wenn ich wüsste ich bekomme sie weg, dann würde ich mich schon trauen sie loszulassen. Ich habe nur die Angst dass es sich verlagert wie ich es schonmal hatte, also ins viele Essen und dann wieder Hungern. Außerdem wäre ich die perfekte Person die in die Bulimie auch noch rutschen könnte, das macht mir noch mehr Angst.

Wenn man mich vor die Wahl stellen würde, so zu sein wie ich jetzt bin oder stattdessen 100kg zu wiegen und damit glücklich zu sein würde ich sofort letzteres nehmen. Es raubt einem einfach so viel Lebensfreude sich selbst und den eigenen Körper so zu verabscheuen.

Benutzeravatar

Sadako
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 733

Beitrag Sa., 27.06.2020, 21:42

@fanatikati
Es ist nicht toll. Ich kann meinen Körper nicht anfassen und Spiegel ist auch nicht gut aushaltbar.
Ich versuche mich nicht damit zu beschäftigen.
Auf Fotos kann ich komischerweise sehen, dass ich eher dünn bin.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag