Verhaltenstherapie = Dressur ?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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AniLo
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Beitrag So., 31.07.2011, 15:59

Ich hatte schon gesundheitl Zusammenbrüche und kann mich von manchem trotzdem nicht lösen, ich klage - ändere aber nichts. Das gibt kurzfristig Entlastung, aber langfristig hat es nichts gebracht. Ich habe auch so Angst, beim Neuen wieder zu scheitern/nicht angenommen zu werden. Münchnerkindl: Wie bist Du von dem Muster weggekommen ?

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Füchsin
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 09:38

Mir ging es gar nicht darum, eine Methode als besser oder schlechter als die andere hinzustellen, sondern ich habe nur meine ganz subjektive Meinung dazu gesagt. Ich selbst kann mir nicht vorstellen, dass eine VT bei meinen Problemen wirklich gegriffen hätte, und ich kann mit der Herangehensweise einfach nicht viel anfangen. Es freut mich aber für jeden, der damit gute Erfahrungen gemacht hat. Wie gesagt, wenn die Methode für den Einzelnen stimmt und Besserung bringt, gibt's daran nichts auszusetzen. Wer heilt, hat Recht, wie es so schön heißt.

Generell finde ich es aber problematisch, wenn jemandem, egal, wie stabil oder instabil er ist, recht von oben herab gesagt wird, wie er zu fühlen und sich zu verhalten hat, und ich hatte den Eindruck, dass sei bei AniLos Therapeut der Fall. Ich persönlich würde mich in einer solchen Situation vom Therapeuten nicht angenommen, sondern reglementiert und unter Druck gesetzt fühlen. Ich denke, es gibt in beiden Fachrichtungen (und der Analyse erst recht) eben auch sehr arrogante Therapeuten, die meinen, sie wüssten besser als ihre Patienten, wie diese ticken, und das finde ich respektlos. Der Patient sollte doch im Mittelpunkt stehen mit seinem Erleben, und nicht das Raster der Methode, das dann jemandem aufgepresst wird. Ich fände den Gedanken unerträglich, sich zu einer Therapie zu zwingen, in der man sich nicht angenommen und geachtet fühlt.

Was die 45 Stunden betrifft, so kann ich mir vorstellen, dass es bei vielen gar nicht zu so einer Verlängerung kommt. Denn es entspricht ja auch irgendwie unserem aktuellen Lebenstakt, alles in möglichst kurzer Zeit durchzuziehen, und versehen mit einigen Verhaltensratschlägen bleibt es dann vielleicht bei manchem bei den 25 Stunden, ohne dass an die zugrundeliegenden Probleme herangegangen wurde. Ich sage ja nicht, dass diese Kürze immer nur vom Therapeuten ausgeht. Die Verführung ist auch für den Patienten groß, alles schnell in den Griff kriegen zu wollen, ohne in die Tiefe gehen zu müssen, vor der sich mancher sehr fürchtet. Diese Gefahr sehe ich nunmal bei der VT (bei TFP und Analyse sehe ich andere).

Umgekehrt heißt es aber auch nicht, dass in der tiefenpsychologischen Therapie nur in den schwierigen, schmerzhaften Bereichen der Vergangenheit geschwelgt wird, ohne dass man sich dabei bewegen muss. Ich will nicht ausschließen, dass es auch hier Therapeuten gibt, die z.B. dazu neigen, sich aus eigenen ungeklärten Gefühlen heraus ihre Patienten möglichst abhängig halten zu wollen und die Beziehung zu ihnen als eine Art Dauerersatz für außertherapeutische Beziehungen benutzen. Man hat ja schon Pferde kotzen sehen... Vieles hängt an der Kompetenz des Therapeuten.

Ich bin allerdings heilfroh, dass ich in meiner TFP einen persönlichen Schutzraum hatte, in dem ich mich erst einmal einfach nur angenommen fühlen durfte, wo ich ankommen durfte und nicht gleich wieder unter Handlungsdruck und Zugzwang gesetzt wurde. Klar, ich hatte es auch "einfach", weil ich immerhin meine Post schon wieder geöffnet habe (was ich auch eine ganze Weile lang nicht mehr getan hatte, aber das war lang vor meiner Therapie). Ich "konnte" arbeiten gehen (ich hätte mir niemals die "Schwäche" erlaubt, das nicht zu tun), ich hatte einen geregelten Tagesablauf. Aber stabil war ich trotzdem auch nicht. Wenn mir in der Situation, in der ich vor fast drei Jahren gewesen bin, jemand mit Tabellen und Zielsetzungen gekommen wäre, dann wäre ich innerlich zusammengebrochen, denn an Zielsetzungen hat es mir nicht gemangelt, im Gegenteil. Mein Therapeut hat mich aufgefangen und mir erst mal nur Raum zum Sein gegeben. Ich denke, wenn der Fokus auf dem Handeln gelegen hätte, wäre ich heute noch in der Tretmühle.

