'knackige' Themen ansprechen ... eure Reaktion?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Dorita
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'knackige' Themen ansprechen ... eure Reaktion?

Beitrag Fr., 15.07.2011, 15:33

Hallo Ihr Lieben,

mich beschäftigt nun schon eine ganze Zeit etwas, was immer wieder in meinen Therapiesitzungen (Analyse) passiert. Ich spreche Themen an, die wirklich hart für mich sind, bei denen ich tief graben muss und die mir peinlich sind oder mir Angst machen und die ich die letzten Jahre mehr oder weniger erfolgreich verdrängt habe und immer wenn ich das tue, merke ich wie mein Körper reagiert. Entweder wird mir schlecht oder schwindelig, ich werde rot, mir wird heiß etc.. Oft ist es so stark, dass ich die Sitzung für kurze Zeit abbrechen muss oder garnicht mehr in der Lage bin, zurück zu finden zum roten Faden. Mir fehlt dann komplett meine Erinnerung, meine Konzentration ist flöten gegangen und nach einiger Zeit kann ich meinen Therapeuten nur noch angucken und den Kopf schütteln.

Wie geht es euch dabei? Erlebt ihr sowas auch? Wisst ihr, warum ich so extrem darauf reagiere oder empfinde ich es nur als extrem und es ist völlig normal?

Liebe Grüße
Dorita
"Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss, wie andere Menschen"

Astrid Lindgren

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Waldschratin
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 16:01

Daß der Körper reagiert auf Empfinden und Erleben,find ich völlig normal.
Z.B.,etwas macht einem Angst,dann erhöht sich automatisch der Puls,Schweiß bricht aus etc. - der Körper reagiert auf das Gefühl Angst,nimmt es als "Hinweis" drauf,da is ne gefährliche Situation,also stell mal lieber körperliche Reserven bereit,damit wir flüchten oder kämpfen können - und gut is.

(Mir fällt bei sowas manchmal Otto ein : "Großhirn an Kleinhirn..." )

Limbisches System und die Körperphysiologie stehen ja im unmittelbaren Zusammenhang und Austausch - und zwar in beide "Fahrrichtungen".
Deshalb kann man z.B. durch Atmung ("Tiiiiiiief durchatmen!") die Angst runterfahren etc.

Daß du also körperlich reagierst,wenn du seelische "Brocken" hochkommen läßt,find ich schon völlig normal.

Die Frage ist,wie sehr dich das dann "einnehmen" kann und wie du dieses Erleben dann bewertest.
Macht es dir dann zusätzlich Angst oder du schämst dich abgrundtief dafür - reagiert der Körper wieder entsprechend.Und schon kann es sich "schön" hochschaukeln...

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schmetterling.1983
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 16:10

Dorita hat geschrieben:Wie geht es euch dabei? Erlebt ihr sowas auch? Wisst ihr, warum ich so extrem darauf reagiere oder empfinde ich es nur als extrem und es ist völlig normal?
Also ich würde sagen in gewisser Form ist das Normal.
Ich kenne es, dass mir schlecht ist (bereits Stunden vorher, vor Aufregung), dass ich Kopfweh vom Nachdenken bekomme oder mir tatsächlich Dinge so schwer auf dem Herzen liegen, dass ich das Gefühl habe mein Brustkorb wird erdrückt.

Manchmal kann ich dann auch gar nicht mehr sprechen, weil ich weiß ich breche sonst so sehr in Tränen aus, dass man es in der Stunde nicht mehr runter bekommt.

Bei vielen Dingen habe ich aber die Erfahrung gemacht, dass es immer weniger wird oder gar nicht mehr vor kommt. (kommt natürlich immer darauf an ob man Aufgeregt ist etwas zu erzählen oder es noch mal körperlich nachempfindet)
Ich denke aber du solltest das auch mal so klar und deutlich in der Therapie ansprechen, vielleicht ist für manche Dinge ja doch noch ein wenig Zeit und du fühlst dich später sicherer.
Wenn es fast immer dazu führt, dass du gar nichts mehr tun kannst solltet ihr mal schauen warum das so ist und wie ihr das für dich besser lösen könnt.
LG
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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Dorita
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 16:26

Hallöchen,

danke schon mal für die ersten Antworten, bin immer wieder erstaunt darüber, wie sehr ihr euch auskennt ... und wie klar ihr manche Dinge fassen könnt.
Waldschratin hat geschrieben:Die Frage ist,wie sehr dich das dann "einnehmen" kann und wie du dieses Erleben dann bewertest.
Macht es dir dann zusätzlich Angst oder du schämst dich abgrundtief dafür - reagiert der Körper wieder entsprechend.Und schon kann es sich "schön" hochschaukeln...
Zusätzlich Angst macht es mir eigentlich nicht, es ist nur furchtbar stöhrend denn es setzt mich ja für eine gewisse Zeit komplett außer Gefecht und da ich immer noch versuche gegen meinen Körper anzukämpfen und krampfhaft den Kontrollverlust vermeiden möchte bin ich in solchen Momenten natürlich total erstaunt darüber, wie mein Körper es schafft mir zu signalisieren, halt stopp ... bis hier hin und nicht weiter ...
schmetterling.1983 hat geschrieben: Ich kenne es, dass mir schlecht ist (bereits Stunden vorher, vor Aufregung), dass ich Kopfweh vom Nachdenken bekomme oder mir tatsächlich Dinge so schwer auf dem Herzen liegen, dass ich das Gefühl habe mein Brustkorb wird erdrückt.