Wenn ich das recht verstehe, geht es wohl generell nicht in erster Linie um die Methode, sondern darum, wie viel Wertschätzung und Respekt ein Therapeut der Persönlichkeit seines Patienten entgegenbringt. Denn das betrachte ich als unabdingbar. Dazu gehört in meinen Augen auch, dass sich ein Therapeut nicht die Deutungshoheit über die Gefühle seines Patienten herausnimmt, sondern gemeinsam mit ihm herausfindet, was da eigentlich geschieht. Aber so wie AniLo das schildert, kommt's mir so vor, als wolle dieser Therapeut sagen: "Ich weiß besser, was gut für Dich ist, und wenn Du meinen Anweisungen nicht folgst, wird das nichts bringen." Das ist doch arg entmündigend, vor allem nach so kurzer Zeit.

->
Zuletzt geändert von Füchsin am Mo., 01.08.2011, 09:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Füchsin
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 09:43

Fortsetzung:

Wenn ich schreibe, der Mensch sei ja mehr als die Summe seiner Verhaltensweisen, dann will ich damit nicht sagen, dass Verhalten keine Rolle spielt. Es schlägt sich ja im Verhalten schon eine Menge nieder dessen, was in einem vorgeht. Aber es gibt eben auch Dinge, die man nicht nach außen sieht, und vieles, was man als Patient nicht gleich benennen kann, weil es unbewusst ist. Ich war während meiner Studienzeit auch in psychologischer Beratung, dort habe ich 20 Stunden gemacht und war bei einem Psychologen, bei dem ich mich sehr gut aufgehoben fühlte, aber ich glaube, auch er war methodisch eher in Richtung VT orientiert. Das methodische Vorgehen war im Vorfeld kein Thema, weil es sich um ein (übrigens hervorragendes) Gratisangebot der Uni gehandelt hat. Wir haben gemeinsam an meiner damaligen Prüfungsangst gearbeitet, und das hat mich schließlich dazu befähigt, meine Zwischenprüfungen mit einem sehr guten Ergebnis abzuschließen und aus der Angststarre herauszukommen. Aber heute sitze ich noch immer vor dem Problem, meine Abschlussarbeit nicht fertigzubringen und einen Strich unter mein Studium zu machen, und mit den in der Beratungsstelle erlernten Instrumentarien will mir das auch partout nicht gelingen. Erst die Einsichten in meine Vergangenheit, die ich in meiner TFP erlangt habe, bringen mich jetzt allmählich dahin, zu verstehen, was eigentlich abläuft. TFP heißt ja auch nicht Verharren in der Vergangenheit, sondern Verstehen und Akzeptieren und dann auch Weitergehen. Klar kann man auch argumentieren, dass diese 20 Stunden bei dem Uni-Psychologen nicht ausreichend waren und dass es "nur" eine Beratungsstelle gewesen sei, aber das sehe ich ein wenig anders. Denn auch ich wollte funktionieren und habe mich seinerzeit sehr geschmeichelt gefühlt, als der Psychologe mir sagte, ich mache sehr schnelle Fortschritte. Das hat im Endeffekt dazu geführt, dass ich ihn teilweise belog, weil ich glaubte, dass er an mich dieselben Erfolgserwartungen habe wie meine Eltern.

So, das ist aber nur meine persönliche Sicht der Dinge... Nur, um zu erläutern, wie ich zu meiner Position gekommen bin, die ich hier schildere. Nicht, um jemanden/eine Methode anzugreifen.

Die Füchsin


Waldschratin
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 09:55

Ich hab da wieder ganz andere Erfahrungen...

Ich bin erst über das Ändern meines Verhaltens überhaupt an diese "tieferen Schichten" drangekommen.

Ich hatte ja weiter keine Erinnerungen,keinen "Anhaltspunkt" in mir,was denn mit mir los sei - das kam ja eben erst später,und dadurch,daß ich "gezwungenermaßen" mein Verhalten geändert habe,überhaupt erst zum Vorschein.

Ich hatte als "Anhaltspunkt" lediglich meine Symptome - was darunter lag,das war noch völlig im "Nebel" bei mir.

Und so hat mir meine erste Therapie,eine VT,erst mal so richtig auf die Sprünge geholfen.

Anhand von Listen und Tabellen,den von vielen so abgelehnten ,hab ich rausgefunden aus der Eßstörung,aus dem SVV (das bei mir andere "Gründe" hatte als "mich spüren" zu wollen) etc.

Und als ich mal diese ganzen "Ersatzventile" nicht mehr so ausgiebig nutzte,konnte das "Darunter" erst hochkommen.

Klar,ich wurde dann erstmal von "Erinnerungsfetzen" überflutet und auch "terrorisiert" - aber wenigstens wußte ich dann,wer mein "Gegner in mir" überhaupt war...

Dann ging allerdings "alleine" via VT auch nix mehr...
Aber zum Glück hatte ich da schon nen Thera,der auch ein "Sowohl-als auch"-Mensch war.

Und da bin ich ganz deiner Meinung,Füchsin:
Füchsin hat geschrieben:Wenn ich das recht verstehe, geht es wohl generell nicht in erster Linie um die Methode, sondern darum, wie viel Wertschätzung und Respekt ein Therapeut der Persönlichkeit seines Patienten entgegenbringt.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 10:05

AniLo hat geschrieben:Ich hatte schon gesundheitl Zusammenbrüche und kann mich von manchem trotzdem nicht lösen, ich klage - ändere aber nichts.
ich bin mit einer Psychose (Wahnvorstellungen daß ich in die Hölle komme etc) in der Psychiatrie gesessen und würde sagen, das hat mich davon kuriert zu glauben daß so wie ich gewisse Dinge betrieben habe käme ich irgendwo hin wo es für mich ein schönes Leben zu holen gibt. Dann hatte ich noch eine emotionale Abhängigkeit von einer bestimmten Person am köcheln, die mir ebenfalls nichts als Qualen bereitet hat, der ich als ich wirklich nciht mehr konnte den Kampf angesagt habe-mit Erfolg.

Es waren die zwei Sachen wo ich mir die Frage gestellt habe, willst du so leben. Hat das irgendeinen Mehrwert. Die Antwort war ein ganz klares NEIN. Ich stehe weder auf religiöse Psychosen noch darauf völlig verblödet auf eine Person fixiert zu sein die mir sowieso nicht das gibt (geben kann) was ich mir wünsche. Ich hatte die Wahl, A, daran zugrunde zu gehen und B, davon zu lassen diese Dinge zu betreiben die da hinführen.
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Mo., 01.08.2011, 10:18, insgesamt 1-mal geändert.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 10:18

Füchsin hat geschrieben: Generell finde ich es aber problematisch, wenn jemandem, egal, wie stabil oder instabil er ist, recht von oben herab gesagt wird, wie er zu fühlen und sich zu verhalten hat, und ich hatte den Eindruck, dass sei bei AniLos Therapeut der Fall. Ich persönlich würde mich in einer solchen Situation vom Therapeuten nicht angenommen, sondern reglementiert und unter Druck gesetzt fühlen. Ich denke, es gibt in beiden Fachrichtungen (und der Analyse erst recht) eben auch sehr arrogante Therapeuten, die meinen, sie wüssten besser als ihre Patienten, wie diese ticken, und das finde ich respektlos.

Na, ich hoffe doch daß ein Therapeut zumindest eine ansatzweise Ahnung hat was in seinem Gegenüber vorgeht und was er braucht. Immerhin ist das sein Job als Therapeut, zB auch bei Klienten die nicht so selbstreflektiert sind daß sie selbst wissen was sie wollen und brauchen eine geeignete Hilfe anbieten zu können. Auch Lösungswege zu sehen die man selbst eben nicht sehen kann und diese einfühlsam zu vermitteln, mir zu helfen Struktur in mein Leben zu bringen wo ich alleine dazu nicht in der Lage bin. Und eben sehen zu können, wer braucht solche Diagramme etc und für wen sind sie nichts.