Manchmal kann ich dann auch gar nicht mehr sprechen, weil ich weiß ich breche sonst so sehr in Tränen aus, dass man es in der Stunde nicht mehr runter bekommt.
Diese Erfahrungen mache ich auch immer wieder ... oft übergebe ich mich vor der Stunde oder auch danach ...
schmetterling.1983 hat geschrieben: Ich denke aber du solltest das auch mal so klar und deutlich in der Therapie ansprechen, vielleicht ist für manche Dinge ja doch noch ein wenig Zeit und du fühlst dich später sicherer.
Wenn es fast immer dazu führt, dass du gar nichts mehr tun kannst solltet ihr mal schauen warum das so ist und wie ihr das für dich besser lösen könnt.
LG
Es ist komisch, dass du das ansprichst ... über die Symptome direkt habe ich noch nicht gesprochen, werde ich mal machen aber über was ich mit Ihm schon gesprochen habe ist, wie es mir nach den Sitzungen geht, oft habe ich Selbsthass und das Bedürfnis, mich für irgendwas zu bestrafen ... Gerade heute sagte er mir dazu, dass vielleicht manche Dinge noch ein bisschen Zeit brauchen und er jetzt besonders darauf achten wird, dass das Tempo nicht zu schnell wird und wir auch ein bisschen im Hier und Jetzt bleiben ...
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Seanna
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 20:33

Mir ist vor den Stunden regelmäßig schlecht vor Aufregung, nach den Stunden ist es meist ein sehr beschwingtes, (seelisch) erleichtertes Gefühl. Während der Stunde dissoziiere ich häufig, körperlich passiert da weniger etwas.
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

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Dorita
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 21:28

Was genau ist dissoziieren? Was passiert da genau mit einem?
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Anna Lüttisch
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 22:04

Lieber den Keller voller Ratten,als die Verwandschaft auf dem Sofa!

Arschlöcher leben im Gefängnis ihrer eigenen Gedanken. Es gibt wirklich keinen Grund, sie auch noch in meinen leben zu lassen.

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Seanna
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Beitrag Sa., 16.07.2011, 00:23

Anna hat das ja schon verlinkt... es gibt verschiedenste Formen von Dissoziationen. Ich selbst habe vor allem Derealisation (Umwelt wirkt nicht real, wie im Film), Depersonalisation (mein Körper gehört nicht zu mir, ich bewege mich roboterhaft, mechanisch, ..), Minimierung und Expansion des Körpers (meist Arme/Hände und Beine) und manchmal auch Amnesien (allerdings meist erst im Nachhinein, dass ich mich nicht mehr erinnere was während der Stunde war). Oft auch begleitet von "Gefühllosigkeit".

Derealisation und Depersonalisation habe ich allerdings auch so (ohne Therapiestunde) fast den ganzen Tag..
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

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Dorita
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Beitrag Sa., 16.07.2011, 06:34

Danke für den Link, habe ihn mir vier mal durchgelesen ... ich denke ich habe es verstanden ... und ich denke jetzt kann ich so einige Dinge, in Bezug auf mich, auch besser verstehen ...

Letzte Woche hatte ich eine Sitzung bei meinem Therapeuten, diese war sehr hart, mir war schwindelig und ich hatte das Gefühl, dass meine Haut brennt. Ich bin nach der Sitzung ins Auto gestiegen und nach Hause gefahren, ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern wie ich das gemacht habe, wo ich langgefahren bin (ich denke mal die gewöhnliche Strecke), die Zeit im Auto fehlt mir also komplett ... an die Tiefgarage kann ich mich wieder erinnern ... Leider hatte ich noch keine Möglichkeit, das in meiner Therapie anzusprechen ... aber nächste Woche ...

Das mir die Umwelt wie ein Film vorkommt, dass ich Gefühlslos bin und das ich das Gefühl habe neben mir zu stehen kenne ich auch ...

Ich habe immer gedacht ich bin bekloppt, nicht richtig im Kopf ... aber es ist irgendwie auch so normal und macht einfach meinen Alltag aus. So denke ich oft auch über meine Vergangenheit und frage mich dann wenn mein Therapeut mir sagt, dass ich Opfer Krimineller geworden bin, warum ich das nicht so empfinde, warum ich es als so normal empfinde ... wahrscheinlich einfach weil ich es tag täglich erlebt habe ... und dann werde ich traurig ...