Was an sich ja noch nichts mit therapeutischem Narzissmus zu tun hat, wo ein Therapeut offenbar einen emotionalen Mehrwert daraus zieht in der Rolle des Therapeuten den despotischen Mini-Diktator spielen zu können, das Helfersyndrom auszuleben zu können oder einfach nur ein misanthropischer Trottel sein zu können auf Kosten anderer Menschen.

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Füchsin
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 10:37

Einfühlsam, das ist wohl das wichtigste Stichwort...

Natürlich hat man längst nicht immer die nötige Einsichtsfähigkeit als Patient, was für Muster dahinter stehen und welche Mechanismen es gibt. Ich selbst habe ungeheuer viel gelesen, schon allein aus Neugier, aber das kann und macht nicht jeder. Trotzdem sehe ich es so, dass der Patient selbst Experte für sein Fühlen ist und dass sich ein Therapeut eben ungeheuer vergaloppieren und enormen Schaden anrichten kann, wenn er stur seine Linie fährt (solche gibt's halt) und verkehrt interpretiert.

Wenn sich AniLo unwohl und dressiert fühlt, schreibt, sie fühle sich unterlegen und dass ihr der zeitliche Rhythmus nicht behagt, weil sie mehr Stütze bräuchte, dann sind das meines Erachtens keine guten Voraussetzungen zu einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung (egal, welche Therapierichtung). Zumal es mir auch so vorkommt, als habe der Therapeut sehr strikte Aussagen darüber gemacht, was jetzt gerade dran zu sein hat und was nicht (aber genau kann ich das natürlich nicht wissen - es ist ihre Sicht der Dinge, und was er wörtlich gesagt hat, wissen wir nicht). Sie wird aber einen Grund haben, diesen Thread aufgemacht zu haben, und ich finde, dass sie ihrem Gefühl da trauen dürfen sollte, auch wenn ihr Therapeut was anderes sagt.

Die Füchsin

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stern
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 10:52

Füchsin hat geschrieben:sondern ich habe nur meine ganz subjektive Meinung dazu gesagt.
so habe ich's auch verstanden
Generell finde ich es aber problematisch, wenn jemandem, egal, wie stabil oder instabil er ist, recht von oben herab gesagt wird, wie er zu fühlen und sich zu verhalten hat, und ich hatte den Eindruck,...
Absolute Zustimmung... wobei ich das
dass sei bei AniLos Therapeut der Fall.

nicht ganz so gelesen habe (aber wie es AniLos wahrnimmt, muss sie wissen)... und bzgl. Ziele: Die kann's in einer TFP genauso geben... wobei halt die Frage ist, was versteht man unter Ziel: Druck, du musst... und wenn du nicht xy machst, dann... boa, nee, das kann es nun wirklich nicht sein. Oder eben eine Ausrichtung, wohin der Weg führen soll... so als eine in die Zukunft gerichtete postivere Perspektive, dass etwas nicht so bleiben muss, wie es ist... ohne Druck, Zwang (aber hoffentlich trotzdem mit Entwicklung, Veränderung... ja, das geht schon, wobei ich er selbst diejenige bin, die ihn sich macht).
Und daher:
eben auch sehr arrogante Therapeuten, die meinen, sie wüssten besser als ihre Patienten, wie diese ticken, und das finde ich respektlos. Der Patient sollte doch im Mittelpunkt stehen mit seinem Erleben, und nicht das Raster der Methode, das dann jemandem aufgepresst wird. Ich fände den Gedanken unerträglich, sich zu einer Therapie zu zwingen, in der man sich nicht angenommen und geachtet fühlt.
Wiederum Zustimmung... nur wenn man so eine VT (oder vermutlich auch PA, aber bei der kann ich nicht so mitreden) im allgemeinen sieht, nun ja, dann ist das Klischee... wie eben die VT und PA AUCH die beiden Strömungen sind, die en gros mit dem meisten Klischee behaftet sind. Dass es auch nicht so prickelnde Theras gibt, nun ja, das gibt's...
ohne in die Tiefe gehen zu müssen, vor der sich mancher sehr fürchtet. Diese Gefahr sehe ich nunmal bei der VT (bei TFP und Analyse sehe ich andere).
ich sehe's einfach nicht so, dass VT ausschließt in die Tiefe gehen zu können... sondern eher so: Inwieweit ist ein Patient selbst schon soweit, sich darauf einlassen zu können. Ich halt es halt wiederum für Klischee, dass eine VT oberflächlich ist, und die TIEFENPsychologie (oder Analyse) dieses Privileg hat. Wer oberflächliche Therapien erlebte, die nix bringen, nun ja, der hat in der Tat meine Mitgefühl.
Vieles hängt an der Kompetenz des Therapeuten.
Jepp... und auch an der Fähigkeit sich individuell auf den Patienten einstellen zu können, auch wenn das manchmal ein etwas unkonventionelleres Vorgehen erfordert, in dem Sinne, dass man sich nicht so sehr an der Methode fixieren muss. Wenn das gegeben ist, ist wäre mir die Richtung fast wurscht gewesen (mit der Einschränkung, dass ich jemanden wollte, der Erfahrung in meinen Problembereichen hat.. das war die größte Schwierigkeit, weil nicht jeder sein Methode als passend befand, DA vermutlich auch klassischer, methodentreuer praktiziert wurde, was in der Tat zu einigen Schwierigkeiten hätte führen können.. ich bin den Theras dankbar, die das so erkannten). Das hat vermutlich auch viel mit Erfahrung zu tun... also ein jüngerer Therapeut ist vermutlich fachlich recht fit, aber ich könnte mir vorstellen, dass er umso mehr an einem Raster klebt. Höhö, iss nun auch ein Klischee.
Ich bin allerdings heilfroh, dass ich in meiner TFP einen persönlichen Schutzraum hatte, in dem ich mich erst einmal einfach nur angenommen fühlen durfte, wo ich ankommen durfte und nicht gleich wieder unter Handlungsdruck und Zugzwang gesetzt wurde.

Glaube ich dir, so sollte es IMO in jeder Therapie sein. Zwang IST für gewöhnlich kontraproduktiv.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 01.08.2011, 11:19, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 10:57

Wenn ich das recht verstehe, geht es wohl generell nicht in erster Linie um die Methode, sondern darum, wie viel Wertschätzung und Respekt ein Therapeut der Persönlichkeit seines Patienten entgegenbringt. Denn das betrachte ich als unabdingbar. Dazu gehört in meinen Augen auch, dass sich ein Therapeut nicht die Deutungshoheit über die Gefühle seines Patienten herausnimmt, sondern gemeinsam mit ihm herausfindet, was da eigentlich geschieht.
jepp... wobei ich durchaus Phasen habe, wo mir die Erkenntnis des Prozesses, der abläuft (mal allgemein formuliert) allein auch noch nicht so viel bringt... sondern mitunter was direktiveres brauche, wie ich aus mancher "innerer Hölle" auch wieder rauskommen kann. Deutungshoheit: nee, das könnte ich auch nicht abhaben... stationär füllte ich GENAU AUS DEM GRUND Selbstbeobachtungsbögen aus (die allerdings teils etwas anders waren als die von AniLo, die Intensität stufte ich aber auch ein. Man könnte es auch ohne machen... aber das greifbarer zu machen, hat auch etwas), um die EIGENE Wahrnehmung zu schulen. Nebenher natürlich... nicht in der Therapie selbst. Jetzt kann ich das viel intuitiver bzw. kann nun auch öfters sagen: äh, ich hab' einfach gespürt, dass... Und ich kann mir gut vorstellen, dass AniLO auch genau deswegen derartige Bögen ausfüllt, um selbst manche Zusammenhänge zwischen Gefühlen, deren Herkunft etc. zu erkennen, auch was ist es für ein Gefühl, wie stark ist es. Dem kann man Mechanik entgegensetzen, ja... mir hat es anfangs jedoch geholfen, wenn ich ein Raster hatte, an dem ich mich orientieren konnte... und mit der Zeit wich die Mechanik der Intution bzw. jetzt kann ich sagen: ich nehme einfach xy wahr. fertig aus. Als ich den Führerschein machte, musste ich auch schrittweise überlegen und vorgehen, wie ich das Auto starte... jetzt geht das automatisch, so dass ich die Schritte schon gar nicht mehr benennen kann. Will auch heißen: Entmündigung ist nicht die einzige Wahrnehmung, die sich aufdrängen muss, wenn man sich selbst beobachtet (und das sogar noch schriftlich, wo sich in der Tat Tabellen anbieten können, festhält)... entscheidend ist, letztlich eh, dass man mit sich in Kontakt kommen kann... bzw. andererseits manches (seien es Gefühle oder auch Symptone) nicht auf Dauer krass überschießen müssen... egal wie.