Nun bin ich seit 10 Jahren mit Unterbrechungen und Klinikaufenthalten in Therapie und erst jetzt, mit der Analyse, habe ich das Gefühl endlich an mir arbeiten zu können, endlich bereit dafür zu sein ... so viel Zeit ist vergangen ... wow

Manchmal habe ich das Gefühl mir rennt die Zeit davon, es gibt so viele Dinge über die ich sprechen könnte und die Zeit, die ich mit meinem Therapeuten habe, reicht einfach nicht aus. Ich muss dazu sagen, ich bin erst am Anfang meine Analyse ... aber trotzdem ... dieses innere gestresst sein ist immer da ...

kennt ihr das auch? Habt ihr eine Möglichkeit gefunden besser damit umzugehen? Entspannter damit umzugehen?
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Seanna
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Beitrag Sa., 16.07.2011, 12:21

Es gibt "pathologische Dissoziationen" und "Alltagsdissoziationen". Letztere haben die meisten (auch gesunde) Menschen im Laufe ihres Lebens oder gar ihres Alltages öfter. Dazu zählt vor allem das von dir genannte "gewohnte Strecke fahren und sich an die Fahrt nicht erinnern" - sei es nun mit der Bahn oder mit dem Auto. Dazu gehört auch der "Tunnelblick" auf der Autobahn oder bei Nachtfahrten oder in engen Baustellen.

Dass mir die Zeit davon rennt und die Zeit der Therapiestunde nicht ausreicht, kenne ich sehr gut. Leider. Mit fortschreitender Therapie wird es bei mir in der Regel besser, weil ich nach und nach mehr Themen ansprechen kann und der Druck, der sich über Jahre aufgebaut hat, löst, je mehr Sachen ich angesprochen und somit "aus dem Kopf" habe. Das irgendjemandem zu erzählen, nur damit es aus dem Kopf raus ist, bringt's allerdings nicht. Hab ich schon versucht.
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Dorita
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Beitrag Mi., 20.07.2011, 09:20

Sagen eure Therapeuten euch, dass ihr dissoziiert? Oder wisst ihr das einfach?
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sofa-held
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Beitrag Mi., 20.07.2011, 09:42

Meine Thera spricht Dissoziationen nicht an. Obwohl sie Thema in der Therapie sind. Ich finde, dass der Begriff Dissoziation schon sehr inflationär gebraucht wird.
Seanna hat geschrieben:Dazu gehört auch der "Tunnelblick" auf der Autobahn oder bei Nachtfahrten oder in engen Baustellen.
Zum Beispiel fange ich mit diesem Beispiel gar nichts an. Ich würde das auch nicht als Dissoziation bezeichnen. Davon abgesehen, dass ich jetzt nicht weiß, was genau auf diesen Nachtfahrten passiert. Dass man sich für einige Zeit an das war nicht erinnern,- gutes Beispiel Autofahrt nach Thera- ist auch so ein Sache. Dissoziation? Das Bewußtsein kann in diesem Moment auch mit der Stunde "bestetzt" sein, die Konzentration liegt wo anders, ähnlich wie beim Telefonieren, früher ohne Freisprech, wo ich mir auch dachte, was schon wieder 100 km gefahren?, aber das ist eher eine normale Wahrnehmungsverschiebung. Wenn ich telefoniere, benenne ich das auch nicht Dissoziation. Manche hier im Forum bezeichnen selbst die Nervosität vor der Stunde und den damit verbundenen Toilettengang als Dissoziation und deren Somatisierung, das geht dann mir persönlich dann zu weit.

Zu der Frage, sieht das ein Thera: ich denke schon, wenn der Patient total abtaucht, kann er das zumindest vermuten...das Ansprechen der D. bringt allerdings nur etwas, wenn sich der Betreffende nicht mehr selbst "zurückholen" kann-


Waldschratin
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Beitrag Mi., 20.07.2011, 11:05

sofa-held hat geschrieben:Ich finde, dass der Begriff Dissoziation schon sehr inflationär gebraucht wird.
Seh ich auch so.

Die Fähigkeit,sein Bewußtsein zu verschieben (find ich auch das bessere Wort) ist doch was Natürliches,das jeder Mensch hat - ne Fähigkeit,und keine "Krankheit".

Die Frage ist,ob und wie sehr es einen beeinträchtigt,man drunter leidet oder wie sehr das "Wegtreten" oder "Abspalten" sich "verselbstständigt".

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Dorita
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Beitrag Mi., 20.07.2011, 13:58

Jetzt bin ich völlig verwirrt ... macht aber nichts ... ich habe beschlossen (gerade eben), dass das für mich jetzt nicht wichtig ist ... wenn es so ist dann ist es so und wenn nicht dann nicht ... ändern kann ich eh nicht (denke ich?!) ... ich habe nicht das Gefühl, dass es mich beeinträchtigt oder ich darunter leide, es ist mehr ein beunruhigt sein ...

*mit den Schultern zuckt*
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