Pff... so früher konnte ich nunmal gerade mal sagen: mir ging es schlecht (wenn ich mir das überhaupt eingestand oder offenbarte). Punkt. Durch das genauere Aufdröseln verfestigte sich dann, was dahinter wohl steckt . Denn genau, so war das in der Tat eine Zeit lang auch bei mir:
Waldschratin hat geschrieben:Ich hatte als "Anhaltspunkt" lediglich meine Symptome - was darunter lag,das war noch völlig im "Nebel" bei mir.
Das trifft es sowas von gut... auch für mich. Und auch das:
Und als ich mal diese ganzen "Ersatzventile" nicht mehr so ausgiebig nutzte,konnte das "Darunter" erst hochkommen.
Ähööö... auch ja, was die Erinnerungsfetzen o.ä. angeht... wobei es bei mir schon so war, dass das eigentlich bereits früher auch schon da war, aber ich konnte es eben nicht wirklich greifen/wahrnehmen... und manche krassen meiner Reaktionen, die schon lange da waren, erschienen mir dann, wie soll ich sagen, absurd, aus heiterem Himmel. Jetzt bin ich sensibilsierter dafür, dass und evt. was vorausgegangen war.

Sry für die 3. Person AniLo.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 01.08.2011, 11:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Füchsin
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 11:13

Naja, Selbstbeobachtung habe ich schon immer sehr intensiv (auch schriftlich) betrieben und habe daher vielleicht ein Gerüst in Form von Fragebögen etc. nicht so sehr gebraucht. Aber ich will ja auch gar nicht abstreiten, dass das für andere Menschen hilfreich sein kann. Ich habe meine eigenen Dämonen (und weiß heute, dass ich sie habe), und zu denen gehört eben auch, dass man mir mein Leben lang gesagt hat, was ich zu fühlen habe und was nicht. Nicht ausgeschlossen, dass ich diese Erfahrung der Entmündigung auf AniLos Situation übertragen habe.

Ich denke nur, dass es für ihr Unwohlsein möglicherweise einen Grund gibt, und es wäre ja möglich, dass eine VT bei ihr einfach wirklich nicht das Optimum ist. So vieles hängt von der persönlichen Geschichte ab, aber auch vom Therapeuten, auf den man trifft. Beides scheint wohl bei AniLo nicht so recht zusammenzupassen. Natürlich behauptet jede Fachrichtung von sich, das Optimum zu bieten. Aber man sollte die Freiheit haben und sagen können, was für einen selbst passt oder nicht. Mir kam's so vor, als würden die Bedenken, die AniLo ihrem Therapeuten gegenüber äußerte, abgeschmettert mit der recht inhaltlosen Begründung, so liefe das nun einmal nicht. Aaaaber... es kann sein, dass ich mich täusche und da einfach zu viel hineinlese.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 11:21

Was auf jeden Fall immer gegeben sein MUSS in einer Therapie ist, daß wenn ein Klient kundtut daß er mit dieser oder jener Methode, Deutung nicht klarkommt, nicht einverstanden ist das auf jeden Fall ernstgenommen und respektiert wird.

Klarerweise kann sich auch ein Therapeut mal irren mit einer Einschätzung, und dann ist es der Job des Therapeuten dann auch dazu zu stehen, daß er nicht allwissend ist und seine Methodik an den Klienten anzupassen. Und nicht umgekehrt.

Ich kenne das auch, schon in probatorischen Sitzungen, wo ich völlig höflich darauf hingewiesen habe daß für mich xy der absolute Kommunikationskiller ist, ich so nicht arbeiten kann, ich nachgefragt habe, was das jetzt sollte, und ich dann ziemlich von oben herab gesagt bekommen habe, daß ich wenn ich mir Kritik schon gefallen lassen muss wenn ich eine Therapie machen will, und "daß Therapie am Widerstand des Klienten entlang" stattfinden muss. Sowas schlägt echt dem Fass den Boden aus.

Aber da ich mit einer ziemlich nazisstischen Mutter aufgewachsen bin habe ich die Faxen von so was so dicke daß ich überhaupt nicht gewillt bin mich für irgendwelche Egospielchen zur Verfügung zu stellen und Geld sollte man für sowas schon gleihc drei mal nicht ausgeben.

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Füchsin
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 11:27

münchnerkindl hat geschrieben:Aber da ich mit einer ziemlich nazisstischen Mutter aufgewachsen bin habe ich die Faxen von so was so dicke daß ich überhaupt nicht gewillt bin mich für irgendwelche Egospielchen zur Verfügung zu stellen (...)
Ja, ging mir so mit meinem Vater... Ich denke, man kann auch den Fehler machen und Traumata in Therapien vertiefen, weil man einfach an inkompetente Therapeuten gerät (denn trotz allen Fachwissens sind sie auch keine Heiligen). Und das muss man sich wirklich nicht antun.

Die Füchsin

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Seanna
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 11:55

Wenn ich all das so lese, bin ich sehr dankbar für meine Therapeuten, die mehr so nach dem Motto Therapie machen "Wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein. - Ich bin es nicht!", die Fehler zugeben und auch ihre Methoden und sogar ihre Wahrnehmung manchmal überdenken und dann offen heraus sagen können "Sie haben Recht!".

Dass VT nicht in die Tiefe geht, kann ich so nicht bestätigen. Allerdings habe ich auch sehr "freie" Therapeuten, die nicht streng an Manual orientiert sind, sondern sich einfach querbeet das Beste und Passendste für den Patienten raussuchen und dann flexibel auf die Patienten eingehen, auch je nach Situation. Meine letzte Therapie war sehr Verhaltens-orientiert, weil das damals angezeigt war. Diese wird jetzt deutlich mehr in die Tiefe gehen (auch mehr Vergangenheits-orientiert), obwohl es VT ist und der Therapeut direkt zu Anfang meinte, dass meine Themen ja mal sowas von gar nicht klassisch VT sind... Dennoch finde ich den Ansatz der VT einfach am einleuchtendsten und passendsten. Mit PA und deren Erklärungsmodellen und auch Therapiemethoden könnte ich nun gar nichts anfangen.
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

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Seanna
Helferlein
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 21:17

Eigentlich sollte es eine ErstVERBESSERUNG geben. Lt Psychotherapieforschung ist das zumindest in sehr viele Fällen so, grade auch bei Achse I Störungen.

Ich habe diese Woche meine 10. Stunde (allerdings ne Persönlichkeitsstörung) und so langsam läuft es richtig gut. Mein Therapeut ist ja ebenfalls Ausbildungskandidat. Sehr viel länger sollte das auch bei dir eigentlich nicht dauern, sich "einzuspielen", so dass man konstruktiv anfangen kann zu arbeiten. Und bei mir hat's auch nur so lang gedauert, weil ich erstmal die ganzen Themen der letzten Jahre (war einiges... ) dort abgeladen habe.

Kannst du nicht innerhalb des Ausbildungsinstitutes den Therapeuten wechseln, wenn du mit ihm nicht weiter kommst? Das geht normalerweise ohne übermäßig lange Wartezeiten.

Haben die dort Supervision?
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

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stern
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Beitrag Mo., 01.08.2011, 23:41

Natürlich behauptet jede Fachrichtung von sich, das Optimum zu bieten.
Weiß ich nicht... es gibt durchaus Theras, die sind sich mancher Begrenzungen bewusst. Ich würde nicht sagen, es gibt DIE optimale Methode, sondern viel hängt davon ab, wo man steht bzw. wie sich der Thera auf den Patienten einstimmen kann.

Und ich sag' mal so: Ja, ich habe gewisse emotionale Schwierigkeiten, und bin froh, dass ich mich in manchem bereits stationär weiterentwickeln konnte. Hätte meine jetztige Thera (einfach nur super, wie ich finde) mehr bewirken können, wenn ich von Anfang an bei ihr gelandet wäre. Ich weiß es dennoch nicht. Denn dann hätte ich bei ihr eben meine emotionalen Baustellen eingebracht (und wo meine Fähigkeiten in diesem Bereich angesiedelt sind, kommunizierte mein stat. Thera relativ deutlich, dem ich nichmal etwas entgegen setzen konnte), plus meine desolate psychische Verfassung von damals. Nur: Liegt ja auf der Hand, dass sowas nicht von heute auf morgen geht bzw. sich legt. Dann hätte ich eben in der TFP mit der Begrenzung leben müssen, dass ich Gefühle eben nicht gut zulassen kann bzw. sie andererseits krass überschießen können (was btw. keine Widerspruch ist, sondern das eine kann das andere mit-bedingen)... tja, und was man nichtmal spürt ist einer Veränderung nunmal schwer zugänglich, sondern dass haben Lernprozesse (ich glaube sogar im allgemeinen) so an sich, dass sich "neuer" Erfahrungen am besten dann verhaften, wenn mehrere Kanäle angesprochen sind... im Bereich der Psyche z.B. Kognition + Emotion. Und genauso schwer ist etwas veränderbar, wenn die Erregung viel zu hoch ist (z.B. wenn die Emotion als viel zu intensiv erlebt wird, weil es evtl. das nicht gedeckelt werden kann... bzw. wenn es gedeckelt werden kann, wird's auch gedeckelt). Bzw. der Begrenzung, dass die emotionale Weiterentwicklung (neben der Stabilisierung akuter Symptomatiken) sehr viel Raum eingenommen hätte, was dann zu Lasten anderer Dinge gegangen wäre. Hängt halt doch viel vom Ausgangspunkt ab, wo man steht, wo man dann auch in einer Therapie abgeholt wird (alles andere wäre nur Überforderung).

Ich finde darüber hinaus, muss man vielleicht eine Therapie nicht gänzlich in Frage stellen... vielleicht lässt sich ja klären und lösen, was verbesserungswürdig erscheint bzw. nicht passt... soll's ja auch geben. Wenn nicht, kann man IMO immer noch Konsequenzen ziehen, ist dann auch sinnvoll, wenn etwas nachhaltig nicht passt. Aber bei den ersten Widerständen die Flinte ins Korn werfen... hm, das kann schon auch eine Muster sein... genauso, wenn man dazu neigt, an nicht-förderlichen zu lange festzuhalten.

Aber: Ich finde es auch ungemein wichtig, subjektive Bedenken echt ernst zu nehmen, keine Frage... und in einem zweiten Schritt, sie der Therapie zuführen zu können, um das zu klären bzw. zu lösen (kann ja auch eine super Erfahrung sein, falls das gelingt). Falls das nicht möglich ist (ich bin so realistisch, dass klappt nicht immer), so siehe oben. Aber bei jedem Zweifel es vorschnell zu kippen... nun ja, so kann man notfalls auch zu vielen gescheiterten Therapien kommen (was evtl. auch zu verkraften ist), obwohl vielleicht die Möglichkeit einer Kurskorrektur bestanden hätte - hätte man sie denn kommuniziert. Und ein Wechsel hat ja realistischerweise auch nicht immer nur Vorteile... aber es stimmt, an einer Therapie festzuhalten, die schlichtweg ohne Aussicht auf Besserung nicht passt, kann's auch nicht sein. Ich sehe halt die Tendenz im Forum schon manchmal, das vorschnell zum Wechsel geraten wird oder eine Therapie schlecht geredet wird (obwohl Aussenstehende nicht drin stecken).

AniLo sprach auch von Überforderung... oh, die erlebte ich in der stat. Therapie auch mitunter ziemlich (so dass sogar Impulse des Abbruchs kamen). Ich schaffte es, das anzusprechen, woraufhin der Thera wieder einen Gang zurückschaltete... und auch die Impulse, dass ich gar an Abbruch dachte, weil ich das nicht packe, nahm er sehr ernst (hatte auch den Eindruck, er war sich dessen gar nicht sooo bewusst, wie ich manches erlebe). Hätte ich abgebrochen (dazu neige ich nicht, woraus sich auch meine Haltung ergibt, die natürlich für anderen nicht passen muss), so hätte ich im Nachgang für meinen Teil massiv daran knabbern müssen à la: Selbst stationär bin ich noch überfordert, usw... und haften geblieben wäre eine Negativerfahrung, die ja auch irgendwie verarbeitet sein will. Daher: Die Konsequenz trägt AniLo, weswegen ich eine Entscheidung gut abwägen würde... und als ersten Schritt auf Klärung mit dem Thera setzen würde (was ja mittlerweile ansatzweise angestrebt wurde).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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